Entscheidungsdatum
16.01.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I421 2155919-1/20E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX), geb. XXXX, StA. IRAK, vertreten durch: VMÖ gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Burgenland (BAE) vom 25.04.2017, Zl. 1103406602-160129755, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.09.2019 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 26.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom selben Tag, begründete er diesen damit, dass nach Sadams Sturz die Christen unter Druck gewesen seien. Sie seien verfolgt, unterdrückt und getötet worden. Von der Arbeit seien sie sehr eingeschränkt gewesen, als Christ sei man im ganzen Land ein "Ungläubiger". Entweder er konvertiere zum Islam oder er müsse Steuern für seine Religion bezahlen. Oder aber er könne auch sterben. Er wolle Christ bleiben, deshalb habe er seine Heimat verlassen. Er habe auch sein Hab und Gut verloren, man habe sie enteignet.
2. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 28.03.2017 gab der Beschwerdeführer befragt nach seinen Fluchtgründen an, dass Christen ab dem Jahr 2003 verfolgt und benachteiligt worden seien. Angehörige des IS seien in Qarah Qush und Mossul eingefallen. Er sei von IS-Angehörigen bedroht worden (Er müsse die Religion wechseln oder Steuern bezahlen. Er werde auch getötet.). Jene Leute die sich dem IS in der Region um Qarah Qush angeschlossen hätten, seien auch seine Kunden gewesen. Auf die Frage warum er Erbil verlassen musste, antwortete der Beschwerdeführer, dass er dort mit drei Familien in einem Zimmer gelebt habe. Die Kurden hätten die Araber schlechter behandelt. Er sei von den Kurden bedroht worden. Im August 2014 sei der deutsche Außenminister Frank Walter Steinmeier in Erbil gewesen. Er habe ein Interview gegeben. Es sei über das Zusammenleben der Christen und der Moslems gegangen. Er habe angegeben, dass die Moslems sie zum Schluss im Stich gelassen hätten. In Qarah Qush habe es einige wenige Kontakte mit IS-Leuten gegeben. Er sei aufgefordert worden islamische Steuern zu bezahlen. Die IS-Leute seien bei ihm im Geschäft gewesen. Es habe dann noch einen zweiten Vorfall in Qarah Qush gegeben. IS-Leute seien zu ihm nach Hause gekommen. Es habe auch einen Vorfall mit einem Nachbarn gegeben. Er habe sich auch der IS angeschlossen. Eines Tages habe er ihn mit dem Messer bedroht. Aus Angst habe er sich mit seinen Angehörigen nach Erbil begeben. Während seines Aufenthaltes in Erbil sei er mehrfach angerufen worden. Er sei telefonisch bedroht worden. Er habe viele Drohanrufe erhalten, er glaube dass er fünfmal angerufen worden sei. Es seien ehemalige Kunden von ihm gewesen. Auf die Frage, warum er Erbil erst nach über einem Jahr Aufenthalt verlassen habe antwortete der Beschwerdeführer, dass er oft in den Medien gewesen sei. Verschiedene TV-Stationen hätten Interviews mit ihm gemacht. In Erbil habe er kein Haus und keine Arbeit gehabt. Dort seien sie als Araber und nicht als Christen behandelt worden. Außerdem seien sie nicht als Kurden, sondern als Feinde behandelt worden. In Erbil habe es keine Zukunft für ihn gegeben. Man spreche dort Kurdisch und er spreche Arabisch.
3. Mit Bescheid vom 25.04.2017, Zl. 1103406602-160129755, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt III.). Zuletzt wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).
4. Die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde vom 02.05.2017 begründete der Beschwerdeführer im Wesentlichen mit Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
5. Am 13.09.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertreterin sowie eines Dolmetschers für die arabische Sprache eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Irak. Er ist volljährig, gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zum assyrisch-christlichen Glauben. Er ist ledig und kinderlos. Seine Muttersprache ist arabisch. Seine Identität steht fest.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, stellte am 26.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz und hält sich (spätestens) seit diesem Zeitpunkt in Österreich auf.
Im Irak verfügt der Beschwerdeführer über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner dort lebenden Brüder. Der Kontakt zu seiner Familie im Irak ist nach wie vor aufrecht. Der Beschwerdeführer weist eine mehrjährige Schul- und Universitätsbildung auf und betrieb zuletzt selbständig ein Sportgeschäft und eine Landwirtschaft. Im Falle seiner Rückkehr ist der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers gesichert.
In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer spricht Deutsch auf B1 Niveau und leistet regelmäßige soziale Arbeit. Er verfügt über eine Einstellungszusage. Darüber hinaus weist er jedoch keine tiefgreifende Integration in sprachlicher, sozialer und kultureller Hinsicht auf. Er bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Es kann im gegenständlichen nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Irak aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wird.
Der Beschwerdeführer wird daher im Fall ihrer Rückkehr in den Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.
1.3. Zu den Feststellungen zur Lage im Irak:
2.1. Sicherheitslage
Im Dezember 2017 erklärte die irakische Regierung den militärischen Sieg über den Islamischen Staat (IS). Die Sicherheitslage hat sich, seitdem die territoriale Kontrolle des IS gebrochen wurde, verbessert (CRS 4.10.2018; vgl. MIGRI 6.2.2018). IS-Kämpfer sind jedoch weiterhin in manchen Gebieten aktiv, die Sicherheitslage ist veränderlich (CRS 4.10.2018).
Derzeit ist es staatlichen Stellen nicht möglich, das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Insbesondere schiitische Milizen, aber auch sunnitische Stammesmilizen handeln eigenmächtig. Die im Kampf gegen den IS mobilisierten, zum Teil vom Iran unterstützten Milizen sind nur eingeschränkt durch die Regierung kontrollierbar und stellen eine potenziell erhebliche Bedrohung für die Bevölkerung dar. Durch die teilweise Einbindung der Milizen in staatliche Strukturen (zumindest formaler Oberbefehl des Ministerpräsidenten, Besoldung aus dem Staatshaushalt) verschwimmt die Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht - staatlichen Akteuren (AA 12.2.2018).
2.1.1. Sicherheitslage im Nordirak
In den Provinzen Ninewa und Salah al-Din muss weiterhin mit schweren Anschlägen und offenen bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen dem IS und irakischen Sicherheitskräften gerechnet werden. Diese Gefährdungslage gilt ebenfalls für die Provinz Anbar und die Provinz Ta'mim (Kirkuk), sowie auch für die Provinz Diyala. Hinzu kommen aktuelle Spannungen zwischen irakischen Streitkräften und kurdischen Peshmerga (AA 1.11.2018).
Mit dem Zuwachs und Gewinn an Stärke von lokalen und sub-staatlichen Kräften, haben diese auch zunehmend Verantwortung für die Sicherheit, politische Steuerung und kritische
Dienstleistungen übernommen. Infolgedessen ist der Nord- und Zentralirak, obgleich nicht mehr unter der Kontrolle des IS, auch nicht unter fester staatlicher Kontrolle. Die Fragmentierung der Macht und die große Anzahl an mobilisierten Kräften mit widersprüchlichen Loyalitäten und Programmen stellt eine erhebliche Herausforderung für die allgemeine Stabilität dar (GPPI 3.2018).
Quellen:
-AA - Auswärtiges Amt (1.11.2018): Irak: Reisewarnung, https://www.auswaertiges-amt.de/de/iraksicherheit/202738, Zugriff 1.11.2018
-GPPI - Global Public Policy Institute (3.2018): Iraq after ISIL:
Sub-State Actors, Local Forces, and the Micro-Politics of Control, http://www.gppi.net/fileadmin/user_upload/media/pub/2018/Gaston_Derzsi-Horvath_Iraq_After_ISIL.pdf, Zugriff 5.11.2018
2.1.2. Sicherheitslage Bagdad
Die Provinz Bagdad ist die kleinste und am dichtesten bevölkerte Provinz des Irak, mit einer Bevölkerung von mehr als sieben Millionen Menschen. Die Mehrheit der Einwohner Bagdads sind Schiiten. In der Vergangenheit umfasste die Hauptstadt viele gemischte schiitische, sunnitische und christliche Viertel, der Bürgerkrieg von 2006-2007 veränderte jedoch die demografische Verteilung in der Stadt und führte zu einer Verringerung der sozialen Durchmischung sowie zum Entstehen von zunehmend homogenen Vierteln. Viele Sunniten flohen aus der Stadt, um der Bedrohung durch schiitische Milizen zu entkommen. Die Sicherheit der Provinz wird sowohl vom "Baghdad Operations Command" kontrolliert, der seine Mitglieder aus der Armee, der Polizei und dem Geheimdienst zieht, als auch von den schiitischen Milizen, die als stärker werdend beschrieben werden (OFPRA 10.11.2017).
Im Jahr 2016 verzeichnete die Provinz Bagdad noch immer die höchste Zahl an Opfern im gesamten Land. Die Sicherheitslage verbesserte sich jedoch in Bagdad als die Schlacht um Mosul begann. Während Joel Wing im Januar 2016 in Bagdad noch durchschnittlich 11,6 Angriffe pro Tag verzeichnete, sank diese Zahl zwischen April und September 2017 auf durchschnittlich 3 Angriffe pro Tag (OFPRA 10.11.2017; vgl. Joel Wing 8.7.2017, Joel Wing 4.10.2017). Seit 2016 ist das Ausmaß der Gewalt in Bagdad allmählich zurückgegangen. Es gab einen Rückgang an IS-Aktivität, nach den Vorstößen der irakischen Truppen im Nordirak, obwohl der IS weiterhin regelmäßig Angriffe gegen militärische und zivile Ziele durchführt, insbesondere, aber nicht ausschließlich, in schiitischen Stadtvierteln. Darüber hinaus sind sunnitische Bewohner der Gefahr von Übergriffen durch schiitische Milizen ausgesetzt, einschließlich Entführungen und außergerichtlichen Hinrichtungen (OFPRA 10.11.2017).
Terroristische und politisch motivierte Gewalt setzte sich das ganze Jahr 2017 über fort. Bagdad war besonders betroffen. UNAMI berichtete, dass es von Januar bis Oktober 2017 in Bagdad fast täglich zu Angriffen mit improvisierten Sprengkörpern kam. Laut UNAMI zielten einige Angriffe auf Regierungsgebäude oder Checkpoints ab, die von Sicherheitskräften besetzt waren, während viele andere Angriffe auf Zivilisten gerichtet waren. Der IS führte Angriffe gegen die Zivilbevölkerung durch, einschließlich Autobomben- und Selbstmordattentate (USDOS 20.4.2018).
Laut Joel Wing kam es im Januar 2018 noch zu durchschnittlich 3,3 sicherheitsrelevanten Vorfällen in Bagdad pro Tag, eine Zahl die bis Juni 2018 auf durchschnittlich 1,1 Vorfälle pro Tag sank (Joel Wing 3.7.2018). Seit Juni 2018 ist die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle in Bagdad langsam wieder auf 1,5 Vorfälle pro Tag im Juli, 1,8 Vorfälle pro Tag im August und 2,1 Vorfälle pro Tag im September gestiegen. Diese Angriffe bleiben Routine, wie Schießereien und improvisierte Sprengkörper und konzentrieren sich hauptsächlich auf die äußeren südlichen und nördlichen Gebiete der Provinz (Joel Wing 6.10.2018).
Insgesamt kam es im September 2018 in der Provinz Bagdad zu 65 sicherheitsrelevanten Vorfällen. Damit verzeichnete Bagdad die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen im ganzen Land (Joel Wing 6.10.2018). Auch in der ersten und dritten Oktoberwoche 2018 führte Bagdad das Land in Bezug auf die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle an. Wenn man jedoch die Größe der Stadt bedenkt, sind Angriffe immer noch selten (Joel Wing 9.10.2018 und Joel Wing 30.10.2018).
In Bezug auf die Opferzahlen war Bagdad von Januar bis März 2018, im Mai 2018, sowie von Juli bis September 2018 die am schwersten betroffene Provinz im Land (UNAMI 1.2.2018; UNAMI 2.3.2018; UNAMI 4.4.2018; UNAMI 31.5.2018; UNAMI 1.8.2018; UNAMI 3.9.2018; UNAMI 1.10.2018). Im September 2018 verzeichnete UNAMI beispielsweise 101 zivile Opfer in Bagdad (31 Tote, 70 Verletzte) (UNAMI 1.10.2018).
Quellen:
-
Joel Wing - Musings on Iraq (8.7.2017): 3,230 Dead, 1,128 Wounded
In Iraq June 2017,
https://musingsoniraq.blogspot.com/2017/07/3230-dead-1128-wounded-in-iraq-june-2017.html, Zugriff 1.11.2018
-
Joel Wing - Musings on Iraq (4.10.2017): 728 Dead And 549 Wounded
In September 2017 In Iraq,
https://musingsoniraq.blogspot.com/2017/10/728-dead-and-549-wounded-in-september.html , Zugriff 1.11.2018
-
Joel Wing - Musings on Iraq (6.10.2018): Islamic State Returns To Baghdad While Overall Security In Iraq Remains Steady, https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/10/islamic-state-returns-to-baghdad-while.html, Zugriff 30.10.2018
-
Joel Wing - Musings on Iraq (9.10.2018): Security In Iraq Oct 1-7, 2018,
https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/10/security-in-iraq-oct-1-7-2018.html, Zugriff 1.11.2018
-
Joel Wing - Musings on Iraq (30.10.2018): Security In Iraq Oct 22-28, 2018,
https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/10/security-in-iraq-oct-22-28-2018.html, Zugriff 1.11.2018
-
OFPRA - Office Français de Protection des Réfugiés et Apatrides (10.11.2017): The Security situation in Baghdad Governorate, https://www.ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/39_irq_security_situation_in_baghdad.pdf, Zugriff 31.10.2018UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (1.2.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of January 2018,
http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=8500:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-january-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 1.11.2018
-
UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (2.3.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of February 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=8643:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-february-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 1.11.2018
-
UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (4.4.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of March 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=8801:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-march-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 1.11.2018
-
UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (31.5.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of May 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=9155:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-may-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 1.11.2018
-
UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (1.8.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of July 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=9402:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-july-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 1.11.2018
-
UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (3.9.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of August 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=9542:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-august-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 1.11.2018
-
UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (1.10.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of September 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=9687:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-september-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 31.10.2018
-
USDOS - United States Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html, Zugriff 31.10.2018
2.2. Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF)
Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF, Iraqi Security Forces) bestehen aus Sicherheitskräften, die vom Innenministerium verwaltet werden, Sicherheitskräften, die vom Verteidigungsministerien verwaltet werden, den Volksmobilisierungseinheiten (PMF, Popular Mobilization Forces), und dem Counter-Terrorism Service (CTS). Das Innenministerium ist für die innerstaatliche Strafverfolgung und die Aufrechterhaltung der Ordnung zuständig; es beaufsichtigt die Bundespolizei, die Provinzpolizei, den Dienst für den Objektschutz, den Zivilschutz und das Ministerium für den Grenzschutz. Die Energiepolizei, die dem Ölministerium unterstellt ist, ist für den Schutz von kritischer Infrastruktur in diesem Bereich verantwortlich. Konventionelle Streitkräfte, die dem Verteidigungsministerium unterstehen, sind für die Verteidigung des Landes zuständig, führen aber in Zusammenarbeit mit Einheiten des Innenministeriums auch Einsätze zur Terrorismusbekämpfung sowie interne Sicherheitseinsätze durch. Der Counter-Terrorism Service (CTS) ist direkt dem Premierminister unterstellt und überwacht das Counter-Terrorism Command (CTC), eine Organisation, zu der drei Brigaden von Spezialeinsatzkräften gehören (USDOS 20.4.2018).
Die irakischen Streit- und Sicherheitskräfte dürften mittlerweile wieder ca. 100.000 Armee-Angehörige (ohne PMF und Peshmerga) und über 100.000 Polizisten umfassen. Sie sind noch nicht befähigt, landesweit den Schutz der Bürger zu gewährleisten. Die Anwendung bestehender Gesetze ist nicht gesichert. Personelle Unterbesetzung, mangelnde Ausbildung, mangelndes rechtsstaatliches Bewusstsein vor dem Hintergrund einer über Jahrzehnte gewachsenen Tradition von Unrecht und Korruption auf allen Ebenen sind hierfür die Hauptursachen. Ohnehin gibt es kein Polizeigesetz, die individuellen Befugnisse einzelner Polizisten sind sehr weitgehend. Ansätze zur Abhilfe und zur Professionalisierung entstehen durch internationale Unterstützung: Die Sicherheitssektorreform wird aktiv und umfassend von der internationalen Gemeinschaft unterstützt (AA 12.2.2018).
Straffreiheit ist ein Problem. Es gibt Berichte über Folter und Misshandlungen im ganzen Land in Einrichtungen des Innen- und Verteidigungsministeriums. Nach Angaben internationaler Menschenrechtsorganisationen findet Missbrauch vor allem während der Verhöre inhaftierter Personen im Rahmen der Untersuchungshaft statt. Probleme innerhalb der Provinzpolizei des Landes, einschließlich Korruption, bleiben weiterhin bestehen. Armee und Bundespolizei rekrutieren und entsenden bundesweit Soldaten und Polizisten. Dies führt zu Beschwerden lokaler Gemeinden bezüglich Diskriminierung aufgrund ethno-konfessioneller Unterschiede durch Mitglieder von Armee und Polizei. Die Sicherheitskräfte unternehmen nur begrenzte Anstrengungen, um gesellschaftliche Gewalt zu verhindern oder darauf zu reagieren (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
-
AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 31.10.2018
-
USDOS - United States Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html, Zugriff 31.10.2018
2.3. Minderheiten
In der irakischen Verfassung vom 15.10.2005 ist der Schutz von Minderheiten verankert (AA 12.2.2018). Trotz der verfassungsrechtlichen Gleichberechtigung leiden religiöse Minderheiten unter weitreichender faktischer Diskriminierung und Existenzgefährdung. Der irakische Staat kann den Schutz der Minderheiten nicht sicherstellen (AA 12.2.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 19.7.2018
2.3.1. Christen
Schätzungen gehen davon aus, dass heute noch etwa 200.000 bis 400.000 Christen im Irak leben (zum Vergleich 2003: 1,5 Mio.). Die Situation der Christen (v. a. assyrische sowie mit Rom unierte chaldäische Christen) hat sich kirchlichen Quellen zufolge seit Ende der Diktatur 2003 stark verschlechtert. Viele Christen sehen für sich keine Zukunft im Irak. In den vergangenen Jahren sind daher hunderttausende irakische Christen ins Ausland geflohen (AA 12.2.2018).
Ca. 67 Prozent der irakischen Christen sind chaldäische Katholiken, fast 20 Prozent Mitglieder der Assyrischen Kirche des Ostens. Der Rest sind syrisch-orthodox, syrisch-katholisch, armenisch-katholisch, armenisch-apostolisch, anglikanisch und andere Protestanten. In der Autonomen Region Kurdistan gibt es etwa 3.000 evangelikale Christen (Angehörige protestantischer Freikirchen) (USDOS 29.5.2018).
Es kommt immer wieder zu Angriffen auf Priester, Bombenanschlägen auf Kirchen und christliche Einrichtungen sowie Übergriffen auf von Christen geführte Lebensmittelgeschäfte, in denen ggf. auch alkoholhaltige Getränke angeboten werden. Nach dem Vormarsch des IS auf Mosul und das umliegende christliche Kernland ergriffen im Sommer 2014 zehntausende Christen die Flucht in die Autonome Region Kurdistan und vereinzelt auch nach Bagdad. Viele warten noch darauf, dass die mittlerweile befreiten christlichen Städte um Mosul für eine Rückkehr sicher genug und zumindest teilweise wieder rehabilitiert sind (AA 12.2.2018).
Christen in Bagdad und anderen von der Regierung kontrollierten Gebieten stehen Berichten zufolge unter gesellschaftlichem Druck, sich an strenge Interpretationen islamischer Normen zu halten, die öffentliches Verhalten regeln. So stehen Christen beispielsweise unter Druck, den Betrieb von Nachtclubs, Spirituosenläden und Restaurants, in denen Alkohol angeboten wird, aufzugeben. Im Falle von Frauen, besteht der Druck konservative islamische Kleiderordnungen einzuhalten. Berichten zufolge kommt es durch bewaffnete Gruppen gegenüber Personen, die ihrer Ansicht nach gegen solche Regeln verstoßen, zuweilen zu Drohungen, Belästigungen und körperlichen Misshandlungen (UNHCR 15.1.2018).
Im Laufe der letzten Jahre gab es Berichte über Tötungen und Entführungen von Angehörigen religiöser Minderheiten, einschließlich Christen, durch bewaffnete Gruppen aus konfessionellen oder kriminellen Gründen bzw. einer Kombination daraus. Häuser von Christen, die seit 2003 aus Bagdad vertrieben wurden, sowie Kirchen und Klöster wurden Berichten zufolge illegal von mächtigen Einzelpersonen, Milizen und kriminellen Netzwerken beschlagnahmt. In einigen Fällen wurde behauptet, dass die christlichen Eigentümer oder Mieter direkt bedroht wurden, was dazu führte, dass sie ihre Häuser evakuierten (UNHCR 15.1.2018).
In der Autonomen Region Kurdistan wie in angrenzenden Gebieten, die von der kurdischen Regionalregierung kontrolliert werden, haben seit 2003 viele christliche Flüchtlinge aus anderen Landesteilen Zuflucht gefunden. Sie leben derzeit unter schwierigen materiellen und sozialen Bedingungen als IDPs - zumeist in der kurdischen Provinz Dohuk. Es gibt dort keine Anzeichen für staatliche Diskriminierung. Viele Christen haben bereits seit dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein in der Autonomen Region Kurdistan Zuflucht gefunden. Es gibt christliche Städte oder auch große christliche Viertel in Großstädten wie beispielsweise Ankawa in Erbil, in denen Christen in Frieden leben können (AA 12.2.2018).
Quellen:
-AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 16.8.2018
-UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (15.1.2018):
Situation of Christians in Baghdad, http://www.refworld.org/docid/5a66f80e4.html, Zugriff 29.8.2018
-USDOS - United States Department of State (29.5.2018):
International Religious Freedom Report 2017 - Iraq, https://www.state.gov/j/drl/rls/irf/2017/nea/280984.htm, Zugriff 21.8.2018
2.4. IDPs und Flüchtlinge
Seit Jänner 2014 hat der Krieg gegen den IS im Irak die Vertreibung von ca. sechs Millionen Irakern verursacht, rund 15 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes (IOM 4.9.2018). Ende September 2018 betrug die Zahl der weiterhin intern Vertriebenen noch 1,89 Millionen (IOM 30.9.2018). Dabei handelt es sich um die niedrigste Zahl an IDPs seit Ende 2014 (IOM 4.9.2018). Die Zahl der Vertriebenen sinkt seit der zweiten Hälfte des Jahres 2017 sukzessive (UNHCR 31.8.2018; vgl. UNHCR 31.7.2018, IOM 30.9.2018); die Zahl der Rückkehrer ist mittlerweile auf 4 Millionen gestiegen (IOM 30.9.2018). Bis zu einer Million Menschen bleiben weiterhin aus dem konfessionellen Konflikt von 2006-08 vertrieben (USDOS 20.4.2018).
Die Provinzen mit den höchsten Zahlen an IDPs sind Ninewa, gefolgt von Dohuk, Erbil, Salah al-Din, Sulaymaniya, Kirkuk, Bagdad, Anbar und Diyala (IOM 30.9.2018; vgl. UNOCHA 31.8.2018, IOM 4.9.2018).
Ausländische Flüchtlinge
Das Gesetz sieht die Gewährung von Asyl vor, und die Regierung hat ein System zum Schutz von Flüchtlingen eingerichtet (USDOS 20.4.2018). Unter den etwa 335.000 ausländischen Flüchtlingen sind etwa 245.000 Syrer und ca. 40.000 Flüchtlinge aus anderen Gebieten. Ihren Status regelt das "Gesetz über politische Flüchtlinge", Nr. 51 (1971). Der Entwurf einer Novellierung des Gesetzes wurde bislang nicht verabschiedet. Die Flüchtlinge befinden sich überwiegend in und um Bagdad sowie unmittelbar im Grenzbereich zu Syrien und Jordanien (AA 12.2.2018). Die Regierung arbeitete im Allgemeinen mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Flüchtlingen im Land Schutz und Unterstützung zu bieten (USDOS 20.4.2018).
UN-Organisationen, NGOs und die Presse berichten, dass konfessionelle Gruppen, Extremisten, Kriminelle und in einigen Fällen Regierungskräfte Flüchtlinge angegriffen und verhaftet haben, darunter Palästinenser, Ahwazis und syrische Araber. (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 12.10.2018
-
USDOS - United States Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html, Zugriff 4.10.2018
-
IOM - International Organization for Migration (4.9.2018): Iraq Displacement Figures Drop Below Two Million for First Time Since 2014; Nearly Four Million Have Returned Home, https://www.iom.int/news/iraq-displacement-figures-drop-below-two-million-first-time-2014-nearly-four-million-have, Zugriff 5.10.2018
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IOM - International Organization for Migration (30.9.2018): Iraq Mission: Displacement Tracking Matrix (DTM): IDPs, http://iraqdtm.iom.int/IDPsML.aspx, Zugriff 5.10.2018
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UNOCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (31.8.2018): Iraq: Internally displaced people by governorate,
https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/iraq_idps_and_returnees_by_governorate_dtm-iom_round_102_aug31_2018.pdf, Zugriff 5.10.2018
2.5. Bewegungsfreiheit
Die irakische Verfassung und andere nationale Rechtsinstrumente erkennen das Recht aller Bürger auf Freizügigkeit, Reise- und Aufenthaltsfreiheit im ganzen Land an (USDOS 20.4.2018). Die Bewegungsfreiheit verbesserte sich etwas, nachdem die vom IS kontrollierten Gebiete wieder unter staatliche Kontrolle gebracht wurden (FH 1.2018).
Die Regierung respektiert das Recht auf Bewegungsfreiheit jedoch nicht konsequent. In einigen Fällen beschränken die Behörden die Bewegungsfreiheit von Vertriebenen und verbieten Bewohnern von IDP-Lagern, ohne eine Genehmigung das Lager zu verlassen. Das Gesetz erlaubt es den Sicherheitskräften, die Bewegungsfreiheit im Land einzuschränken, Ausgangssperren zu verhängen, Gebiete abzuriegeln und zu durchsuchen. Es gab zahlreiche Berichte, dass Sicherheitskräfte (ISF, Peshmerga, PMF) Bestimmungen, die Aufenthaltsgenehmigungen vorschreiben, um die Einreise von Personen in befreite Gebiete unter ihrer Kontrolle zu beschränken, selektiv umgesetzt haben (USDOS 20.4.2018).
Die kurdische Autonomieregierung schränkt die Bewegungsfreiheit in den von ihr verwalteten Gebieten ein (USDOS 20.4.2018). Innerirakische Migration aus dem Zentralirak in die Autonome Region Kurdistan ist grundsätzlich möglich. Durch ein Registrierungsverfahren wird der Zuzug jedoch kontrolliert. Wer dauerhaft bleiben möchte, muss sich bei der Asayish-Behörde des jeweiligen Bezirks anmelden. Informationen über die Anzahl der Anträge und Ablehnungen werden nicht veröffentlicht (AA 12.2.2018). Die Behörden verlangen von Nicht-Ortsansässigen, Genehmigungen einzuholen, die einen befristeten Aufenthalt in der Autonomieregion erlauben. Diese Genehmigungen waren in der Regel erneuerbar. Bürger, die eine Aufenthaltserlaubnis für die Autonome Region Kurdistan bzw. die von ihr kontrollierten Gebiete einholen wollen, benötigen einen in der Region ansässigen Bürgen. Bürger, die aus dem Zentral- oder Südirak in die Autonome Region Kurdistan einreisen (egal welcher ethno-religiösen Gruppe sie angehörten, auch Kurden) müssen Checkpoints passieren und Personen- und Fahrzeugkontrollen über sich ergehen lassen (USDOS 20.4.2018).
Die Behörden der Autonomen Region Kurdistan wenden Beschränkungen unterschiedlich streng an. Die Wiedereinreise von IDPs und Flüchtlingen wird - je nach ethno-religiösem Hintergrund und Rückkehrgebiet - mehr oder weniger restriktiv gehandhabt. Beamte hindern Personen, die ihrer Meinung nach ein Sicherheitsrisiko darstellen könnten, an der Einreise in die Region. Die Einreise ist für Männer oft schwieriger, insbesondere für arabische Männer, die ohne Familie reisen (USDOS 20.4.2018).
Aufgrund militärischer Operationen gegen den IS erhöhten die irakischen Streitkräfte, PMF und Peshmerga die Zahl der Checkpoints und errichteten in vielen Teilen des Landes provisorische Straßensperren (USDOS 20.4.2018). Diese Checkpoints unterliegen oft undurchschaubaren Regeln verschiedenster Gruppierungen (NYT 2.4.2018). Der IS richtet falsche Checkpoints ein, um Zivilisten zu entführen bzw. Angriffe auf Sicherheitskräfte und Zivilisten zu verüben (albawaba 12.3.2018; vgl. GardaWorld 29.3.2018, Kurdistan24 29.3.2018, Iraqi News 28.6.2018).
In Bagdad selbst sollen seit Dezember 2017 hingegen 305 Checkpoints und Straßensperren entfernt worden sein. Über tausend Straßen sind in Bagdad seit dem offiziellen Sieg über den IS wieder geöffnet worden (AAA 8.8.2018; vgl. AAA 29.1.2018, Iraqi News 29.1.2018).
Die Regierung verlangt von Bürgern, die das Land verlassen, eine Ausreisegenehmigung. Diese Vorschrift wird jedoch nicht routinemäßig durchgesetzt (USDOS 20.4.2018). An den Grenzen zu den Nachbarstaaten haben sich in den letzten Monaten immer wieder Änderungen der Ein- und Ausreisemöglichkeiten, Kontrollen, Anerkennung von Dokumenten etc. ergeben. Nach wie vor muss mit solchen Änderungen - auch kurzfristig - gerechnet werden (AA 12.2.2018).
