TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/3 I411 2221097-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.02.2020
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Entscheidungsdatum

03.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I411 2221096-1/17E

I411 2221095-1/17E

I411 2221097-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter über die Beschwerden von

1. XXXX StA. ÄGYPTEN, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH und Rechtsanwältin Mag. Nadja LORENZ, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, Außenstelle Wien vom 11.06.2019, ZI. XXXX

2. XXXX StA. ÄGYPTEN, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH und Rechtsanwältin Mag. Nadja LORENZ, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, Außenstelle Wien vom 11.06.2019, ZI. XXXX

3. XXXX StA. ÄGYPTEN, vertreten durch die Mutter XXXX, diese wiederum vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH und Rechtsanwältin Mag. Nadja LORENZ, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, Außenstelle Wien vom 11.06.2019, ZI. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.09.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer XXXX und die Zweitbeschwerdeführerin

XXXX (in weiterer Folge auch BF1 und BF2) sind Ehegatten. Der minderjährige Drittbeschwerdeführer XXXX (BF3) ist deren gemeinsames Kind. Alle drei Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Ägypten.

2. Der BF1 verließ seinen Herkunftsstaat im Februar 2015 und reiste zunächst legal nach Somalia, wo er sich bis März 2016 aufhielt. Anschließend reiste er legal nach Kenia, wo er bis zum 12.04.2016 blieb. Danach reiste er per Flugzeug mit einem Visum C, gültig vom 10.04.2016 bis zum 15.07.2016 nach Österreich.

3. Am 03.05.2016 stellte er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Wesentlichen begründete er den Antrag im Rahmen seiner Ersteinvernahme durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes damit, dass er in Ägypten Mitglied der Ärztekammer in Kairo und politisch als Oppositioneller aktiv gewesen sei. Im Jahr 2013 habe er als Arzt Hilfe für Verwundete bei Protesten gegen die jetzige Militärregierung in Ägypten geleistet. Im Februar 2015 sei deshalb gegen den BF1 ein Haftbefehl erlassen worden und sei er deshalb aus seiner Heimat geflüchtet. Im Jänner 2016 sei er in seiner Abwesenheit von einem Gericht in Kairo zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Weiters gab er an, dass er in Österreich gute Bekannte habe und er in Österreich als Arzt arbeiten möchte.

4. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme zu seinen Fluchtgründen vor der belangten Behörde am 16.04.2018 gab der BF1, auf das wesentliche Maß reduziert, an, Mitglied der Ärztekammer in Ägypten gewesen zu sein und dass es zu dieser Zeit 2011 eine Revolution gegeben habe. Der BF1 sei insofern Teil davon gewesen, als er als politischer Aktivist daran teilgenommen habe. Zu dieser Zeit habe der BF1 mit anderen als Gesellschafter viele Krankenhäuser gegründet, um Zivilisten zu helfen. 2013 habe es einen Militärputsch gegeben und habe es sehr viele friedliche Demonstrationen auf den Straßen gegeben, wogegen die ägyptische Regierung mit Aggression reagiert habe; so seien Tausende erschossen und verletzt worden. Als Arzt sei der BF1 immer präsent gewesen, um die Verletzten zu retten. Im Jahr 2014 habe es einen Ärztestreik gegeben und sei der BF1 der Hauptsprecher dieses Streiks gewesen und habe er auch mehrere Interviews geführt. Weiters sei der BF1 auch in ägyptischen Menschenrechtsorganisationen tätig gewesen und sei er auch Administrator von vielen Facebook-Seiten, die gegen den Militärputsch seien, gewesen. Aus diesen Gründen sei das Haus des BF1 gestürmt worden, doch da er gewusst habe, dass er verfolgt werde, sei er nicht zu Hause gewesen. Es sei in sein Haus eingedrungen und seien viele Gegenstände von der Regierung mitgenommen worden. Durch seinen Anwalt habe der BF1 erfahren, dass er aufgrund seiner Teilnahme an den Demonstrationen gegen das Regime und die Regierung angeklagt worden sei; außerdem sei ihm eine Mitgliedschaft der Moslem Bruderschaft vorgeworfen worden. Der BF1 habe sofort das Land Richtung Somalia verlassen. Im Jänner 2016 habe der BF1 von seinem Anwalt erfahren, dass er zu fünf Jahren verurteilt worden sei. Im März 2018 habe er von seinem Anwalt außerdem erfahren, dass er Teil einer neuen Anklage sei, obwohl er seit über drei Jahren nicht mehr in Ägypten gewesen sei. Es werde ihm vorgeworfen, dass er abermals einen Ärztestreik gegen die Regierung organisieren würde.

