TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/11 W274 2212687-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.10.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

11.10.2019

Norm

AVG §38
AVG §8
BDG 1979 §48b
B-VG Art. 133 Abs4
DVG §3
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W274 2212687-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch Mag. LUGHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Mag. Helmut HOHL, Rechtsanwalt, Ungargasse 15/1/4, 1030 Wien, gegen den Bescheid des Personalamtes Wien der Österreichischen Post AG vom 25.06.2018, Zl. 0090-107101-2016, betreffend Anrechnung von Ruhepausen auf die Dienstzeit und Abgeltung von Mehrdienstleistungen, hier wegen Aussetzung gemäß § 38 AVG, zu Recht:

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben und der Behörde die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Mit an das Personalamt Wien der Österreichischen Post AG (im Folgenden: belangte Behörde) gerichtetem Schreiben vom 25.02.2013, beantragte der Beschwerdeführer (BF) die Erlassung eines Feststellungsbescheides, wonach die Gewährung der Ruhepause nach § 48b BDG 1979 auf die Dienstzeit anzurechnen sei.

Mit Schriftsatz vom 29.07.2013 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Erlassung eines Feststellungsbescheides nur zulässig sei, wenn sie im Gesetz ausdrücklich vorgesehen sei oder wenn eine gesetzliche Regelung zwar nicht bestehe, die Erlassung eines solchen Bescheides aber im öffentlichen Interesse liege oder wenn sie insofern im öffentlichen Interesse oder im Interesse einer Partei liege, als sie für die Partei notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung darstelle. Der BF werde binnen vierwöchiger Frist aufgefordert, seinen Antrag dahingehend zu präzisieren, für welche konkreten Zeiten er die Feststellung begehre.

Mit nunmehr anwaltlicher Stellungnahme vom 25.08.2013 führte der BF aus, er habe das Gleitzeitmodell (IST-Zeit) nicht angenommen und ihm sei von Seiten der Post AG ab 01.01.2013 die Dienstzeit von 06:30 Uhr bis 15:00 Uhr vorgeschrieben worden. Er präzisierte seinen Antrag dahingehend, die belangte Behörde wolle feststellen, dass seine dreißig-minütige Pause nicht zur Dienstzeit zähle. Die Wochendienstzeit betrage 40 Stunden, doch habe er seither wöchentlich 42,5 Stunden gearbeitet, weshalb er pro Woche 2,5 Stunden Mehrdienstleistungen nach § 49 Abs. 4 BDG 1979 erbringen habe müssen. Er habe somit seit dem 01.01.2013 täglich dreißig Minuten Leistungen erbracht, die bisher nicht abgegolten worden seien.

Er begehrte, dass ihm die halbstündige Ruhepause ab dem 01.01.2013 in der Dienstzeit gemäß § 48b BDG 1979 anzurechnen sei, weshalb er täglich seit dem 01.01.2013 von 14:30 Uhr bis 15:00 Uhr länger gearbeitet und sohin jedenfalls über 131 Tage Mehrdienstleistungen im Ausmaß von 30 Minuten verrichtet habe, die ihm abzugelten seien; in eventu die Feststellung, dass die Normaldienstzeit seit 01.01.2013 von 06:30 Uhr bis 14:30 Uhr ist/war und ihm Mehrdienstleistungen für 131 Tage im Ausmaß von täglich 30 Minuten abzugelten seien; in eventu ihm die bereits erbrachten Mehrdienstleistungen seit dem 01.01.2013 bis 23.08.2013 im Ausmaß von 65,5 Stunden beim nächsten Monatsbezug im Verhältnis 1:1,5 abzugelten seien, woraus sich ein Betrag von EUR 1.153,45 ergebe. Auch die zukünftigen Mehrdienstleistungen von täglich 30 Minuten seien abzugelten.

Mit Schriftsatz vom 19.12.2013 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass das Ermittlungsverfahren noch weiter andauere und gegebenenfalls seine Einvernahme erforderlich sei.

Mit Schriftsatz vom 18.04.2016 teilte die belangte Behörde dem BF mit, dass die bevorstehende Entscheidung nicht nur in die Rechtssphäre der Beamten und Beamtinnen, sondern auch in die der Österreichischen Post AG als juristische Person eingreife, diese jedoch mit dem Rechtsträger der Dienstbehörde nicht ident sei. Es liege auch ein subjektives Recht der Österreichischen Post AG auf Parteiengehör vor.

