TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/11 W274 2107171-2

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Veröffentlicht am 11.10.2019
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Entscheidungsdatum

11.10.2019

Norm

AVG §38
AVG §8
BDG 1979 §48b
B-VG Art. 133 Abs4
DVG §3
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W274 2107171-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch Mag. LUGHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Mag. Daniel KORNFEIND, Rechtsanwalt, Singerstraße 27/28, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Personalamtes Wien der Österreichischen Post AG vom 25.06.2018, Zl. 0090-107074-2016, betreffend Anrechnung von Ruhepausen auf die Dienstzeit und Abgeltung von Mehrdienstleistungen, hier wegen Aussetzung gemäß § 38 AVG, zu Recht:

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben und der Behörde die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Mit an das Personalamt Wien der Österreichischen Post AG (im Folgenden: belangte Behörde) gerichtetem Schreiben vom 14.01.2013 beantragte der Beschwerdeführer (BF) die Erlassung eines Feststellungsbescheides, wonach die zu gewährende Ruhepause nach § 48b BDG auf die Dienstzeit anzurechnen sei.

Mit Schriftsatz vom 29.07.2013 wurde der BF aufgefordert, zu präzisieren, für welche konkreten Zeiten die Feststellung begehrt werde, dass diese gemäß § 48b BDG 1979 zu gewährenden Ruhepausen auf die Dienstzeit anzurechnen seien.

Mit nunmehr anwaltlichem Schriftsatz vom 27.08.2013 führte der BF aus, er habe das Gleitzeitmodell (IST-Zeit) nicht angenommen und ihm sei von Seiten der Post AG ab 01.01.2013 die Dienstzeit von 06:00 Uhr bis 14:30 Uhr (statt bisher bis 14:00 Uhr) vorgeschrieben worden. Er präzisierte seinen Antrag dahingehend, die belangte Behörde wolle feststellen, dass seine dreißigminütige Pause nicht zur Dienstzeit zähle. Die Wochendienstzeit betrage 40 Stunden, doch habe er seither wöchentlich 42,5 Stunden gearbeitet, weshalb er pro Woche 2,5 Stunden Mehrdienstleistungen nach § 49 Abs. 4 BDG erbringen habe müssen. Er habe somit seit dem 01.01.2013 täglich dreißig Minuten Leistungen erbracht, die bisher nicht abgegolten worden seien. Er begehrte, dass ihm die halbstündige Ruhepause ab dem 01.01.2013 in der Dienstzeit gemäß § 48b BDG anzurechnen sei, weshalb er täglich seit dem 01.01.2013 von 14:00 Uhr bis 14:30 Uhr länger gearbeitet und sohin jedenfalls eine Mehrdienstleistung im Ausmaß von 30 Minuten verrichtet habe, die ihm abzugelten seien; in eventu die Feststellung, dass die Normaldienstzeit seit 01.01.2013 von 06:0 Uhr bis 14:30 Uhr betragen habe und er sohin 8,5 Stunden täglich Arbeitsleistungen verrichtet habe und die täglichen Mehrleistungen abzugelten seien; in eventu die seit 01.01.2013 bis zum heutigen Tage im Ausmaß von täglich 0,5 Stunden erbrachten Leistungen beim nächsten Monatsbezug im Verhältnis 1:1,5 abzugelten seien;.

Mit Schriftsatz vom 19.12.2013 teilte die belangte Behörde dem BF mit, dass das Ermittlungsverfahren noch weiter andauere und gegebenenfalls seine Einvernahme erforderlich sei.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.03.2015 wurde - in einem ersten Rechtsgang - festgestellt, dass die Dienstzeit des Beschwerdeführers seit 01.01.2013 montags bis freitags jeweils um 06:00 Uhr beginnt und um 14:30 Uhr endet und ihm die zu gewährenden Ruhepausen nicht auf die Dienstzeit anzurechnen seien (Spruchpunkt I.). Die Abgeltung von Mehrdienstleistungen seit 01.01.2013 sowie die sonstigen Eventualbegehren würden daher abgewiesen werden (Spruchpunkt II.).

Der Beschwerdeführer erhob dagegen fristgerecht Beschwerde.

Mit Beschluss des BVwG vom 28.09.2015, Zl. W106 2107171-1/2E, wurde dieser Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen.

