TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/11 W192 2216187-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.04.2019
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Entscheidungsdatum

11.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W192 2216187-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Usbekistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.02.2019, Zahl 1199621404-180684532, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 i.d.g.F., § 9 BFA-VG i.d.g.F. und §§ 52, 55 FPG i. d.g.F. als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Usbekistans, stellte, nachdem er beim unrechtmäßigen Aufenthalt sowie der Ausübung einer Schwarzarbeit im Bundesgebiet betreten und gemäß § 40 BFA-VG festgenommen worden war, am 18.07.2018 im Zuge einer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl abgehaltenen Einvernahme zur beabsichtigten Verhängung der Schubhaft den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem er am 20.07.2018 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt wurde.

Der Beschwerdeführer gab zusammengefasst zu Protokoll, er bekenne sich zum islamischen Glauben, gehöre der Volksgruppe der Usbeken an und verfüge über keine Berufsausbildung oder -erfahrung. In Usbekistan hielten sich seine Eltern und drei Geschwister auf. Er habe Usbekistan Anfang Juli 2018 illegal verlassen und sei - ohne hierfür etwas gezahlt zu haben - mit verschiedenen Fahrzeugen über eine unbekannte Route illegal nach Österreich gereist; er habe einen Reisepass besessen, welcher ihm jedoch in Österreich gestohlen worden wäre. Zum Grund seiner Flucht führte der Beschwerdeführer aus, er sei vor etwa einem Monat von einem Mann angesprochen worden, welcher versucht hätte, ihn zu überreden, einer terroristischen Organisation beizutreten und ihm viel Geld sowie eine Waffe versprochen habe. Der Beschwerdeführer habe dies nicht gewollt. Ein paar Tage später seien der gleiche Mann und drei weitere Männer auf der Straße auf den Beschwerdeführer zugekommen und hätten versucht, ihn zu überreden, sich einen Bart wachsen zu lassen und dieser Organisation beizutreten. Sie hätten dem Beschwerdeführer gleich gesagt, dass es seine Aufgabe sein würde, Leute umzubringen. Sie hätten schon einen fixen Job für ihn gehabt, eine Familie zu erschießen. Sie hätten ihm viel Geld versprochen, doch der Beschwerdeführer habe auch diesmal abgelehnt, da er niemanden umbringen wolle. Daraufhin hätten sie den Beschwerdeführer bedroht, seine Familie und ihn umzubringen. Für den Fall einer Rückkehr fürchte er, dass die erwähnten Männer in töten werden.

Anlässlich seiner nach Zulassung des Verfahrens am 23.01.2019 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl abgehaltenen niederschriftlichen Einvernahme gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, er fühle sich psychisch und physisch zur Durchführung der Einvernahme in der Lage, sei gesund und habe bislang wahrheitsgemäße Angaben erstattet, welche korrekt protokolliert und rückübersetzt worden wären.

Er könne keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen, da er alles - nachgefragt, seinen Inlandspass - verloren hätte. Im Heimatland habe er einen Führerschein, eine Geburtsurkunde sowie den erwähnten Inlandspass, nicht jedoch einen Reisepass besessen. Er könne sich die erwähnten Dokumente nicht aus Usbekistan nachschicken lassen, da er davongelaufen sei und nicht wolle, dass seine Familie erfährt, dass er hier sei. Der Beschwerdeführer habe bis zu seiner Ausreise gemeinsam mit seinen Eltern und drei Geschwistern in Samarkand gelebt, wo er neun Jahre lang die Grundschule besucht und eine Ausbildung als Kraftfahrzeuglenker absolviert hätte. Der Beschwerdeführer habe im Vorfeld der Ausreise nicht gearbeitet und sei durch seine Eltern finanziell unterstützt worden. Der Beschwerdeführer habe sich nie politisch engagiert, gehöre der tadschikischen Volksgruppe an und sei Moslem. Der Beschwerdeführer sei illegal aus Usbekistan ausgereist, dies nachgefragt, da er davongelaufen sei und Usbekistan wegen Problemen habe verlassen müssen. Nochmals danach gefragt, weshalb er illegal habe ausreisen müssen, erklärte der Beschwerdeführer, er habe ausreisen müssen. Nach nochmaliger Belehrung über seine Mitwirkungspflicht gab der Beschwerdeführer an, er habe seinen usbekischen Inlandspass gehabt und kein Geld für einen Reisepass besessen; daher habe er illegal ausreisen müssen.

Um detaillierte Schilderung seines Ausreisegrundes ersucht, gab der Beschwerdeführer an, er sei auf der Straße gewesen und gegen Mittag sei ein Mann zu ihm gekommen; dies habe sich zwei Wochen vor seiner Ausreise aus Usbekistan ereignet. Die Person hätte zum Beschwerdeführer gesagt, dass er ein junger Mann sei, er ihm eine Waffe und ein Buch geben würde und der Beschwerdeführer Terrorist werden solle. Der Beschwerdeführer hätte erwidert, dass er dies nicht wolle. Der Mann sei dann einfach davongegangen. Am nächsten Tag sei diese Personen mit drei weiteren Männern auf der Straße in der Nähe seines Elternhauses zu ihm gekommen. Alle vier Personen hätten zu ihm gesagt, dass er Terrorist werden müsse. Der Beschwerdeführer habe wissen wollen, warum. Sie hätten zu ihm gesagt, dass er ein Familienmitglied umbringen müsse. Sie hätten einfach zu ihm gesagt, dass er eine Familie umbringen müsse. Der Beschwerdeführer habe dies nicht gewollt. Eine der Personen habe dem Beschwerdeführer gesagt, dass sie ihm viel Geld und eine Waffe geben würden und seine Familie umbringen würden, sollte er sich weigern. Der Beschwerdeführer habe dies nicht gewollt und sei von diesen vier Personen davongelaufen. Dann habe er ein Taxi organisiert, das ihn hierhergebracht hätte. Als er von den Leuten davongelaufen sei, habe er von zuhause seinen Pass geholt und nach ca. 30 Minuten das Taxi organisiert - auf der Straße seien Taxis gestanden, der Beschwerdeführer sei eingestiegen und habe zum Fahrer gesagt, er solle ihn weit wegbringen. Auf Vorhalt, dass kein Taxifahrer ohne weiteres illegal über die Grenze fahren würde, gab der Beschwerdeführer an, der Taxifahrer hätte ihn irgendwo hin gebracht und er habe in ein anderes Auto umsteigen müssen; mit dem ersten Taxi sei er drei Stunden an einen unbekannten Ort gefahren; nach zwei Stunden sei er in ein anderes Auto eingestiegen; wie lange er mit diesem gefahren sei, könne er nicht sagen, da er geschlafen hätte. Befragt, wie er die Grenze illegal passieren habe können, erklärte der Beschwerdeführer, er wisse dies nicht, niemand habe einen Pass von ihm verlangt. Für die Taxifahrten habe er kein Geld bezahlt. Nach Vorhalt, dass es nicht glaubhaft sei, dass ein Taxifahrer ihn ohne Bezahlung transportieren würde, erklärte der Beschwerdeführer, er hätte gesagt, dass er Hilfe bräuchte, woraufhin ihm der Fahrer ohne Bezahlung geholfen hätte. Seinen Eltern habe er deshalb nicht von seinen Problemen berichtet, da er nicht gewollt hätte, dass diese davon wüssten; er habe Angst gehabt und sei davongelaufen. Auf Vorhalt, dass es nicht glaubhaft erscheine, dass der Beschwerdeführer seine Eltern angesichts der seitens der Männer gegen deren Personen ausgesprochen Drohung nicht informiert hätte, wiederholte der Beschwerdeführer, er habe Angst gehabt. Der Beschwerdeführer hätte zwar die Möglichkeit gehabt, sich in einen anderen Landesteil zu begeben, um sich der angeblichen Problemlage zu entziehen, sie hätten jedoch zu ihm gesagt, dass sie ihn überall finden würden. Befragt, weshalb er sich nicht um Schutz an die Behörden seines Heimatlandes gewandt hätte, gab der Beschwerdeführer an, sie würden nicht helfen. Auf Frage, woher er dies wisse, meinte der Beschwerdeführer: "Vielleicht helfen sie schon, vielleicht morgen oder übermorgen. Vielleicht morgen wenn mich die Leute getötet haben." Danach gefragt, weshalb er meine, dass die Leute ihn töten wollten, zumal es nicht einmal einen Übergriff auf seine Person gegeben hätte, bemerkte der Beschwerdeführer, sie hätten dies so gesagt; die Vier hätten Bärte getragen, sie seien anders gewesen.

Dem Beschwerdeführer wurde sodann vorgehalten, dass sein Vorbringen zu vage gehalten und von Widersprüchen geprägt gewesen sei und daher nicht glaubhaft nachvollzogen werden könne; zudem wurde dem Beschwerdeführer ein im Akt einliegender Auszug aus dem Visa-Informationssystem vorgehalten, dem sich entnehmen lasse, dass der Beschwerdeführer in Bezug auf den Nichtbesitz eines usbekischen Reisepasses die Unwahrheit angegeben hätte; hierzu erwiderte der Beschwerdeführer, er habe keinen usbekischen Reisepass besessen, sondern nur den usbekischen Inlandspass. Wer das im Visa-Informationssystem aufscheinende Visum beantragt hätte, wisse der Beschwerdeführer nicht.

In Österreich habe der Beschwerdeführer keine Verwandten und besuche einen Deutschkurs.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Usbekistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und die Frist für dessen freiwillige Ausreise gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Die Behörde stellte die Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und Religion sowie - gemäß dem vorliegenden Auszug aus dem Visa-Informationssystem vom 17.01.2019 - die Personalien des Beschwerdeführers fest. Die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich einer persönlichen Verfolgung und Bedrohung seien nicht glaubhaft nachvollziehbar gewesen, weshalb nicht festzustellen gewesen sei, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsland einer konkreten Gefährdung oder Verfolgung ausgesetzt gewesen wäre. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers wurde beweiswürdigend im Wesentlichen festgehalten, dass sich die Angaben des Beschwerdeführers durchwegs als ausweichend, vage gehalten und widersprüchlich dargestellt hätten und er nicht in der Lage gewesen wäre, die beiden Vorfälle, welche sich angeblich knapp vor seiner Ausreise ereignet hätten, widerspruchsfrei zu schildern. So habe der Beschwerdeführer anlässlich der Erstbefragung noch angeführt, dass jene beiden Vorfälle ein paar Tage auseinandergelegen hätten, hingegen vor der erkennenden Behörde davon gesprochen, dass sich beide Vorfälle innerhalb von zwei Tagen zugetragen hätten, dies wiederum im Widerspruch zu den eingangs getätigten Angaben, demzufolge der erste Vorfall zwei Wochen vor der Ausreise stattgefunden hätte. Diese widersprüchliche Darstellung dokumentiere eindrucksvoll, dass der Beschwerdeführer keinesfalls wahre Vorkommnisse ins Treffen geführt hätte. Wären der Beschwerdeführer und seine Familie tatsächlich von einer terroristischen Vereinigung bedroht gewesen, so wäre zudem davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seine Eltern und Geschwister über die drohende Gefahr in Kenntnis gesetzt hätte, und nicht hingegen ohne ein Wort der Erklärung aus dem Heimatland ausreisen würde. Aufgrund der Ausführungen des Beschwerdeführers sei im Übrigen eine Notwendigkeit zur fluchtartigen und spontanen Ausreise aus dem Heimatland nicht erkennbar, zumal er selbst bestätigt hätte, dass ihm auch die Möglichkeit einer innerstaatlichen Flucht respektive die Möglichkeit, sich an die Behörden seines Heimatlandes zu wenden, offen gestanden hätte. Überdies hätten sich auch die Ausführungen des Beschwerdeführers zur Ausreise aus dem Heimatland selbst, nämlich, dass Taxifahrer ihn spontan und ohne Bezahlung illegal aus dem Heimatland gebracht hätten, als nicht glaubhaft nachvollziehbar dargestellt. Vielmehr sei aufgrund der vorhandenen Visa-Anfrage davon auszugehen, dass der Beschwerdeführe sein Heimatland bereits im Jahr 2017 legal verlassen hätte.

