TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/3 W279 2016150-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.05.2019
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Entscheidungsdatum

03.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W279 2016153-2/6E

W279 2016150-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. KOREN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX .1975, StA. Aserbaidschan alias Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .03.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. KOREN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX .2003, vertreten durch die Kindesmutter XXXX alias XXXX , StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .03.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Erstes Verfahren (in Rechtskraft erwachsen):

I.1. Die Beschwerdeführer (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Anführung im Spruch kurz als "1.BF" und "2.BF" bezeichnet), sind Staatsangehörige von Aserbaidschan. Sie brachten nach nicht rechtmäßiger Einreise am XXXX .4.2014 bei der belangten Behörde Anträge auf internationalen Schutz ein. Die 1.BF ist die Mutter und gesetzliche Vertreterin des minderjährigen 2.BF.

Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw. dem BFA brachte die 1.BF im Wesentlichen Folgendes vor:

Im März 2012 sei ihr Mann verschwunden. In weiterer Folge sei sie von der Firma ihres Gatten immer wieder telefonisch nach dessen Verbleib gefragt und auch beschattet worden. 2013 sei der 2.BF das erste Mal dahingehend bedroht worden, dass er die 1.BF nicht lebend wiedersehen würde, wenn diese nicht den Aufenthaltsort ihres Gatten bekannt gäbe. Die 1.BF habe auch religiöse Gründe für ihre Ausreise, da sie und ihr Vater Katholiken seien. Sie habe den 2.BF christlich taufen lassen, was zu Streit mit der Familie ihres Gatten geführt habe. Wegen ihres slawischen Aussehens sei die 1.BF auch diskriminiert worden.

I.2. Die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status von Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Aserbaidschan nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Aserbaidschan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der BF zu ihren Fluchtgründen im Wesentlichen mit folgender Begründung als unglaubwürdig:

Die 1.BF habe bei der Erstbefragung angegeben, dass sie aufgrund des Verschwindens ihres Ehegatten und der damit verbundenen, wiederholten Verfolgung und telefonischen Befragung sowie der direkten Bedrohung ihres Sohnes keinen Ausweg gesehen habe, als ihr Heimatland zu verlassen.

Bei der Einvernahme durch das BFA sei die 1.BF eingehend zu ihren Fluchtgründen befragt worden. Auch sei ihr mehrfach die Frage gestellt worden, ob weitere Fluchtgründe vorliegen. Obwohl sie diese in der Erstbefragung mehrfach und deutlich verneint habe, habe die

1. BF im Verlauf der Befragung durch das BFA mehrere weitere Fluchtgründe angegeben. Diese seien wenig nachvollziehbar, nicht plausibel und wenig schlüssig gewesen. Des Weiteren sei zu erkennen gewesen, dass die 1.BF die weiteren Fluchtgründe konstruiert habe, um den positiven Verlauf ihres Asylverfahrens voranzutreiben. Auffällig sei, dass sie nicht unmittelbar nach der Frage zu weiteren Fluchtgründen selbige sofort genannt habe, sondern diese nur nach und nach preisgegeben habe. Die jeweiligen Gründe hätten stark konstruiert und dramatisiert gewirkt. Als erstes habe die 1.BF angegeben, ein weiterer Fluchtgrund sei religiöse Verfolgung durch Teile der Familie ihres Mannes.

Diese Argumentation sei für das BFA in keiner Weise schlüssig oder nachvollziehbar. Hätte die Familie des Gatten der 1.BF wirkliches Interesse an der muslimischen Erziehung des 2.BF, hätte man den BF die Ausreise erschwert bzw. unmöglich gemacht. Doch im speziellen Fall sei sogar Gegenteiliges zu berichten gewesen: Die Familie in Aserbaidschan habe der 1.BF nach deren eigenen Angaben sogar das Geld für die Schlepperin gegeben.

Im weiteren Verlauf der Einvernahme habe die 1.BF ein Foto in einem Hochzeitskleid gezeigt. Der rechte untere Rand sei abgeklebt gewesen. Auf Nachfrage, ob es sich beim abgeklebten Bereich um ein Datum handle, habe die 1.BF dies deutlich verneint und zu Protokoll gegeben, dass dort christliche Ikonen zu sehen seien.

Weiter habe die 1.BF bei der Einvernahme einen Brief ihres Schwiegervaters übergeben, aus dem deutlich die gute Beziehung innerhalb der Familie hervorgehe: "Wie geht es euch? Ist der Sohn folgsam? Wie ist das Wetter bei euch - bei uns ist es sehr heiß, erst am Abend wird es etwas windig. Aber im Allgemeinen ist es in Ordnung. Ich vermisse den Kleinen sehr und würde ihn so gerne sehen. Vermisst er mich? Ist er gesund? Liebe Grüsse von seiner Schulkollegin, sie sagt alle in der Schule vermissen ihn. Ich habe gesagt, ihr seid auf Urlaub gefahren, weil ich nicht wusste, was ich sonst sagen soll. Mir geht es auch gut, nur die Beine schmerzen manchmal. Die Medikamente nehme ich nicht regelmäßig. Wegen der Fotos hat der Kleine wahrscheinlich gefragt, Ich gebe sie euch, sobald ich Möglichkeit dazu habe, ich habe sie in meinem Schrank gefunden. Ich erinnere mich, wie der Kleine Fernsehen geschaut und uns am Einschlafen gehindert hat. Jetzt ist alles umgekehrt - jetzt kann ich nicht einschlafen. Und noch etwas; sein Fahrrad habe ich repariert. Wenn ihr wieder herkommt, kann er dann mit seinem Fahrrad fahren. Bitte schreib mir, wie es euch geht und wie es deinem Blutdruck geht. Sei nicht traurig, alles wird gut. Ich liebe euch sehr, küsse euch und würde euch gerne wiedersehen. Großvater Gasan.") Es gehe deutlich hervor, dass sich die Familie auf die Rückkehr freue und sei für das BFA keine innerfamiliäre Bedrohung zu erkennen.