Mit Schriftsätzen vom 04.05.2016 und 29.11.2016 teilte die belangte Behörde dem BF mit, dass die dreißigminütige Ruhepause nicht zur bezahlten Dienstzeit zähle und daher außerhalb der tatsächlichen Tagesdienstzeit zu konsumieren sei. Es sei daher geplant den Antrag des Beschwerdeführers abzuweisen.

Daraufhin erstattete der BF mit Schriftsatz vom 15.12.2016 eine Stellungnahme, in der er auf die zu gleichgelagerten Fällen ergangene Judikatur des Bundesverwaltungsgerichtes verwies, wonach die belangte Behörde zu ermitteln habe, in welchem Ausmaß Mehrdienstleistungen vom Beschwerdeführer erbracht wurden. Mit ergänzendem Schriftsatz vom 23.05.2017 legte der Beschwerdeführer zwecks Berechnung der erbrachten Mehrdienstleistungen hierzu Kalenderausdrucke bzw. Gehaltsabrechnungen vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Personalamtes Wien der Österreichischen Post AG vom 25.06.2018 wurde das Verfahren gemäß § 38 AVG bis zum Vorliegen einer inhaltlichen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes in einem von der Österreichischen Post AG initiierten Verfahren zur Prüfung der Verfassungskonformität des § 48b BDG 1979 sowie des § 3 Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 (DVG) ausgesetzt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Österreichische Post AG in gleich gelagerten Fällen gegen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Beschwerden gemäß Art. 144 B-VG beim Verfassungsgerichthof mit der Begründung eingebracht habe, das Bundesverwaltungsgericht unterstelle dem § 48b BDG 1979 einen verfassungswidrigen Inhalt oder § 48b BDG 1979 sei verfassungswidrig bzw. dass dem Unternehmer Österreichische Post AG bei verfassungskonformer Interpretation des § 3 DVG eine Parteistellung einzuräumen sei. Da die zu § 48b BDG 1979 und § 3 DVG beim Verfassungsgerichtshof anhängigen präjudiziellen Fragen dort Haupteggenstand und im gegenständlichen Verfahren als Vorfragen zu klären seien, sei die Aussetzung des Ermittlungsverfahrens geboten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des BF wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Bescheid ersatzlos zu beheben.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Da sich im vorliegenden Fall der unstrittige Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine komplexe Rechtsfrage handelt, wurde von einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

Die Beschwerde ist berechtigt:

Gemäß § 38 AVG ist die Behörde berechtigt, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage auszusetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Die Bindungswirkung einer eine Vorfrage bildenden Entscheidung besteht nur insoweit, als inzwischen keine Änderung der maßgeblichen Sach- oder Rechtslage eingetreten ist. Ansonsten ist die Behörde der Verpflichtung zur Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und zur eigenständigen rechtlichen Beurteilung nicht enthoben (Hengstschläger/Leeb, AVG § 38 Rz 23).

Ein Bescheid, mit dem ein Verwaltungsverfahren gemäß § 38 AVG wegen einer Vorfrage ausgesetzt wird, entfaltet nur solange Rechtswirkungen, als das Verfahren, in dem über die Vorfrage abzusprechen ist, nicht rechtskräftig entschieden ist (VwGH 11.05.2009, 2008/18/0301).

Mit Beschluss vom 25.09.2018, E 1645/2018, hat der Verfassungsgerichtshof mittlerweile das Verfahren hinsichtlich der Parteistellung der Österreichischen Post AG abgeschlossen. Damit ist der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Aussetzungsgrund jedenfalls weggefallen und das Verfahren von der belangten Behörde fortzusetzen.

Da zum Entscheidungszeitpunkt jedenfalls kein Aussetzungsgrund vorliegt, war der angefochtene Bescheid daher in Erledigung der Beschwerde ersatzlos zu beheben und der Behörde die Fortsetzung des Verfahrens aufzutragen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Anrechnung Ruhepausen, Aussetzung, Dienstzeit, ersatzlose Behebung,
Feststellungsantrag, Mehrdienstleistung, Österreichische Post AG,
Parteistellung, Ruhepause, Verfahrensfortsetzung, VfGH, Vorfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W274.2212687.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten