TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/30 W176_2224047-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.01.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W176 2224047-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX .1981 , StA. Iran, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.12.2019, Zl. IFA: 1245391400 VZ: 191123323, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte nach Identitätsfeststellung am Flughafen Wien/Schwechat am XXXX .09.2019 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Bei der polizeilichen Erstbefragung am XXXX .09.2019 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes an: Der Etelaat (Nachrichtendienst) habe ihn psychisch zerstört. Ihm sei zu Unrecht vorgeworfen worden, dass er einen Satelliten habe; dies sei im Iran verboten. Auch sei er vor ca. einem Jahr zum Christentum gewechselt, was im Iran ebenfalls verboten und mit Gefängnisstrafe bedroht sei. Überdies sei ihm vorgeworfen worden, dass er als Spion arbeite, weil er Satellitenschüsseln montiere, mit denen die Leute amerikanische Nachrichtensender sehen würden. Er sei durch psychischen Druck gezwungen worden, irgendwelche Aussagen zu unterschreiben. Auch habe er zehn politische Videos, die die Demonstrationen im Jahr 2017 festgehalten hätten, auf Telegram gepostet. Überdies sei ihm zu Unrecht vorgeworfen worden, er habe bei Demonstrationen Autos angezündet. Außerdem sei er vor ca. 18 Jahren und vor ca. 23 Jahren vergewaltigt worden.

1.3. Am XXXX .09.2019 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde) im Beisein u.a. einer Vertreterin des UNHCR einvernommen, gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes an: Ende XXXX des vorangegangenen Jahres iranischer Zeitrechnung XXXX sei der Beschwerdeführer von einer Privatnummer angerufen worden, von der er habe gewusst habe, dass es die Nummer des Etelaat ist. Er habe gar nicht abgehoben und sich entschlossen, das Land zu verlassen. Er werde vom Etelaat Iran gesucht, vorallem weil er sich zum Christentum bekenne und Videos von Demonstrationen verbreitet habe. Seinen Reisepass habe der Beschwerdeführer am Flughafen von Teheran weggeworfen. Befragt, zu welchem Zweig des Christentums er sich bekenne, erwiderte der Beschwerdeführer, dass der Priester, der ihn belehrt gabe, gesagt habe, dass "wir ein Zweig des evangelischen Glaubens sind und dem Teufel angehören. Auf Nachfrage (die darauf abzielte auszuschließen, dass der Beschwerdeführer statt "Teufel" "Täufer" gesagt hat), gab dieser an, der Priester habe gesagt, "unsere Gruppe heißt Teufel ‚Sheytan'". Der Beschwerdeführer sei nur einmal in der Hauskirche gewesen; aus Angst habe er keine Bibel zu Hause gehabt und diese niemals gelesen. Weiters gab der Beschwerdeführer an, mehrmals vergewaltigt worden zu sein.

1.4. Mit Erledigung vom 24.09.2019 teilte UNHCR gemäß § 33 Abs. 2 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) mit, dass die Zustimmung zur beabsichtigten Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz erteilt werde. Begründend angeführt wurde, dass dessen Vorbringen in Einklang mit Beschluss Nr. 30 des UNHCR-Exekutivkomitees als offensichtlich unbegründet eingestuft werden könne.

1.5. Mit Bescheid vom 24.09.2019 Zl. 1245391400-190926827, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkuftsstaat Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG.

1.6. Diesen Bescheid zog der Beschwerdeführer in der Folge in Beschwerde.

1.7. Mit - nicht weiter bekämpftem - Erkenntnis vom 09.10.2019, Zl. W122 2224047-1/3E, wies das Bundesverwaltungsgericht diese Beschwerde als unbegründet ab. Zudem wurde ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Das Bundesverwaltungsgericht traf - gestützt auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation mit Stand Juni 2019 - Feststellungen zur Lage im Iran und stellte weiters Folgendes fest:

"1.1. Zum sozialen Hintergrund des BF [Beschwerdeführers]

Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX 1981 , ist Staatsangehöriger des Iran, Angehöriger der Volksgruppe der Perser und bekennt sich zur christlichen Glaubensrichtung. Die Muttersprache des BF ist Farsi. Er spricht auch ein wenig Englisch und Deutsch. Er ist im erwerbsfähigen Alter und gesund.

Der BF wurde in XXXX geboren. Vor seiner Ausreise aus dem Iran hat sich der Beschwerdeführer in der unmittelbaren Umgebung seiner Heimatstadt aufgehalten.

Der BF ist ledig und hat keine Kinder. Die Angehörigen des Beschwerdeführers leben im Iran und der Vater des Beschwerdeführers betreibt eine XXXX . Der Beschwerdeführer war bis zu seiner Ausreise als XXXX berufstätig.

1.2.Zu den Fluchtgründen des BF

Seinen Antrag auf internationalen Schutz begründet der BF im Wesentlichen damit, dass er sich zum Christentum bekenne, dem Spionagevorwurf wegen Montierens von Satellitenanlagen ausgesetzt sei, Videos von Demonstrationen verbreitet habe und er sei mehrmals vergewaltigt worden.

Dieses Vorbringen konnte der BF jedoch nicht glaubhaft machen, da es sich bei Gesamtbetrachtung sämtlicher im Verlauf des Verfahrens getätigten Angaben in entscheidenden Punkten als widersprüchlich sowie als nicht schlüssig, nicht plausibel und detailarm erwiesen hat.

Der BF war vor seiner Ausreise aus dem Iran keiner konkreten individuellen Verfolgung oder Bedrohung - etwa durch staatliche Behörden - ausgesetzt.

Der BF ist im Iran weder vorbestraft noch wurde er dort jemals inhaftiert. Der BF war nicht politisch tätig und gehörte keiner politischen Partei an. Es gibt insgesamt keinen stichhaltigen Hinweis, dass der BF im Falle einer Rückkehr in den Iran einer (asylrelevanten) Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt wäre.

Es kann festgestellt werden, dass der BF keiner konkreten asylrelevanten Verfolgung oder Bedrohung im Iran ausgesetzt ist oder eine solche, im Falle seiner Rückkehr, zu befürchten hätte.