Als Hauptgrund für die Flucht habe die 1.BF angegeben, dass ihre Schwierigkeiten nach dem Verschwinden ihres Gatten im März 2012 begonnen hätten. Hierzu habe das BFA nachweislich festgestellt, dass die 1.BF sowohl in Bezug auf den Zeitraum als auch in Bezug auf ihre Beziehung mutwillig falsche Angaben gemacht habe. Sie habe bei der Erstbefragung angegeben, dass ihr Gatte im März 2012 nach der Arbeit nicht nach Hause gekommen sei und seitdem als verschwunden gelte. Ebenso habe sie beim BFA angegeben, dass ihr Mann im März 2012 verschwunden sei. Bei der Einvernahme im BFA habe die 1.BF zwei Fotos ihres Mannes überreicht, die ihn in "Mini-Venedig" in Baku zeigen. Auch hier seien die rechten unteren Ränder abgeklebt gewesen. Auch nach deutlicher und mehrfacher Nachfrage und der Möglichkeit, dem BFA wahrheitsgemäß zu antworten, habe die 1.BF lediglich angemerkt, dass ihr Gatte das Abkleben der Fotos angeordnet habe, sie aber nichts zu verstecken habe ("F: Warum haben sie ein weiteres Foto ihres Mannes abgeklebt, handelt es sich dabei um ein Datum? A: Das Foto ist schon alt. F: Warum haben sie den unteren Bereich des Fotos abgeklebt? A: Es wurde schon lange geklebt. F: Ein 3. Mal frage ich nun, warum dieses Foto geklebt wurde. A: Mein Mann wollte nicht, dass man sieht, wann er wo war."). Die Fotos wurden zu Beweiszwecken im BFA behalten und die Klebestreifen entfernt. Auf beiden Fotos ist das Datum 17.7.2012 deutlich zu erkennen. Die Fotos seien also zu einem Zeitpunkt aufgenommen worden, zu dem der Ehegatten laut den Angaben der 1.BF bereits verschwunden gewesen sei. Die 1.BF habe versucht, durch Abkleben der Fotos ihre konstruierte Fluchtgeschichte aufrecht zu erhalten.

Ein weiteres Indiz für die erfundene Geschichte sei, dass die 1.BF angab, ein Paket aus Aserbaidschan erhalten zu haben. Laut ihren Angaben hätten sich darin Spielsachen und Kleidung befunden. Auffällig hierbei sei, dass der Absender auf dem Paketschein der Fa. DHL manipuliert wurde. Auch hier sei der 1.BF die Möglichkeit eingeräumt worden, wahrheitsgemäß zu antworten ("F: Warum haben sie vom Absender auf dem Paket den Namen entfernt? A: Der Umschlag wurde auf das Paket geklebt und wurde wahrscheinlich dabei beschädigt. F:

Es wurde aber augenscheinlich bewusst herausgeschnitten. Was sagen sie dazu? A: Wäre es etwas Schlimmes oder Negatives, hätte ich es gar nicht vorgelegt.") Auch hier habe das BFA durch Recherche bei der Österreichischen Post AG nachweisen können, dass die 1.BF falsche Abgaben gemacht hat: Das Paket, eine schwarze Sporttasche mit Reißverschluss, wurde durch die Österreichische Post AG vor der Auslieferung gescannt und der Absender wurde fotografisch festgehalten. Deutlich zu erkennen war, dass der angeblich verschwundene Ehemann der 1.BF " XXXX " der 1.BF das Paket aus Baku nach Österreich geschickt habe. Die 1.BF habe jedoch den Vornamen auf dem Paketschein entfernt, um ihre erfundene Fluchtgeschichte aufrecht zu erhalten.

Es sei daher festzuhalten, dass der Ehemann der 1.BF im März 2012 nicht verschwunden ist, sondern sich vielmehr in Baku aufhält. Die BF haben Aserbaidschan offensichtlich aus rein wirtschaftlichen Erwägungen verlassen und sich zwecks Asylerlangung einer frei erfundenen, widersprüchlichen und unglaubwürdigen Fluchtgeschichte bedient.

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Aserbaidschan traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.

I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam.

Es hätten sich weiter keine Hinweise für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK (§§ 55, 10 Abs. 2 AsylG 2005) dar.

I.3. Gegen diese Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsätzen innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde neben Wiederholungen und allgemeinen Angaben vorgebracht:

Die 1.BF sei während ihrer 4-stündigen Einvernahme sehr nervös gewesen, weshalb es zu einigen Ungereimtheiten gekommen sei. Das Hochzeitsfoto habe die 1.BF überklebt, da darauf christliche Ikonen zu sehen seien und die Familie ihres Gatten muslimischen Glaubens sei. Das Foto mit dem falschen Datum sei 2012 entstanden und die

1. BF habe es selbst zu Hause ausgedruckt. Das Datum am Foto sei jenes, an dem das Foto gedruckt worden sei. Das Paket sei der 1.BF vom Bruder ihres Gatten geschickt worden. Die 1.BF habe bereits bei der Einvernahme angegeben, dass der Gatte und sein Bruder die gleichen Namen führen.

Die 1.BF habe v.a. wegen der Religion viele Probleme gehabt. Die BF seien bemüht, sich in Österreich zu integrieren.

Die 1.BF wiederholte auch handschriftlich ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend dazu führte sie aus, dass der 2.BF zusätzliche Unterrichtsstunden in der Schule besuche und zudem Privatunterricht erhalte. Der 2.BF befinde sich in einem Stresszustand, schlafe schlecht und weine. Die 1.BF müsse wegen ihrer Blutdruckprobleme täglich Medikamente einnehmen. Der 2.BF habe zudem Probleme mit dem Herzen und sei deswegen in Baku auch bei einem Kardiologen in Behandlung gewesen.

I.4. Für den XXXX .1.2015 lud das BVwG die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung. Mit Erkenntnis vom 11.2.2015 wurden die Beschwerden abgewiesen.

Zweites (verfahrensgegenständliches) Verfahren:

1. Am XXXX .09.2018 stellten die BF die gegenständlichen Folgeanträge auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung des Folgeantrages führte die 1.BF zu Änderungen seit dem ersten Verfahren befragt aus, dass sie sowohl ihr Herkunftsland als auch ihren Namen sowie ihre Religion falsch zu Protokoll gegeben habe. Im Zuge ihres ersten Antrages auf internationalen Schutz habe sie aufgrund drohender Gefahr für Leib und Leben keine korrekten Angaben machen können. Ein Verwandter von ihrem damaligen Exfreund habe sie zur Falschaussage gezwungen, damit man sie in der Ukraine nicht finden könne. Bei einer Rückkehr in die Heimat habe sie Angst um ihr Leben, da sie derzeit noch Drohbriefe aus der Ukraine erhalte. Als leitende Buchhalterin mehrerer Banken in der Ukraine sei sie dazu gezwungen worden, Kredite in Höhe von insgesamt 300.000,- Euro aufzunehmen und an den Direktor weiterzugeben. Der 2.BF gab zu Protokoll, dass ihn im Jahr 2014 ein Mann in schwarzer Kleidung von seinem Auto aus angesprochen habe und seiner Mutter Grüße ausgerichtet habe. Zudem habe der unbekannte Mann darauf hingewiesen, dass er nunmehr auch die Schule des 2.BF kenne.

2. Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme am XXXX .09.2018 gab die 1.BF an, am Magen operiert worden zu sein und jeden Tag Schmerzmittel einzunehmen. Zudem habe sie Fußbeschwerden und es sei deshalb eine Operation geplant gewesen. Die 1.BF sei ausschließlich in Österreich in medizinischer Behandlung gewesen. Sie sei ukrainische Staatsbürgerin, gehöre der ukrainischen Volksgruppe an und habe einen Sohn. Zu den Angaben im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens erklärte die 1.BF, dass im Protokoll nicht vermerkt worden sei, weshalb sie Geld zurückbezahlen müsse. Sie habe als Chefbuchhalterin für eine Firma gearbeitet und einige Kredite aufnehmen müssen, um diese an den Geschäftsführer weiterzugeben. Die Kreditaufnahme sei in ihrem Namen erfolgt und es sei ihr versprochen worden, sie bei Rückzahlung der aufgenommenen Summe zu unterstützen, was jedoch letztendlich nicht der Fall gewesen sei. Zur Frage, weshalb sie einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz stelle, entgegnete die 1.BF, dass ihr im erstinstanzlichen Verfahren von Freunden geraten worden sei, sich mit dem Namen ihres Lebensgefährten zu bezeichnen. Ein Bekannter aus Wien habe ihnen gefälschte Dokumente zukommen lassen. Die Angaben bezüglich ihrer Berufstätigkeit, ihrer Reiseroute sowie die Namen ihrer Eltern würden jedoch der Wahrheit entsprechen. Die Frage, ob sie Österreich nach ihrer ersten Asylantragstellung verlassen habe, wurde von der

1. BF verneint. Befragt, ob es noch andere Gründe gebe, weshalb sie ihr Land verlassen habe, erwiderte die 1.BF, dass sie aufgrund der drohenden Gefahr für ihr Leben Angst vor einer Rückkehr habe. Sie sei im Kulturreferat der leitenden Administration tätig gewesen und sei in dieser Funktion dazu verpflichtet worden, Kredite zu tätigen und einen Teil von der ausgezahlten Summe an den Geschäftsführer zu übertragen. Auf Nachfrage gab die 1.BF zu Protokoll, dass sie die besagten Kredite Ende 2013 und Anfang 2014 unter dem Vorwand des Wohnungskaufs aufgenommen habe und einen Teil des Darlehns an den Geschäftsführer gezahlt habe, der ihr anfangs die Zinsen für die Rückzahlung beglichen habe. Für das größte aufgenommene Darlehen habe sie jedoch nichts mehr erhalten. Die Kredite seien auf ihren eigenen Namen aufgenommen worden und die Banken hätten für die Auszahlung der Geldsummen keine konkreten Sicherheiten gefordert. Zum Vorhalt, weshalb sie die erwähnten Fluchtgründe nicht bereits im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens angegeben habe, dass ihr ein Bekannter dazu geraten habe, ihre Identität zu verschleiern und Falschangaben zu machen. Sie sei mithilfe eines polnischen Visums in Österreich eingereist. Befragt, welche Familienangehörigen im Herkunftsstaat leben würden, erklärte die 1.BF, dass sie in der Ukraine eine Schwester und mehrere Tanten habe. Sowohl ihre Schwester als auch ihr Vater hätten aufgrund ihrer bereits geschilderten Probleme Drohungen erhalten. Sie wisse nicht genau, ob gegen sie wegen der ausstehenden Kredite bereits ein Strafverfahren anhängig sei. Als Beweis für ihre wahre Identität könne sie einen Reisepass vorlegen.

Die Frage, ob sie in Österreich oder im Bereich der EU familiäre Anknüpfungspunkte habe, wurde von der 1.BF verneint. Sie dürfe noch nicht arbeiten, habe jedoch bereits Deutschprüfungen auf dem Niveau A1 und A2 absolviert und auch einen B1 Kurs besucht. Die Frage, ob es in ihrem Familien-oder Privatleben seit Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens eine Änderung gegeben habe, wurde von der 1.BF ebenfalls verneint. Zur Frage, ob sie je von einer gerichtlichen Untersuchung betroffen gewesen sei oder als Zeuge oder Opfer in einem Strafverfahren betroffen gewesen sei, entgegnete die

1. BF, dass sie beschuldigt worden sei, ihren Reisepass gefälscht zu haben und deshalb zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt worden sei, da es jedoch keinen Pass gebe, sei die Strafe gelöscht worden. Aufgrund der aufgenommenen Kredite in Höhe von 300.000,- Euro würde sie vom Inkassobüro getötet werden. Zur Frage, ob der erwähnte Geschäftsführer, der den Großteil der ausgezahlten Kreditsummen erhalten habe, verurteilt worden sei, erwiderte die 1.BF, dass sie bezweifle, dass der genannte Mann verurteilt worden sei. Sie hoffe, dass ihr Sohn im Bereich der EU bleiben könne, da dessen Vater griechischer Staatsbürger sei.

Der 2.BF führte im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 25.09.2018 aus, dass er Österreich seit der ersten Asylantragstellung nicht verlassen habe. Er habe mehrmals vor seiner Schule einen schwarzen Wagen gesehen und sei auf dem Handy angerufen worden, seiner Mutter schöne Grüße auszurichten. Befragt, wie viele Vorfälle es insgesamt gegeben habe, erwiderte der 1.BF, dass er im Jahr 2013 bzw. 2014 ungefähr drei oder vier Anrufe erhalten habe. Zur Frage, wieso er diese Fluchtgründe nicht bereits im Erstasylverfahren angegeben habe, entgegnete der 2.BF, dass er nicht danach gefragt worden sei. Im Herkunftsstaat habe er die Schule besucht und nunmehr würden dort nach wie sein Großvater und seine Tante leben. Er sei über die Probleme seiner Mutter informiert gewesen und könne seine Identität durch die Vorlage einer Geburtsurkunde bezeugen. Neben seiner Mutter habe er in Österreich keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte. Er besuche im Bundesgebiet die polytechnische Schule und sei in einem Kampfsportverein tätig. Zur Frage, ob er wisse, von wem seine Mutter bedroht worden sei, entgegnete der 2.BF, dass es sich um die Mafia handle.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden von der 1.BF mehrere Fotos ihrer einzunehmenden Medikamente, handschriftliche Notizen, mehrere Dokumente in ukrainischer Sprache, ein Arztbrief eines Landeskrankenhauses vom XXXX .02.2017 über einen stationären Aufenthalt vom XXXX .03.2017 bis zum XXXX .03.2017 wegen einer durchgeführten Magen Bypass-Operation mitsamt einer Empfehlung von Kontrollen und entsprechender Medikation, eine Nachsorgeempfehlung bei einer Bypass-OP vom XXXX .01.2017, ein tagesklinischer Arztbrief eines Landeskrankenhauses vom XXXX .02.2018 mit der Hauptdiagnose:

Zehenfehlstellung unter Empfehlung einer entsprechenden Medikation sowie ein ärztliches Attest eines Arztes für Allgemeinmedizin vom XXXX .04.2018, wonach die 1.BF für mindestens zwei Monate Spezialschuhe tragen müssen, radiologischer Befund vom XXXX .06.2018 über das Vorliegen einer Fehlstellung am rechten Fuß, Einweisung-Begleitschein eines Arztes für Allgemeinmedizin vom XXXX .07.2018 an ein Landeskrankenhaus für Unfallchirurgie wegen Fersenspornbildungen rechts sowie Umstellungsosteotomie sowie eine Patientenkarte der Abteilung für Unfallchirurgie eines Klinikums vom XXXX .09.2018 über das Vorliegen einer Fehlstellung (Therapievorschlag: Silikongel sowie Parkamed), ein Verordnungsschein für Heilbehelfe und Hilfsmittel vom XXXX .09.2018 (Fußeinlage) und ein Überweisungsschein vom XXXX .09.2018 an die Orthopädie zur Vorlage gebracht.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurde vom 2.BF eine Schulbesuchsbestätigung der Polytechnischen Schule XXXX vom XXXX .07.2018 sowie eine Bestätigung vom XXXX .06.2018, dass der 2.BF in einem Boxverein trainiere, zur Vorlage gebracht.

3. Im Rahmen einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme am XXXX .10.2018 gab die 1.BF an, dass sie auch weiterhin an Magenschmerzen leide und auf eine geplante Operation am Fuß warte. Sie stehe mit ihrer in der Ukraine aufhältigen Schwester in Kontakt und habe sie darüber informiert, dass sich die aktuelle Lage nicht geändert habe. Die Fragen, ob sie zwischenzeitlich Kontakt mit ihrer Firma, ihrem Arbeitgeber oder ihren Arbeitskollegen aufgenommen habe oder ihr ein Anwalt zur Verfügung gestellt worden sei, wurden von der 1.BF verneint. Sie habe auch keine Rechtsschutzversicherung und ihre Schwester habe ihr erklärt, dass die ausstehenden Schulden stetig steigen würden. Auf Vorhalt, dass beabsichtigt sei, ihren Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, entgegnete die 1.BF, dass sie unter gesundheitlichen Problemen leide und in Österreich behandelt werden wolle.

Mit Schriftsatz vom XXXX .11.2018, beim Bundesverwaltungsgericht am 13.12.2018 eingelangt, wurde ein Gastroskopiebefund mit der Diagnose Barrett-Schleimhaut (Erkrankung der Speiseröhre) unter einer medikamentösen Therapieempfehlung vorgelegt.

Einem Schriftsatz vom XXXX .12.2018 ist zu entnehmen, dass die 1.BF dazu verpflichtet werde, erhaltene Leistungen der Grundversorgung in Höhe von 38.568,04 zurückzuzahlen.

4. Mit den angefochtenen Bescheiden wurde die Anträge auf internationalen Schutz vom 11.09.2018 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache sowohl hinsichtlich des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) zurückgewiesen. In Spruchteil III. wurden Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG wurden erneut Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt IV. und V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise. Beschwerden gegen diese Entscheidungen wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen die BF ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.). Gemäß § 15 b Abs. 1 AsylG wurde den BF aufgetragen, von XXXX .09.2018 bis Rechtskraft der Asylbescheide in einem nähere bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Identität der BF mangels entsprechender glaubwürdiger Personaldokumente nicht habe festgestellt werden können. Die 1.BF habe zwar ukrainische Dokumentkopien vorgelegt, die Echtheit könne jedoch aufgrund der Vorlage von Kopien nicht festgestellt werden. Der behandelnde Arzt habe bei der obligatorischen medizinischen Untersuchung bei der Antragstellung auf internationalen Schutz in Österreich keine lebensbedrohliche Erkrankung bei der 1.BF feststellen können, denn sonst wäre sie sofort in ein Krankenhaus überwiesen worden. Die unterschiedlichen Ärzte seien davon ausgegangen, dass mit einer rein medikamentösen Therapie das Auslangen gefunden werden könne. Es sei auch auf die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom XXXX .04.2018 hinzuweisen, in welcher angeführt worden sei, dass sämtliche medizinische Behandlungen in öffentlichen und privaten medizinischen Einrichtungen auch in der Ukraine verfügbar seien. Somit sei erkennbar, dass die 1.BF notwendige medizinische Nachbehandlungen im Herkunftsstaat erhalten könne. Dem erstmals vorgebrachten Fluchtvorbringen habe die Glaubwürdigkeit gänzlich abgesprochen werden müssen, zudem liege auch kein neuer Sachverhalt vor, da sich der geschilderte Fluchtgrund vor der ersten Antragstellung der 1.BF im Jänner 2014 ereignet habe. So habe die

1. BF erstmals im Rahmen der Erstbefragung angegeben, bei mehreren Banken gearbeitet zu haben und im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme angeführt, im Kulturreferat seiner Stadt tätig gewesen zu sein. Weiters habe die 1.BF erstmals angegeben, dass sie Kredite an den Direktor weitergeben habe müssen und später zu Protokoll gegeben, dem Geschäftsführer des Kulturreferats ihrer Stadt nur einen Teil der besagten Kredite ausgezahlt zu haben. Es könne zudem nicht nachvollzogen werden, wie sie auf eine offene Kreditsumme von ca. 300.000,- Euro gekommen sei. Überdies sei nicht glaubwürdig, dass die 1.BF in ihrem Namen ohne Sicherheiten mehrere Kredite von den verschiedenen Bankinstituten erhalten habe. Im Übrigen fehle es bei den von der 1.BF behaupteten Misshandlungen durch die Polizei wegen an einem in der GFK taxativ aufgezählten Verfolgungsgrund. Dass die 1.BF auch keiner staatlichen Verfolgung ausgesetzt gewesen sei, lasse sich daraus ableiten, dass sie zwei Monate nach ihrer ersten Kreditaufnahme im Jänner 2014, nämlich im Februar oder März 2014 einen Reisepass erhalten habe, wobei es zu keinen Problemen gekommen sei. Die Ausreise aus ihrem Heimatsstaat sei legal an einer offiziellen Grenze erfolgt. Die 1.BF sei bis Beendigung der ersten Antragstellung auf internationalen Schutz bei ihren bisher getätigten Äußerungen geblieben, obwohl zu diesem Zeitpunkt der nunmehr erstmals vorgebrachte Fluchtgrund bereits vorgefallen sei. Aus diesem Grund könne kein neuer Sachverhalt festgestellt werden. Ergänzend sei noch anzuführen, dass selbst bei Wahrheitsunterstellung des geschilderten Fluchtgrundes keine Asylgewährung möglich sei, da durch eine Kreditaufnahme keines der in der GFK verankerten Verfolgungsgründe betroffen sei und die 1.BF auch bestätigt habe, dass wegen der Nichtrückzahlung des Kredits bereits ein Strafverfahren eingeleitet worden sei. Der Sohn der 1.BF befinde sich in Österreich und dessen Asylverfahren sei ebenfalls negativ entschieden worden. Letztlich habe die 1.BF die Frage verneint, ob es seit rechtskräftigem Abschluss ihres Erstasylverfahrens eine Änderung in ihrem Privat-oder Familienleben gegeben habe. Im gegenständlichen Fall sei der Aufenthalt der BF in Österreich durch die Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle und anschließender Stellung eines unberechtigten Asylantrages begründet worden. Dass die 1.BF die Behörde während des gesamten Erstverfahrens hinsichtlich ihrer tatsächlichen Identität und Staatsangehörigkeit wissentlich getäuscht habe, stehe aufgrund der vorgelegten Kopien der ukrainischen Reisepässe und der diesbezüglich nun glaubhaften Angaben der 1.BF im Verfahren fest. Ein diesbezügliches Schreiben, in welchem die 1.BF zur Rückzahlung von 38.568,04 aufgefordert worden sei, sei bereits an die 1.BF ergangen. Letztlich sei die 1.BF mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Klagenfurt zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten und einer Probezeit von drei Jahren verurteilt worden. Die Erlassung eines dreijährigen Einreiseverbotes sei somit gerechtfertigt.

Die Bescheide wurden den BF durch persönliche Übernahme am XXXX .03.2019 zugestellt.

5. Gegen diese Bescheide wurde vom bevollmächtigten Vertreter der BF fristgerecht Beschwerde erhoben. Es wurde vorgebracht, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl berücksichtigen hätte müssen, dass sich die BF alleine in Österreich aufhalten würden und zunächst von fremden Personen beeinflusst worden seien und diesen Personen vertraut hätten, was sich als falsch erwiesen habe. Das Bundesamt habe zudem das Kindeswohl unzureichend geprüft, da die Integration des 2.BF in Österreich ausgezeichnet sei und er sich nicht mehr im anpassungsfähigen Alter befinde. Aufgrund der Integration und vor allem des Kindeswohls hätte den BF ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG erteilt werden müssen. Die BF seien in Österreich, wie es auch in den Bescheiden festgestellt worden sei, strafrechtlich unbescholten und würden keineswegs eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen. Insofern hätte kein Einreiseverbot erlassen werden dürfen. Der sofortige Vollzug der angefochtenen Bescheide wäre für die BF mit einem unverhältnismäßigen Nachteil verbunden, da ihnen die Abschiebung in die Ukraine drohe, wo sie einer menschenrechtswidrigen Verfolgung ausgesetzt seien. Außerdem seien sie in Österreich bereits bestens integriert und die Abschiebung würde dem Kindeswohl widersprechen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht seien daher erfüllt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Das von den BF am XXXX .04.2014 unter Aliasidentitäten initiierte Asylverfahren wurde mit Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX .02.2015, L519 2016153-1/11E, L519 2016150-1/6E, rechtskräftig negativ abgeschlossen.

Die Anträge auf internationalen Schutz wurden abgewiesen, subsidiärer Schutz wurde in Bezug auf die Ukraine nicht eingeräumt und es wurde den BF - letztlich kein Aufenthaltstitel gewährt und eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung erlassen. Die BF haben in der Folge am XXXX .09.2018 neuerliche (die gegenständlichen) Anträge auf internationalen Schutz gestellt.

1.2.Im gegenständlichen Verfahren beziehen sich die BF auf neu vorgebrachte Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Abschlusses des ersten, von den BF initiierten Verfahren bestanden haben bzw. die aufgrund von Widersprüchen bereits im Kern unglaubwürdig sind.

In Bezug auf die BF besteht weiterhin kein schützenswertes Privatund/oder Familienleben im Bundesgebiet. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF an lebensbedrohlichen, in der Ukraine nicht behandelbaren Krankheiten leiden. Die 1.BF leidet an einer Fehlstellung des Fußes und befand sich vom XXXX .03.2017 bis zum XXXX .03.2017 wegen einer Magen-Bypass OP in stationärer Behandlung. Die gesundheitlichen Beschwerden der 1.BF werden medikamentös behandelt und können auch in der Ukraine weiterbehandelt werden.

1.3. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung der BF in die Ukraine eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es liegen keine Umstände vor, welche einer Außerlandesbringung aus dem Bundesgebiet entgegenstünden.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation ist nicht eingetreten.

Im gegenständlichen Fall ergab sich weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die BF betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat noch in sonstigen, in den Personen der BF gelegenen Umstände.

1.4. In Bezug auf die individuelle Lage der BF im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat kann keine, sich in Bezug auf jenen Zeitpunkt, in dem letztmalig über die Anträge auf internationalen Schutz inhaltlich entschieden wurde, maßgeblich andere Situation festgestellt werden.

Eine nachhaltige, umfassende und fortgeschrittene Integration der BF hat während des Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht stattgefunden. Die 1.BF wurde im Jahr 2014 durch ein österreichisches Landesgericht wegen § 12 3. Fall §§ 223 Abs. 2, 224 StGB zu einer unter der Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt. Ein Teil der Freiheitsstrafe wurde ihr endgültig nachgesehen. Die 1.BF wurde mit Mitteilung des Landes XXXX vom XXXX .12.2018 zur Rückforderung der Grundversorgungsleistungen in Höhe von 38.568,04 € aufgefordert.

Eine relevante integrative Vertiefung seit Rechtskraft der inhaltlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts liegt nicht vor. Der 2.BF besucht in Österreich die polytechnische Schule und ist Mitglied in einem Boxverein.

Die BF sind illegal eingereist, haben unter Verschleierung ihrer wahren Identität und Herkunft jeweils zwei unbegründete Anträge auf internationalen Schutz gestellt und sind trotz rechtskräftiger und durchsetzbarer Rückkehrentscheidung illegal im Gebiet der Mitgliedstaaten verblieben.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu den Personen der Beschwerdeführer, den Gang des ersten Asylverfahrens sowie des gegenständlichen Asylverfahrens und der darin vorgebrachten Fluchtvorbringen wurden auf Grundlage der entsprechenden Akten des Bundesamtes zur im Spruch genannten Zahlen sowie des Inhaltes des im Verfahrensgang zitierten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX .02.2015, Zlen. L519 2016153-1/11E, L519 2016150-1/6E, getroffen.

Die Feststellungen zum Fluchtvorbringen, zur persönlichen Situation, zum familiären Hintergrund und dem Gesundheitszustand der BF im gegenständlichen Verfahren gründen sich insbesondere auf die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie der Einvernahme des Beschwerdeführers durch Organe der belangten Behörde und der Beschwerdeschrift und den diesbezüglich vorgelegten medizinischen Unterlagen.

2.2. Die Feststellungen zur Identität, Staatsangehörigkeit und Herkunft der BF ergeben sich aus ihren nunmehr diesbezüglich vorgebrachten glaubwürdigen Vorbringen, stehen jedoch in Widerspruch zu den Angaben im vorhergehenden Verfahren.

Weiters ist anzumerken, dass sich aus dem erstinstanzlichen Akt keine Hinweise auf Verfahrensmängel im Verfahren beim Bundesamt ergeben. Weder die Protokollierung noch der Dolmetscher wurde in der Einvernahme in irgendeiner Form konkret bemängelt. Das Protokoll wurde zudem von den BF nach Rückübersetzung durch ihre Unterschrift hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit bestätigt.

Wie das Bundesamt in den bekämpften Bescheiden aufzeigen konnte, basiert das neue Vorbringen der BF zum einem lediglich auf Umständen, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben und zum anderen ist auch kein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt hervorgekommen.

Den vorgelegten drei Schreiben über Kreditaufnahmen der 1.BF kommt mangels Nachvollziehbarkeit der ausstehenden Schuldenbeträge und fehlender Asylrelevanz kein Beweiswert zu.

Weiters ist anzumerken, dass unter Zugrundelegung der vom Bundesamt getroffenen Feststellungen im Herkunftsland auch kein Grund erkannt werden kann, wonach die BF, die in ihr Herkunftsland zurückkehren, dort in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse in eine ausweglose Situation geraten würden.

2.3. In der Beschwerde wurde es zudem völlig unterlassen, der Beweiswürdigung des Bundesamtes konkrete Argumente entgegenzusetzen, wobei die Beschwerde auch kein neues Vorbringen enthält. Es wurden zum individuellen Fluchtvorbringen der BF auch keine Beweismittel nachgereicht, benannt oder angeboten. Auch sonst liegen keine Anhaltspunkte für die Erforderlichkeit zusätzlicher Ermittlungen vor.

2.4. Die zur Lage in der Ukraine vom Bundesamt getroffenen Feststellungen basieren auf aktuellen Berichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen und stellen im konkreten Fall eine ausreichende Basis zur Beurteilung des Vorbringens der BF dar. Aus den getroffenen Länderfeststellungen lässt sich keine derartige Situation im Herkunftsland ableiten, wonach die BF aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage ohne Hinzutreten individueller Faktoren in der Ukraine aktuell und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ihrer Personen drohen würde oder dass ihnen im Falle einer Rückkehr ins Herkunftsland die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Von den BF wurden zudem keine anderslautenden Länderinformationen dargetan oder darauf verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (Z 1) der der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (Z 2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Letztere Variante traf unter Berücksichtigung der in ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG vertretenen Ansicht über den prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auf die gegenständliche Konstellation zu (vgl. dazu etwa VwGH 28.07.2016, Zl. Ra 2015/01/0123).

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Zu Spruchteil A):

3.2. Zurückweisung der Anträge auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I.)

3.2.1. Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, welche die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, (außer in den Fällen der §§ 69 und 71 AVG) wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Gemäß § 75 Abs. 4 AsylG 2005 begründen ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist als Vergleichsbescheid derjenige Bescheid heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. VwGH vom 15.11.2000, Zl. 2000/01/0184; VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2000/01/0440; VwGH vom 26.07.2005, Zl. 2005/20/0226; vgl. weiters Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), E 104 zu § 68 AVG).

Im vorliegenden Fall ist daher als Vergleichsentscheidung das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.02.2015, Zlen. L519 2016153-1/11E, L519 2016150-1/6E, heranzuziehen.

3.2.2. Im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegen verschiedene "Sachen" vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern. Es kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen nach § 28 AsylG - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht. Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, in dem weitere von der Rechtsprechung entwickelte Rechtssätze zu § 68 AVG, insbesondere mit Beziehung auf das Asylverfahren, wiedergegebenen werden, und daran anschließend VwGH vom 20.03.2003, Zl. 99/20/0480 mwN; vgl. auch VwGH vom 25.04.2002, 2000/07/0235; VwGH vom 04.11.2004, Zl. 2002/20/0391, VwGH vom 15.03.2006, Zl. 2006/18/0020; VwGH vom 25.04.2007, Zl. 2005/20/0300 und 2004/20/0100).