Der Beschwerdeführer sei gesund, verfüge im Herkunftsstaat über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte und demnach über Unterkunfts- und Unterstützungsmöglichkeiten und könne seinen Lebensunterhalt im Herkunftsstaat durch eigene Erwerbstätigkeit bestreiten.

Der Beschwerdeführer sei illegal ins Bundesgebiet eingereist, bestreite seinen Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung und verfüge über keine familiären oder sozialen Kontakte und über keine schützenswerte Integration in Österreich, weshalb sich die Erlassung einer Rückkehrentscheidung als geboten erweise.

3. Gegen diesen, dem Beschwerdeführer am 15.02.2019 zugestellten, Bescheid brachte der Genannte durch seine nunmehrige Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 12.03.2019 fristgerecht Beschwerde ein, in welcher begründend zusammengefasst ausgeführt wurde, der Beschwerdeführer sei von mutmaßlichen Angehörigen einer terroristischen Gruppierung aufgefordert worden, ihnen beizutreten und sei aufgrund seiner Weigerung sowohl in Gefahr gewesen, von diesen Terroristen ermordet zu werden, als auch von der usbekischen Regierung aufgrund einer ihm unterstellten staatsfeindlichen Gesinnung verfolgt zu werden. Den beweiswürdigenden Ausführungen des Bundesamtes fehle es an einem erkennbaren Begründungswert; tatsächlich habe der Beschwerdeführer konkrete, umfangreiche und konsistente Angaben zu den fluchtauslösenden Vorfällen erstattet. Zudem habe sich die Behörde mit der Frage der Schutzwilligkeit der usbekischen Behörden gegenüber Personen wie dem Beschwerdeführer überhaupt nicht auseinandergesetzt und die Berichte über die äußerst besorgniserregende politische und menschenrechtliche Situation in Usbekistan unzureichend gewürdigt. Der Bericht über die Situation von Rückkehrern zeige, dass die usbekischen Behörden über Listen jener Personen verfügen würden, welche im Ausland um Asyl angesucht hätten und das Risiko bestünde, am Flughafen verhaftet und verhört zu werden. Im Hinblick auf die allgemeine Situation und Menschenrechtslage in Usbekistan sowie die persönliche Situation des Beschwerdeführers bestünde zudem eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass dieser einer existenzbedrohenden Lage ausgesetzt sein würde. Die getroffene Rückkehrentscheidung erweise sich aufgrund des bestehenden Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers als nicht verständlich.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer führt die im Spruch angeführten Personalien, ist Staatsangehöriger Usbekistans, Angehöriger der tadschikischen Volksgruppe und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Seine Identität steht fest. Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 18.07.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und hält sich seitdem durchgängig im Bundesgebiet auf. Der Beschwerdeführer stammt aus Samarkand, wo er zuletzt mit seinen - unverändert dort aufhältigen - Eltern und Geschwistern gelebt und eine Grundschul- und Berufsausbildung absolviert hat. Der Beschwerdeführer befand sich im Besitz eines von Mai 2015 bis Mai 2025 gültigen usbekischen Reisepasses und eines im Mai 2017 ausgestellten lettischen Schengenvisums der Kategorie C, deren Existenz er gegenüber den österreichischen Behörden zu verschleiern versuchte. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer illegal aus Usbekistan ausgereist ist.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat durch Angehörige einer ihm unbekannten terroristischen Gruppierung für den Fall, dass er dieser nicht beitreten sollte, mit dem Tod bedroht worden ist oder dass ihm in Bezug auf eine derartige Bedrohung, so sie tatsächlich stattgefunden hätte, eine Inanspruchnahme der staatlichen Schutzmechanismen Usbekistans nicht möglich wäre. Es kann auch sonst nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Usbekistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

Es besteht für den Beschwerdeführer als gesunden leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf im Falle einer Rückkehr nach Usbekistan keine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit. Dieser liefe auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der unbescholtene Beschwerdeführer geht im Bundesgebiet keiner legalen Erwerbstätigkeit oder ehrenamtlichen Arbeit nach, ist in keinem Verein Mitglied und hat keine Verwandte oder sonst enge soziale Bezugspunkte in Österreich. Er hat einen Deutschkurs besucht, jedoch keinen Nachweis über bereits vorhandene Deutschkenntnisse oder anderweitige Integrationsbemühungen vorgelegt.