1.3.Zur Situation im Fall einer Rückkehr des BF

Im Falle einer Verbringung des BF in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (in der Folge EMRK), oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.

Eine Rückkehr des BF in seine Heimatstadt ist möglich.

Der BF leidet an keiner ernsthaften Krankheit, welche ein Rückkehrhindernis darstellen würde. Es bestehen keine Zweifel an der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit des BF.

1.4. Zum Leben in Österreich

Der BF hält sich seit dem XXXX 2019 in Österreich auf und hat keine weiteren Familienangehörigen oder privaten Bindungen in Österreich."

Erwogen wurde im Kern, dass die geltend gemachten Ausreisegründe - im Gegensatz zum Vorbringen des Beschwerdeführers zu Staatsangehörigkeit, Herkunft, Familienverhältnissen, Lebensumständen im Iran und in Österreich sowie schulischer und beruflicher Ausbildung -nicht glaubwürdig seien. Insbesondere die Tatsache, dass sich der Beschwerdeführer mit Hilfe seines Reisepasses freiwillig staatlichen Kontrollen bei der Ausreise aus dem Iran ausgesetzt habe und nach seinem Entschluss, das Land zu verlassen, neun Monate lang unbehelligt im Iran aufhältig geblieben sei, lasse das von ihm behauptete Bedrohungsszenario als unplausibel wahrscheinlich darstellen. Was die behauptete Konversion zum Christentum angehe, habe er eine innere Glaubensüberzeugung nicht darlegen können.

Dem Beschwerdeführer sei es daher nicht gelungen, eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus asylrelevanten Gründen glaubhaft zu machen.

Weiters sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der gesund sei und im Herkunftsstaat über Verwandte verfüge, dort ein ausreichendes finanzielles Einkommen erwirtschaften könne.

Es könne somit nicht angenommen werden, dass ihm bei einer Rückkehr in den Iran eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der relavanten Zusatzprotokolle geschützten Rechte drohe.

Schließlich lägen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG nicht vor.

2. Zum verfahrensgegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz:

2.1. Am XXXX .11.2019 stellte der Beschwerdeführer abermals einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.2. Bei seiner polizeilichen Erstbefragung am gleichen Tag gab er an, dass er die Fluchtgründe, die er bereits angegeben habe, aufrecht erhalte. Er könne in den Iran nicht zurückkehren und werde vom iranischen Geheimdienst verfolgt. Er habe seinen Glauben gewechselt und sei nun Christ. Im Alter von 15 und 20 Jahren sei er vergewaltigt worden; seitdem habe er sich von Islam abgewendet.

2.3. Am 23.12.2019 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde einvernommen; das darüber aufgenommene Protokolls hat folgenden Inhalt:

"LA [Leiter der Amtshandlung]: Wie ist die Verständigung mit dem Dolmetscher?

VP [Vernommene Person]: Sehr Gut.

Meine Muttersprache ist Farsi Ich spreche ein wenig Deutsch und ein wenig English Ich spreche Ich bin damit einverstanden, dass die Einvernahme in Farsi geführt wird.

LA: Haben Sie einen Vertreter beziehungsweise einen Zustellbevollmächtigten in Ihrem Asylverfahren?

VP: Nein.

LA: Sprechen Sie ausreichend Deutsch? (Frage wird auf Deutsch gestellt)

VP: Nein.(Besser die Einvernahme auf Farsi zu führen).

LA: Haben Sie gegen eine der anwesenden Personen wegen einer möglichen Befangenheit oder aus anderen Gründen Einwände?

VP: Nein.

LA: Sind Sie einverstanden, dass ein männlicher Referent die Einvernahme macht oder haben Sie irgendwelche Einwände?

VP: Nein. Ich bin einverstanden.

LA: Gibt es irgendetwas bezüglich Ihrem Fluchtgrund was Sie daran hindert heute dazu befragt zu werden? Sie haben auch die Möglichkeit eines weiblichen Teams auf Wunsch.

VP: Nein, ich habe keine Scham, keine Einwände und keine Probleme.

LA: Sind Sie mit der Rechtsberaterin, der Ihnen für diese Einvernahme zur Seite gestellt wird, einverstanden?

VP: Ja.

LA: Haben Sie sich einer Rechtsberatung unterzogen? Wann?

VP: Ja. Heute.

LA: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die Befragung zu absolvieren?

VP: Ja.

Erklärung: Ihre Angaben sind Grundlage Für die Entscheidung im Asylverfahren und Sie sind verpflichtet, wahrheitsgemäße und vollständige Angaben zu machen. Diesen Angaben kommt in der Erstaufnahmestelle verstärkte Glaubwürdigkeit zu.

Alle persönlichen Daten und Vorbringen in diesem Verfahren unterliegen der österreichischen Gesetzgebung hinsichtlich Amtsverschwiegenheit und Datenschutz.

Diese Daten werden weder an in Ihr Heimatland weitergeleitet noch öffentlich gemacht.

LA: Haben Sie alles Verstanden?

VP: Ja

LA: Sind Sie derzeit in ärztlicher Betreuung und/ oder Behandlung bzw. Therapie?

VP: Nein.

LA: Nehmen Sie zurzeit Medikamente? Wenn ja welche?

VP: Nein.

LA: Haben Sie bis jetzt im Verfahren zur Ihrer Person und den Fluchtgründen die Wahrheit gesagt?

VP: Nein. Ich habe vergessen zu erwähnen, dass ich die Bibel gelesen habe. Ich dachte falls ich abgeschoben werde und dort im Heimatland, wenn die darauf kommen, dass ich die Bibel gelesen habe, mache ich mich strafbar. Ich habe erwähnt, dass ich nur einmal in einer häuslichen Kirche drin war, aber ich habe nachgedacht und war nun doch zweimal in der Kirche. Ansonsten habe ich die Wahrheit gesagt. Nachgefragt gebe ich an, dass meine Daten (Name und Geburtsdatum) korrekt angeführt wurden.

LA: Hatten Sie jemals Probleme mit der Polizei, Militär und/ oder sonstigen Behörden im Heimatland?

VP: Es wurde kein Haftbefehl erteilt aber Geheimdienst lud mich ein, dass ich vorbeikommen soll, das hat mich psychisch unter Druck gesetzt.

LA: Was war das für ein Geheimdienst?

VP: Das ist Polizei-Geheimdienst (Zivilpolizei).

LA: Haben Sie dies bereits in Ihrem Erstverfahren angegeben?

VP: Ja, habe ich.

LA: Wurden Sie in Ihrem Heimatland schon einmal verurteilt? (Gericht, Anklage)

VP: Nein.

LA: Sind oder waren Sie Mitglied/ Anhänger einer politischen Partei?

VP: Ich habe eine Telegramm Seite gehabt, wo ich politische Äußerungen kommentiert und auch geschrieben habe. ( XXXX ) Nachgefragt war und bin ich bei keiner politischen Partei.

LA: Haben Sie dies auch schon in Ihrem Erstverfahren angegeben?

VP: Nein. Ich war gestresst. Deshalb konnte ich mich nicht gleich an alles erinnern.

LA: Was wollen Sie damit der Behörde sagen?

VP: Wenn man das Telegramm öffnet, sieht man meinen Namen. Ich habe mich dort gegen das jetzige islamische System, welcher gerade herrscht geäußert und kritisiert, weil ich hasse den Islam. Ich habe nicht persönlich gegen den Präsidenten, aber das System allgemein etwas geschrieben und ich bin gegen die iranische Verfassung. Als mich der Geheimdienst angerufen hat, ich habe verneint und Angst bekommen. Ich habe verneint das ich das geschrieben habe und bin nicht hingegangen.

LA: Wann hat Sie der Geheimdienst angerufen?

VP: Das war der XXXX 2018. 2-3 Tage lang habe ich Anrufe bekommen, ich dachte das wäre Spaß. Nachdem die mich nicht erreicht haben, haben die versucht über meinen Vater mich zu erreichen. Handy des Vaters war nicht bei Vater, sondern bei seinem Neffen. Als der Neffe am Handy abgehoben hat, haben die meinen Namen genannt und dann hat er nein gesagt. Sie ließen ausrichtet das ich mich melden solle.

LA: Haben Sie dies der Behörde bereits geschildert mit dem Anruf 2018?

VP: Ja das habe ich.

LA: Wo befindet sich zurzeit Ihre Kernfamilie? (Eltern, Geschwister)

VP: Alle sind am Leben und alle befinden sich im Iran.

LA: Ihren Familienangehörigen geht es nach wie vor gesundheitlich gut?

VP: Ja. Meine Mutter ist zuckerkrankt. Sie nimmt Insulin.

LA: Haben Sie hier in Österreich einen Beruf bzw. eine kleine Nebenbeschäftigung?

VP: Nein.

LA: Wie finanzieren Sie sich Ihrem Lebensunterhalt in Österreich?

VP: Ich bin in der Grundversorgung.

LA: Bekommen Sie noch sonstige finanzielle Unterstützung? zB.Caritas?

VP: Nein.

LA: Haben Sie irgendwelche Ersparnissee?

VP: Nein.

LA: Haben Sie im Bereich der EU, in Norwegen, CH, Lichtenstein oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

VP: Ich habe einen Cousin in Belgien. Er hat gesagt, wenn ich was brauche kann ich mich an ihn wenden.

LA: Haben Sie in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet).

VP: Nein. Nachgefragt bin ich nicht verheiratet und habe keine Kinder. Ich hatte noch nie eine Partnerin.

LA: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Falls dies der Fall ist, beschreiben Sie diese Gemeinschaft.

VP: Nein. Alleine.

LA: Führen Sie eine Beziehung zu einer in Österreich aufhältigen Person?

VP: Nein.

LA: Wovon wollen Sie leben, wenn Sie in Österreich weiter bleiben wollen?

VP: Falls ich eine Aufenthaltsbewilligung bekomme, gehe ich meinen Beruf nach. Ich bin XXXX . Ich habe eine Frau kennengelernt und ich möchte hier auch heiraten.

AW korrigiert: Ich habe vor eine Frau hier in Österreich kennenzulernen und zu heiraten

LA: Seit wann befinden Sie sich in Österreich?

VP: Seit dem XXXX 2019.

LA: Waren Sie davor mal in Österreich?

VP: Nein.

LA Haben Sie Österreich seit Ihrem ersten Antrag verlassen?

VP: Nein.

LA: Welche Integrationsschritte haben Sie bis jetzt getätigt?

VP: Seit ich da bin.10-mal also 2x pro Woche habe ich Deutsch Kurs besucht.

LA: Sind Sie in irgendwelchen Vereinen, Organisationen tätig?

VP: Nein. Falls ich hierbleiben darf, werde ich werden.

LA: Entsprachen bei Ihrem letzten Asylantrag damals alle zu Ihren Fluchtgründen gemachten Angaben alle der Wahrheit?

VP: Ja. Habe die Wahrheit gesagt, bis auf vorhin was ich erwähnt habe , das ich die Bibel gelesen habe. Ich habe 2x die häusliche Kirche besucht.

LA: Wo befindet sich die häusliche Kirche?

VP: In XXXX

LA: Möchten Sie zu den von Ihnen im Zuge des gesamten Verfahrens gemachten Angaben, insbesondere zu Ihres Fluchtweges oder Fluchtgrundes etwas berichtigen?

VP: Nein. Nichts zu berichtigen. Bis auf, dass mit der Bibel.

LA: Hat sich seit der rechtskräftigen Entscheidung von Ihrem Vorverfahren irgendetwas Wesentliches in Ihrem Leben geändert?

VP: Nein.

LA: Warum stellen Sie neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz?

(Wahrheitsgemäß. in chronologischer Reihenfolge, Detailreich)

VP: Da ich einen Akt habe beim Geheimdienst. Ich kann nicht zurückkehren.

LA: Möchten Sie nähere Ausführungen dazu machen?

