Entscheidungsdatum
08.05.2019Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W239 2215432-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX auch XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.02.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Mongolei, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 08.12.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der Erstbefragung vom selben Tag gab der Beschwerdeführer an, er sei von 14.06.2018 bis 08.12.2018 in Tschechien gewesen.
2. Zuvor hatte der Beschwerdeführer bereits am 07.02.2018 in Österreich um internationalen Schutz angesucht (EURODAC-Treffer der Kategorie 1). Er war laut VIS-Abfrage in Besitz eines von 10.01.2018 bis 15.02.2018 gültigen Schengen-Visums Typ C, ausgestellt von der Vertretungsbehörde der Tschechischen Republik.
Im vorangegangenen Verfahren hatte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 13.02.2018 ein auf Art. 12 Abs. 2 bzw. Abs. 3 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an Tschechien gestellt, dem die tschechische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 12.04.2018 ausdrücklich gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO zugestimmt hatte. Der Beschwerdeführer war am 14.06.2018 nach Tschechien überstellt worden und hatte dort am selben Tag einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz gestellt (EURODAC-Treffer der Kategorie 1).
3. Im nunmehr gegenständlichen Verfahren richtete das BFA am 12.12.2018 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Tschechien, dem die tschechische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 20.12.2018 ausdrücklich gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO zustimmte.
4. Nach Durchführung einer Rechtsberatung und in Anwesenheit eines Rechtsberaters erfolgte am 25.01.2019 die Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA. Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass er sich psychisch und physisch in der Lage sehe, die Befragung zu absolvieren. Er habe bisher im Verfahren die Wahrheit gesagt und stehe derzeit nicht in ärztlicher Behandlung. Eine Weile habe er Beruhigungsmittel bekommen, weil er nicht schlafen habe können. Derzeit nehme er sie nicht mehr. Er habe psychologische Beratung erhalten und der Arzt im Lager habe ihm die Einnahme einer Flüssigkeit verschrieben; diese habe er vom 08.12.2019 an eine Woche lang eingenommen. Zur psychologischen Beratung gebe es keine Befunde; vielleicht habe der Arzt noch welche. Der Beschwerdeführer habe zuerst die Tropfen nehmen sollen; falls diese nicht gewirkt hätten, hätte er nochmals zum Arzt kommen sollen. Aktuell gehe es ihm besser. Er sei zwar nicht ganz in Ordnung, fühle sich aber besser. Er habe viel Stress und Angst und sei deswegen unruhig. Wenn er unruhig sei, könne er nicht gut schlafen.
Über Nachfrage erklärte der Beschwerdeführer, dass er in Österreich bzw. dem Bereich der EU keine Familienangehörigen oder Verwandte oder andere Personen habe, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eine besonders enge Beziehung bestehe. Er lebe auch mit niemandem in einer Familiengemeinschaft oder familienähnlichen Gemeinschaft.
Der Beschwerdeführer sei nach Tschechien überstellt worden und habe dort dann auch einen Asylantrag gestellt. Nachgefragt, wo sich sein Reisepass befinde, meinte er, der Schlepper habe ihm den Pass in Russland abgenommen. Vorgehalten, dass er im ersten Verfahren angegeben habe, der Reisepass sei vom Schlepper in Polen zerstört worden, erklärte der Beschwerdeführer, dass das richtig sei; in Russland sei ihm der Pass abgenommen und in Polen sei er dann zerrissen worden. Die Frage, ob er ein Visum besessen habe, verneinte der Beschwerdeführer. Vorgehalten, dass sich laut VIS-Abfrage in seinem Pass ein Visum von Tschechien befunden habe, entgegnete der Beschwerdeführer, dass er dieses Visum nicht verwendet habe. Er sei nicht nach Tschechien gereist. Der Schlepper habe ihm dieses Visum besorgt. Er habe sich in Tschechien nur nach der erfolgten Überstellung aufgehalten, und zwar von Mitte Juni bis 07.12.2018. Er habe dort einen Asylantrag gestellt, habe einen negativen Bescheid erhalten und habe das Land innerhalb eines Monats verlassen müssen. Nachgefragt, weshalb er nunmehr im Dezember abermals nach Österreich gekommen sei, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er damals von Tschechien in die Mongolei zurückreisen habe wollen. Davor habe er aber Kontakt mit seinem jüngeren Bruder aufgenommen und der habe ihm gesagt, dass in der Mongolei nach ihm gefahndet werde und er nicht dorthin zurückkommen dürfe. Wenn er in der Mongolei einreise, werde er sofort an der Grenze verhaftet.