1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Politische Lage

Usbekistan ist ein Binnenstaat, der zwischen Kasachstan im Norden und Nordwesten, Kirgisistan und Tadschikistan im Nordosten und Osten, Afghanistan und Turkmenistan im Süden und Südwesten liegt. Die Fläche des Landes beträgt 448 900 km², die Einwohnerzahl wird mit Stand 2016 auf 31,5 Millionen geschätzt. Hauptstadt ist Taschkent (GIZ 9.2018a). Das Staatsgebiet ist in die zwölf Provinzen (Viloyatlar), Andischan, Buchara, Choresm, Dschisak, Fergana, Kaschkadaria, Namangan, Navoi, Samarkand, Syrdarja, Surchandarja und Taschkent sowie die Stadtregion Taschkent und die autonome Republik Karakalpakstan gegliedert. Die Provinzen gliedern sich wiederum in Bezirke (Tuman/Rayon) (AA 3.2018; vgl. GIZ 9.2018a).

Die Republik Usbekistan erlangte 1991 ihre Unabhängigkeit und erhielt 1992 eine demokratische Verfassung (GIZ 9.2018b). Usbekistan ist eine autoritäre Präsidialrepublik mit einer dominanten Position des Präsidenten innerhalb des Machtapparates. Gewaltenteilung, Institutionen und Regeln existieren nur formal. Der Präsident gilt als Vater der Nation sowie als Garant für die Stabilität und Sicherheit des Landes und regiert dieses durch Dekrete. Er ist zugleich Vorsitzender des Ministerkabinetts, welches aus dem Ministerpräsidenten, den stellvertretenden Ministerpräsidenten, den Ministern, den Vorsitzenden der staatlichen Komitees und anderer staatlicher Organe, sowie dem Vorsitzenden des Ministerrates der Autonomen Republik Karakalpakstan, besteht. Der Präsident ernennt und entlässt den Ministerpräsidenten, die stellvertretenden Minister, die Richter des Verfassungs- und des Obersten Gerichts, den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Zentralbank sowie die Gouverneure der Gebietsverwaltungen. Er ist Oberster Befehlshaber der Streitkräfte (GIZ 9.2018b).

Am 14.12.2016 übernahm der langjährige Ministerpräsident Shavkat Mirziyoyev offiziell das Amt des Präsidenten der Republik Usbekistan. Mirziyoyev gewann die Präsidentschaftswahlen vom 04.12.2016 mit 88,61 Prozent der Stimmen. Die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen wurden angesetzt, nachdem der ehemalige Präsident Islam Karimov am 2.9.2016 gestorben war. Mirziyoyev hatte seit Anfang September 2016 das Land bereits als Interimspräsident geführt (AA 4.2018a; vgl. GIZ 9.2018b).

Seit den Parlamentswahlen im Dezember 2004 hat das Land ein Zweikammer-Parlament, bestehend aus dem Unterhaus, Olij Maschlis (Oberste Versammlung) und dem Senat. Das Unterhaus umfasst 150 Abgeordnete, von denen laut Verfassung 135 Vertreter von der wahlberechtigten Bevölkerung gewählt und 15 von der Ökologischen Bewegung Usbekistans ernannt werden. Der Senat umfasst 100 Sitze, von denen 84 aus den Provinzen sowie der Republik Karakalpakstan und der Stadt Taschkent gewählt werden, während die restlichen 16 Senatoren vom Staatspräsidenten ernannt werden (AA 3.2018; vgl. AA 4.2018a).

Die letzten Parlamentswahlen fanden am 21.12.2014 (Stichwahl 5.1.2015) statt. Alle vier im Unterhaus vertretenen Parteien stehen der Regierung nahe, andere Parteien durften nicht antreten (AA 4.2018a; vgl. GIZ 9.2018b). Das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE/ODIHR) stellte in seinem abschließenden Wahlbeobachtungsbericht fest, dass es bei den Wahlen an Wettbewerbsfähigkeit mangelte und den Wählern keine echte Auswahl an politischen Alternativen angeboten wurden. Wahlbeobachter führten schwerwiegende Unregelmäßigkeiten auf, welche mit den nationalen Rechtsvorschriften und den OSZE-Verpflichtungen unvereinbar sind, darunter stellvertretende Stimmabgaben und Wahlfälschung durch das Auffüllen der Wahlurnen mit Stimmzetteln (USDOS 20.4.2018).

Die aus der kommunistischen Partei hervorgegangene Xalq Demokratik Partiyasi (Demokratische Volkspartei) hat die Mehrheit der Parlamentssitze inne. Die anderen Parteien im Parlament sind Adolat (Gerechtigkeit), Milliy Tiklanish (Nationale Wiedergeburt), und Fidokorlar (Die sich Aufopfernden), welche alle regierungsnah sind. Im April 2000 fusionierte die Partei Vatan Taraqiyoti (Fortschritt des Vaterlandes) mit Fidokorlar. Die jüngste Neugründung ist die Liberaldemokratische Partei Usbekistans. Die Gründung regierungsnaher Parteien soll die Fassade eines Mehrparteiensystems aufrechterhalten (GIZ 9.2018b).