VP: Ich habe doch gesagt das voriges Jahr im XXXX . Monat allerletztes Mal vom Geheimdienst angerufen wurde und ich mich stellen sollte. Die haben mich 8 Mal geladen, aber ich bin nicht hingegangen. Ich habe Angst gehabt, dass ich eine häusliche Kirche besucht habe und die mich einsperren würden. Ich habe paar Freunden gesagt, dass ich die Kirche besucht habe, habe aber niemanden gesagt das ich Christ bin. Ich habe auch versucht mehrmals versucht nach Europa zu reisen offiziell mit Visum aber habe ich nicht bekommen. Ich war beim holländischen Botschaft. Ich versuchte auch ein kroatisches Visum zu bekommen, dies wurde auch abgelehnt. Dann bin ich illegal gereist.

LA: Waren das alle Ihre Fluchtgründe?

VP: Ich war 7x bei der Einvernahme beim Geheimdienst. Die haben mir 5 Sachen vorgeworfen. Ich hätte politische Äußerungen gemacht. Das ich bei Demos Autos angezündet habe, was ich verneint habe. Anscheinend gab es zu dieser Zeit auch eine Demonstration, das die Behörden mir dann vorgeworfen haben daran teilgenommen zu haben. Das ich zuhause Satelliten Antennen habe, das habe ich zugegeben. Ich kann auch Satelliten installieren, weil ich Satelliten-Installateur bin. Sie warfen mir vor das ich ein amerikanischer Spion bin. Warum haben die mir das vorgeworfen?

Weil ich beim Installieren der SAT Antennen auch natürlich amerikanische Fernsehkanäle installiert habe, XXXX . 5. Die waren mir vor das ich die häusliche Kirche besuchte, aber ich verneinte dies.

Danach-ich habe einen Freund der ist Pfarrer- haben die mir vorgeworfen, wenn ich kein Christ bin, warum ich dann den Pfarrer kenne und mit dem Pfarrer dann befreundet bin. Alle dies Vorwürfe haben die auf einen Zettel geschrieben. Sie sagten, ich müsste jeden Vorwurf unterschreiben und zustimmen das ich das alles getan hätte was die mir vorwerfen.

LA: War das alles?

VP: Ja.

LA: Bestehen Ihre damaligen (Haupt-)Probleme / Fluchtgründe (Erstantrag) nach wie vor?

VP: Ja.

LA: Gibt es Neuigkeiten zu Ihrem Fluchtgrund?

VP: Nein.

LA: Sie haben in der Erstbefragung erwähnt, dass Sie vergewaltigt wurden. Haben Sie dies bereits in Ihrem Erstverfahren erwähnt?

VP: Ja zweimal wurde ich vergewaltigt. Deshalb habe ich mich vom Islam abgewendet. Erstmals war ich 15 Jahre alt ( XXXX ) als ich vergewaltigt wurde und das zweite Mal Sommer 1380: XXXX .

LA: Wie alt waren Sie zu dem Zeitpunkt?

VP: Beim ersten Mal 15 Jahre alt und beim zweiten Mal 20 Jahre alt. Diese Vorfälle haben einen sehr großen Einfluss auf mich, dass ich niemals mehr eine Frau heiraten kann.

Und nachdem mir es psychisch sehr schlecht gegangen ist ging ich im Iran zu einem Psychologen und der Wohnung des Psychologen hangen viele Bilder von deutschen Psychologen an den Wänden und deshalb habe ich auch im Iran Deutsch gelernt. 1380 wollte ich nach Europa, doch ich hatte kein Geld.

LA: Haben Sie mal in Erwägung gezogen, sich in einem anderen Landesteil/Stadt innerhalb Irans niederzulassen?

VP: Ich könnte mich nicht verstecken, die hätten mich überall gefunden.

LA: Sie haben eine Verfahrensanordnung des Bundesamtes gem. §29/3/4 und 6 AsylG 2005 übernommen, in welcher Ihnen mitgeteilt wurde, dass, seitens des Bundesamtes die Absicht besteht, Ihren Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Die Bedeutung des Begriffs "Entschiedene Sache" wird erläutert. Ihr Vorbringen ist weiterhin unglaubhaft.

Des Weiteren baut Ihr Vorbringen auf Ihr früheres Fluchtvorbringen auf.

Es ist die Absicht der Behörde Sie von Österreich in den Iran auszuweisen.

Sie haben nunmehr Gelegenheit, zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes Stellung zu beziehen. Möchten Sie eine Stellungnahme abgeben?

VP: Ich kann nicht zurück, denn sobald ich ankomme werde ich vom Geheimdienst festgenommen.

LA: Aus welchem Grund?

VP: Alles was meine Vergewaltigung und meinen Fluchtgrund betraf habe ich zum ersten Mal beim Flughafen bei den Behörden erzählt. Sonst habe ich das niemanden erzählt. Die haben mir gewisse Sachen vorgeworfen. und wenn ich zurückkehre, werden die mich wegen den Vorwürfen festnehmen. Seit ich da bin habe ich auch seht viele Sachen von Telegramm und der Kirche veröffentlicht.

LA: Was befürchten Sie bei einer Rückkehr ins Heimatland?

VP: Ich weiß es nicht. Ich habe Angst. Vielleicht bringen die mich um. Ich habe Angst um mein Leben. Meine Mutter ist Zuckerkrankt und wenn ich zu meiner Mutter zurückkehre dann wird sie sterben, weil sie dann wegen mir gestresst ist. In meinem Leben kann ich die Menschen die ich gesehen habe nie wieder ertragen. Verfolgung zu erleiden, das kann man doch nicht ewig ertragen.

LA: Jetzt geht es Ihnen psychisch gut oder möchten Sie zu einem Arzt gehen?

VP: Alles ok.. Nein ich brauche keinen Arzt. Nein..

Seitdem ich in Österreich lebe, habe ich keine Angst (AW antwortet auf Deutsch).

LA: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in die aktuellen allgemeinen LFST [Länderfeststellungen] des BFA IRAN samt dem darin enthalten Quellen Einsicht und Stellung zu nehmen. Die Infos sind auf Deutsch und Sie würden diese ausgefolgt bekommen. Wollen Sie die Länderfeststellungen ausgefolgt bekommen?

VP: Nein. Ich habe alles gesagt.

LA: Haben oder hatten Sie jemals irgendwelche andere Probleme, außer den genannten, mit privaten Personen, Personengruppen, Banden oder kriminellen Organisationen?

VP: Nein.

LA: Gibt es außer den genannten Problemen und Befürchtungen sonst noch irgendwelche Sie betreffende Schwierigkeiten, die noch nicht zur Sprache gekommen sind?

VP: Nein.

LA: Der RB wird die Möglichkeit gegeben, Fragen und/ oder Anträge zu stellen.

RB: Nein. Keine Fragen und oder Anträge.

LA: Wollen Sie noch etwas angeben was Ihnen wichtig erscheint? Wollen Sie noch etwas vorbringen oder ergänzen?

VP: Ich möchte ein friedliches Leben hier und auch hier heiraten.

LA: Haben Sie den Dolmetscher verstanden, konnten Sie der Einvernahme folgen und sich konzentrieren?

VP: Ja.

LA: Haben Sie bereits ein Beratungsgespräch zur freiwilligen Rückkehr absolviert?

VP: Nein.

LA: Sie haben gleichzeitig mit der Ladung zur Einvernahme auch die Ladung für ein verpflichtendes Rückkehrberatungsgespräch unterfertigt. Sie haben XXXX hier im Lager XXXX ein Rückkehrberatungsgespräch. Werden Sie daran teilnehmen?

VP: Ja, ich werde hingehen.

LA: Ich beende jetzt die Befragung. Möchten Sie noch weitere Angaben machen? Konnten Sie zum Verfahren alles umfassend vorbringen und gibt es zur Einvernahme irgendwelche Einwände?

VP: Nein, ich habe alles gesagt.

Anm. Nach Rückübersetzung:

Was ich korrigieren möchte: Ich meine damit das[s] ich nur die Vergewaltigung und den Kirchenbesuch niemanden gesagt habe. Ich möchte sagen, dass ich diese 3 Sachen niemanden erzählt habe.

1. Ich wurde vergewaltigt

2. Was beim Verhör vorgefallen ist.

3. Das[s] ich Christ geworden bin.

Ich war auch 9 Monate lang versteckt."

2.4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom XXXX .11.2019 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. 51/1991 (AVG) wegen entschiedener Sache zurück. Unter Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, weiters wurde gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs.9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters sprach die belangte Behörde in Spruchpunkt VI. aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Schließlich wurden gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen den Beschwerdeführer ein befristetes Einreiseverbot in der Dauer von zwei Jahren erlassen (Spruchpunkt VII.).

Nach Wiedergabe des Verfahrensganges traf die belangte Behörde im Wesentlichen folgende Feststellungen:

Der Beschwerdeführers habe den Großteil seines Lebens im Iran verbracht, seine Muttersprache sei Farsi, weiters spreche er etwas Englisch und etwas Deutsch. Er leide nicht an schweren psychischen Störungen und/oder schweren oder ansteckenden Krankheiten und sei arbeitsfähig. Er sei in Österreich für niemandem sorgepflichtig, seine Angehörigen hielten sich im Iran auf. In Österreich verfüge er nicht über schützenswerte private Bindungen. Der Beschwerdeführer sei in Österreich nicht straffällig geworden.

Das erste Asylverfahren des Beschwerdeführers sei rechtskräftig abgeschlossen worden. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich seither nicht geändert. Der Beschwerdeführer habe keinerlei neue Fluchtgründe vorgebracht und habe im nunmehrigen Verfahren auch keine aussagekräftigen (neuen) Beweismittel vorgelegt.

Die maßgebliche Lage im Iran habe sich seit rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens nicht verändert; dazu wurden (gestützt auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation mit Stand vom Juni 2019) u.a. folgende Feststellungen getroffe:

"[..] Politische Lage

Die komplexen Strukturen politischer Macht in der Islamischen Republik Iran sind sowohl von republikanischen als auch autoritären Elementen gekennzeichnet. Höchste politische Instanz ist der "Oberste Führer der Islamischen Revolution" [auch Oberster Rechtsgelehrter, Oberster Führer oder Revolutionsführer], Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei, der als Ausdruck des Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" (Vormundschaft des Islamischen Rechtsgelehrten) über eine verfassungsmäßig verankerte Richtlinienkompetenz verfügt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist und das letzte Wort in politischen Grundsatz- und ggf. auch Detailfragen hat. Er wird von einer vom Volk auf acht Jahre gewählten Klerikerversammlung (Expertenrat) auf unbefristete Zeit bestimmt (AA 15.2.2019a, vgl. BTI 2018, ÖB Teheran 12.2018) und kann diesen theoretisch auch absetzen (ÖB Teheran 12.2018). Das Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" besagt, dass nur ein herausragender Religionsgelehrter in der Lage sei, eine legitime Regierung zu führen bis der 12. Imam, die eschatologische Heilsfigur des schiitischen Islam, am Ende der Zeit zurückkehren und ein Zeitalter des Friedens und der Gerechtigkeit einleiten werde. Dieser Rechtsgelehrte ist das Staatsoberhaupt Irans mit dem Titel "Revolutionsführer" (GIZ 3.2019a).

Das iranische Regierungssystem ist ein semipräsidentielles, d.h. an der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (Amtsinhaber seit 2013 Hassan Rohani, wiedergewählt: Mai 2017). Er steht der Regierung vor, deren Kabinett er ernennt. Die Kabinettsmitglieder müssen allerdings vom Parlament bestätigt werden. Der Präsident ist der Leiter der Exekutive. Zudem repräsentiert er den Staat nach außen und unterzeichnet internationale Verträge. Dennoch ist seine faktische Macht beschränkt, da der Revolutionsführer in allen Fragen das letzte Wort hat bzw. haben kann (GIZ 3.2019a).

Der Revolutionsführer ist wesentlich mächtiger als der Präsident, ihm unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran oder IRGC) inklusive der mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen und die gesamte Judikative. Für die entscheidenden Fragen ist letztlich der Oberste Führer verantwortlich (ÖB Teheran 12.2018). Obwohl der Revolutionsführer oberste Entscheidungsinstanz und Schiedsrichter ist, kann er zentrale Entscheidungen nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Politische Gruppierungen bilden sich um Personen oder Verwandtschaftsbeziehungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen (z.B. Klerus). Diese Zugehörigkeiten und Allianzen unterliegen dabei einem ständigen Wandel (AA 12.1.2019).

Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird die Islamische Beratende Versammlung oder Majles, ein Einkammerparlament mit 290 Abgeordneten, das gewisse legislative Kompetenzen hat und Ministern das Vertrauen entziehen kann (ÖB Teheran 12.2018).

Der Wächterrat (12 Mitglieder, sechs davon vom Obersten Führer ernannte Geistliche, sechs von der Judikative bestimmte Juristen) hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch insgesamt wesentlich mächtiger als ein westliches Verfassungsgericht. Ihm obliegt u.a. auch die Genehmigung von Kandidaten bei Wahlen (ÖB Teheran 12.2018, vgl. AA 15.2.2019a, FH 4.2.2019, BTI 2018). Der Wächterrat ist somit das zentrale Mittel zur Machtausübung des Revolutionsführers (GIZ 3.2019a).

Der Expertenrat wählt und überwacht den Revolutionsführer auf Basis der Verfassung. Die 86 Mitglieder des Expertenrats werden alle acht Jahre vom Volk direkt gewählt. Für die Zulassung der Kandidaten ist der Wächterrat zuständig (WZ 11.1.2017).

Der Schlichtungsrat besteht aus 35 Mitgliedern, die vom Revolutionsführer unter Mitgliedern der Regierung, des Wächterrats, des Militärs und seinen persönlichen Vertrauten ernannt werden. Er hat zum einen die Aufgabe, im Streitfall zwischen verschiedenen Institutionen der Regierung zu vermitteln, zum anderen hat er festzustellen, was die langfristigen "Interessen des Systems" sind. Diese sind unter allen Umständen zu wahren. Der Systemstabilität wird in der Islamischen Republik alles untergeordnet. Falls nötig, können so in der Islamischen Republik etwa auch Gesetze verabschiedet werden, die der Scharia widersprechen, solange sie den Interessen des Systems dienen (GIZ 3.2019a).

Die Basis des Wahlsystems der Islamischen Republik sind die Wahlberechtigten, also jeder iranische Bürger ab 16 Jahren. Das Volk wählt das Parlament, den Präsidenten sowie den Expertenrat (GIZ 3.2019a, vgl. AA 15.2.2019a) in geheimen und direkten Wahlen (AA 12.1.2019). Das System der Islamischen Republik kennt keine politischen Parteien. Theoretisch tritt jeder Kandidat für sich alleine an. In der Praxis gibt es jedoch Zusammenschlüsse von Abgeordneten, die westlichen Vorstellungen von Parteien recht nahe kommen (GIZ 3.2019a, vgl. AA 15.2.2019a). Am 26. Februar 2016 fanden die letzten Wahlen zum Expertenrat und die erste Runde der Parlamentswahlen statt. In den Stichwahlen vom 29. April 2016 wurde über 68 verbliebene Mandate der 290 Sitze des Parlaments abgestimmt. Aus den Wahlen gingen jene Kandidaten gestärkt hervor, die das Wiener Atomabkommen und die Lockerung der Wirtschaftssanktionen nach dem "Implementation Day" am 16. Januar 2016 unterstützen. Zahlreiche Kandidaten waren im Vorfeld durch den Wächterrat von einer Teilnahme an der Wahl ausgeschlossen worden. Nur 73 Kandidaten schafften die Wiederwahl. Im neuen Parlament sind 17 weibliche Abgeordnete vertreten (AA15.2.2019a).

Das iranische Wahlsystem entspricht nicht internationalen demokratischen Standards. Der Wächterrat, der von konservativen Hardlinern und schlussendlich auch vom Obersten Rechtsgelehrten Khamenei kontrolliert wird, durchleuchtet alle Kandidaten für das Parlament, die Präsidentschaft und den Expertenrat. Üblicherweise werden Kandidaten, die nicht als Insider oder nicht vollkommen loyal zum religiösen System gelten, nicht zu Wahlen zugelassen. Bei Präsidentschaftswahlen werden auch Frauen aussortiert. Das Resultat ist, dass die iranischen Wähler nur aus einem begrenzten und aussortierten Pool an Kandidaten wählen können (FH 4.2.2019). Von den 1.499 Männern und 137 Frauen, die sich im Rahmen der Präsidentschaftswahl 2017 für die Kandidatur zum Präsidentenamt registrierten, wurden sechs männliche Kandidaten vom Wächterrat zugelassen. Die Wahlen an sich liefen im Prinzip frei und fair ab, unabhängige Wahlbeobachter waren aber nicht zugelassen. Ablauf, Durchführung sowie Kontroll- und Überprüfungsmechanismen der Wahlen sind in technischer Hinsicht grundsätzlich gut konzipiert (AA 12.1.2019).

Die Erwartung, dass durch den 2015 erfolgten Abschluss des Atomabkommens (JCPOA) Reformkräfte im Iran gestärkt würden, hat sich in den Parlamentswahlen im Februar bzw. April (Stichwahl) 2016 erfüllt. Die Reformer und Moderaten konnten starke Zugewinne erreichen, so gingen erstmals alle Parlamentssitze für die Provinz Teheran an das Lager der Reformer. Auf Reformbestrebungen bzw. die wirtschaftliche Öffnung des Landes durch die Regierung Rohanis wird von Hardlinern in Justiz und politischen Institutionen mit verstärktem Vorgehen gegen "unislamisches" oder konterrevolutionäres Verhalten reagiert. Es kann daher auch nicht von einer wirklichen Verbesserung der Menschenrechtslage gesprochen werden. Ein positiver Schritt Ende 2017 war die Aufhebung der Todesstrafe für die meisten Drogendelikte, was im ersten Halbjahr 2018 zu einer signifikanten Reduktion der vollstreckten Todesurteile (-60%) führte. Jedoch gab es 2018 mit der Einschränkung des Zugangs zu unabhängigen Anwälten in "politischen" Fällen und der zunehmenden Verfolgung von Umweltaktivisten auch zwei eindeutig negative Entwicklungen (ÖB Teheran 12.2019).

