TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/21 I408 2227563-1

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Veröffentlicht am 21.01.2020
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Entscheidungsdatum

21.01.2020

Norm

BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §53
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I408 2227563-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX), geb. XXXX, StA. MAROKKO, vertreten durch: DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH Volkshilfe Flüchtlings - und MigrantInnenbetreuung GmbH p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Tirol (BAI) vom 05.12.2019, Zl. 1253317304-191205257, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein marokkanischer Staatsangehöriger wurde am 25.11.2019 im Zuge einer polizeilichen Erhebung aufgegriffen, wobei sein unrechtmäßiger Aufenthalt festgestellt wurde.

2. Am 26.11.2019 wurde der Beschwerdeführer durch Organe der belangten Behörde einvernommen und im Anschluss daran wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt.

3. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 05.12.2019, zugestellt am 06.12.2019, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), festgestellt, dass die Abschiebung nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt III.) und gegen ihn ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

4. Aus der Schubhaft heraus stellte der Beschwerdeführer am 02.12.2019 einen Antrag für unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe und am 16.12.2019 reiste der Beschwerdeführer aus dem Bundegebiet nach Marokko aus.

5. Am 13.12.2019 legte der Beschwerdeführer über seinen marokkanischen Reisepass vor und stellte damit seine ursprünglich angegebene Identität richtig.

6. Mit Schreiben seiner bevollmächtigten Rechtsvertretung vom 02.01.2019 bekämpfte der Beschwerdeführer ausdrücklich nur das verhängte Einreiseverbot (Spruchpunkt IV.) und alle anderen Spruchpunkte erwuchsen damit in Rechtskraft.

7. Am 16.12.2019 reiste der Beschwerdeführer mit Unterstützung einer finanziellen Rückkehrhilfe freiwillig nach Marokko aus.

8. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 16.01.2020 übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist ein marokkanischer Staatsbürger, der in Österreich über keinerlei privaten oder sozialen Anknüpfungspunkte verfügt. In Marokko leben seine Ehefrau mit den zwei gemeinsamen Kindern sowie seine Eltern und ein Bruder mit Familie.

Der Einreisezeitpunkt in Österreich kann nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer reiste ohne Beachtung der fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen in Europa und kam, seinen Ausführungen folgend, über Spanien, Frankreich und die Schweiz nach Österreich.

Am 25.11.2019 wurde der Beschwerdeführer mit drei anderen Drittstaatsangehörigen aus den Maghreb-Staaten, vermutlich aber alle aus Marokko nach dem SMG kontrolliert. Neben Suchtmitteln wurden auch diverses Diebesgut und Bargeld aus Suchtgiftverkäufen sichergestellt. Im Detail handelt es sich dabei um € 1.655,-- Bargeld aus Suchtgifterlösen, 13 Gramm Kokain, 7 Gramm Marihuana, an Diebesgut 1 iPad, 2 Handy, 1 Halskette, 4 Armbanduhren und diverse. Textilien, wie Markenjacken u.a.

Der Beschwerdeführer verfügte über keine eigenen Barmittel und gab gegenüber Polizei und einschreitenden Behörden zunächst eine falsche Identität, die im verfahrensgegenständlichen Bescheid als Alias-Identität ausgewiesen ist, an. Zudem gab er an, auch über keinen Reisepass zu verfügen.

Erst im Zuge seiner mit Rückkehrhilfe unterstützen Ausreise - es wurden die Rückführungskosten übernommen sowie eine finanzielle Starthilfe von € 50,-- übernommen, legte der Beschwerdeführer seinen Reisepass vor und stellte seine Identität richtig.

2. Beweiswürdigung:

Die belangte Behörde hat den Sachverhalt umfassend erhoben, den Beschwerdeführer eingehend befragt und alle Beweismittel sowie die Begründung für ihre Entscheidung im Bescheid in nachvollziehbar und zweifelsfrei offengelegt.

Verfahrensgang und Feststellungen des Gerichtes stützen sich auf diese Erhebungsergebnisse der belangten Behörde.

Seine Identität ergibt sich aus dem am 13.12.2019 vorgelegten marokkanischen Reisepass.

Die Details der Festnahme am 25.11.2019 sind der Festnahmemeldung der LPD (AS 23) zu entnehmen.

Das Vortäuschen einer falschen Identität, die er erst im Zuge der freiwilligen Ausreise richtigstellte, seine illegale Einreise sowie sein Weg durch Europa nach Österreich ergeben sich aus seiner Einvernahme am 26.11.2019. Aus diesen Angaben erschließt sich auch zweifelsfrei, dass sich der Beschwerdeführer einerseits der Unrechtmäßigkeit seines nunmehrigen Aufenthaltes voll bewusst war und andererseits er bereits in der Vergangenheit 2005 aus Frankreich ausgewiesen wurde.

Das Fehlen sozialer sowie persönlicher Anknüpfungspunkte in Österreich sowie seines Privatlebens in Marokko ergibt sich ebenfalls unmittelbar aus seinen Angaben in dieser Einvernahme.

In der Beschwerde wird der von der belangten Behörde ermittelte Sachverhalt substantiell nicht in Abrede gestellt.

Wenn die bevollmächtigte Rechtsvertretung die illegale Einreise als "minderen Grad des Versehens" ansieht, dann steht das im massiven Widerspruch zu den Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. So gibt er immerhin selbst an, dass "sein Reisepass in Marokko geblieben sei, weil er damit nicht nach Europa kommen dürfe" Ebenso spricht die Angabe einer Falschidentität bei seinem polizeilichen Aufgriff nicht "für einen minderen Grad des Versehens", sondern vielmehr für ein bewusstes Handeln in Kenntnis eines gesetzwidrigen Verhaltens.

Dass der Beschwerdeführer mit einer finanziell unterstützen Rückkehrhilfe letztendlich freiwillig das Bundesgebiet verlassen hat, ist unstrittig, daraus kann aber nicht auf eine geminderte Gefährlichkeits- bzw. Zukunftsprognose geschlossen werden. Diese ergibt sich zweifelsfrei aus seinem Verhalten und Auftreten im Bundesgebiet, wobei beides in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt wird. Zudem erfolgte die Bekanntgabe seiner wahren Identität erst, als ihm mitgeteilt wurde, dass für die Gewährung einer freiwilligen Rückkehrhilfe die Vorlage von Originaldokumenten erforderlich ist.

Da, wie es der Beschwerdeführer auch gegenüber der belangten Behörde angegeben hat, seine unmittelbare Familie in Marokko aufhältig ist, sind Einschränkungen von Besuchen von Tanten, Cousins und Cousinen in Spanien und Frankreich, die noch dazu in keiner Form belegt sind, zumutbar.

Die Beschwerdeausführungen zu den vorgeschriebenen, aber nicht genannten Gebühren haben für die gegenständliche Entscheidung keine Relevanz und werden, weil sie auch nicht mit entsprechenden Anträgen verbunden sind, nur zur Kenntnis genommen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 53 Abs 1FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß Abs. 2 leg.cit. ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere u.a. dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag.

Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen in Österreich eingereist, war im Bundesgebiet nie gemeldet, verfügte über keine eigenen Geldmittel und wurde gemeinsam mit drei anderen Drittstaatsangehörigen, die ebenfalls unsteten Aufenthaltes waren, mit Suchtgift, Erlösen aus Suchtgifthandel und anderen Diebesgut aufgegriffen. Er gab dabei eine falsche Identität an, führte alle fremdenpolizeiliche Verfahren unter dieser vorgetäuschten Identität und legte erst, um in den Genuss einer staatlichen Rückkehrhilfe zu kommen, seine tatsächliche Identität offen.

Damit hat der Beschwerdeführer ein Verhalten an den Tag gelegt, das die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nachhaltig gefährdet, insbesondere das öffentliche Interesse an der Beachtung und Einhaltung grundlegender, fremdenrechtlicher Bestimmungen. Hinzu kommt das Fehlen eigener Mittel, die es ihm erlauben würde, einen Aufenthalt im Bundesgebiet sowie in der Union auf legalem Weg zu bestreiten.

Damit erweist sich die von der belangten Behörde verhängte Dauer von 5 Jahren als nachvollziehbar und auch in diesem Ausmaß auch als angemessen und vertretbar.

Aufgrund des klaren Wortlautes des § 53 Abs. 1 FPG war auf die Ausführungen in der Beschwerde zum Schengener Grenzkodex nicht näher einzugehen.

Wenn in der Beschwerde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt wird, übersieht die Rechtsvertretung, dass der Beschwerde in Kenntnis der ergangenen Entscheidung freiwillig ausgereist ist und die tragenden Teile der Entscheidung der belangten Behörde (illegale Einreise, Mittellosigkeit, unsteter Aufenthalt, Angabe einer falschen Identität, polizeilicher Aufgriff in Zusammenhang von Straftaten) letztendlich unbeanstandet geblieben ist. Nicht umsonst lässt der Verwaltungsgerichtshof Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung zu, wenn sich aus dem von der belangten Behörde erhobene Sachverhalt und den tragenden Erwägungen ihrer Entscheidung auch die gerichtliche Entscheidung zweifelsfrei und rechtskonform ableiten lässt. Die Beschwerde enthält kein substantiiertes Vorbringen, welches eine Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung erfordert.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Einreiseverbot, Einreiseverbot rechtmäßig, falsche Angaben,
Gefährdung der Sicherheit, Identität, illegale Einreise, illegaler
Aufenthalt, Mittellosigkeit, öffentliche Interessen, öffentliche
Ordnung, öffentliche Sicherheit, Suchtgifthandel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2227563.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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