3.2.3. Für das Bundesverwaltungsgericht ist demnach Sache des gegenständlichen Verfahrens ausschließlich die Frage, ob sich die maßgebliche Sach- und Rechtslage seit der Stellung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz geändert hat (Spruchpunkt II):

Wie aus den Ausführungen des Bundesamtes zutreffend hervorgeht und auch in der gegenständlichen Beweiswürdigung dargelegt wurde, konnten die BF zur individuellen Begründung ihrer (zweiten) Anträge auf internationalen Schutz keinen neuen Sachverhalt im Sinne der unter Pkt. II.3.2.2. dargelegten Judikatur vorbringen, der sich im Kern als glaubwürdig erwiesen hätte und geeignet wäre, ein anders Verfahrensergebnis herbeizuführen. So wurden ihre Folgeanträge im Wesentlichen lediglich auf Umstände gestützt, die ihren Schilderungen zufolge bereits vor Eintritt der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes im letzten Asylverfahren bestanden haben. Im Übrigen wird auf die Beweiswürdigung unter Punkt II.2.2. verwiesen. Sohin war diesbezüglich eine neue Sachentscheidung ausgeschlossen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 98/20/0564; VwGH 24.08.2004, Zl. 2003/01/0431).

Insoweit die neuerlichen Anträge der BF unter dem Blickwinkel des Refoulementschutzes (§ 8 AsylG 2005) zu betrachten sind, ist auszuführen, dass auch im Hinblick auf Art. 3 EMRK keine Anhaltspunkte erkennbar sind, wonach die Rückführung der BF in die Ukraine zu einer Situation führen würde, die eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK mit sich brächte.

Aus den Länderfeststellungen zur Ukraine ergeben sich keine Gründe für die Annahme, dass jeder zurückkehrende Staatsbürger der reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, sodass nicht von einem Rückführungshindernis im Lichte der Art. 2 und 3 EMRK auszugehen ist. Dem Bundesamt ist aufgrund der Länderberichte darin beizupflichten, dass sich die Lage im Herkunftsstaat seit der Entscheidung im ersten Asylverfahren nicht entscheidungswesentlich verändert hat.

Angesichts der vom Bundesamt herangezogenen Länderberichte liegen auch keine Hinweise vor, wonach seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens im Hinblick auf die BF eine derartige erhebliche Lageänderung im vorliegenden Herkunftsland eingetreten wäre, wonach ihnen nach Verlassen des Herkunftslandes und Asylantragstellungen im Ausland im Falle einer Rückkehr in die Ukraine Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohen würde, dass die Ausweisung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig wäre.

Vor dem Hintergrund der vom Bundesamt getroffenen Feststellungen zu den Verhältnissen im Herkunftsstaat kann auch nicht angenommen werden, dass in der Zwischenzeit Umstände eingetreten wären, wonach die BF nach einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse lebensbedrohenden Situationen ausgesetzt wären.

3.2.4. Da sohin keine Anhaltspunkte für eine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf das individuelle Vorbringen bzw. Umstände der BF oder allgemein bekannte Tatsachen, die vom Bundesamt von Amts wegen zu berücksichtigen wären, vorliegen, und sich auch die Rechtslage in der Zwischenzeit nicht entscheidungswesentlich geändert hat, ist das Bundesamt im Ergebnis daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Behandlung der gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht.

Somit war die Beschwerde gegen die zurückweisenden Entscheidungen des Bundesamtes hinsichtlich der Spruchpunkte I und II abzuweisen.

3.3. Entscheidung nach §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA- VG idgF und §§ 46, 52 Abs. 2 Z 2, Abs. 9 FPG idgF (Spruchpunkte III., IV, V)

3.3.1. Zwar sehen weder § 10 AsylG idgF noch der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG idgF eine zwingende Verbindung einer Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wird, mit einer Rückkehrentscheidung vor, doch ergibt sich durch Auslegung der Materialien zum Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz (BGBl. I Nr. 87/2012) dass § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG auch für den Fall der Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache nach § 68 AVG in einer Konstellation wie der vorliegenden die Rechtsgrundlage für die Verbindung dieser Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung darstellt (vgl. VwGH 19.11.2015, Zl. Ra 2015/20/0082). Es ist daher - mangels anderer gesetzlicher Anordnung - die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Erforderlichkeit der Verbindung einer ab- oder zurückweisenden Entscheidung der Asylbehörden mit einer Ausweisung, unabhängig davon, ob zum Entscheidungszeitpunkt bereits eine rechtskräftige Ausweisung vorliegt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 07.05.2008, Zl. 2007/19/0466, und vom 19.02.2009, Zl. 2008/01/0344) auf die ab 01.01.2014 geltende Rechtslage übertragbar (VwGH 19.11.2015, Zl. Ra 2015/20/0082).

Gemäß § 10. Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Die BF sind als ukrainische Staatsangehörige keine begünstigten Drittstaatsangehörigen und es kommt ihnen kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Im vorliegenden Verfahren liegt auch kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vor.

3.3.2. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Die BF befinden sich seit April 2014 durchgehend im Bundesgebiet und ihr Aufenthalt ist nicht geduldet. Sie sind nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Gegenteiliges wurde auch nicht behauptet. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor.

3.3.3. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß § 9 Abs. 4 BFA-VG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

Gemäß § 9 Abs. 5 BFA-VG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

Gemäß § 9 Abs. 6 BFA-VG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl Nr 60/1974 gilt.

3.3.4. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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