Reformorientierte Regimekritiker sind weiterhin starken Repressionen ausgesetzt und unterstützen im Wesentlichen den im politischen Zentrum des Systems angesiedelten Präsidenten Rohani (AA 12.1.2019).

Quellen:

[...]

[..] Sicherheitslage

Den komplexen Verhältnissen in der Region muss stets Rechnung getragen werden. Bestimmte Ereignisse und Konflikte in Nachbarländern können sich auf die Sicherheitslage im Iran auswirken.

Latente Spannungen im Land haben wiederholt zu Kundgebungen geführt, besonders im Zusammenhang mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei ist es in verschiedenen iranischen Städten bisweilen zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen, die Todesopfer und Verletzte gefordert haben, wie beispielsweise Ende Dezember 2017 und im Januar 2018 (EDA 11.6.2019).

Das Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land. Am 22. September 2018 forderte ein Attentat auf eine Militärparade in Ahvaz (Provinz Khuzestan) zahlreiche Todesopfer und Verletzte. Am 7. Juni 2017 wurden in Teheran Attentate auf das Parlament und auf das Mausoleum von Ayatollah Khomeini verübt. Sie haben über zehn Todesopfer und zahlreiche Verletzte gefordert. In den Grenzprovinzen im Osten und Westen werden die Sicherheitskräfte immer wieder Ziel von bewaffneten Überfällen und Anschlägen (EDA 11.6.2019, vgl. AA 11.6.2019b). In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Seit den Pariser Anschlägen vom November 2015 haben iranische Behörden die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zu Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran, erhöht (AA 11.6.2019b). Im ganzen Land, besonders außerhalb von Teheran, kann es immer wieder zu politisch motivierten Kundgebungen mit einem hohen Aufgebot an Sicherheitskräften kommen (BMEIA 11.6.2019).

In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrte Sicherheits- und Personenkontrollen. Wiederholt wurden Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen. Eine Weiterreise war in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich. Dies geschah vor dem Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region (AA 20.6.2018b). Die Grenzzone Afghanistan, östliches Kerman und Sistan-Belutschistan stehen teilweise unter dem Einfluss von Drogenhändlerorganisationen sowie von extremistischen Organisationen. Sie haben wiederholt Anschläge verübt und setzen teilweise Landminen auf Überlandstraßen ein. Es kann hier jederzeit zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften kommen (EDA 11.6.2019).

In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gibt es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, lokale Repräsentanten der Justiz und des Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen und Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit März 2011 gab es in der Region wieder verstärkt bewaffnete Zusammenstöße zwischen iranischen Sicherheitskräften und kurdischen Separatistenorganisationen wie PJAK und DPIK, mit Todesopfern auf beiden Seiten. Insbesondere die Grenzregionen zum Irak und die Region um die Stadt Sardasht waren betroffen. Trotz eines im September 2011 vereinbarten Waffenstillstandes kam es im Jahr 2015 und verstärkt im Sommer 2016 zu gewaltsamen Konflikten. In bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen iranischen Sicherheitskräften und Angehörigen der DPIK im September 2016 nahe der Stadt Sardasht wurden zehn Personen und drei Revolutionsgardisten getötet. Seit Juni 2016 kam es in der Region zu mehreren derartigen Vorfällen. Bereits 2015 hatte es nahe der Stadt Khoy, im iranisch-türkischen Grenzgebiet (Provinz West-Aserbaidschan), Zusammenstöße mit mehreren Todesopfern gegeben. Seit 2015 kommt es nach iranischen Angaben in der Provinz Khuzestan und in anderen Landesteilen, auch in Teheran, wiederholt zu Verhaftungen von Personen, die mit dem sogenannten Islamischen Staat in Verbindung stehen und Terroranschläge in Iran geplant haben sollen (AA 11.6.2019b). Im iranisch-irakischen Grenzgebiet sind zahlreiche Minenfelder vorhanden (in der Regel Sperrzonen). Die unsichere Lage und die Konflikte in Irak verursachen Spannungen im Grenzgebiet. Gelegentlich kommt es zu Schusswechseln zwischen aufständischen Gruppierungen und den Sicherheitskräften. Bisweilen kommt es auch im Grenzgebiet zur Türkei zu Schusswechseln zwischen militanten Gruppierungen und den iranischen Sicherheitskräften. (EDA 11.6.2019). Schmuggler, die zwischen dem iranischen und irakischen Kurdistan verkehren, werden mitunter erschossen, auch wenn sie unbewaffnet sind (ÖB Teheran 12.2018).

Quellen:

[...]

[..] Rechtsschutz / Justizwesen

Seit 1979 ist Iran eine Islamische Republik. in welcher versucht wird. demokratische und islamische Elemente miteinander zu verbinden. Die iranische Verfassung besagt. dass alle Gesetze sowie die Verfassung auf islamischen Grundsätzen beruhen müssen. Mit einer demokratischen Verfassung im europäischen Sinne kann sie daher nicht verglichen werden (ÖB Teheran 12.2018). Das in der iranischen Verfassung enthaltene Gebot der Gewaltentrennung ist praktisch stark eingeschränkt. Der Revolutionsführer ernennt für jeweils fünf Jahre den sogenannten Chef der Judikative. Dieser ist laut Art.157 der Verfassung die höchste Autorität in allen Fragen der Justiz; der Justizminister hat demgegenüber vorwiegend Verwaltungskompetenzen. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist in der Verfassung festgeschrieben. unterliegt jedoch Begrenzungen. Immer wieder wird deutlich. dass Exekutivorgane. v.a. der Sicherheitsapparat. trotz des formalen Verbots. in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung und die Strafzumessung nehmen. Zudem ist zu beobachten. dass fast alle Entscheidungen der verschiedenen Staatsgewalten bei Bedarf informell durch den Revolutionsführer und seine Mitarbeiter beeinflusst und gesteuert werden können. Auch ist das Justizwesen nicht frei von Korruption. Nach belastbaren Aussagen von Rechtsanwälten ist ca. ein Drittel der Richter bei entsprechender Gegenleistung zu einem Entgegenkommen bereit. In Iran gibt es eine als unabhängige Organisation aufgestellte Rechtsanwaltskammer ("Iranian Bar Association";IBA). Allerdings sind die Anwälte der IBA staatlichem Druck und Einschüchterungsmaßnahmen, insbesondere in politischen Verfahren, ausgesetzt. Die Liste der Verteidiger in politischen Verfahren ist auf 20 Anwälte beschränkt worden, die z. T dem Regime nahe stehen (AA 12.1.2019). Das Justizsystem wird als Instrument benutzt, um Regimekritiker und Oppositionelle zum Schweigen zu bringen (FH 4.2.2019). Obwohl das Beschwerderecht rechtlichgarantiert ist, ist es in der Praxis eingeschränkt, insbesondere bei Fällen, die die nationale Sicherheit oder Drogenvergehen betreffen (BTI 2018).

Richter werden nach religiösen Kriterien ernannt. Internationale Beobachter kritisieren weiterhin den Mangel an Unabhängigkeit des Justizsystems und der Richter und, dass die Verfahren internationale Standards der Fairness nicht erfüllen (US DOS 13.3.2019). Iranische Gerichte, insbesondere die Revolutionsgerichte, verletzen immer wieder die Regeln für faire Gerichtsverfahren. Geständnisse, die wahrscheinlich unter Anwendung von Folter erlangt wurden, werden als Beweis vor Gericht verwendet (HRW 17.1.2019). Die Behörden setzen sich ständig über die Bestimmungen hinweg, welche die Strafprozessordnung von 2015 für ein ordnungsgemäßes Verfahren vorsieht, wie das Recht auf einen Rechtsbeistand unmittelbar nach der Festnahme und während der Untersuchungshaft (AI 22.2.2018, vgl. HRW 17.1.2019).

In der Normenhierarchie der Rechtsordnung Irans steht die Scharia an oberster Stelle. Darunter stehen die Verfassung und das übrige kodifizierte Recht. Die Richter sind nach der Verfassung angehalten, bei der Rechtsanwendung zuerst auf Grundlage des kodifizierten Rechts zu entscheiden. Im Zweifelsfall kann jedoch gemäß den Art. 167 und 170 der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewendet werden (AA 9.12.2015, vgl. US DOS 29.5.2018).

In der Strafjustiz existieren mehrere voneinander getrennte Gerichtszweige. Die beiden wichtigsten sind die ordentlichen Strafgerichte und die Revolutionsgerichte. Daneben sind die Pressegerichte für Taten von Journalisten, Herausgebern und Verlegern zuständig. Die "Sondergerichte für die Geistlichkeit" sollen abweichende Meinungen unter schiitischen Geistlichen untersuchen und ihre Urheber bestrafen. Sie unterstehen direkt dem Revolutionsführer und sind organisatorisch außerhalb der Judikative angesiedelt (AA 9.12.2015, vgl. BTI 2018).

Die Zuständigkeit der Revolutionsgerichte beschränkt sich auf folgende Delikte:

-

Straftaten betreffend die innere und äußere Sicherheit des Landes, bewaffneter Kampf gegen das Regime, Verbrechen unter Einsatz von Waffen, insbesondere "Feindschaft zu Gott" und "Korruption auf Erden";

-

Anschläge auf politische Personen oder Einrichtungen;

-

Beleidigung des Gründers der Islamischen Republik Iran und des jeweiligen Revolutionsführers;

-

Spionage für fremde Mächte;

-

Rauschgiftdelikte, Alkoholdelikte und Schmuggel;

-

Bestechung, Korruption, Unterschlagung öffentlicher Mittel und Verschwendung von Volksvermögen (AA 9.12.2015).

Gerichtsverfahren, vor allem Verhandlungen vor Revolutionsgerichten, finden nach wie vor unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und sind extrem kurz. Manchmal dauert ein Verfahren nur wenige Minuten (AI 22.2.2018).

Die iranische Strafrechtspraxis unterscheidet sich stark von jener der europäischen Staaten: Körperstrafen sowie die Todesstrafe werden verhängt (ÖB Teheran 12.2018, vgl. AA 12.1.2019). Nach Art. 278 iStGB können in bestimmten Fällen des Diebstahls Amputationen von Gliedmaßen - auch für Ersttäter - vom Gericht angeordnet werden (AA 12.1.2019). Amputation eines beispielsweise Fingers bei Diebstahl fällt unter Vergeltungsstrafen ("Qisas"), ebenso wie die Blendung, die auch noch immer angewendet werden kann. Durch Erhalt eines Abstandsgeldes ("Diya") kann der ursprünglich Verletzte jedoch auf die Anwendung einer Blendung verzichten (ÖB Teheran 12.2018).

Aussagen hinsichtlich einer einheitlichen Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis sind nur eingeschränkt möglich, da diese sich durch scheinbare Willkür auszeichnet. Rechtlich möglich wird dies vorrangig durch unbestimmte Formulierungen von Straftatbeständen und Rechtsfolgen sowie eine uneinheitliche Aufsicht der Justiz über die Gerichte. Auch willkürliche Verhaftungen kommen vor und führen dazu, dass Personen ohne ein anhängiges Strafverfahren festgehalten werden. Darüber hinaus ist die Strafverfolgungspraxis auch stark von aktuellen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen bestimmt. Im August 2018 wurde angesichts der kritischen Wirtschaftslage ein Sondergericht für Wirtschaftsstraftaten eingerichtet, das bislang schon sieben Menschen wegen Korruption zum Tode verurteilt hat (AA 12.1.2019).

Wohl häufigster Anknüpfungspunkt für Diskriminierung im Bereich der Strafverfolgung ist die politische Überzeugung. Beschuldigten bzw. Angeklagten werden grundlegende Rechte vorenthalten, die auch nach iranischem Recht garantiert sind. Untersuchungshäftlinge werden bei

Verdacht eines Verbrechens unbefristet ohne Anklage festgehalten, ihre Familien werden nicht ode

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten