TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/12 W275 2210880-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.04.2019
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Entscheidungsdatum

12.04.2019

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §54 Abs2
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W275 2210881-1/13E

W275 2210880-1/13E

W275 2210879-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I. Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Stella VAN AKEN als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , und 3. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Ukraine, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen die jeweiligen Spruchpunkte I. und II. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.10.2018, Zahlen 1. 1070162710-150519670, 2. 1070163304-150521097 und 3. 1070163402-150521143:

A)

Die Verfahren werden wegen Zurückziehung der Beschwerden eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG (jeweils) nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Stella VAN AKEN als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , und 3. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Ukraine, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen die jeweiligen Spruchpunkte III., IV., V., VI. und VII. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.10.2018, Zahlen 1. 1070162710-150519670, 2. 1070163304-150521097 und 3. 1070163402-150521143, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.02.2019 zu Recht:

A)

Den Beschwerden wird stattgegeben und eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG jeweils auf Dauer für unzulässig erklärt. Gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 AsylG 2005 wird 1. XXXX , 2. XXXX und 3. XXXX jeweils der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" jeweils für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG (jeweils) nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Erstbeschwerdeführerin ist Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin und stellte nach Einreise in das Bundesgebiet am 18.05.2015 für sich und ihre minderjährigen Kinder Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

Am 19.05.2015 wurde die Erstbeschwerdeführerin vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt.

Am 30.11.2017 fanden die niederschriftlichen Einvernahmen der Erstbeschwerdeführerin und des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Die Erstbeschwerdeführerin erklärte dabei, dass sie in Donezk auf Grund der dortigen Probleme nicht hätten leben können. Sie habe auch Angst, dass ihr Sohn ab achtzehn Jahren am Krieg teilnehmen müsse. Zudem seien sie Separatisten. Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer gab an, keine eigenen Fluchtgründe zu haben; es sei in der Ukraine für alle gefährlich gewesen.

Mit oben genannten Bescheiden vom 29.10.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab, erteilte ihnen gemäß § 57 AsylG 2005 keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen (Spruchpunkt III.) und erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gegen die Beschwerdeführer (Spruchpunkt IV). In Spruchpunkt V. wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in die Ukraine zulässig sei. Weiters wurde festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.) und allfälligen Beschwerden gegen die Bescheide gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).

Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

Mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2018 wurde den Beschwerden jeweils gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Am 15.02.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Nach Beginn der Verhandlung zog die Erstbeschwerdeführerin nach Erörterung der Sach- und Rechtslage im Beisein und nach Beratung mit ihrer ausgewiesenen Vertreterin ihre Beschwerde sowie als gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin auch deren Beschwerden gegen die jeweiligen Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide zurück. Aufrecht blieben sohin lediglich die Beschwerden gegen die jeweiligen Spruchpunkte III., IV., V., VI. und VII. der angefochtenen Bescheide. Im Verlauf der weiteren Verhandlung wurden die Erstbeschwerdeführerin und der minderjährige Zweitbeschwerdeführer ausführlich zu ihren persönlichen Lebensumständen befragt. Als gesetzliche Vertreterin der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin wurde die Erstbeschwerdeführerin auch zu deren persönlichen Lebensumständen befragt. Anwesend waren darüber hinaus die minderjährige Drittbeschwerdeführerin, die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführer sowie der Arbeitgeber des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und eine Betreuerin der XXXX , welche beide als Zeugen einvernommen wurden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person der Beschwerdeführer und zum Verfahren:

Die oben genannte Identität der Erstbeschwerdeführerin steht ebenso wie die ihrer Kinder, des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin, fest.

Alle Beschwerdeführer sind ukrainische Staatsangehörige, der Volksgruppe der Ukrainer zugehörig und bekennen sich zum orthodoxen Glauben. Die Erstbeschwerdeführerin fühlt sich auch der Volksgruppe der Russen zugehörig.

Die Erstbeschwerdeführerin ist mit einem ukrainischen Staatsangehörigen verheiratet; die Ehe ist allerdings bereits seit über zwei Jahren zerrüttet und die Erstbeschwerdeführerin beabsichtigt die Scheidung. Das Verfahren des Ehemannes der Erstbeschwerdeführerin und Vaters des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers sowie der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin über dessen ebenfalls in Österreich gestellten Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.04.2019, W275 2210876-1, wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt; er ist inzwischen aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgereist. Sein Aufenthaltsort (außerhalb des österreichischen Bundesgebietes) ist nicht mit ausreichender Sicherheit feststellbar.

Die Erstbeschwerdeführerin ist in der Stadt XXXX in der Ukraine geboren, der minderjährige Zweitbeschwerdeführer und die minderjährige Drittbeschwerdeführerin sind in der Stadt Donezk in der Ukraine geboren. Vor ihrer Ausreise lebten die Beschwerdeführer zuletzt in Donezk. In der Ukraine haben die Beschwerdeführer Familienangehörige in Form von zwei Schwestern der Erstbeschwerdeführerin, wobei nur zur jüngeren Schwester hin und wieder Kontakt besteht.

