TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/27 97/19/0318

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Veröffentlicht am 27.02.1998
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992 §6 Abs3;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z3;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1997 §113 Abs6;
FrG 1997 §113 Abs7;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der 1972 geborenen JK in P, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. August 1996, Zl. 306.172/3-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin verfügte zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung für den Zeitraum vom 31. Oktober 1993 bis 31. Juli 1994. Sie beantragte am 18. Juli 1994 die Verlängerung dieser Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag wurde mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. März 1995 gemäß § 6 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in seiner Fassung vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 abgewiesen. Eine dagegen erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof wurde mit Erkenntnis vom 27. Juli 1995 als unbegründet abgewiesen.

Mit dem am 8. Jänner 1996 bei der erstinstanzlichen Behörde eingelangten (bei der österreichischen Botschaft in Budapest postalisch eingereichten) Antrag beantragte die Beschwerdeführerin neuerlich die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Familienzusammenführung mit ihrem österreichischen Ehegatten, den sie am 19. Dezember 1995 geheiratet hatte. Als ihren derzeitigen Wohnsitz gab die Beschwerdeführerin eine ausländische Adresse an. Eine aufrechte Meldung an einer Adresse in Österreich wurde nicht behauptet. Unter der Antragsrubrik "In Österreich verfügbare eigene Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes auf die Dauer des Aufenthaltes" führte sie an:

"Unterhaltsverpflichtung des Ehemann".

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. März 1996 wurde dieser Antrag gemäß § 4 Abs. 1 AufG abgewiesen. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Mit Schreiben vom 18. Juni 1996, dem Beschwerdevertreter am gleichen Tag zugestellt, forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin unter anderem auf, aktuelle Einkommensnachweise ihres Ehegatten für die letzten sechs Monate zu erbringen. Eine Reaktion darauf erfolgte nicht.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin - unter anderem - gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 5 Abs. 1 AufG ab. Begründend führte die belangte Behörde in Ansehung dieses Versagungsgrundes aus, die Beschwerdeführerin sei der Aufforderung vom 18. Juni 1996, einen Nachweis für einen gesicherten Lebensunterhalt in Österreich zu erbringen, nicht nachgekommen. Da auch die Antragsunterlagen in Ansehung des gesicherten Lebensunterhaltes mangelhaft gewesen seien, sei davon auszugehen, daß der Lebensunterhalt für die Dauer der Bewilligung nicht gesichert sei. Der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG liege vor.

Der Ehegatte der Beschwerdeführerin sei im Bundesgebiet aufhältig. Im Hinblick auf den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 Abs. 2 MRK sei § 5 Abs. 1 AufG verfassungskonform zu interpretieren. Dabei habe eine Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen stattzufinden. Diese Abwägung ergebe im Falle der Beschwerdeführerin, daß den öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen Priorität einzuräumen sei, weil die Beschwerdeführerin nicht über ausreichende Unterhaltsmittel verfüge. Dadurch sei eine Belastung der Sozialhilfeträger zu befürchten.

Im angefochtenen Bescheid ging die belangte Behörde davon aus, daß sich die Beschwerdeführerin an einer Adresse außerhalb des Bundesgebietes aufhielt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 113 Abs. 6 und 7 des Fremdengesetzes 1997 (FrG) lauten:

"(6) Rechtskräftige Bescheide, mit denen die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt wurde oder mit denen der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde, treten mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes außer Kraft, sofern der Betroffene sie beim Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof angefochten und dieser die Entscheidung noch nicht getroffen hat. In diesen Fällen ist die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren ohne vorherige Anhörung des Beschwerdeführers einzustellen. Mit dem Beschluß über die Gegenstandslosigkeit der Bescheide tritt auch der Bescheid erster Instanz außer Kraft.

(7) Als Bescheide nach Abs. 6, die unter den festgelegten Voraussetzungen außer Kraft treten, gelten auch rechtskräftige Bescheide, mit denen auf Dauer niedergelassenen Fremden die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung versagt wurde, die deshalb beantragt wurde, weil die Fremden entweder die Frist für den Antrag auf Verlängerung versäumt hatten oder trotz rechtmäßiger Niederlassung zuvor keiner Aufenthaltsbewilligung bedurften."

§ 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 AufG lauteten:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

...