Dem Beschwerdeführer wurde sodann zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt sei, ihn aufgrund der vorliegenden Zustimmung Tschechiens dorthin außer Landes zu bringen. Dazu gab er an, dass er dort bereits einen negativen Bescheid bekommen habe und Tschechien verlassen habe müssen. Er werde in Tschechien wieder einen negativen Bescheid bekommen und habe dann ein großes Problem, da er nicht in die Mongolei zurückkönne. Konkret spreche gegen Tschechien, dass in Tschechien auch viele andere Mongolen leben würden, die dort Arbeitsverträge erhalten hätten. Es bestehe die Gefahr, dort gefunden zu werden. Vor seiner Ausreise aus der Mongolei habe der Beschwerdeführer sowieso nach Österreich kommen wollen, da er die Information erhalten habe, dass man hier die Menschenrechte respektiere, und dann sei er nach Österreich eingereist. Generell habe er nach Europa reisen wollen, wenn man ihn aber gefragt hätte, hätte er Österreich gesagt.
Nachgefragt, ob er in Tschechien untergebracht und versorgt worden sei, bejahte der Beschwerdeführer das; es seien aber so viele Mongolen dort gewesen. Anschließend wurden mit dem Beschwerdeführer unter Zuhilfenahme des Dolmetschers abermals die wichtigsten Bestimmungen der Dublin-III-VO erörtert. Zu den Länderfeststellungen zur Mongolei erstattete der Beschwerdeführer kein Vorbringen. Auch der anwesende Rechtsberater erstattete kein Vorbringen und stellte keine weiteren Fragen. Abschließend wiederholte der Beschwerdeführer, dass er nach Österreich gereist sei, weil er von Anfang an hierher habe wollen. In anderen europäischen Ländern gebe es so viele Mongolen; nur in Österreich sei er sicher.
5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 13.02.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Tschechien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Tschechien zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Zur Lage in Tschechien traf das BFA folgende Feststellungen (unkorrigiert):
Allgemeines zum Asylverfahren
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (MVCR 5.8.2016; vgl. MVCR o.D.a, MVCR o.D.b für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).
Quellen:
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MVCR - Tschechisches Innenministerium (5.8.2016): Procedure for Granting International Protection in the Czech Republic, http://www.mvcr.cz/mvcren/article/procedure-for-granting-international-protection-in-the-czech-republic.aspx, Zugriff 11.4.2018
-
MVCR - Tschechisches Innenministerium (o.D.a): Course of administrative proceedings for granting international protection, http://www.mvcr.cz/mvcren/article/course-of-administrative-proceedings-for-granting-international-protection.aspx, Zugriff 11.4.2018
-
MVCR - Tschechisches Innenministerium (o.D.b): Court review of actions and cassation complaints filed against decisions issued during administrative proceedings for granting international protection,
http://www.mvcr.cz/mvcren/article/court-review-of-actions-and-cassation-complaints-filed-against-decisions-issued-during-administrative-proceedings-for-granting-international-protection.aspx, Zugriff 11.4.2018
Dublin-Rückkehrer
In der Tschechischen Republik werden Take charge-Rückkehrer automatisch in ein Aufnahmezentrum gebracht, wo diese gefragt werden, ob ihr Verfahren in der Tschechischen Republik fortgesetzt werden soll.
* Wenn ja, wird der Rückkehrer registriert, der Antrag formell eingebracht und das Verfahren fortgesetzt.
* Wenn der Rückkehrer kein Verfahren in der Tschechischen Republik wünscht, wird dieses formell beendet. Der Rückkehrer könnte beantragen in einem freiwilligen Rückkehrverfahren registriert zu werden, ansonsten fällt er unter das Femdenrecht.
Im Falle von Take back-Rückkehrern deren vorhergehendes Asylverfahren noch läuft, werden diese in ein Asylzentrum gebracht und das Verfahren wird fortgesetzt.
Take back-Rückkehrer deren vorhergehendes Asylverfahren bereits abgeschlossen ist, werden in ein Aufnahmezentrum gebracht und gefragt, ob sie einen neuen Antrag auf internationalen Schutz stellen wollen.
* Wenn ja, wird der Rückkehrer erneut registriert und der Antrag auf internationalen Schutz formell eingebracht (gilt als Folgeantrag).
* Wenn kein Asylantrag gestellt wird, wird das Verfahren beendet. Der Rückkehrer könnte beantragen, in einem freiwilligen Rückkehrverfahren registriert zu werden. Ansonsten steht der Status der Person unter dem Alien Act-Verfahren. Der Rückkehrer könnte beantragen in einem freiwilligen Rückkehrverfahren registriert zu werden, ansonsten fällt er unter das Femdenrecht.
Die Versorgung von Dublin-Rückkehrern in der Tschechischen Republik unterscheidet sich nicht von jener für andere Antragsteller (EASO 24.10.2017).
Dublin-Rückkehrer haben Zugang zum Asylverfahren. Wenn ein vorheriges Asylverfahren eingestellt wurde weil sich der Antragsteller dem Verfahren entzogen hat (z.B. Nichterscheinen zum Interview), wird ein neuer Antrag inhaltlich behandelt. Wenn ein Rückkehrer bereits eine inhaltlich negative Asylentscheidung in der Tschechischen Republik erhalten hat, muss ein Folgeantrag neue Elemente enthalten um zulässig zu sein. Dublin-Rückkehrer haben denselben Zugang zu kostenloser Gesundheitsversorgung und Unterbringung wie andere Antragsteller (MVCR 16.8.2016).
Quellen:
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EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.
Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail
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MVCR - Tschechisches Innenministerium (16.8.2016), per E-Mail
Non-Refoulement
Personen, welche die Bedingungen für internationalen Schutz nicht erfüllen, aber wegen eines Risikos ernster Gefährdung nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, können subsidiären Schutz erhalten (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Czech Republic, https://www.ecoi.net/de/dokument/1395772.html, Zugriff 11.4.2018
Versorgung
Die Tschechische Republik verfügt zur Unterbringung von Asylwerbern über Empfangszentren, Unterbringungszentren und Integrationsasylzentren. Sie alle unterstehen dem tschechischen Innenministerium und werden von der Refugee Facility Administration verwaltet. Zuerst kommen Antragsteller in ein geschlossenes Reception Center (ReC). ReC gibt es in Zastávka u Brna und am Flughafen Prag Ruzyne. Der Aufenthalt ist dort verpflichtend, es erfolgen Maßnahmen zur Identitätsfeststellung und eine medizinische Untersuchung. Neben der Unterkunft und Verpflegung gibt es in ReC soziale und psychologische Dienste, medizinische Versorgung etc. Danach kommen Asylwerber bis zum rechtskräftigen Ende ihres Verfahrens in ein offenes Residential Center (RC), in dem sie das Recht auf Unterkunft, Verpflegung, rechtliche und psychologische Hilfe usw., sowie ein Taschengeld haben. Sozialarbeit hat einen hohen Stellenwert. RC gibt es in folgenden Gemeinden: Kostelec nad Orlicí und Havírov. Wenn Asylwerber über Finanzmittel über dem Existenzminimum verfügen, müssen sie sich an den Kosten für Unterkunft und Essen beteiligen. Asylwerber haben unter bestimmten Voraussetzungen das Recht auch außerhalb des Unterbringungszentrums privat zu wohnen. Schutzsuchende können dann auch, wiederum unter bestimmten Bedingungen, für 3 Monate finanzielle Zuwendungen erhalten (MVCR 5.8.2016; vgl. RFA o.D., NIEM 12.2017). Die Bedürfnisse vulnerabler Personen werden bei der Unterbringung berücksichtigt (AA 11.11.1999). Es gibt darüber hinaus noch drei Schubhafteinrichtungen in Belá pod Bezdezem, Vyšní Lhoty und Balková (RFA o.D.; vgl. NIEM 12.2017).
Die Höhe des Taschengeldes liegt in den Zentren in denen Essen bereitgestellt wird, bei 1,20 Euro pro Person und Tag. In den Zentren in denen selbst gekocht werden kann, liegt sie bei 4,50 Euro. Die Qualität der Unterbringung wird alle 6 Monate kontrolliert. Unabhängige Überprüfungen durch den Ombudsmann sowie das Gesundheitsamt sind möglich. Tschechien verfügt über etwa 673 Unterbringungsplätze, inklusive jener für Vulnerable und UMA. In den Empfangszentren gibt es Büchereien, Interneträume, Sportplätze, Gelegenheiten zur künstlerischen, handwerklichen und musischen Betätigung, Bereiche für Kinder und Basis-Sprachkurse. In den offenen Unterbringungszentren gibt es zusätzlich Möglichkeiten außerhalb der Zentren, wie etwa Ausflüge (EMN 2014). Nach Ablauf von sechs Monaten ab Antragstellung, haben Asylwerber legalen Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn sie über eine gültige Arbeitserlaubnis der regionalen Niederlassung des Arbeitsmarktservices der Tschechischen Republik verfügen (MVRC 7.3.2017).
Quellen:
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AA - Asylum Act (11.11.1999), Stand: 3.4.2016, http://www.mvcr.cz/mvcren/file/asylum-act.aspx, Zugriff 11.4.2018
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EMN - European Migration Network (2014): The Organisation of Reception Facilities for Asylum Seekers in different Member States (veröffentlicht von Europäische Kommission), http://www.emnbelgium.be/sites/default/files/publications/emn_organisation_of_reception_facilities_january_2014_3.pdf, Zugriff 11.4.2018
-
MVCR - Tschechisches Innenministerium (5.8.2016): Procedure for Granting International Protection in the Czech Republic, http://www.mvcr.cz/mvcren/article/procedure-for-granting-international-protection-in-the-czech-republic.aspx?q=Y2hudW09Mw%3D%3D, Zugriff 11.4.2018
-
MVCR - Tschechisches Innenministerium (7.3.2017): Information for employers,
http://www.mvcr.cz/mvcren/article/information-for-employers.aspx, Zugriff 11.4.2018
-
NIEM - National Integration Evaluation Mechanism (12.2017): Asylum seekers and beneficiaries of international protection in V4 countries,
https://www.clovekvtisni.cz/media/publications/876/file/v4niem-repot-cz-hu-pl-sk-complete.pdf, Zugriff 11.4.2018
-
RFA - Refugee Facilities Administration (o.D.): Facilities aministered by RFA of the Ministry of the Interior, http://www.suz.cz/en/, Zugriff 11.4.2018
Medizinische Versorgung
Asylwerber genießen die Leistungen des öffentlichen Krankenversicherungssystems (MVCR o.D.b).
Das tschechische Finanzministerium bezahlt die monatlichen Sozialversicherungsbeiträge für bestimmte Gruppen wirtschaftlich inaktiver Personen, darunter auch Asylwerber (HiT 2015).
MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen
von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).
Quellen:
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HiT - European Observatory on Health Systems and Policies: Health Systems in Transition, Vol. 17 No. 1 2015; Czech Republic, Health system review, 2015,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1441871505_czech-hit.pdf, Zugriff 11.4.2018
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MedCOI - Medical Country of Origin Information (14.12.2016):
Auskunft MedCOI, per E-Mail
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MVCR - Tschechisches Innenministerium (o.D.b): Court review of actions and cassation complaints filed against decisions issued during administrative proceedings for granting international protection,
http://www.mvcr.cz/mvcren/article/court-review-of-actions-and-cassation-complaints-filed-against-decisions-issued-during-administrative-proceedings-for-granting-international-protection.aspx, Zugriff 11.4.2018
Schutzberechtigte
Anerkannte Flüchtlinge erhalten Asyl auf unbestimmte Zeit. Subsidiär Schutzberechtigte bekommen eine befristete Aufenthaltserlaubnis für ein bis zwei Jahre, die verlängerbar ist. Sowohl anerkannte Flüchtlinge als auch subsidiär Schutzberechtigte haben den gleichen Zugang zu Arbeitsmarkt, Bildung, Gesundheits- und Sozialhilfesystem wie tschechische Staatsbürger (NIEM 12.2017).
Die Integrationsasylzentren (Integration Asylum Centers - IAC) in Jaromer, Predlice, Brünn und Ceská Lípa dienen als temporäre Unterkünfte für Schutzberechtigte. In diesen Zentren stehen separate Wohneinheiten zur Verfügung und für die Miete und Betriebskosten wird ein Selbstbehalt eingehoben. Für Schutzberechtigte wird ein individueller Integrationsplan für zwölf Monate mit Hilfe eines Sozialarbeiters erstellt, der je nach Integrationsverlauf aktualisiert wird. Die Teilnahme daran erfolgt freiwillig. Gemäß dem aktuellen staatlichen Integrationsplan haben international Schutzberechtigte (anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte) neben der temporären Unterbringung ein Recht auf Sprachtraining (kostenloser Kurs im Ausmaß von 400 Stunden) und Unterstützung bei der Suche nach Arbeit, permanenter Unterkunft, Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen (MVCR 7.3.2017). Im Jahr 2016 erhielten 319 Personen Unterstützung im Rahmen des Integrationsprogramms. Davon bekamen 125 Personen Hilfe von Sozialarbeitern bei der Wohnungssuche, 30 Personen fanden einen Arbeitsplatz und 73 Personen nahmen an einem Sprachkurs teil (NIEM 12.2017).
In die Umsetzung des staatlichen Integrationsprogramms sind auch NGOs eingebunden, wie etwa Counselling Centre for Integration (PPI), Caritas Czech Republic, Organisation for Aid to Refugees (OPU), Centre for Integration of Foreigners (CIC), Association for Integration and Migration) (SIMI) oder InBáze (InBaze) etc. Diese arbeiten u.a. auf den Gebieten Unterbringung und Beschäftigung von Schutzberechtigten (MVCR 7.3.2017).
Bei der Integration wird jedoch kritisiert, dass die vier Asylintegrationszentren in eher strukturschwachen Gegenden mit hoher Arbeitslosigkeit liegen (CoE 13.10.2015). Außerdem berichten die Caritas, die im ersten Jahr mit der Überwachung der Umsetzung des Integrationsprogramms beauftragt wurde, und einige direkt am Programm beteiligte Organisationen, dass die unterschätzten Verwaltungskosten, die Unzuverlässigkeit der für die Sprachkurse zuständigen Sprachagentur und die suboptimale Kommunikation mit dem Innenministerium die erfolgreiche Durchführbarkeit des Integrationsprogramms beeinträchtigt haben. Weiters wird angemerkt, dass trotz der positiven Bestrebungen seitens der Regierung, weiterhin ein eindeutiger Weiterentwicklungs- und Verbesserungsbedarf bei Integrationsmaßnahmen in der Tschechischen Republik besteht (Globsec 5.2017).
Quellen:
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CoE-ECRI - Council of Europe - European Commission against Racism and Intolerance (13.10.2015): ECRI Report on the Czech Republic (fifth monitoring cycle),
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1460532419_cze-cbc-v-2015-035-eng.pdf, Zugriff 11.4.2018
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Globsec (5.2017): Migration politics and policies in Central Europe,
https://www.globsec.org/wp-content/uploads/2017/08/migration_politics_and_policies_in_central_europe_web.pdf, Zugriff 11.4.2018
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MVCR - Tschechisches Innenministerium (7.3.2017): Integration of recognized refugees,
http://www.mvcr.cz/mvcren/article/integration-of-recognized-refugees-913320.aspx?q=Y2hudW09MQ%3d%3d, Zugriff 11.4.2018
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NIEM - National Integration Evaluation Mechanism (12.2017): Asylum seekers and beneficiaries of international protection in V4 countries,
https://www.clovekvtisni.cz/media/publications/876/file/v4niem-repot-cz-hu-pl-sk-complete.pdf, Zugriff 11.4.2018
Begründend führte das BFA zusammengefasst aus, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO Tschechien für die inhaltliche Prüfung des gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig sei. Aufgrund des Ergebnisses des Abgleichberichtes zur VIS-Abfrage stehe fest, dass Tschechien jenes Land sei, über welches die Einreise des Beschwerdeführers in das Territorium der Mitgliedstaaten erfolgen habe sollen. Laut dem vorliegenden EURODAC-Treffer stehe fest, dass der Beschwerdeführer am 14.06.2018 in Tschechien einen Asylantrag gestellt habe. Ebenfalls stehe fest, dass Tschechien sich mit Schreiben vom 20.12.2018 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO für die Führung des Asylverfahrens für zuständig erklärt habe. Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer seit seiner Einreise in das Gebiet der Mitgliedstaaten dieses wiederum verlassen habe, gebe es nicht, weswegen ein Erlöschen der Zuständigkeit des Dublin-Staates Tschechien nicht eingetreten sei.
Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung des Beschwerdeführers ernstlich für möglich erscheinen ließe, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ergeben.