Die Erstbeschwerdeführerin hat in der Ukraine zehn Jahre die Grundschule besucht und anschließend dreieinhalb Jahre eine technische Ausbildung an einem Kolleg absolviert. Sie hat in der Ukraine zuletzt als Kassiererin in einer Bank gearbeitet. Die Erstsprache der Erstbeschwerdeführerin ist Russisch, sie spricht weiters Ukrainisch, etwas Japanisch und Deutsch.

Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer hat in der Ukraine acht Jahre die Grundschule besucht. Seine Erstsprache ist Russisch, er spricht weiters Ukrainisch, Englisch und Deutsch.

Die minderjährige Drittbeschwerdeführerin hat in der Ukraine keine Schule besucht. Ihre Erstsprache ist Russisch, sie spricht weiters Deutsch.

Die Erstbeschwerdeführerin stellte am 18.05.2015 für sich sowie für den minderjährigen Zweitbeschwerdeführer und die minderjährige Drittbeschwerdeführerin Anträge auf internationalen Schutz, welche - nach Durchführung der Erstbefragung im Mai 2015 sowie nach Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im November 2017 - mit Bescheiden vom 29.10.2018 abgewiesen wurden. Gegen diese Bescheide wurde jeweils vollinhaltlich Beschwerde erhoben. Nach Beginn der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 15.02.2019 zog die Erstbeschwerdeführerin ihre Beschwerde sowie als gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin auch deren Beschwerden gegen die jeweiligen Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide zurück.

Die Beschwerdeführer haben in Österreich wirtschaftliche und soziale Anknüpfungspunkte:

Die Beschwerdeführer halten sich seit fast vier Jahren durchgehend in Österreich auf.

Die Erstbeschwerdeführerin hat bereits mehrere Deutschkurse bis zum Niveau B1 besucht. Sie hat die Deutschprüfung auf dem Niveau A2 positiv absolviert und ist zuletzt auch zur Deutschprüfung auf dem Niveau B1 angetreten, hat diese aber (noch) nicht bestanden. Sie spricht gut Deutsch. Die Erstbeschwerdeführerin verrichtet in einem Altersheim gemeinnützige Tätigkeiten im Ausmaß von monatlich achtzig Stunden, wofür sie 240,00 Euro pro Monat erhält. Sie verfügt weiters über eine Einstellungszusage als Zimmermädchen mit einem Beschäftigungsausmaß von sechsunddreißig Wochenstunden in einem Tiroler Hotel sowie eine Bescheinigung eines Studentenheimes, welches die Erstbeschwerdeführerin als geeignete und interessierte Kandidatin für die Arbeitsstelle einer Haushaltsgehilfin in der Wäscheabteilung nennt. Die Erstbeschwerdeführerin ist weiters Mitglied der Gemeinschaft XXXX und hilft an den Sonntagen in einem "Sonntagscafé" eines Altersheimes aus. Sie unterstützt und begleitet dessen Bewohner auch beim Besuch des Gottesdienstes und sonstigen Ausflügen. Überdies ist sie Mitglied im Verein XXXX , im Rahmen dessen sie gemeinsam mit dem minderjährigen Zweitbeschwerdeführer und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin bisher an verschiedenen Kulturveranstaltungen teilgenommen hat. Die Erstbeschwerdeführerin nimmt regelmäßig am Programm "Interkulturelles Yoga" des XXXX teil und engagiert sich bei dessen Veranstaltungen.

Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer ist in Österreich zwei Jahre in eine Neue Mittelschule gegangen. Er besucht derzeit die Berufsschule für den Lehrberuf Koch im zweiten Lehrjahr, nachdem er das erste Ausbildungsjahr mit gutem Erfolg abgeschlossen hat (Beurteilung im Gegenstand "Deutsch und Kommunikation" mit "Gut"). Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer ist seit XXXX in einem Restaurant in Tirol als Kochlehrling beschäftigt und verfügt über eine Einstellungszusage dieses Betriebes nach Abschluss seiner Ausbildung. Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer erwirtschaftet regelmäßige Einkünfte in Höhe von 700,00 Euro netto pro Monat. Er trainiert und spielt überdies regelmäßig in einem Eishockeyverein, bei welchem er Schulungen und Ausbildungskurse abgeschlossen hat und nebenbei auch als Schiedsrichter tätig ist. Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer spricht sehr gut Deutsch.

Die minderjährige Drittbeschwerdeführerin hat einen Kindergarten besucht, geht derzeit in die dritte Klasse einer Volksschule und spricht sehr gut Deutsch. Sie nimmt Gitarrenunterricht an einer Musikschule und ist Mitglied bzw. turnt in einem Verein für Rhythmische Gymnastik. Sie hat weiters an einem Musicalprojekt teilgenommen.