Mahallas (Nachbarschaftsgemeinden) haben Funktionen der lokalen Selbstverwaltung übernommen. In Usbekistan sind sie seit 1992 als gesetzliche Organe der lokalen Selbstverwaltung in den Staatsapparat eingegliedert. Die Mahalla-Kommissionen unterliegen staatlicher Kontrolle, ihre Sekretäre und Vorsitzenden werden vom Staat bezahlt und vom jeweiligen Provinzgouverneur (Hokim) ernannt (GIZ 9.2018b).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (3.2018): Usbekistan, Überblick, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/usbekistan/206788, Zugriff 15.10.2018

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AA - Auswärtiges Amt (4.2018a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826, Zugriff 15.10.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018a): Usbekistan, Überblick, https://www.liportal.de/usbekistan/ueberblick/, Zugriff 22.10.2018

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018

Sicherheitslage

Es ist in Usbekistan von einer latenten Gefährdung durch radikale Gruppen auszugehen, die in Teilen Zentralasiens operieren (GIZ 8.2018b). Radikaler politischer Islamismus scheint sich vor allem im Ferganatal zu konzentrieren (GIZ 9.2018c). Landesweit herrscht die Gefahr von Terroranschlägen durch islamistische Gruppen (BMEIA 13.11.2018). Die seit den neunziger Jahren aktive "Islamische Bewegung Usbekistans" (IBU) ist eine der aktivsten Extremisten-Gruppen in Zentralasien. Die IBU unterstützte lange die Taliban im Nachbarland Afghanistan und war auch in Pakistan aktiv. 2015 legte sie den Treueeid auf den Islamischen Staat (IS) ab (SD 8.4.2017).

Usbekistan und Kirgisistan haben sich 2017 darauf geeinigt, einen jahrzehntelangen Grenzstreit über Enklaven im Ferganatal lösen zu wollen, welcher in vorangegangenen Jahren zu Schusswechseln und anderen Formen der Gewalt geführt hat. Insbesondere in der 350 km² großen Enklave Sokh, in der über 50.000 Usbeken leben, sind mehrfach Konflikte zwischen Grenzschutzbeamten und Einheimischen aufgeflammt. Dies führt oft zu Grenz- und Straßensperren durch kirgisische Beamte, was einen Gütermangel zur Folge hatte, der wiederum oft zu neuerlichen Aufständen und Gewalt führte. Neben dem usbekischen Sokh geht es auch um die kirgisische Enklave Barak und die usbekischen Enklaven Shohimardan, Jani-Ayil und Chon Qora/Qalacha (RFE/RL 14.12.2017). Im August 2018 haben sich beide Länder im Fall der Enklave Barak auf einen Gebietstausch gegen Ländereien im Gebiet um das usbekische Grenzdorf Birleshken geeinigt, welcher bis zu zwei Jahre dauern könnte (RFE/RL 15.8.2018).

Quellen:

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018c): Usbekistan, Gesellschaft, https://www.liportal.de/usbekistan/gesellschaft/, Zugriff 22.10.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (8.2018b): Usbekistan, Alltag,

https://www.liportal.de/usbekistan/alltag/, Zugriff 22.10.2018

-

BMEIA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (13.11.2018): Reiseinformation Usbekistan - Sicherheit & Kriminalität,

https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/usbekistan/, Zugriff 13.11.2018

-

Novastan (9.4.2018): Usbekistans innere und äußere Bedohungen, https://www.novastan.org/de/usbekistan/innere-und-ausere-bedrohungen-usbekistans/, Zugriff 12.11.2018

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RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (14.12.2017): Tug-Of-War:

Uzbekistan, Kyrgyzstan Look To Finally Settle Decades-Old Border Dispute,

https://www.rferl.org/a/uzbekistan-kyrgyzstan-resolving-decades-old-border-dispute/28918059.html, Zugriff 12.11.2018

-

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (15.8.2018): Kyrgyzstan, Uzbekistan Agree To Work On Land Swap Near Border, https://www.rferl.org/a/kyrgyzstan-uzbekistan-agree-to-work-on-land-swap-near-border/29435146.html, Zugriff 12.11.2018

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SD - Süddeutsche Zeitung (8.4.2017): Islamische Bewegung Usbekistans rekrutiert in Deutschland, https://www.sueddeutsche.de/politik/anschlag-in-stockholm-usbekistan-rueckt-ins-zentrum-des-terrors-1.3457183-2, Zugriff 12.11.2018

Rechtsschutz / Justizwesen

Obwohl die Verfassung eine unabhängige Justiz vorsieht, gibt es einige Fälle in denen die Justiz nicht mit völliger Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gearbeitet hat (USDOS 20.4.2018).

Alle Richter werden vom Präsidenten für eine verlängerbare Amtszeit von fünf Jahren ernannt. Die Absetzung von Richtern des Obersten Gerichtshofs muss vom Parlament bestätigt werden, welches im Allgemeinen den Wünschen des Präsidenten nachkommt (USDOS 20.4.2018). Die Rechtsanwaltskammer, eine Aufsichtsbehörde mit Pflichtmitgliedschaft, dient als Instrument der staatlichen Kontrolle über den Rechtsberuf (FH 1.2018).

Die Garantien für ein ordnungsgemäßes Verfahren sind nach wie vor äußerst schwach. Die Strafverfolgungsbehörden haben die Verhaftung von Personen, welche des religiösen Extremismus verdächtigt werden, routinemäßig gerechtfertigt, indem sie Konterbande platzierten, zweifelhafte Anklagen wegen finanzieller Verfehlungen erhoben oder Zeugenaussagen erfanden (FH 1.2018). Obwohl laut dem usbekischen Strafgesetzbuch die Unschuldsvermutung gilt, haben sich die Empfehlungen eines Staatsanwalts im Allgemeinen durchgesetzt. Beklagte haben das Recht, an Gerichtsverfahren teilzunehmen, Zeugen zu befragen und Beweise vorzulegen. Richter lehnten Anträge der Verteidigung jedoch ab, zusätzliche Zeugen vorzuladen oder Beweise, die den Beklagten unterstützen, in die Akte aufzunehmen. Angeklagte haben das Recht auf Vertretung durch einen Anwalt. Bei Bedarf wird ein Rechtsbeistand, und wenn nötig auch ein Dolmetscher, kostenlos zur Verfügung gestellt. Glaubwürdigen Berichten zufolge handelten staatlich bestellte Verteidiger jedoch routinemäßig im Interesse der Regierung und nicht ihrer Mandanten (USDOS 20.4.2018).

Die überwiegende Mehrheit der Strafverfahren endeten mit einem Schulspruch. Mitglieder der Justiz sollen Entscheidungen auf Wunsch der Exekutive, der Generalstaatsanwaltschaft oder anderer Strafverfolgungsbehörden, gefällt haben. Gerichte stützen ihre Urteile oft ausschließlich auf Geständnissen oder Zeugenaussagen, die durch Misshandlung, Bedrohung von Familienangehörigen oder anderer Formen von Gewaltanwendung gewonnen wurden. Verteidiger haben Richter gelegentlich aufgefordert Geständnisse abzulehnen und Folterbehauptungen zu untersuchen. Solche Forderungen wurden häufig aber als unbegründet abgelehnt. Foltervorwürfe wurden nicht richtig untersucht und in Gerichtsurteilen wird oft festgehalten, dass Foltervorwürfe dazu dienen würden, sich der strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen. Es gibt ein Recht auf Berufung, wobei diese selten zu einer Aufhebung der Verurteilung führt, in einigen Fällen jedoch zu einer Verringerung oder Aussetzung von Strafen (USDOS 20.4.2018).

Bürger können bei Zivilgerichten wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen durch Beamte, mit Ausnahme von Ermittlern, Staatsanwälten und Richtern, Klage erheben. Es wird berichtet, dass Bestechungsgelder für Richter Entscheidungen von Zivilgerichten beeinflussen (USDOS 20.4.2018).

Im Februar 2017 verabschiedete Usbekistan eine Handlungsstrategie für die Jahre 2017 bis 2021, die Reformen im Justizbereich vorsieht. Dazu gehören neben der Verbesserung der Verwaltungs-, Straf-, Zivil- und Handelsgerichtsbarkeit auch präventive Maßnahmen zur Bekämpfung von Kriminalität und eine verbesserte juristische Ausbildung (AA 4.2018a).

Usbekistan hat die Kompetenz zum Ausstellen von Haftbefehlen von der Staatsanwaltschaft auf die Gerichte übertragen ("Habeas-Corpus-Prinzip"). Die Umsetzung dieser Maßnahme ist aber nach wie vor nicht abgeschlossen (AA 4.2018a).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (4.2018a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826, Zugriff 15.10.2018

-

FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1442529.html, Zugriff 22.10.2018

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018

Sicherheitsbehörden

Die zivilen Behörden behielten im Allgemeinen eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte bei, jedoch sind die zivilen Strukturen von den Sicherheitsdiensten durchdrungen (USDOS 20.4.2018).

Usbekistan verfügt über drei Institutionen zur Bekämpfung krimineller Aktivitäten. Für Strafverfolgung, die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Untersuchung allgemeiner Verbrechen ist die dem Innenministerium unterstellte Polizei zuständig. Die Generalstaatsanwaltschaft untersucht Gewalttaten wie Mord, außerdem Korruption und Machtmissbrauch durch Beamte. Der Nationale Sicherheitsdienst (SNB), welches über seinen Vorsitzenden direkt dem Präsidenten unterstellt ist, befasst sich mit Fragen der nationalen Sicherheit und der Spionage, welche auch die Bereiche Terrorismus, Korruption, organisierte Kriminalität, Grenzkontrolle und Drogen umfassen (USDOS 20.4.2018).

Der Nationale Sicherheitsdienst (SNB) wird für die Verhaftung und Folterung von Hunderten von Bürgern sowie Aktivisten und religiösen Persönlichkeiten verantwortlich gemacht (IWPR 4.4.2018). Es gibt mehrere Berichte, dass die Regierung oder deren Agenten, willkürliche oder rechtswidrige Tötungen - auch durch Folter - begangen haben. Straffreiheit ist ein allgegenwärtiges Problem. Offiziell wird das Innenministerium mit der Untersuchung und Disziplinierung von Beamten beauftragt, die wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt sind. Es gibt keine Fälle in denen es zur Bestrafung kam. Auch das dem Parlament angegliederte Büro des Bürgerbeauftragten für Menschenrechte hat - obwohl seine Entscheidungen nicht verbindlich sind - eine Befugnis zur Untersuchung von Fällen (USDOS 20.4.2018).

Ende März verabschiedete das usbekische Oberhaus das Gesetz "Über den Staatlichen Sicherheitsdienst" und formuliert damit erstmals seit der Unabhängigkeit des Landes einen rechtlichen Rahmen für die Arbeit des Sicherheitsdienstes. Nach dem neuen Gesetz gehört zu den Aufgaben des Sicherheitsdienstes der Schutz der Verfassung, der Souveränität und der territorialen Integrität vor äußeren wie inneren Gefahren. Er ist direkt Präsident Mirziyoyev rechenschaftspflichtig (Novastan 9.4.2018). Am 1.4.2018 hat Präsident Mirziyoyev per Dekret eine umfassende Reorganisation des Nationale Sicherheitsdienstes (SNB) eingeleitet, mit der die bisherige, umfassende Autorität des SNB, beendet wird. Einige Aufgabenbereiche, wie die Sicherung staatlicher Institutionen werden dem Innenministerium unterstellt, andere, wie der Bau und die Instandhaltung von Sicherheitseinrichtungen wurden dem Verteidigungsministerium übertragen. Der SNB wurde im Zuge dessen in Staatssicherheitsdienst (GSB) umbenannt (IWPR 4.4.2018).

Der OSZE-Projektkoordinator in Usbekistan unterstützt die usbekische Polizeiakademie bei ihrem Aus- und Weiterbildungsprogramm durch internationale Austauschbesuche und das Einbringen von internationalem Fachwissen in den Ausbildungsplan. Für Mitarbeiter der Abteilung für Menschenrechte und Rechtsschutz des Innenministeriums werden auch Kurse zur Menschenrechtslehre, den Rechten von Jugendlichen und zu Korruption organisiert (OSZE 2018).

Im Oktober 2018 fand in Taschkent eine vom OSZE-Projektkoordinator organisierte Schulung für Polizeibeamte statt. Der Fokus der Schulung lag auf der Einhaltung der nationalen und internationalen Menschenrechtsstandards im Polizeidienst, wie die Wahrung der Unschuldsvermutung, das Verbot von Folter und repressiven Praktiken und den Schutz von Würde und Achtung von Zeugen und Verdächtigen in allen Phasen des Ermittlungsprozesses (OSZE 6.11.2018). Im Mai 2018 fand der erste Teil einer Reihe von Kursen zur Erkennung und Untersuchung von Fällen von Menschenhandel statt. Die Schulung ist Teil eines langjährigen Engagements des OSZE-Projektkoordinators in Usbekistan zur Unterstützung des Landes bei der Bekämpfung des Menschenhandels (OSZE 21.5.2018).

Geschätzt 12.000 Nachbarschaftskomitees (Mahalla) dienen als Informationsquelle über potenzielle "Extremisten". Diese Ausschüsse bieten verschiedene soziale Unterstützungsfunktionen an, fungieren aber auch als Informanten in der lokalen Gesellschaft für die Regierung und Strafverfolgung. Mahallas in ländlichen Gebieten waren in der Regel einflussreicher als in Städten (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

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IWPR - Institute for War and Peace Reporting (4.4.2018): Uzbek President Reigns In Security Service, https://www.ecoi.net/en/document/1429539.html, Zugriff 29.10.2018

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Novastan (9.4.2018): Usbekistans innere und äußere Bedohungen, https://www.novastan.org/de/usbekistan/innere-und-ausere-bedrohungen-usbekistans/, Zugriff 12.11.2018

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OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (2018): OSCE Project Co-ordinator in Uzbekistan - Policing, https://www.osce.org/uzbekistan/106127, Zugriff 13.11.2018

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OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (21.5.2018): Specialized anti-trafficking training course for regional branches of police in Uzbekistan held in Urgench with OSCE support,

https://www.osce.org/project-coordinator-in-uzbekistan/382117, Zugriff 13.11.2018

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OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (6.11.2018): Project Co-ordinator in Uzbekistan conducts training course for police investigators on protecting rights of alleged victims and accused persons during preliminary investigations, https://polis.osce.org/project-coordinator-uzbekistan-conducts-training-course-police-investigators-protecting-rights, Zugriff 13.11.2018

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018

Folter und unmenschliche Behandlung

Während die Verfassung und Gesetze solche Praktiken verbieten, haben Polizei- und Sicherheitsbeamte regelmäßig Häftlinge geschlagen und misshandelt, um Geständnisse oder belastende Informationen zu erhalten (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2018; FH 1.2018). Quellen berichteten, dass Folter, grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in Gefängnissen, Untersuchungseinrichtungen und örtlichen Polizei- und Sicherheitsdienststellen für Personen üblich seien, die wegen religiöser oder extremistischer Anschuldigungen verhaftet oder festgehalten werden. Foltermethoden umfassen harte Schläge, die Verweigerung von Nahrung und Toilettenbenutzung, das Fesseln der Hände und eine Ausübung von psychologischem Druck, einschließlich von Drohungen gegen Familienangehörige (USDOS 20.4.2018).

Ein Polizeigesetz aus dem Jahr 2016 verbietet Folter, und ein Präsidialdekret vom November 2017 verbietet es Gerichten Beweise zu verwenden, die durch Folter gewonnen wurden (FH 1.2018).

Am 1.6.2018 endete in Taschkent die erste internationale Diskussionsrunde über die Einrichtung eines Nationalen Präventionsmechanismus (NPM) Usbekistans gegen Folter. Bei der vom OSZE-Projektkoordinator in Usbekistan und vom Ombudsmann organisierten Veranstaltung nahmen hochrangige Regierungsvertreter, Parlamentarier, Vertreter nationaler Menschenrechtsinstitutionen, ein Mitglied des UN-Unterausschusses zur Verhütung von Folter sowie lokale und internationale Rechtsexperten teil und besprachen die Entwicklung eines Rechtsrahmens gemäß internationaler Normen (OSZE 1.6.2018).

Quellen:

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AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Uzbekistan, https://www.amnesty.org/en/countries/europe-and-central-asia/uzbekistan/report-uzbekistan/, Zugriff 29.10.2018

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FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1442529.html, Zugriff 22.10.2018

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OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (1.6.2018): OSCE supports establishment of National Preventive Mechanism against Torture in Uzbekistan, https://www.osce.org/project-coordinator-in-uzbekistan/383226, Zugriff 13.11.2018

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018

Korruption

Korruption ist allgegenwärtig. Bestechung, wie auch Bestechung unter Beamten niedriger und mittlerer Ebene sind üblich und manchmal sogar transparent. Die mediale Diskussion über korrupte Praktiken hat sich seit Präsident Karimovs Tod vorsichtig ausgeweitet, aber in einigen Fällen sind die beteiligten Journalisten und Kommentatoren - nicht die korrupten Beamten - unter Druck geraten (FH 1.2018).

Im Dezember 2016 wurde im Parlament ein neues Gesetz zur Korruptionsbekämpfung verabschiedet, welches die strafrechtlichen Sanktionen für Korruption von Beamten verschärft. Trotz einiger Verhaftungen auf hohen Ebenen, darunter einige Richter, bleibt Korruption endemisch. Strafrechtliche Verfolgung von Beamten durch die Regierung ist weiterhin selten, selektiv, aber oft öffentlich. Beamte sind häufig ungestraft an korrupten Praktiken beteiligt (USDOS 20.4.2018). Es gab eine Reihe von Fällen, in denen untergeordnete Amtsträger verhaftet und als "Opferlämmer" wegen angeblicher Korruption verfolgt wurden. Diese Strafverfolgung ist jedoch weder systematisch und unparteiisch, noch spiegelt sie eine entschlossene Anti-Korruptionspolitik der usbekischen Regierung und der Strafverfolgungsbehörden wider (BTI 2018).

Auf dem weltweiten Korruptionsindex wird Usbekistan 2017 im Bezug auf Korruption im öffentlichen Sektor mit 22 von 100 möglichen Punkten bewertet und liegt damit auf Rang 157 von 180 indizierten Staaten, gleichauf mit den Staaten gleichauf mit Burundi, Haiti und Zimbabwe (TI 21.2.2018).

Quellen:

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BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Uzbekistan Country Report, https://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/UZB/, Zugriff 15.10.2018

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FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1442529.html, Zugriff 22.10.2018

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TI - Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017,

https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017, Zugriff 15.10.2018

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018

Allgemeine Menschenrechtslage

Usbekistan hat wichtige Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen ratifiziert, darunter den Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte und das Übereinkommen gegen Folter. Dem stehen aber in der Praxis Menschenrechtsverletzungen gegenüber. Es wird weiterhin von Verhaftungen unter dem Vorwurf des Terrorismus oder der Mitgliedschaft in islamistischen Organisationen bzw. Unterstützung islamischer Fundamentalisten berichtet (AA 4.2018a).

Zu den gravierendsten Menschenrechtsfragen in Usbekistan gehörten Folter und Misshandlung von Gefangenen durch Sicherheitskräfte, willkürliche Verhaftung, Isolationshaft, ausgeweitete Haft und manchmal lebensbedrohliche Haftbedingungen, Einschränkungen der Meinungs-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Religionsfreiheit sowie der Zivilgesellschaft, die Unmöglichkeit, die Regierung in freien, fairen und regelmäßigen Wahlen zu wählen, endemische Korruption, Menschenhandel, einschließlich staatlich veranlasster Zwangsarbeit, und die Inhaftierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen/Transgender und Intersexuellen (LGBTI-Personen) auf der Grundlage von Gesetzen, welche gleichgeschlechtliches Sexualverhalten kriminalisieren. Es gab keine Berichte über politisch motiviertes langfristiges Verschwinden von Personen durch oder im Auftrag von Regierungsbehörden. In ihrem Jahresbericht von 2017 stellt die in Genf ansässige Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zu erzwungenem oder unfreiwilligem Verschwinden fest, dass es sieben Fälle aus den Vorjahren gibt. Nach Angaben der Arbeitsgruppe hat die Regierung nicht auf Anfragen der Gruppe, das Land besuchen zu dürfen reagiert (USDOS 20.4.2018).

Präsident Mirziyoyev hat einige Schritte unternommen, um Usbekistans "katastrophale" Menschenrechtsbilanz zu verbessern, wie z.B. die Freilassung einiger politischer Gefangener, die Lockerung bestimmter Einschränkungen der Meinungsfreiheit, die Streichung von Bürgern von der berüchtigten "schwarzen Liste" der Sicherheitsdienste und eine stärkere Rechenschaftspflicht staatlicher Institutionen gegenüber der Bürger (HRW 18.1.2018; vgl. AI 22.2.2018).

Die Regierung arbeitet mit Vertretern der Vereinten Nationen (VN) sowie mit VN-Sonderorganisationen wie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und weiteren internationalen Organisationen, welche die Menschenrechte überwachen, zusammen und erlaubt Besuche (USDOS 20.4.2018).

Das nationale Zentrum für Menschenrechte (National Human Rights Center - NHRC), eine Regierungsbehörde, ist für die Aufklärung von Öffentlichkeit und Beamtenschaft über die Grundsätze von Menschenrechten und Demokratie zuständig und soll sicherstellen, dass die Regierung ihren internationalen Verpflichtungen zur Bereitstellung von Menschenrechtsinformationen nachkommt. Das NHRC arbeitete mit der OSZE bei der Entwicklung eines nationalen Aktionsplans für Menschenrechte zusammen. (USDOS 20.4.2018).

Im Mai 2017 besuchte Zeid Ra'ad Al Hussein, Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, die Republik Usbekistan. Dies war der erste Besuch eines Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, seit dessen Etablierung im Jahr 1993. Erstmals nach sieben Jahren war es auch der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch Anfang September 2017 möglich die Republik Usbekistan zu besuchen. 2017 und auch bereits 2018 wurde eine Reihe langjähriger politischer Gefangener freigelassen. Eine zunehmende Anzahl von Strafurteilen wurde in den vergangenen Monaten überprüft und aufgehoben (AA 4.2018a).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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