Index
E1E;Norm
11992E008A EGV Art8a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des M in H, vertreten durch D, Rechtsanwalt in H, (inländischer Zustellungsbevollmächtigter: D, Rechtsanwalt in R) gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 9. Oktober 1997, Zl. 1-0824/97/E7, betreffend Verwaltungsübertretung gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes (weitere Partei: Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde einer vom Beschwerdeführer gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 28. August 1997 erhobenen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG keine Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis bestätigt und dem Beschwerdeführer den Ersatz der Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.
Begründend führte die belangte Behörde aus, im bekämpften Straferkenntnis werde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe am 14. Juli 1997 um 22.30 Uhr einen näher bezeichneten Pkw auf der Rheintal Autobahn A 14 in Hörbranz auf Höhe der Grenzkontrollstelle Hörbranz gelenkt, wobei er eine mautpflichtige Bundesstraße benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Die Strafbehörde erster Instanz habe hierin eine Übertretung des § 12 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes 1996 erblickt. Es sei eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) von 3.000,-- S (72 Stunden) verhängt worden.
Gegen dieses Straferkenntnis habe der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung erhoben, in der er ausgeführt habe, er habe nicht gewußt, daß er das 200 m lange Teilstück der österreichischen Autobahn von der Auffahrt bis zur Grenze nicht ohne Vignette habe benutzen dürfen. Er sei lediglich der Beschilderung nach Deutschland gefolgt. Darüber hinaus sei ihm von der Polizei nicht angeboten worden, eine entsprechende Wochenvignette, eine Tageszusatzvignette sowie eine Zweimonatsvignette und einen festzusetzenden Zuschlag zu bezahlen, womit er straflos geworden wäre. Er wäre nach wie vor bereit, diesen Geldbetrag zu bezahlen, keinesfalls aber die nunmehr verhängte Geldstrafe. Unbestritten sei, führte die belangte Behörde weiter aus, daß der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt als Lenker eines PKW"s (zulässiges Gesamtgewicht bis 3,5 t) die Rheintalautobahn A 14 befahren habe ohne die für die Fahrt auf der Autobahn zeitabhängige Maut durch Anbringen einer Mautvignette entrichtet zu haben. Unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 7 Abs. 1, 12 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3 BStFG 1996, führt die belangte Behörde weiter aus, daß sich jeder ausländische Fahrzeuglenker vor Antritt der Fahrt über die Rechtsvorschriften informieren müsse, welche für das Befahren von Straßen in dem betreffenden Land gelten. Auf die Unkenntnis der hier übertretenen Rechtsvorschriften könne sich daher ein Lenker nicht mit Erfolg berufen. Die Tat werde erst dann straflos, wenn der betreffende Fahrzeuglenker den im § 12 Abs. 3 BStFG 1996 vorgesehenen Betrag tatsächlich und zwar an Ort und Stelle bezahle. Wenn der betreffende Fahrzeuglenker - aus welchen Gründen immer - nicht in der Lage sei, den vom Gesetz vorgesehenen Betrag zu bezahlen, trete keine Straflosigkeit des Verhaltens ein. Der Fahrzeuglenker habe nach den Bestimmungen des BStFG 1996 auch keinen Rechtsanspruch darauf, daß ihm das amtshandelnde Organ die Bezahlung des sich aus § 12 Abs. 3 BStFG 1996 ergebenden Betrages anbiete.
Was die Strafhöhe betreffe, so habe die Behörde erster Instanz zutreffend darauf hingewiesen, daß es sich bei der über den Beschwerdeführer verhängten Geldstrafe um die gesetzliche Mindeststrafe handle. Diese könne nach § 20 VStG nur dann unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwögen oder der Beschwerdeführer Jugendlicher sei. Weder das eine noch das andere sei im Beschwerdefall gegeben. Als einziger Milderungsgrund sei im Beschwerdefall zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt verwaltungsstrafrechtlich unbescholten gewesen sei. Dies bedeute aber noch kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe i.S. der vorher genannten Bestimmung.
Gegen diesen Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sinngemäß die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 (BStFG 1996), BGBl. Nr. 201, anzuwenden, und zwar die §§ 7 und 12 in der Fassung BGBl. Nr. 656/1996.
§ 7 Abs. 1 leg. cit. bestimmt, daß, solange für Fahrzeuge, die von den im Abs. 2 genannten Kategorien umfaßt werden, keine fahrleistungsabhängige Maut für Bundesstraßen A (Bundesautobahnen) und Bundesstraßen S (Bundesschnellstraßen) eingehoben wird (Anmerkung: das trifft im Beschwerdefall zu), deren Benützung einer zeitabhängigen Maut unterliegt, die von der Bundesstraßengesellschaft ab 1. Jänner 1997 namens des Bundes einzuheben ist. Die Maut ist vor der mautpflichtigen Straßenbenützung durch Anbringung einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.
Abs. 4 dieser Bestimmung regelt die Preise von Wochenvignetten für verschiedene Kategorien von Fahrzeugen (darunter auch für mehrspurige Kraftfahrzeuge, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht bis einschließlich 3,5 t beträgt).
Nach § 12 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. begehen Lenker von Kraftfahrzeugen, die mit diesen mautpflichtige Bundesstraßen A (Bundesautobahnen) oder Bundesstraßen S (Bundesschnellstraßen) benützen, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von S 3.000,-- bis zu S 60.000,-- zu bestrafen.
Nach Abs. 2 dieser Bestimmung liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn die Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit von Gerichten fallenden strafbaren Handlung bildet.
Nach Abs. 3 wird die Tat straflos, wenn der Täter bei der Betretung, wenngleich auf Aufforderung, den Preis einer entsprechenden Wochenvignette, einer Tageszusatzvignette für Fahrzeugkombinationen gemäß § 7 Abs. 6 BStFG 1996, für einspurige Kraftfahrzeuge einer Zweimonatsvignette sowie einen in der Mautordnung festzusetzenden Zuschlag zahlt; hierüber ist dem Täter sofort eine Bescheinigung auszustellen.
Nach Abs. 6 sind die Bestimmungen der §§ 21 und 50 VStG auf Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 nicht anwendbar.
(Die weiteren Absätze des § 12 sind im Beschwerdefall nicht relevant.)
Sofern sich der Beschwerdeführer auf das Fehlen eines Hinweises auf die Mautpflicht bei der von ihm benützten Zufahrt beruft, ist er darauf hinzuweisen, daß nach der hg. Judikatur zu § 5 Abs. 2 VStG (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 26. Februar 1968, Slg. Nr. 7297/A, und vom 23. Oktober 1986, Zl. 86/02/0064) auch für den ausländischen Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten hat. Es bedurfte daher zur Kenntnis des Beschwerdeführers betreffend die Rechtsvorschrift in bezug auf die Mautpflicht auf österreichischen Autobahnen nicht ausdrücklicher Hinweistafeln darauf vor den Zufahrten auf Autobahnen, sofern eindeutig ausgewiesen ist, daß eine bestimmte Zufahrt auf eine Autobahn führt, da sich die Strafbarkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers aus § 1, § 7 Abs. 1 und Abs. 4 Z. 1 in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Z. 2 BStFG ergibt und daher § 6 BStFG nur deklarative Bedeutung hat.
Zutreffend haben die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erkannt, daß die Benützung des fraglichen Teilstückes der Rheintal Autobahn A 14 durch den Beschwerdeführer mit seinem Pkw einer zeitabhängigen Maut im Sinne des § 7 Abs. 1 BStFG 1996 unterlag (auf die Auflistung der Straßen in der Verordnung BGBl. Nr. 615/1996 kommt es in diesem Zusammenhang aber nicht an, sollten die Ausführungen der belangten Behörde in diesem Sinne zu verstehen sein, weil maßgeblich ist, daß keine fahrleistungsabhängige Maut eingehoben wird). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist darin kein Verstoß gegen Art. 8a des EU-Vertrages zu erblicken, zumal der Beschwerdeführer die Möglichkeit hatte, auf der Bundesstraße weiterzufahren und so die Grenze mautfrei zu erreichen.
Die Nichtentrichtung der vorgeschriebenen Maut (mangels Anbringung einer Mautvignette am Fahrzeug vor der mautpflichtigen Straßenbenützung) löste daher die Strafbarkeit gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 BStFG 1996 aus.
Sollte das Vorbringen des Beschwerdeführers dahin zu verstehen sein, daß er nicht vorsätzlich gehandelt habe, vermag ihm das nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten ausreicht. Sollte hingegen sein Vorbringen dahin zu verstehen sein, es wäre richtigerweise nach § 21 VStG vorzugehen gewesen (Absehen von der Strafe), ist dem entgegenzuhalten, daß diese Bestimmung gemäß § 12 Abs. 6 BStFG 1996 hier nicht anwendbar ist.
§ 12 Abs. 3 BStFG 1996 normiert einen Strafaufhebungsgrund:
Die Tat wird straflos, wenn der Täter bei der Betretung, wenngleich auf Aufforderung, die dort umschriebenen Beträge bezahlt (vgl. hingegen die Regelung der tätigen Reue nach § 167 des Strafgesetzbuches). Nach der klaren Anordnung des Gesetzes ist somit die erfolglose Aufforderung nicht Voraussetzung der Strafbarkeit; die Tat wird vielmehr auch dann nicht straflos, wenn die zuvor genannten Beträge nicht entrichtet werden, mag auch die Aufforderung aus welchen Gründen auch immer unterblieben sein. Zutreffend hat daher die belangte Behörde erkannt, daß im Beschwerdefall die strittige Frage, ob nun eine solche Aufforderung erfolgte oder nicht, nicht zu klären war; das Unterbleiben entsprechender Verfahrensschritte vermag daher keine Mangelhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens zu begründen.
Die Prüfung der Frage, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde (sollte das Vorbringen in diesem Sinn zu verstehen sein), fällt nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes (sondern gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG in jene des Verfassungsgerichtshofes).
Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen, soweit sie vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmen sind, nicht vorliegen, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren und ohne daß dem Beschwerdeführer weitere Kosten entstünden, gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997060232.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
19.08.2009