Entscheidungsdatum
14.10.2019Norm
B-KUVG §90Spruch
W257 2221776-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert MANTLER, MBA, über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch "GKP Gabl Kogler Leitner Stöglehner, Bodingbauer Rechtsanwälte OG", Museumstraße 31 a, 4020 Linz, gegen den Bescheid des Landespolizeidirektors für das Bundesland Salzburg vom 24.06.2019, Gz. PAD/18/02204817/PA, betreffend die Zuerkennung und Auszahlung von Heilungskosten, Schmerzengeld sowie für jenes Einkommen, das der Beamtin wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen nach §§ 23a, 23b Gehaltsgesetz, aufgrund eines Dienstfalles am XXXX zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
1. Verfahrensgang:
1.1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: "BF" genannt) stand zum Unfallszeitpunkt den XXXX als Beamtin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war dem Planstellenbereich der Landespolizeidirektion Salzburg zugeteilt. Ihre Dienststelle war die Polizeiinspektion XXXX .
1.2. Mit dem im Spruch erwähnten Bescheid wurde folgendes seitens der belangten Dienstbehörde festgestellt:
"Aufgrund Ihres Antrages vom XXXX auf bescheidmäßige Erledigung der Anträge vom 01.10.2018 ergeht folgender Spruch:
Gemäß § 23b Absatz 4 i.V.m. § 23a GehG 1956, BGBl. I Nr. 54 i.d.g.F. werden die Anträge vom 01.10.2018 auf Auszahlung von:
Schmerzengeld und
Schmerzengeld nach § 83 c GG 1956
entgangenen Nebengebühren
Fahrtkostenzuschuss und Behandlungsbeiträge
aufgrund eines Dienstunfalles vom XXXX abgewiesen."
Begründend führt die Behörde aus:
"Sachverhalt:
Sie haben sich am XXXX um 07:35 Uhr in 5600 XXXX auf dem Parkplatz der Polizeiinspektion an beiden Knien verletzt, als Sie laut Unfallmeldung aus Ihrem PKW einen Dienstbehelf holen wollten und dabei am Parkplatz zwischen den Fahrzeugen ausgerutscht und gestürzt sind. Sie befanden sich daraufhin von 03.02.2017 bis 31.08.2018 im Krankenstand und wurden mit Ablauf 31.08.2018 aufgrund dauernder Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt.
Am 01.10.2018 stellten Sie, diesen Dienstunfall betreffend per Mail folgende Anträge:
1.) Antrag auf Schmerzengeld aufgrund eines anerkannten Dienstunfalles nach dem WHG
2.) Antrag auf Geldaushilfe aus Bundesmitteln/ Ausgleichsmaßnahme für entgangenes Schmerzengeld gem. § 83c Gehaltsgesetz 1956 nach dem WHG
3.) Ansuchen um Berechnung und aliquote Auszahlung der entgangenen Nebengebühren nach dem WHG
4.) Antrag auf Fahrtkostenzuschuss und Behandlungsbeiträge aufgrund eines anerkannten Dienstunfalles nach dem WHG.
Seitens der Behörde wurde Ihnen zu
1.) und 2.) am 22.11.2018 schriftlich mitgeteilt, dass kein Anspruch auf Schmerzengeld besteht, da die Schadenszufügung ohne Fremdeinwirkung erfolgte und somit kein gegen eine andere Person gerichteter Schmerzengeldanspruch besteht.
3.) am 22.11.2018 die gewünschte Berechnung mit dem Hinweis auf noch fehlende Unterlagen übermittelt.
4.) am 03.12.2018 schriftlich mitgeteilt, dass eine Vergütung von Fahrtkosten nach dem WHG nicht vorgesehen ist und dass zwischen den auf der Unfallmeldung angegebenen Verletzungen an den Knien und den in den Beilagen zum 4.) Antrag angegebenen Beschwerden (Schmerzen im Bereich der Schulter) und den damit verbundenen zur Vergütung vorgelegten Therapien kein Zusammenhang ersichtlich ist. Des Weiteren wurde um Übermittlung diverser Unterlagen ersucht, aus denen hervorgeht, dass die Behandlungskosten und Therapien aufgrund der Verletzungen im Zuge des Dienstunfalles notwendig waren.