§ 6. (1) Außer in den Fällen des § 7 Abs. 1 werden die Bewilligung und deren Verlängerung auf Antrag erteilt. In dem Antrag ist der Zweck des vorgesehenen Aufenthaltes genau anzugeben und glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorliegt. ..."

Der Beschwerdeführerin war mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 29. März 1995 die Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung versagt worden. Ein Fall des § 113 Abs. 6 FrG 1997 liegt daher in Ansehung des Antrages vom 8. Jänner 1996 nicht vor. Die letztgenannte Antragstellung ist jedoch im Sinne des § 113 Abs. 7 FrG 1997 ursächlich darauf zurückzuführen gewesen, daß die Beschwerdeführerin (seinerzeit) die Frist für den Antrag auf Verlängerung versäumt hatte. Die gegenständliche Aufenthaltsbewilligung wurde folglich beantragt, weil eine Fristversäumnis eingetreten war. Dennoch ist der angefochtene Bescheid nicht mit Inkrafttreten des FrG 1997 gemäß § 113 Abs. 6 und 7 leg. cit. außer Kraft getreten, weil die Beschwerdeführerin nicht auf Dauer in Österreich niedergelassen war (vgl. ihre Antragsangaben betreffend ihren Wohnsitz, von denen auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausging, sowie auch ihr Vorbringen in der Beschwerdeergänzung, der Antrag sei vor einer Einreise nach Österreich gestellt worden und nach einer solchen bestünde eine Mitversicherung nach dem ASVG).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde von sich aus (initiativ) zu belegen, daß er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügt; Aufforderungen seitens der Behörde an den Fremden, dieser Darlegungspflicht entsprechend zu handeln, sind demnach ebensowenig geboten wie die Durchführung diesbezüglicher amtswegiger Ermittlungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1996, Zl. 96/19/0857, mwN.). Umsomehr wäre es im vorliegenden Fall der Beschwerdeführerin oblegen, über diesbezügliche Aufforderung der belangten Behörde die ihrem Ehegatten zur Verfügung stehenden Mittel der Höhe nach zu beziffern und auch entsprechende aktuelle Nachweise (wie z.B. Lohnbestätigungen) beizubringen. Nur dadurch kommt der Fremde seiner Obliegenheit gemäß § 6 Abs. 1 AufG nach, glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 leg. cit. vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1996, Zlen. 95/19/1466, 1467, 1479). Dieser Obliegenheit kam die Beschwerdeführerin jedoch nicht nach.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß der Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

Schließlich verweist die Beschwerdeführerin auf ihre durch die Anwesenheit ihres österreichischen Ehegatten im Bundesgebiet begründeten familiären Interessen. Gemäß § 3 Abs. 1 AufG steht ein Rechtsanspruch auf Familiennachzug zum österreichischen Ehegatten nur dann zu, wenn kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG vorliegt. Dies ist jedoch bei der Beschwerdeführerin der Fall. Insoweit die Abweisung des Antrages auf Erteilung der gegenständlichen Bewilligung zum Zwecke des Familiennachzuges überhaupt in das durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützte Recht der Beschwerdeführerin eingriffe, wäre dieser Eingriff gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt. Die Anwesenheit Fremder, deren Lebensunterhalt nicht gesichert ist, im Bundesgebiet führte nämlich zu einer Belastung der Sozialhilfeträger und damit zu einer Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Wohles des Landes. Dafür, daß die Beschwerdeführerin in der Lage wäre, ihren Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit zu sichern, bestehen keine Anhaltspunkte. Die dadurch tangierten öffentlichen Interessen sind derart gewichtig, daß sie einen Eingriff in ein allenfalls bestehendes Recht der Beschwerdeführerin auf Familiennachzug notwendig machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 96/19/1398).

Selbstverständlich führt die Anwendung des Versagungsgrundes nach § 5 Abs. 1 AufG im vorliegenden Fall nicht - wie die Beschwerdeführerin offenbar meint - zu einem "Eheverbot". Der nicht gesicherte Unterhalt der Beschwerdeführerin hindert sie lediglich daran, gemeinsam mit ihrem österreichischen Ehegatten im Bundesgebiet Aufenthalt zu nehmen. Ein Eingriff in das Eheband erfolgt durch den angefochtenen Bescheid unzweifelhaft nicht.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997190318.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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