In Rahmen dieser Einvernahme legte der BF1 ein Konvolut von Unterlagen zu seiner Ausbildung, Familienstand und Integration vor. Weiters wurde ein Urteil vorgelegt, aus dem hervorgehen würde, dass der BF1 zu fünf Jahren Haft sowie zur Zahlung von 5.000 Pfund verurteilt worden sein soll. Zu diesen Angaben und Unterlagen wurde am 24.05.2018 von der belangten Behörde eine Anfrage an die Staatendokumentation gestellt und mit Schreiben vom 03.08.2018 (Anfragebeantwortung a-10630 vom 29.06.2018) beantwortet.

5. Am 18.12.2018 wurde der BF1 erneut von der belangten Behörde einvernommen und gab er im Wesentlichen dieselben Fluchtgründe wie bisher an. So sei er politisch aktiv gewesen und habe er als Mitglied der Ärztekammer in Ägypten während der ägyptischen Revolution und dem Militärputsch Verletzte behandelt. Dadurch sei er öfters in den Medien gewesen und auch in bekannten arabischen Sendern sei er zu sehen gewesen. Im Jahr 2014 sei er beim Ärztestreik in Ägypten einer der Hauptsprecher gewesen. Im Februar 2015 sei ein Haftbefehl gegen den BF1 erstellt worden und sei er im Jänner 2016 zu fünft Jahren Haft verurteilt worden. Im Februar 2015 sei das Haus des BF1 gestürmt worden und habe ihm sein Anwalt ein paar Tage später befohlen, das Land so schnell wie möglich zu verlassen, bevor sein Name auf der Ausreiseliste stehe. Am 19.02.2015 habe er das Land verlassen und sei seine einzige Möglichkeit, das Land so schnell wie möglich ohne Visum zu verlassen, Somalia gewesen. Dort seien Kollegen des BF1 gewesen, die ein Projekt geleitet haben und haben sie dem BF1 empfohlen, gemeinsam mit ihnen zu arbeiten.

6. Am 24.01.2019 stellte die belangte Behörde eine weitere Anfrage an die Staatendokumentation. Hintergrund der Anfrage war die vom BF1 vorgebrachte Verurteilung zu fünf Jahren Haft wegen seiner Zugehörigkeit zur Terroristengruppe Moslem Brüder. Im Wesentlichen ging es um den Polizeigewahrsam in Ägypten und den damit einhergehenden rechtlichen Bestimmungen wie Dauer, Zugang zu Rechtsanwälten, Kontaktaufnahme mit Angehörigen und Besuchsempfang.

7. Am 12.03.2019 stellte die belangte Behörde erneut eine Anfrage an die Staatendokumentation, diesmal zur Authentifizierung des vorgelegten Gerichtsurteils.

Der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 14.05.2019 ist zu entnehmen, dass der Vertrauensanwalt der österreichischen Botschaft in Kairo berichtet habe, dass das vorgelegte Urteil nicht von jenem Gerichtshof verfasst worden sei und es sich um eine Fälschung handeln würde.