Die LPD Salzburg erhielt zu
3.) von den Rechtsanwälten GKP Gabl Kogler Leitner Stöglehner Bodingbauer OG eine
Eingabe vom 17.12.2018. Darin erklärten Sie sich mit der übermittelten Berechnung
einverstanden und machten einen Verdienstentgang von € 2.471,04 geltend.
4. von der unter Punkt 3.) angeführten Rechtsanwaltskanzlei eine Stellungnahme vom
17.12.2018 in der festgehalten wird, dass die Fahrtkosten wegen der notwendigen Behandlung angefallen sind und daher als Heilungskosten anzusehen sind. Des Weiteren wird mitgeteilt, dass sich die Schulterbeschwerden nach dem Vorfall vom XXXX verstärkt haben und ein kausaler Zusammenhang zu den Knieverletzungen besteht.
Ein diesbezügliches medizinisches Attest wurde jedoch nicht beigelegt.
Am 23.01.2019 wurden die Anträge dem BM.I zur Entscheidung vorgelegt.
Das Bundesministerium für Inneres hat mit Schreiben vom 31.01.2019, GZ: BMI-146414/0001-I/1/c/2019 zu Ihrem Dienstunfall bekannt gegeben, dass gemäß § 4 Absatz 1 WHG für die Gewährung von Leistungen unter anderem insbesondere Voraussetzung ist, dass der Beamte den Dienstunfall gemäß § 90 Abs.1 B-KUVG in unmittelbarer Ausübung seiner exekutivdienstlichen Pflichten erleidet.
Da bei Ihrem Dienstunfall diese Voraussetzung nicht gegeben war wurden Ihre vier Anträge abgelehnt und Sie von der LPD Salzburg mit Schreiben vom 02.02.2019 darüber informiert.
In der Stellungnahme Ihrer Rechtsanwälte vom 20.03.2019 wird ausgeführt, dass der Ablehnungsgrund durch die neue Rechtslage nicht mehr gegeben sei , da die Paragraphen 23a ff Gehaltsgesetz diese Einschränkung auf die unmittelbare Ausübung exekutivdienstlicher Pflichten nicht mehr beinhalten und es wird mit gleicher Stellungnahme ein neuerlicher Antrag auf Zuerkennung der geltend gemachten Ansprüche gemäß den §§ 23a ff Gehaltsgesetz gestellt.
Mit Schreiben vom 21.03.2019 wurde Ihnen über Ihre Anwaltskanzlei mitgeteilt, dass der Anlassfall vor dem 30.06.2018 lag und somit das WHG i.V.m. § 83c Gehaltsgesetz 1956 gültiges Recht ist (Artikel 30 der Dienstrechtsnovelle vom 14.08.2018 BGBl. Nr. 60 - Aufhebung WHG iVm § 83c Gehaltsgesetz).
Mit Stellungnahme vom 04.04.2019 wurde die Erlassung eines bekämpfbaren Bescheides hinsichtlich der nunmehr geltend gemachten Ansprüche gemäß den §§ 23a ff Gehaltsgesetz beantragt und auch auf die Mitteilung der LPD vom 06.04.2019 hin, dass noch das WHG zur Anwendung kommt und eine Bescheid mäßige Absprache daher nicht vorgesehen ist wurde Ihr Antrag vom 04.04.2019 mit einer neuerlichen Stellungnahme vom XXXX aufrecht erhalten bzw. die Zurückweisung dieses Antrages selbst gefordert.
Ihrem Antrag vom XXXX wurde nun entsprochen und es erfolgt somit die Bescheid mäßige Absprache Ihres Antrages nach den §§ 23a ff Gehaltsgesetz 1956, BGBl. I Nr. 54 i.d.g.F."