Alle Beschwerdeführer haben in Österreich zahlreiche soziale Kontakte geknüpft und im Verfahren eine Vielzahl an persönlichen Empfehlungsschreiben und Unterschriften für einen Verbleib in Österreich vorgelegt. Die Beschwerdeführer haben sich während ihres Aufenthaltes um eine umfassende Integration bemüht.

Die Erstbeschwerdeführerin und die minderjährige Drittbeschwerdeführerin beziehen (noch) Grundversorgung. Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer bezieht - abgesehen von staatlicher Unterbringung - keine Grundversorgung.

Die Beschwerdeführer sind gesund.

Die Beschwerdeführer sind in Österreich strafrechtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

Zu den Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer und zum Verfahren:

Die Feststellungen zum Namen und Geburtsdatum der Erstbeschwerdeführerin ergeben sich aus dem vorgelegten Reisepass, in welchem der minderjährige Zweitbeschwerdeführer und die minderjährige Drittbeschwerdeführerin als Kinder der Erstbeschwerdeführerin miteingetragen sind (AS 31ff zu 2210881-1).

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, der Volksgruppen- und der Religionszugehörigkeit der Beschwerdeführer gründen sich auf ihre diesbezüglich glaubhaften Angaben (vgl. die Seiten 8 und 16 der Niederschrift der Verhandlung); das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen Aussagen der Beschwerdeführer zu zweifeln.

Die Angaben der Beschwerdeführer zu ihren Geburtsorten, ihren Aufenthaltsorten, ihrer Schulausbildung, ihrer Berufsausbildung und Berufsausübung, ihren Sprachkenntnissen, ihrem Familienstand bzw. ihren Familienverhältnissen, ihren Familienangehörigen und ihrer Einreise waren im Wesentlichen gleichlautend und widerspruchsfrei, weitgehend chronologisch stringent und vor dem Hintergrund der bestehenden sozioökonomischen Strukturen in der Ukraine plausibel (vgl. etwa die Seiten 8, 9, 10 und 11 der Niederschrift der Verhandlung). Die Feststellungen zur beabsichtigten Scheidung der Erstbeschwerdeführerin ergeben sich aus ihren diesbezüglichen Ausführungen sowie dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Antrag (vgl. etwa die Seiten 8f und 15 der Niederschrift der Verhandlung sowie die Beilage ./2).

Das Datum der Antragstellung, der Erstbefragung, der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie der angefochtenen Bescheide ergeben sich aus dem Akteninhalt. Die Beschwerdeerhebung und in weiterer Folge Zurückziehung der Beschwerden gegen die jeweiligen Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide ergibt sich aus der diesbezüglichen ausdrücklichen Erklärung der Erstbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (Seite 4 der Niederschrift der Verhandlung). Die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Ehemannes der Erstbeschwerdeführerin und Vaters des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers sowie der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin und dessen Ausreise aus dem österreichischen Bundesgebiet sind aus dem diesbezüglichen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.04.2019, W275 2210876-1, ersichtlich. Dass sein Aufenthaltsort (außerhalb des österreichischen Bundesgebietes) nicht mit ausreichender Sicherheit feststellbar ist, beruht auf den im Gerichtsakt zu W275 2210876-1 einliegenden Unterlagen sowie den Aussagen der Erstbeschwerdeführerin und der in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugin.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer beruht auf den plausiblen Angaben der Erstbeschwerdeführerin und des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers im Verfahren (vgl. die Seiten 7 und 14 der Niederschrift der Verhandlung).

Die Feststellungen zu den wirtschaftlichen und sozialen Anknüpfungspunkten der Beschwerdeführer in Österreich sind den Angaben der Erstbeschwerdeführerin, des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und der in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht einvernommen Zeugen sowie den im Verfahren vorgelegten Integrationsunterlagen zu entnehmen:

Die Feststellung zum fast vierjährigen, durchgehenden Aufenthalt der Beschwerdeführer im Bundesgebiet ergibt sich aus dem Akteninhalt.

Dass die Erstbeschwerdeführerin mehrere Deutschkurse besucht und die Deutschprüfung auf dem Niveau A2 positiv absolviert hat sowie zuletzt zur Deutschprüfung auf dem Niveau B1 angetreten ist, ergibt sich aus ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung sowie den in ihrem Verwaltungs- und Gerichtsakt einliegenden Bestätigungen (vgl. Seite 12 der Niederschrift der Verhandlung sowie etwa AS 145ff und AS 199 zu 2210881-1). Dass die Erstbeschwerdeführerin gut Deutsch spricht, hielt auch die erkennende Richterin in der mündlichen Verhandlung fest (vgl. Seite 12 der Niederschrift der Verhandlung). Die Feststellung zur Verrichtung gemeinnütziger Tätigkeiten in einem Altersheim basiert auf den Angaben der Erstbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung (Seiten 12 und 13 der Niederschrift der Verhandlung) sowie einer im Verwaltungsakt einliegenden Bestätigung (AS 404 zu 2210881-1). Das Vorliegen einer Einstellungszusage als Zimmermädchen sowie einer Bescheinigung hinsichtlich der Geeignetheit der Erstbeschwerdeführerin als Haushaltsgehilfin in einem Studentenheim sind aus den entsprechenden vorgelegten Schreiben ersichtlich (AS 405f zu 2210881-1). Die Feststellungen zur Mitgliedschaft bei der Gemeinschaft XXXX bzw. dem dortigen Engagement der Erstbeschwerdeführerin basieren auf den Angaben der Erstbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung (Seite 13 der Niederschrift der Verhandlung) sowie einem im Verwaltungs- und Gerichtsakt der Erstbeschwerdeführerin einliegenden Referenzschreiben der Gemeinschaft XXXX samt zahlreichen Unterschriften. Die Mitgliedschaft im Verein XXXX ist ebenso wie das Engagement beim XXXX aus entsprechenden im Verwaltungs- und Gerichtsakt der Erstbeschwerdeführerin einliegenden Bestätigungsschreiben ersichtlich.

Dass der minderjährige Zweitbeschwerdeführer zwei Jahre eine Neue Mittelschule besucht hat, ergibt sich aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung (vgl. Seite 17 der Niederschrift der Verhandlung) und einer Schulbesuchsbestätigung für das Schuljahr 2015/16 (AS 75 zu 2210880-1) sowie einem Jahres- und Abschlusszeugnis der achten Schulstufe der Neuen Mittelschule für das Schuljahr 2016/17 (AS 79 zu 2210880-1). Aus seinen glaubwürdigen Angaben sowie jenen des als Zeugen einvernommenen Arbeitgebers des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und einer im Verwaltungs- und Gerichtsakt des Zweitbeschwerdeführers einliegenden Einstellungszusage sowie dem im Verwaltungs- und Gerichtsakt der Erstbeschwerdeführerin einliegenden Jahreszeugnis der Berufsschule ergibt sich, dass der minderjährige Zweitbeschwerdeführer die Berufsschule besucht, das erste Ausbildungsjahr mit gutem Erfolg abgeschlossen hat und seit XXXX bei einem Restaurant in Tirol als Kochlehrling beschäftigt ist (vgl. insbesondere Seite 17 der Niederschrift der Verhandlung). Der Bezug von Einkünften in Höhe von 700,00 Euro monatlich ist aus einer im Verwaltungs- und Gerichtsakt der Erstbeschwerdeführerin einliegenden Gehaltsabrechnung für Jänner 2017 ersichtlich und stimmt mit den diesbezüglichen Ausführungen des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung überein. Die Mitgliedschaft des Zweitbeschwerdeführers in einem Eishockeyverein bzw. seine dortigen Aktivitäten sind diversen Bestätigungsschreiben (AS 71, 73 und 176 zu 2210880-1) zu entnehmen. Von den sehr guten Deutschkenntnissen des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers konnte sich die erkennende Richterin in der mündlichen Verhandlung überzeugen (siehe etwa Seite 18 der Niederschrift der Verhandlung).

Die Feststellungen zum Kindergarten- und Schulbesuch der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin basieren ebenso wie die Feststellung zur Teilnahme am Gitarrenunterricht und der Mitgliedschaft in einem Verein für Rhythmische Gymnastik auf den entsprechenden im Verfahren vorgelegten Unterlagen (Beilage ./1 der Niederschrift der Verhandlung; AS 197, 198, 206, 207 und 213 zu 2210881-1). Die Teilnahme an einem Musicalprojekt ist aus einem diesbezüglichen Bestätigungsschreiben ersichtlich (AS 407 zu 2210881-1).

Dass die Beschwerdeführer in Österreich zahlreiche soziale Kontakte geknüpft haben, ist - neben den diesbezüglichen Ausführungen der Erstbeschwerdeführerin und des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung - aus den vorgelegten Empfehlungsschreiben und Unterschriftenlisten bzw. bereits aus den festgestellten Aktivitäten und Vereinsmitgliedschaften der Beschwerdeführer zu schließen, aus welchen das Bemühen um eine umfassende Integration hervorgeht; ein solches Bemühen wird den Beschwerdeführern auch von ihren Bekannten - und hinsichtlich des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers auch von seinem Arbeitgeber - bescheinigt und wurde dieser Eindruck überdies durch die Einvernahme der beiden in der mündlichen Verhandlung befragten Zeugen bestätigt (vgl. die Seiten 20, 21 und 22 der Niederschrift der Verhandlung).

Die Feststellung zum Bezug bzw. Nichtbezug von Grundversorgung ergibt sich aus einem im Gerichtsakt einliegenden Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

Die Feststellung zur Unbescholtenheit ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerden sind zulässig und rechtzeitig.

3.2. Zu I. A) Einstellung der Verfahren hinsichtlich der Beschwerden gegen die jeweiligen Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide:

§ 7 Abs. 2 VwGVG normiert, dass eine Beschwerde nicht mehr zulässig ist, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.

Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte K6 zu § 7 VwGVG, Seite 37).

Nach Beginn der Verhandlung zog die Erstbeschwerdeführerin nach Erörterung der Sach- und Rechtslage im Beisein und nach Beratung mit ihrer ausgewiesenen Vertreterin ihre Beschwerde sowie als gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin auch deren Beschwerden gegen die jeweiligen Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide zurück. Mit dieser Zurückziehung der Beschwerden ist das Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführer betreffend die genannten Spruchpunkte der angefochtenen Bescheide weggefallen, wodurch einer Sachentscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht die Grundlage entzogen wurde. Somit waren die gegenständlichen Beschwerdeverfahren im Ausmaß der Zurückziehung einzustellen.

3.3. Zu II. A) Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidungen und Erteilung von "Aufenthaltsberechtigungen plus":

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Aufenthalt der Beschwerdeführer ist nicht geduldet. Sie sind nicht Zeugen oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch keine Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor.

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Die Beschwerdeführer sind weder begünstigte Drittstaatsangehörige noch kommt ihnen ein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. EGMR 08.04.2008, Nnyanzi gegen Vereinigtes Königreich, Appl. 21.878/06; 04.10.2001, Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554).

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. etwa VwGH 25.04.2018, Ra 2018/18/0187; vgl. auch VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwN).

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, 4. der Grad der Integration, 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. auch VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten eines Fremden ins Gewicht fallen jedoch die rechtskräftigen Verurteilungen durch inländische Gerichte (vgl. VwGH 27.02.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen ist insbesondere das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17.03.2005, G 78/04, zu erwähnen. Demnach ist das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den privaten Interessen bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen.

Wie schon erwähnt, mindert die Tatsache, dass der Aufenthalt nur aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung rechtmäßig ist, das Gewicht der privaten Interessen, die aus einer in dieser Zeit vollzogenen Integration resultieren. Mit Zunahme der Aufenthaltsdauer tritt aber auch der Aspekt des aufenthaltsrechtlichen Status zunehmend in den Hintergrund, sodass in diesem Zeitraum entstandene persönliche oder gar familiäre Bindungen sich auf die Interessenabwägung mitunter entscheidend zugunsten einer Abstandnahme von der Ausweisung auswirken können. Dies setzt naturgemäß voraus, dass keine besonderen Umstände zulasten des Asylwerbers hinzukommen, wie z.B. strafgerichtliche Verurteilungen.

Private Interessen am Verbleib im Bundesgebiet können facettenreich sein. Tendenziell ist eine (regelmäßige) Erwerbstätigkeit und vor allem die damit verbundene Selbsterhaltungsfähigkeit ein wichtiger Aspekt. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.04.2006, 2005/18/0560, scheint mitentscheidend gewesen zu sein, dass der Beschwerdeführer seit fast fünf Jahren ununterbrochen, noch dazu beim selben Dienstgeber, legal beschäftigt war. Für die wirtschaftliche Integration ist nicht maßgeblich, ob es sich um eine qualifizierte Tätigkeit handelt. Hingegen erachtet der Verwaltungsgerichtshof die Integration als stark gemindert, wenn Unterstützungszahlungen karitativer Einrichtungen oder bloße Gelegenheitsarbeiten den Unterhalt gewährleisten oder erst gegen Ende des mehrjährigen Aufenthalts die Tätigkeit als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter ins Treffen geführt werden kann und bis dahin Sozialhilfe bezogen wurde (vgl. VwGH 11.10.2005, 2002/21/0124; VwGH 22.06.2006, 2006/21/0109; VwGH 05.07.02005, 2004/21/0124 ua.).

Als eine berufliche und soziale Verfestigung, die eine "gelungene Integration" erkennen lässt, wertete der Verwaltungsgerichtshof den Fall eines als Fliesenleger tätigen (ehemaligen) Asylwerbers, der über gute Deutschkenntnisse, einen großen Freundes- und Kollegenkreis verfügte und mit einer Österreicherin im gemeinsamen Haushalt wohnte, wobei auch seine Schwester, eine österreichische Staatsbürgerin, mit ihrer Familie im Bundesgebiet lebte. Aspekte zugunsten des Fremden können daher neben Verwandten und Freunden im Inland auch Sprachkenntnisse, ausreichender Wohnraum und die Teilnahme am sozialen Leben sein. In Anbetracht der meistens nicht sehr langen Aufenthaltsdauer und des "abgeschwächten" Aufenthaltsrechts werden strafgerichtliche Verurteilungen die Interessenabwägung erheblich zu Ungunsten der privaten Interessen verschieben. Weitgehende Unbescholtenheit gilt hingegen als wichtiges Element für die Annahme sozialer Integration (vgl. VwGH 05.07.2005, 2004/21/0124 ua.; sowie Marx, Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG wegen Verwurzelung, ZAR, 2006, 261 ff).

Zugunsten minderjähriger Asylwerber beziehungsweise minderjähriger Familienangehöriger ist der Schulbesuch und ein besonderer Schulerfolg oder eine Berufsausbildung zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer wird bei Kindern häufig schon eine kürzere Zeit als bei Erwachsenen ausreichen, um eine Verwurzelung im Gastland festzustellen. Auch kommt bei Kindern dem Bezug von Sozialhilfeleistungen (durch ihre Eltern) keine entscheidende Bedeutung zu, auch wenn zur Beurteilung einer Verfestigung in Österreich und der Frage einer Reintegration im Heimatstaat alle Umstände - und damit auch die familiären Verhältnisse - zu berücksichtigen sind (vgl. VfSlg 16.657/2002; VwGH 19.10.1999, 99/18/0342 ua.).

Vor dem Hintergrund der in § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG normierten Integrationstatbestände, die zur Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind, ist in den gegenständlichen Rechtssachen der Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der konkreten Besonderheiten der gegenständlichen Fälle aus folgenden Gründen in einer Gesamtschau nicht durch die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen gerechtfertigt:

Die strafrechtlich unbescholtenen Beschwerdeführer leben seit fast vier Jahren im österreichischen Bundesgebiet. Sie waren an ihren Wohnsitzen auch durchgehend nach den melderechtlichen Vorschriften gemeldet. In dieser Zeit entwickelten die Beschwerdeführer ein schützenswertes Privatleben in Österreich, von welchem sie die erkennende Richterin insbesondere im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu überzeugen vermochten. Besonders der minderjährige Zweitbeschwerdeführer vermittelte in der mündlichen Verhandlung den Eindruck einer erheblich überdurchschnittlichen Integration in Österreich und redlichem Streben nach weiterer gelungener Integration in die österreichische Gesellschaft.

Die Beschwerdeführer haben ihre Aufenthaltsdauer auch nicht durch wiederholte Stellung unbegründeter Asylanträge zu verlängern versucht (vgl. auch VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0033), sondern waren deren einzige Verfahren auf internationalen Schutz seit Mai 2015 anhängig, ohne dass den Beschwerdeführern diese lange Verfahrensdauer zur Last gelegt werden kann (Antragstellung und Erstbefragung erfolgten im Mai 2015, die Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im November 2017, die Bescheide sodann erst Ende Oktober 2018).

Zudem sind die Bindungen der Beschwerdeführer zu ihrem Herkunftsstaat - insbesondere jene der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin - im Entscheidungszeitpunkt als eher gering anzusehen; in der Ukraine leben zwar noch die beiden Schwestern der Erstbeschwerdeführerin, es besteht jedoch nur zur jüngeren Schwester hin und wieder Kontakt. Der Aufenthaltsort des (Noch-)Ehemannes der Erstbeschwerdeführerin und Vaters des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin konnte nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden.

Demgegenüber verfügen die Beschwerdeführer sowohl in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht über eine fortgeschrittene Integration.

Alle Beschwerdeführer bemühten sich im Zuge ihres bisherigen Aufenthaltes sichtlich um die Erlernung der deutschen Sprache. Die Erstbeschwerdeführerin hat mehrere Deutschkurse besucht und die Deutschprüfung auf dem Niveau A2 positiv absolviert. Sie ist auch bereits zur Deutschprüfung auf dem Niveau B1 angetreten, welche sie jedoch (noch) nicht bestanden hat; sie zeigt dadurch aber ein offensichtliches Bemühen zur weiteren Verbesserung ihrer bereits guten Sprachkenntnisse. Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer hat zwar keine Deutschprüfung abgelegt, ging jedoch zwei Jahre in eine Neue Mittelschule und besucht derzeit die Berufsschule für den Lehrberuf Koch; im Schuljahr 2017/18 wurde er im Unterrichtsfach "Deutsch und Kommunikation" mit einem "Gut" beurteilt. Die erkennende Richterin konnte sich in der mündlichen Verhandlung persönlich und unmittelbar von den sehr guten Deutschkenntnissen des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers überzeugen. So war der minderjährige Zweitbeschwerdeführer in der Lage, die Fragen der erkennenden Richterin überwiegend ohne Übersetzung zu verstehen und zeigte auch besondere Eigeninitiative, indem er von sich aus nahezu alle an ihn gerichteten Fragen auf Deutsch beantwortete sowie im Anschluss an die Verhandlung auf eine Rückübersetzung der Niederschrift verzichtete und diese stattdessen auf Deutsch durchsah. Auch die minderjährige Drittbeschwerdeführerin wurde mit einem "Befriedigend" im Unterrichtsfach "Deutsch, Lesen und Schreiben" zuletzt im Schuljahr 2018/19 am 08.02.2019 positiv beurteilt. Alle Beschwerdeführer verfügen über zahlreiche soziale Kontakte und bewegen sich ganz selbstverständlich in ihrem deutschsprachigen Umfeld.

Insbesondere der minderjährige Zweitbeschwerdeführer konnte in Österreich beruflich Fuß fassen. Er absolviert seit XXXX eine Kochlehre und befindet sich derzeit im zweiten Lehrjahr; das erste Ausbildungsjahr hat er mit gutem Erfolg bestanden. Sein Arbeitgeber, welcher in der mündlichen Verhandlung als Zeuge einvernommen wurde, vermochte besonderes nachdrücklich zu überzeugen, dass der minderjährige Zweitbeschwerdeführer hervorragend in den Gastronomiebetrieb integriert ist und alle Erwartungen, die er an einen Kochlehrling stellt, weit übertroffen hat. Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer verfügt über regelmäßige eigene Einkünfte in Höhe von 700,00 Euro und bezieht daher keine Leistungen aus der Grundversorgung. Er hat von seinem Arbeitgeber für die Zeit nach Abschluss der Lehre bereits eine Einstellungszusage für eine Vollzeitarbeitsstelle erhalten und wird daher auch in Zukunft selbsterhaltungsfähig sein. Hervorzuheben ist auch das Engagement des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers in einem Eishockeyverein, bei welchem er Schulungen und Ausbildungskurse abgeschlossen hat und nebenbei auch als Schiedsrichter tätig ist.

Auch die Erstbeschwerdeführerin bezieht durch ihre gemeinnützige Tätigkeit in einem Altersheim eigene Einkünfte in Höhe von 240,00 Euro. Sie ist damit zwar derzeit noch nicht zur Gänze selbsterhaltungsfähig, bedarf jedoch - insbesondere in Anbetracht des Umstandes, dass sie auch für die minderjährige Drittbeschwerdeführerin sorgt - nur mehr einer verhältnismäßig geringen staatlichen Unterstützung. Zudem verfügt auch die Erstbeschwerdeführerin bereits über eine Einstellungszusage als Zimmermädchen und eine weitere potentielle Arbeitsstelle als Haushaltsgehilfin. In einer Gesamtbetrachtung ist daher davon auszugehen, dass auch die Erstbeschwerdeführerin in Zukunft selbsterhaltungsfähig sein wird.

Hervorzuheben ist auch die umfassende Verwurzelung der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet, die im Alter von (nicht ganz) fünfeinhalb Jahren nach Österreich gelangte und nunmehr die dritte Klasse einer Volksschule besucht, wo sie sich sehr gut in das neue soziale und sprachliche Umfeld eingewöhnte und durchwegs sehr gute schulische Leistungen erbringt. Sie beteiligte sich darüber hinaus auch an außerschulischen Aktivtäten wie etwa dem Musicalprojekt, hilft der Erstbeschwerdeführerin im "Sonntagscafé" und ist aktives Mitglied in einem Turnverein.

Dabei ist zu betonen, dass die Verwurzelung von Kindern, insbesondere auch durch den Schulbesuch, in Österreich schneller erfolgt als bei Erwachsenen, wobei auch im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer bei Minderjährigen schon aufgrund der Relation zum Gesamtlebensalter eine kürzere Zeit als bei Erwachsenen ausschlaggebend sein wird (vgl. auch AsylGH vom 12.12.2012, D19 307.392-3/2008). Auch der Verfassungsgerichtshof spricht sich in seinem Erkenntnis vom 07.10.2010, Zl. 950/10 ua., für eine stärkere Gewichtung der schulischen und gesellschaftlichen Integration von minderjährigen Beschwerdeführern aus, wobei Kindern auch nicht in dem Maß wie ihren Obsorgeberechtigten der Umstand eines unsicheren bzw. auf Folgeanträgen basierenden Aufenthaltsstatus angelastet werden kann (vgl. dazu auch VfGH 07.10.2014, U2459/2012; 12.06.2010, U614/10). Hinsichtlich des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin ist somit - im Unterschied zur Erstbeschwerdeführerin - nicht von einem Bewusstsein ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bei Eingehen ihrer sozialen Bindungen im Bundesgebiet auszugehen, weil Kindern in diesem Alter eine Ahnung über staatliche Aufenthalts- und Einreisenormen nicht unterstellt werden kann und vernünftigerweise auch nicht davon auszugehen ist, dass ihnen dies seitens ihrer Eltern während der Zeit im Aufenthaltsstaat laufend bewusstgemacht wird (vgl. auch VfSlg. 19.086/2010, 19.357/2011, 19.612/2011, 19.752/2013).

Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zwar grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa VfGH 01.07.2009, U992/08 bzw. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216; 26.06.2007, 2007/01/0479; 16.01.2007, 2006/18/0453; 08.11.2006, 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; 22.06.2006, 2006/21/0109; 20.09.2006, 2005/01/0699), im gegenständlichen Fall überwiegen aber aufgrund der dargestellten exzeptionellen Umstände in einer Gesamtabwägung aller Umstände dennoch die privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib in Österreich das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung, für die sich in der vorliegenden Konstellation keine begründeten Rechtfertigungen mehr erkennen lassen (vgl. VwGH 22.02.2005, 2003/21/0096; vgl. ferner VwGH 26.03.2007, 2006/01/0595, sowie VfSlg 17.457/2005). Die von der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden verfügten Rückkehrentscheidungen in die Ukraine sind angesichts der vorliegenden Bindungen unverhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 2

EMRK.

Insgesamt kann im Falle der Beschwerdeführer von einer sehr guten Integration ausgegangen werden. Wie dargestellt, beruhen die drohenden Verletzungen des Privat- und Familienlebens auf Umständen, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.

Da somit das Interesse an der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens der Beschwerdeführer im konkreten Fall die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen überwiegt, erfüllen diese die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005.

Der mit "Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK" betitelte § 55 AsylG 2005 lautet:

"(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 Abs. 4 Integrationsgesetz (IntG) erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,

2. einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,

3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,

4. einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt oder

5. als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

Die Erfüllung des Moduls 2 (§ 10) beinhaltet das Modul 1.

Das Modul 2 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 10 Abs. 2 IntG als erfüllt anzusehen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 12 vorlegt,

2. einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 12 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt,

3. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Primarschule (§ 3 Abs. 3 Schulorganisationsgesetz (SchOG), BGBl. Nr. 242/1962) besucht oder im vorangegangenen Semester besucht hat,

4. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Sekundarschule (§ 3 Abs. 4 SchOG) besucht und die positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand "Deutsch" durch das zuletzt ausgestellte Jahreszeugnis oder die zuletzt ausgestellte Schulnachricht nachweist,

5. einen mindestens fünfjährigen Besuch einer Pflichtschule in Österreich nachweist und das Unterrichtsfach "Deutsch" positiv abgeschlossen hat oder das Unterrichtsfach "Deutsch" auf dem Niveau der 9. Schulstufe positiv abgeschlossen hat oder eine positive Beurteilung im Prüfungsgebiet "Deutsch - Kommunikation und Gesellschaft" im Rahmen der Pflichtschulabschluss-Prüfung gemäß Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, BGBl. I Nr. 72/2012 nachweist,

6. einen positiven Abschluss im Unterrichtsfach "Deutsch" nach zumindest vierjährigem Unterricht in der deutschen Sprache an einer ausländischen Sekundarschule nachweist,

7. über eine Lehrabschlussprüfung gemäß dem Berufsausbildungsgesetz, BGBl. Nr. 142/1969, oder eine Facharbeiterprüfung gemäß den Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzen der Länder verfügt oder

8. mindestens zwei Jahre an einer postsekundären Bildungseinrichtung inskribiert war, ein Studienfach mit Unterrichtssprache Deutsch belegt hat und in diesem einen entsprechenden Studienerfolg im Umfang von mindestens 32 ECTS-Anrechnungspunkten (16 Semesterstunden) nachweist bzw. über einen entsprechenden postsekundären Studienabschluss verfügt.

§ 11 IntG lautet:

"Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1

§ 11. (1) Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1 wird bundesweit nach einem einheitlichen Maßstab durchgeführt.

(2) Die Prüfung umfasst Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolg ist mit "Bestanden" oder "Nicht bestanden" zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.

(3) Die Integrationsprüfung zur Erfüllung des Moduls 1 ist vom Österreichischen Integrationsfonds oder von einer vom Österreichischen Integrationsfonds zur Abwicklung der Prüfungen im Rahmen der Integrationsvereinbarung zertifizierten und somit zur Ausfolgung eines gleichwertigen Nachweises gemäß Abs. 4 berechtigten Einrichtung durchzuführen.

(4) Über die Gleichwertigkeit eines Nachweises gemäß § 9 Abs. 4 Z 2 entscheidet der Österreichische Integrationsfonds mit Bescheid auf schriftlichen Antrag einer Einrichtung, die beabsichtigt die Integrationsprüfung durchzuführen, nach Maßgabe der Verordnung des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres gemäß Abs. 5.

(5) Der Prüfungsinhalt, die Modalitäten der Durchführung, die Prüfungsordnung zur Erfüllung des Moduls 1 sowie die Kriterien für die Prüfung der Gleichwertigkeit werden durch Verordnung des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres festgelegt.

(6) Der Österreichische Integrationsfonds kann die Zertifizierung während der Gültigkeit mit Bescheid entziehen, wenn die Integrationsprüfung nicht der Verordnung gemäß Abs. 5 entspricht. Nach einem Entzug der Zertifizierung ist eine neuerliche Antragstellung zur Zertifizierung frühestens nach Ablauf von sechs Monaten zulässig."

Die Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 36 NAG lautet:

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG gilt als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren.

Die weiteren maßgeblichen Bestimmungen des NAG (idF vor BGBl. I Nr. 68/2017) lauten:

Gemäß § 14a Abs. 1 erster Satz NAG sind Drittstaatsangehörige mit erstmaliger Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1, Z 1, 2, 4, 5, 6 oder 8 zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung verpflichtet.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt,

2. einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 [= Kenntnisse der deutschen Sprache zur vertiefenden elementaren Sprachve

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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