Eine gegen diesen Beschluss erhobene außerordentliche Amtsrevision wurde mit Beschluss des VwGH vom 21.01.2016, Zl. Ra 2015/12/0051-1, zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 18.04.2016 teilte die belangte Behörde dem BF mit, dass die bevorstehende Entscheidung nicht nur in die Rechtssphäre der Beamten sondern auch in die der Österreichischen Post AG als juristische Person eingreife, diese jedoch mit dem Rechtsträger der Dienstbehörde nicht ident sei. Es liege ein subjektives Recht der Österreichischen Post AG auf Parteiengehör vor.

Mit Schriftsätzen vom 04.05.2016 und 29.11.2016 teilte die belangte Behörde dem BF mit, dass die dreißigminütige Ruhepause nicht zur bezahlten Dienstzeit zähle und daher außerhalb der tatsächlichen Tagesdienstzeit zu konsumieren sei. Es sei daher geplant, den Antrag des Beschwerdeführers abzuweisen.

Daraufhin erstattete der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 29.12.2016 eine Stellungnahme.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde das Verfahren gemäß § 38 AVG bis zum Vorliegen einer inhaltlichen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes in einem von der Österreichischen Post AG initiierten Verfahren zur Prüfung der Verfassungskonformität des § 48b BDG 1979 sowie des § 3 Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 (DVG) ausgesetzt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Österreichische Post AG in gleich gelagerten Fällen gegen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Beschwerden gemäß Art. 144 B-VG beim Verfassungsgerichthof mit der Begründung eingebracht habe, das Bundesverwaltungsgericht unterstelle dem § 48b BDG 1979 einen verfassungswidrigen Inhalt oder § 48b BDG 1979 sei verfassungswidrig bzw. dem Unternehmen Österreichische Post AG sei bei verfassungskonformer Interpretation des § 3 DVG Parteistellung einzuräumen. Da die zu § 48b BDG 1979 und § 3 DVG beim Verfassungsgerichtshof anhängigen präjudiziellen Fragen dort Haupteggenstand und im gegenständlichen Verfahren als Vorfragen zu klären seien, sei die Aussetzung des Ermittlungsverfahrens geboten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die hier zu behandelnde Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, den Bescheid zu beheben. § 48b BDG 1979 sei nicht verfassungswidrig. Es gebe keine Grundlage für die Aussetzung des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Da sich im vorliegenden Fall der unstrittige Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine komplexe Rechtsfrage handelt, wurde von einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

Die Beschwerde ist berechtigt:

Gemäß § 38 AVG ist die Behörde berechtigt, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage auszusetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Eine Bindungswirkung einer eine Vorfrage bildenden Entscheidung besteht nur insoweit, als inzwischen keine Änderung der maßgeblichen Sach- oder Rechtslage eingetreten ist. Ansonsten ist die Behörde der Verpflichtung zur Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und zur eigenständigen rechtlichen Beurteilung nicht enthoben (Hengstschläger/Leeb, AVG § 38 Rz 23).

Ein Bescheid, mit dem ein Verwaltungsverfahren gemäß § 38 AVG wegen einer Vorfrage ausgesetzt wird, entfaltet nur solange Rechtswirkungen, als das Verfahren, in dem über die Vorfrage abzusprechen ist, nicht rechtskräftig entschieden ist (VwGH 11.05.2009, 2008/18/0301).

Mit Beschluss vom 25.09.2018, E 1645/2018, hat der Verfassungsgerichtshof mittlerweile das Verfahren hinsichtlich der Parteistellung der Österreichischen Post AG entschieden. Damit ist der behauptete Aussetzungsgrund jedenfalls weggefallen und das Verfahren von der belangten Behörde fortzusetzen.

Da zum Entscheidungszeitpunkt jedenfalls kein Aussetzungsgrund vorliegt, war der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben und der Behörde aufzutragen, das Verfahren fortzusetzen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Anrechnung Ruhepausen, Aussetzung, Dienstzeit, ersatzlose Behebung,
Feststellungsantrag, Mehrdienstleistung, Österreichische Post AG,
Parteistellung, Ruhepause, Verfahrensfortsetzung, VfGH, Vorfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W274.2107171.2.00

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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