Die Bewegungsfreiheit von Frauen wird im Allgemeinen durch Recht und Brauchtum nicht respektiert. So hindert das Gesetz Frauen beispielsweise daran, ohne die Zustimmung eines männlichen Vormunds oder gesetzlichen Vertreters einen Reisepass zu beantragen. In den vom IS kontrollierten Gebieten war es Frauen angeblich verboten, ihr Zuhause ohne männlichen Verwandten zu verlassen (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 12.10.2018
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AAA - Asharq Al-Awsat (29.1.2018): Iraq Reopens 600 Main Streets, Lifts 281 Security Checkpoints in Baghdad, https://aawsat.com/english/home/article/1158316/iraq-reopens-600-main-streets-lifts-281-security-checkpoints-baghdad, Zugriff 5.10.2018
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AAA - Asharq Al-Awsat (8.8.2018): Removal of Roadblocks in Iraq's Capital Oils Traffic and Trade, https://aawsat.com/english/home/article/1356981/removal-roadblocks-iraqs-capital-oils-traffic-and-trade, Zugriff 5.10.2018
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albawaba (12.3.2018): ISIS Kills 10 Civilians at Fake Checkpoint in Eastern Iraq,
https://www.albawaba.com/news/isis-kills-10-civilians-fake-checkpoint-eastern-iraq-1101032, Zugriff 5.10.2018
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FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/1442330.html, Zugriff 29.10.2018
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GardaWorld (29.3.2018): Iraq: Increasing IS attacks on fake checkpoints in north,
https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/104516/iraq-increasing-is-attacks-on-fake-checkpoints-in-north, Zugriff 5.10.2018
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Iraqi News (29.1.2018): Iraq plans to remove 300 checkpoints, erect security fence in Baghdad, https://www.iraqinews.com/iraq-war/iraq-uncovers-plan-remove-300-checkpoints-set-security-fence-around-baghdad/, Zugriff 5.10.2018
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Iraqi News (28.6.2018): 17 Islamic State militants killed as they set fake checkpoint to kidnap civilians, near Mosul, https://www.iraqinews.com/iraq-war/17-islamic-state-militants-killed-as-they-set-fake-checkpoints-to-kidnap-civilians-near-mosul/, Zugriff 5.10.2018
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Kurdistan24 (29.3.2018): IS ambush at another fake checkpoint leaves five Iraqi forces dead,
http://www.kurdistan24.net/en/news/995d414a-88be-42ec-be9b-b3cf84e2bac5, Zugriff 5.10.2018
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NYT - New York Times (2.4.2018): In Iraq, I Found Checkpoints as Endless as the Whims of Armed Men, https://www.nytimes.com/2018/04/02/magazine/iraq-sinjar-checkpoints-militias.html, Zugriff 5.10.2018
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USDOS - United States Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html, Zugriff 4.10.2018
2.6. Rückkehr
Die freiwillige Rückkehrbewegung irakischer Flüchtlinge aus anderen Staaten befindet sich im Vergleich zum Umfang der Rückkehr der Binnenflüchtlinge auf einem deutlich niedrigeren, im Vergleich zu anderen Herkunftsstaaten aber auf einem relativ hohen Niveau. Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig - u.a. von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort. Zu einer begrenzten Anzahl an Abschiebungen in den Zentralirak kommt es jedenfalls aus Deutschland, Großbritannien, Schweden und Australien. Rückführungen aus Deutschland in die Autonome Region Kurdistan finden regelmäßig statt (AA 12.2.2018).
Studien zufolge ist die größte primäre Herausforderung für Rückkehrer die Suche nach einem Arbeitsplatz bzw. Einkommen. Andere Herausforderungen bestehen in der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung, psychischen und psychologischen Problemen, sowie negativen Reaktionen von Freunden und Familie zu Hause im Irak (IOM 2.2018; vgl. REACH 30.6.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 12.10.2018
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IOM - International Organization for Migration (2.2018): Iraqi returnees from Europe: A snapshot report on Iraqi Nationals upon return in Iraq,
https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/DP.1635%20-%20Iraq_Returnees_Snapshot-Report%20-%20V5.pdf, Zugriff 16.10.2018
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REACH (30.6.2017): Iraqi migration to Europe in 2016: Profiles, Drivers and Return,
https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/reach_irq_grc_report_iraqi_migration_to_europe_in_2016_june_2017%20%281%29.pdf, Zugriff 16.10.2018
2.7. Grundversorgung und Wirtschaft
In vom IS befreiten Gebieten muss eine Grundversorgung nach Räumung der Kampfmittel erst wiederhergestellt werden. Einige Städte sind weitgehend zerstört. Die Stabilisierungsbemühungen und der Wiederaufbau durch die irakische Regierung werden intensiv vom United Nations Development Programme (UNDP) und internationalen Gebern unterstützt (AA 12.2.2018).
Hauptarbeitgeber ist der Staat (AA 12.2.2018). Grundsätzlich ist der öffentliche Sektor sehr gefragt. Die IS-Krise und die Kürzung des Budgets haben Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt im privaten und öffentlichen Sektor. Jobangebote sind mit dem Schließen mehrerer Unternehmen zurückgegangen. Im öffentlichen Sektor sind ebenfalls viele Stellen gestrichen worden. (IOM 13.6.2018).
Das Ministerium für Arbeit und Soziales bietet Unterstützung bei der Arbeitssuche und stellt Arbeitsagenturen in den meisten Städten. Die Regierung hat auch ein Programm gestartet, um irakische Arbeitslose und Arbeiter, die weniger als 1 USD pro Tag verdienen, zu unterstützen.
Aufgrund der derzeitigen Situation im Land wurde die Hilfe jedoch eingestellt. Weiterbildungsmöglichkeiten werden durch Berufsschulen, Trainingszentren und Agenturen angeboten (IOM 13.6.2018).
Quellen:
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