6. Gegen den Bescheid des BFA erhob der Beschwerdeführer durch seine Vertretung rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und stellte gleichzeitig den Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Inhaltlich wurde zusammengefasst geltend gemacht, dass Tschechien einen europafeindlichen Kurs verfolge und der Präsident der Tschechischen Republik wiederholt fremdenfeindliche Aussagen getätigt habe. Dem BFA wurde in der Beschwerde "mangelhafte Erhebungstätigkeit" vorgeworfen, sodass der maßgebliche Sachverhalt nicht geklärt habe werden können.
7. Am 03.04.2019 wurde der Beschwerdeführer nach Tschechien überstellt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Mongolei, verfügte über ein von der Vertretungsbehörde der Tschechischen Republik ausgestelltes Schengen-Visums Typ C, gültig von 10.01.2018 bis 15.02.2018. Er hatte am 07.02.2018 in Österreich und am 14.06.2018 in Tschechien um internationalen Schutz angesucht, bevor er im Bundesgebiet am 08.12.2018 den nunmehr gegenständlichen Antrag stellte.
Der zuvor in Österreich am 07.02.2018 gestellte Antrag auf internationalen Schutz war ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 AsylG rechtskräftig negativ entschieden worden, es war die Zuständigkeit Tschechiens festgestellt worden und der Beschwerdeführer war am 14.06.2018 (erstmals) von Österreich nach Tschechien überstellt worden. Tschechien war in die inhaltliche Prüfung des Antrages eingetreten und hatte diesen abgelehnt. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zwischenzeitlich jemals wieder verlassen hat.
Im nunmehr gegenständlichen Verfahren richtete des BFA am 12.12.2018 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Tschechien, dem die tschechische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 20.12.2018 ausdrücklich gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO zustimmte. Am 03.04.2019 wurde der Beschwerdeführer (abermals) nach Tschechien überstellt.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Tschechien an.
Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.
Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen. Besonders ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich des vorliegenden tschechischen Schengen-Visums Typ C sowie hinsichtlich der in Österreich und Tschechien erfolgten Antragstellungen ergeben sich aus dem Ergebnis der VIS-Abfrage, den vorliegenden EURODAC-Treffern, den Angaben des Beschwerdeführers und aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren mit Tschechien.
Die Feststellung bezüglich der Zustimmung Tschechiens zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der tschechischen Dublin-Behörde. Der diesbezügliche Schriftwechsel ist Teil des Verwaltungsaktes. Tschechien hat der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO ausdrücklich zugestimmt und dadurch zum Ausdruck gebracht, dass der zuvor in Tschechien gestellte Antrag des Beschwerdeführers dort inhaltlich geprüft und abgelehnt wurde, was im Einklang mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers steht.
Dass der Beschwerdeführer das Gebiet der Mitgliedstaaten zwischenzeitlich jemals wieder verlassen hätte, wurde weder vorgebracht, noch haben sich dafür sonst aus der Aktenlage irgendwelche Anhaltspunkte ergeben.
Die am 03.04.2019 erfolgte (abermalige) Überstellung des Beschwerdeführers von Österreich nach Tschechien lässt sich dem im Akt aufliegenden Bericht vom selben Tag entnehmen.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Tschechien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.
Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass das tschechische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens sowie auf die Versorgungslage von Asylsuchenden in Tschechien den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat der Beschwerdeführer nicht dargetan.
Dass der Beschwerdeführer weder unter gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, noch über besonders ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen zu Österreich verfügt, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben. Seinen Aussagen ist zwar zu entnehmen, dass er zeitweise Schlafprobleme gehabt habe und Beruhigungsmittel eingenommen habe, ein konkreter weiterer Behandlungsbedarf ergibt sich aus seinen Angaben jedoch nicht. Des Weiteren gab der Beschwerdeführer durchgehend gleichlautend an, in Österreich keinerlei familiäre, verwandtschaftliche oder sonstige Anknüpfungen zu haben. Konkrete Anhaltspunkte für eine Integrationsverfestigung haben sich im Verfahren nicht ergeben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
§ 5 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012, lautet:
"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet."
§ 10 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017, lautet:
"§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018, lautet:
"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2016, lautet:
"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. er in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dieser Mitgliedstaat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung dieses Antrages zuständig ist. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.
(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 24/2016)"
Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin-III-VO lauten:
"Artikel 3
Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
Artikel 7
Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Artikel 12
Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa
(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:
a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;
b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;
c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.
(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.
Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.
(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.
Artikel 16
Abhängige Personen
(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.
(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.
(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.
(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Artikel 17
Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, e