Nach Wiedergabe der einschlägigen Bestimmungen des Gehaltsgesetzes führt die belangte Behörde fort:
"In Ihrem Fall liegt laut Schreiben der BVA vom XXXX ein Dienstunfall vor. Sie sind bei diesem Dienstunfall laut Unfallbericht beim Holen eines nicht näher bezeichneten Dienstbehelfs aus ihrem am Parkplatz vor der Polizeiinspektion abgestellten Privatfahrzeug zu Sturz gekommen und haben sich an beiden Knien verletzt.
Da eine gerichtliche Entscheidung über Ihre Ansprüche nicht erfolgen kann hat die Behörde gemäß § 23b Absatz 4 Gehaltsgesetz den Bestand der Ansprüche überprüft und ist zu folgendem Schluss gekommen:
Die LPD Salzburg kann in der Tätigkeit bei der Sie den Dienstunfall erlitten keine unmittelbare Ausübung einer dienstlichen Pflicht erkennen zumal ein Gang zum Auto eine ganz normale alltägliche Tätigkeit darstellt die einerseits in keinster Weise eine dienstliche Pflicht im Zusammenhang mit Ihrer damaligen Tätigkeit als Beamtin des Exekutivdienstes beinhaltet und andererseits auch durch keine Handlung eines Dritten notwendig wurde.
Wie auch den Erläuterungen zur Gesetzesänderung zu entnehmen ist, ist der mit der Eingliederung des WHG in das Gehaltsgesetz erfolgte Wegfall des Begriffes der "unmittelbaren Ausübung der exekutivdienstlichen Pflichten" bzw. die Abänderung in die Formulierung "in unmittelbarer Ausübung ihrer oder seiner dienstlichen Pflichten" als Voraussetzung für die Hilfeleistung aus der Notwendigkeit entstanden, die Hilfeleistung des Bundes für alle Bundesbediensteten (Beamtinnen und Beamte sowie Vertragsbedienstete) gleichermaßen erbringen zu können, da auch auf nicht exekutive Bedienstete vermehrt tätliche Übergriffe festgestellt wurden.
Die Änderung der gesetzlichen Grundlage ist laut Rechtsansicht der LPD Salzburg keinesfalls so auszulegen, dass nunmehr alle Unfälle, die sich bei normalen alltäglichen Tätigkeiten während der Dienstzeit ereignen die Voraussetzung für einen Vorschuss zur besonderen Hilfeleistung nach den § 23 a ff GG erfüllen."
1.3. Mit Eingabe vom 19.07.2019 wurde seitens der rechtsfreundlich vertretenen BF eine Beschwerde eingebracht.
Daraus ist zu entnehmen:
"Die belangte Behörde hat nun offenbar anerkannt, dass mangels Übergangsbestimmungen auf den Antrag der BF die seit 1. Juli 2018 in Kraft stehenden Bestimmungen der §§ 23a Gehaltsgesetz anzuwenden sind.
Auch wenn in den Materialien zur Aufhebung des Wachebediensteten - Hilfeleistungsgesetz (WHG) davon die Rede ist, dass bei Anlassfällen bis zum Ablauf des 30.06.2018 noch das WHG zur Anwendung gelange, wurde eine derartige Übergangsbestimmung bei der Erlassung der §§ 23a FF Gehaltsgesetz nicht umgesetzt. Vielmehr ist in § 175 Abs. 93 Z 5 GehG ausdrücklich normiert, dass die §§ 23a ff Gehaltsgesetz am 1 Juli 2018 in Kraft treten.
Nun lehnt die belangte Behörde jedoch meine Ansprüche mit dem Argument ab, dass der Dienstunfall beim Holen eines nicht näher bezeichneten Dienstbehelfs aus meinem am Parkplatz vor der PI abgestellten Privatfahrzeuges passiert sei und in dieser Tätigkeit keine unmittelbare Ausübung meiner dienstlichen Pflichten erblickt werden könne.
Die belangte Behörde räumt ein, dass Voraussetzung für die Zuerkennung von Ansprüchen nach dem §§ 23a GehG 1956 nicht mehr ist, dass es um einen Dienstunfall geht, der in unmittelbarer Ausübung exekutivdienstlicher Pflichten erlitten wurde. Das Gesetz verlangt nunmehr die unmittelbare Ausübung dienstlicher Pflichten.
Warum die Beischaffung eines Dienstbehelfs aus dem Privatfahrzeug keine unmittelbare Ausübung dienstlicher Pflichten sein sollte, begründet die belangte Behörde nicht näher. Die entsprechenden Bestimmungen des GehG schränken Ansprüche auf besondere Hilfeleistungen durch den Bund nicht darauf ein, dass es zu einem tätlichen Übergriff auf den Bundesbediensteten gekommen sein müsste. Es kann dem §§ 23a Z 1 lit. b GehG 1956 auch nicht entnommen werden, dass der Beamte bei seiner Verletzung gerade im Begriff sein müsse, eine Amtshandlung auszuführen, um einen derartigen Anspruch auf vorläufige Übernahme von Ansprüchen durch den Bund zu erlangen. Voraussetzung ist lediglich die unmittelbare Ausübung dienstlicher Pflichten des Beamten. Gesichert scheint also, dass ein Beamter, der einen Unfall während des Gangs zur Mahlzeit erleidet, wohl nicht von dieser Bestimmung geschützt wäre. Es kann nun wohl keinen Unterschied machen, ob ein Beamter einen durch mangelhafte Räumung und Streuung bedingten Sturz auf einer eisglatten Fläche beim Holen eines Dienstbehelfs, den er zur Ausübung seiner dienstlichen Pflichten benötigt, erleidet oder ob dieser Sturz auf dem Weg zum Einsteigen in das Dienstfahrzeug wegen Abfahrt zum Streifendienst passiert. Beide Gänge sind dienstlich bedingt und erfüllen daher auch die Voraussetzungen der unmittelbaren Ausübung dienstlicher Pflichten. Wird ein Dienstbehelft aus einem PKW geholt, dann kann davon ausgegangen werden, dass dieser Dienstbehelf eben auch dienstlich benötigt wird. Somit muss aber sehr wohl von einer unmittelbaren Ausübung dienstlicher Pflichten des Beamten ausgegangen werden, wenn sich dieser einen Dienstbehelft holt.
Es möge daher im Zuge des Beschwerdeverfahrens die Höhe des mit zustehenden Schmerzensgeldes durch Einholung eines entsprechenden med.-SV-Gutachtens festgestellt werden. Präzisierend ist festzuhalten, dass Schmerzensgeld nicht nach § 83c GehG 1956 beantragt wird, zumal diese Bestimmung ja auch gar nicht mehr in Kraft ist. Hinsichtlich der entgangenen Nebengebühren zeigt sich die BF mit dem von der Dienstbehörde ermittelten Betrag von Euro 2.471,04 als Verdienstentgang einverstanden. Fahrtkosten als Heilungskosten sind insgesamt 2.201 km gem. der Eingabe der BF vom 1.10.2018 anerlaufen. Bei Ansatz des amtlichen Kilometergeldes ergibt sich hier daher ein Ersatzbetrag von Euro 924,42. Jene Behandlungsbeiträge und Therapiekosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, hat die BF exakt bezeichnet.
Es werden daher gestellt an das Bundesverwaltungsgericht als Beschwerdegericht nachstehende
Anträge
-
Es wolle der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert werden, dass meinem Antrag auf Zuerkennung von besonderen Hilfeleistung durch die vorläufige Übernahme von Ansprüchen auf Schmerzensgeld, Verdienstentgang und Heilungskosten stattgegeben wird und zwar nach Durchführung eines entsprechenden Verfahrens zur Ermittlung der Höhe des mir zustehenden Schmerzensgeldes durch Einholung eines med.-SV-Gutachtens.
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In eventu wolle der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Erledigung und Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen werden.
-
Jedenfalls aber möge eine mündliche Verhandlung anberaumt werden."
1.4. Der Verwaltungsakt langte am 09.08.2018 beim Verwaltungsgericht ein und wurde entsprechend der Geschäftsverteilung der Gerichtsabteilung W257 zugewiesen.
1.5. Zusammengefasst können die Standpunkte zusammengefasst werden wie folgt:
Die BF bringt vor am XXXX beim Holen eines Dienstbehelfes auf einer Verkehrsfläche gestützt zu sein. Sie machte daher verschiedene Ansprüche gegen den Dienstgeber geltend, weil sie meint, dass dies in Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit stehe. Der spricht sich dagegen aus und steht auf den Standpunkt, das zwischen dem Unfall und der dienstlichen Tätigkeit keine dienstliche Pflicht zu sehen sei.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
2. Feststellungen:
1.6. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht fest. Die Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben und ist zulässig.
1.7. Die BF stand zum Unfallszeitpunkt in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Am XXXX , gegen 07.35 Uhr, während der Dienstzeit, holte sich die BF von ihrem Privat-Kfz, welches am Parkplatz der PI XXXX abgestellt war einen Dienstbehelf und rutschte zwischen den dort abgestellten Fahrzeugen aus und stürzte dabei. Sie verletzte sich dabei an beiden Kniegelenken und befand sich daraufhin 576 Tage im Krankenstand und führte Therapien zur Wiedererlangung der Gesundheit durch. Sie wurde am XXXX aufgrund dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.
1.8. Es lag kein Fremdverschulden vor.
1.9. Die BF hat sich nicht in einem Strafverfahren gegen den Täter mit Ihren Ansprüchen als Privatbeteiligte angeschlossen. Auch wurden Ihr solche Ersatzansprüche im Zivilrechtsweg auch nicht rechtskräftig zugesprochen.
3. Beweiswürdigung
1.10. Hinsichtlich Feststellungspunkt 0 und 0: Diese Feststellungen konnten Aufgrund der Aktenlage getroffen werden und sind zwischen den Parteien unstrittig.
1.11. Hinsichtlich Feststellungspunkt 0: Oftmals ist aus dem Verwaltungsakt zu entnehmen, dass kein Fremdverschulden vorlag. Die Frage, ob eine Fremdverschulden, etwa aus der Wegehaltehaftung vorlag ist nicht verfahrensgegenständlich. Dazu sind die ordentlichen Gerichte berufen. Somit kann aus der Aussage der BF in der Beschwerde "mangelhafte Räumung und Streuung" kein rechtlicher Schluss gezogen werden, zumal diese Annahme durch keinen Beweis gestützt wird.
1.12. Hinsichtlich Feststellungspunkt 0: Dies ergibt sich aus der Aktenlage des Behörde und der Stellungnahmen bzw der Beschwerde.
4. Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Der in der Angelegenheit maßgebliche Sachverhalt steht nach den Verhandlungen fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.
zu A) inhaltliche Entscheidung
1.13. Gemäß Art. 30 der Dienstrechts-Novelle 2018, BGBl. I Nr. 60/2018 wird "das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz -WHG, BGBl. Nr. 177/1992, zuletzt geändert durch das 2. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl. I Nr. I Nr. 35/2012, und die Bundesministeriengesetz-Novelle 2017, BGBl. I Nr. 164/2017", mit Ablauf des 30. Juni 2018 aufgehoben.
1.14. §§ 23a und 23b Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54/1956, in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2019 lauten:
"Besondere Hilfeleistungen
§ 23a. Der Bund hat als besondere Hilfeleistung die vorläufige Übernahme von Ansprüchen zu erbringen, wenn
1. eine Beamtin oder ein Beamter
a) einen Dienstunfall gemäß § 90 Abs. 1 des Beamten-Kranken-und Unfallversicherungsgesetzes - B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967, oder
b) einen Arbeitsunfall gemäß § 175 Abs. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955,
in unmittelbarer Ausübung ihrer oder seiner dienstlichen Pflichten erleidet, und
2. dieser Dienst- oder Arbeitsunfall eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung zur Folge hatte und
3. der Beamtin oder dem Beamten dadurch Heilungskosten erwachsen oder ihre oder seine Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch mindestens zehn Kalendertage gemindert ist.
Vorschuss zur besonderen Hilfeleistung
§ 23b. (1) Der Bund leistet als besondere Hilfeleistung einen Vorschuss (vorläufige Übernahme von Ansprüchen), wenn
1. sich die Beamtin oder der Beamte im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des § 23a Abs. 1 an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten oder der Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird, oder
2. solche Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen werden.
(2) Ein Vorschuss nach Abs. 1 Z 1 und Z 2 ist höchstens bis zum 27-fachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 für Heilungskosten, Schmerzengeld sowie für jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu leisten.
(3) Das Schmerzengeld und das Einkommen gemäß Abs. 2 umfassen auch die jeweils bis zur rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche anfallenden Zinsen.
(4) Ist eine gerichtliche Entscheidung über die Ansprüche gemäß Abs. 2 unzulässig, kann diese nicht erfolgen oder ist diese ohne Prüfung des Bestandes der Ansprüche erfolgt, hat die Dienstbehörde nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche die Heilungskosten sowie jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu ersetzen. Die Zahlung von Schmerzengeld ist nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche höchstens bis zum fünffachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 möglich. Die Gesamtkosten dürfen jedoch jene gemäß Abs. 2 nicht überschreiten.
(5) Die vorläufige Leistungspflicht des Bundes besteht nur insoweit, als die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, BGBl. Nr. 288/1972, gedeckt sind.
(6) Die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten gegen die Täterin oder den Täter gehen, soweit sie vom Bund bezahlt werden, durch Legalzession auf den Bund über."
1.15. Wenn das Verwaltungsgericht in der Sache selbst entscheidet, hat es seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten; allfällige Änderungen des maßgeblichen Sachverhalts und der Rechtslage sind also zu berücksichtigen (siehe VwGH vom 30.03.2017, Ro 2015/03/0036).
Mit der Dienstrechtsnovelle 2018, BGBl. I Nr. 60/2018 erfolgte eine Gleichstellung der übrigen Bundesbediensteten mit Wachebediensteten bei schweren Dienstunfällen. Im Zuge dessen erfolgte die Eingliederung der Kernbestimmungen des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes - WHG, BGBl. Nr. 177/1992, in die §§ 23a ff GehG und wurde ebenso der bisherige § 83c GehG in diese Bestimmungen eingearbeitet. Auch wenn in den erläuternden Bestimmungen (196 dB, XXVI. GP, S.27) ausgeführt wird, dass bei Anlassfällen bis zum Ablauf des 30. Juni 2018 noch das WHG zur Anwendung kommt, lässt sich dies aus den gesetzlichen Bestimmungen nicht entnehmen. Ebenso wenig handelt es sich gegenständlich um einen zeitraumbezogenen Abspruch. Demnach ist die zum Zeitpunkt dieser Entscheidung maßgebliche Rechtslage zu berücksichtigen.
1.16. Die BF hat sich gegenständlich im Rahmen des Dienstes iSd § 90 B-KUVG verletzt und war dadurch 576 Tage an der Ausübung ihres Dienstes verhindert. Es ist daher zu prüfen ob der Bund im Sinne des § 23a (f) GehG als besondere Hilfeleistung die vorläufige Übernahme von Ansprüchen zu erbringen hat.
Gemäß § 23b GehG leistet der Bund als besondere Hilfeleistung einen Vorschuss (vorläufige Übernahme von Ansprüchen), wenn
1. sich die Beamtin oder der Beamte im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des § 23a Abs. 1 an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten oder der Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird, oder
2. solche Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen werden.
Beides liegt unstrittig gegenständlich nicht vor (sh dazu auch Punkt 0).
Mangels eines Anspruches der BF auf Verdienstentgang und Heilungskosten war die Beschwerde daher abzuweisen.
1.17. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Die Lösung des Falles hängt ausschließlich von Rechtsfragen ab. Der zugrundeliegende Sachverhalt ist nicht strittig. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389, entgegen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
besondere Hilfeleistung, Dienstunfall, Dienstverhinderung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W257.2221776.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.07.2020