8. Die Ehefrau des BF1 (BF2) reiste im Juni 2015 von Ägypten nach Somali-Land; danach reiste sie wieder nach Ägypten, wo sie den BF3 zur Welt brachte. Danach reiste sie mit dem BF3 ebenfalls legal nach Österreich und stellte hier am 13.01.2017 für sich und den mj. BF3 einen Antrag auf internationalen Schutz, den sie damit begründete, dass ihr Mann (der BF1) in der Heimat verfolgt werde und er in Österreich Asyl bekommen habe. Ihr Mann werde weiterhin gesucht und da sie ihn nicht finden, würden sie die Familienmitglieder mitnehmen. Deshalb sei das Leben der BF2 bedroht und gebe es in ägyptischen Gefängnissen Folterungen und viele Vergewaltigungen der Frauen. Sie habe Angst um ihr Leben und um das ihres Sohnes. Ihr Mann erwarte in der Heimat eine Gefängnisstrafe von fünf Jahren; sollte sie zurückkehren, werde sie eine Strafe bekommen.

9. Bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 17.04.2018 vor der belangten Behörde gab die BF2 an, dass ihre Fluchtgründe von dem ihres Mannes abhängen. Im Februar 2015 seien die beiden noch verlobt gewesen und sei in das Haus ihres Mannes eingedrungen worden. Danach habe ihr Mann, der BF1, gewusst, dass er angeklagt worden sei und er ausreisen müsse. Es habe alles mit dem Militärputsch im Jahr 2013 begonnen. Es habe keine Möglichkeit für ihren Mann gegeben, in Sicherheit zu leben, deshalb haben sie das Land verlassen müssen. Das Problem sei, dass, wenn jemand gesucht wird in Ägypten, solange auf die Familie Druck ausgeübt werde, bis sich der Gesuchte stellt und werden Familienmitglieder auch festgenommen und vergewaltigt. Das sei der Grund, dass der BF1 nach einigen Tagen nach Somalia geflohen sei. Die BF2 habe noch Sachen mit ihrer Familie und wegen des Studiums zu klären gehabt und habe sie Ägypten mit ihrem Sohn vier Monate nach der Ausreise ihres Mannes verlassen.

10. Mit den jeweils gleichlautenden Bescheiden vom 11.06.2019, 1. Zl. XXXX 2. Zl. XXXX und 3. Zl. XXXX wies die belangte Behörde die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Ägypten (Spruchpunkt II.) ab. Zugleich erteilte sie den Beschwerdeführern keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Ägypten zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

11. Gegen diese Bescheide richten sich die fristgerecht erhobenen vollumfänglichen Beschwerden vom 08.07.2019, mit welchen im Wesentlichen inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die BF waren von der Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH rechtsfreundlich vertreten.

12. Mit Schriftsatz vom 09.07.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 11.07.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden samt Verwaltungsakten vor.

13. Mit Kundmachung vom 30.07.2019 wurde für 26.09.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, zu der die BF über ihre Rechtsvertretung, das BFA als belangte Behörde und ein Dolmetscher für die arabische Sprache geladen wurden.

14. Mit Schreiben vom 12.08.2019 gab Mag. Nadja LORENZ, Rechtsanwältin in 1070 Wien, ihr Vollmachtsverhältnis zu den Beschwerdeführern bekannt.

15. Die Kundmachung für die mündliche Verhandlung wurde RA LORENZ per ERV am 20.08.2019 übermittelt.

16. Am 26.09.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, zu der die Beschwerdeführer, der Dolmetscher für die arabische Sprache, die beiden Rechtsvertretungen der Beschwerdeführer sowie ein Vertreter der belangten Behörde erschienen sind. Die Vertreterin der Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Mag. Jasmin HINTAYE, teilte mit, dass die Vollmacht zurückgelegt wird, da die BF nunmehr anwaltlich vertreten sind.

Nach Schluss der Verhandlung wurde das Erkenntnis mündlich verkündet, die wesentlichen Entscheidungsgründe vom erkennenden Richter dargelegt und vom Dolmetscher in die arabische Sprache übersetzt.

17. Mit Schreiben vom 01.10.2019, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag eingelangt, stellten die Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs 4 VwGVG den Antrag auf schriftliche Ausfertigung des im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

18. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 28.10.2019, XXXX wurde dem Antrag der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen Folge gegeben, weil dem zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für die Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

19. Mit Schreiben des Verfassungsgerichtshofes vom 29.10.2019, XXXX wurde dem BVwG die auf Art. 144 B-VG gestützten Beschwerden mit dem Ersuchen übermittelt, dem Verfassungsgerichtshof innerhalb von zwei Wochen die Gerichts- und Verwaltungsakten vorzulegen.

20. Die schriftliche Ausfertigung des am 26.09.2019 mündlich verkündeten Erkenntnis erging am 07.11.2019 und wurde RA LORENZ per ERV sowie belangten Behörde per BRZ Zustellservice am 08.11.2019 zugestellt. Ebenfalls am 08.11.2019 wurden dem Verfassungsgerichthof die Verwaltungs- und Gerichtsakten übermittelt und sind diese dort am 12.11.2019 eingelangt.

21. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 21.01.2020, XXXX wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.09.2019, Zlen. XXXX aufgehoben. Dies mit der Begründung, dass ein mündlich verkündetes Erkenntnis die tragenden Elemente der Begründung zu enthalten habe, das Bundesverwaltungsgericht jedoch im Rahmen seines mündlich verkündeten Erkenntnis jegliche Begründung für seine Entscheidung unterlassen habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. geschilderte Verfahrensgang wird zu den Feststellungen erhoben. Darüber hinaus wird folgendes festgestellt:

1.1. Zu den Beschwerdeführern:

Der Erstbeschwerdeführer ist volljährig und mit der ebenfalls volljährigen Zweitbeschwerdeführerin verheiratet. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind die Eltern des minderjährigen Drittbeschwerdeführers und leben alle gemeinsam in einem Haushalt. Das Verfahren wird als Familienverfahren nach § 34 AsylG geführt.

Alle drei Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Ägypten und bekennen sich zum islamischen Glauben. Sie gehören der Volksgruppe der Araber an. Ihre Identitäten stehen fest.

Der BF1 hat Ägypten im Februar 2015 verlassen und ist nach Somilia gereist, wo er als Arzt an einem Projekt mitgewirkt hat. Seine Frau, die BF2, ist ihm im Juni 2015 nach Somalia gefolgt. Die beiden lebten bis März 2016 in Somalia, doch reiste die BF2 aufgrund der bevorstehenden Geburt des BF3 wieder zurück nach Ägypten.

Der BF1 beantragte am 17.03.2016 beim VFS Visa Application Center Nairobi die Ausstellung eines Visum C für die Einreise nach Österreich und gab er an, Verwandte in Wien besuchen zu wollen. Dem Visumsantrag lag eine elektronische Verpflichtungserklärung zu Grunde, doch waren diese für die Österreichische Botschaft Nairobi nicht tragfähig, weshalb der BF1 zu einer Stellungnahme und Nachreichung von Dokumenten aufgefordert wurde. So wurde er aufgefordert, eine eventuelle Aufenthalts-/Arbeitsgenehmigung für Somali nachzureichen sowie eine Bestätigung über die behauptete Anstellung in Somali. Weiters wurde ihm mitgeteilt, dass die Eröffnung eines Kontos am Antragstag mit Einzahlung eines höheren Betrages unglaubhaft sei und als Nachweis für ausreichende finanzielle Mittel nicht schlagend wird. In seiner Stellungnahme gab der BF1 an, seinen Monatslohn in Somaliland in bar zu erhalten und hätte er das Bankkonto in Nairobi eröffnet, weil sich die Österreichische Botschaft dort befindet. Weiters legte er einen Führerschein aus Somaliland sowie einen Gesellschafts- und Arbeitsvertrag mit dem Egyptian Hospital vor. Aufgrund dieser im Zuge der erstatteten Stellungnahme ergänzend eingegangenen Informationen wurde der Antrag zu Gunsten des BF1 als glaubwürdig gewertet und ihm das Visum C, gültig vom 10.04.2016 bis zum 15.07.2016, erteilt. Der BF1 reiste somit legal am 13.04.2016 in Wien-Schwechat in das österreichische Bundesgebiet ein.

Nach der Geburt des BF3 reiste die BF2, mit vom 09.12.2016 bis 15.01.2017 gültigen C-Visum, mit diesem am 21.12.2016 in das österreichische Bundesgebiet ein.

Die Beschwerdeführer verfügen in Ägypten über Familie und Verwandtschaft, mit der sie auch regelmäßigen Kontakt über das Internet und Telefon pflegen. Der Erstbeschwerdeführer hat noch drei weitere Kinder (XXXX geb. Dezember 2006, XXXX geb. Februar 2006 und XXXX geb. Dezember 2009), welche mit ihrer Mutter XXXX der Ex-Frau des BF1, in Ägypten leben. Weiters leben sein Vater XXXX seine Mutter XXXX und die Schwester XXXX in Ägypten. Die Schwester XXXX lebt in Duha und die Schwester XXXX in Saudi-Arabien. Eine Tante, Cousine und Cousins des BF1 leben in Österreich, diese sind jedoch im gesamten Verfahren nicht in Erscheinung getreten und wurden auch nicht als Zeugen angeboten.

Auch die Familie der BF2, bestehend aus ihrer Mutter XXXX ihren Brüdern XXXX sowie ihrer Schwester XXXX lebt in Ägypten. In Österreich hat sie keine lebenden Verwandten und haben die Beschwerdeführer insgesamt darüber hinaus auch keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Keiner der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft.

Alle drei Beschwerdeführer sind gesund. Darüber hinaus sind der BF1 und die BF2 arbeitsfähig.

Der BF1 absolvierte in Ägypten das Medizinstudium und war anschließend als Arzt tätig. In Österreich wurde von der Medizinischen Universität Wien mit Bescheid festgestellt, dass nach Erfüllung der hierfür vorgeschriebenen Prüfungen das vom BF1 in Ägypten abgeschlossene Medizinstudium als gleichwertig mit dem österreichischen Studienabschluss der Studienrichtung Medizin anerkannt wird und ist der BF1 damit berechtigt, anstellte des ausländischen akademischen Grades den österreichischen akademischen Grad "Doktor der gesamten Heilkunde", abgekürzt "Dr.med.univ.", zu führen. Der BF1 hat sich in mehreren Krankenanstalten als Turnusarzt in Basisausbildung, doch wurde mangels entsprechender Voraussetzungen (wie Arbeitserlaubnis durch Rot-Weiß-Rot-Karte und Eintragung in die Österreichische Ärztekammer) zu keinem Zeitpunkt ein Dienstverhältnis begründet; er hat bis dato in Österreich nicht als Arzt gearbeitet und war noch nie in die Ärzteliste der Österreichischen Ärztekammer eingetragen.

Auch die BF2 studierte in Ägypten Medizin und arbeitete anschließend als Ärztin.

Beide volljährigen Beschwerdeführer haben daher gute Chancen, aufgrund ihrer akademischen Ausbildung und bisherigen Arbeitserfahrung, auch in Zukunft am ägyptischen Arbeitsmarkt zu reüssieren.

Die Beschwerdeführer gehen in Österreich keiner Beschäftigung nach. Sie beziehen Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Der BF1 hat am Werte- und Orientierungskurs teilgenommen (Teilnahmebestätigung vom 05.01.2018); er hat auch gemeinnützig im humanitären Bereich mitgewirkt Er hat die Sprachprüfung C1 absolviert und spricht Deutsch entsprechend gut.

Die BF2 hat die Deutschprüfung B2 sowie den "Fachsprachkurs für HumanmedizinerInnen" absolviert. Auch die BF2 weist keine über ihre Sprachbemühungen, um als Ärztin in Österreich arbeiten zu dürfen, hinausgehenden Integrationsmerkmale auf.

1.2. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführer:

Es ist dem Erstbeschwerdeführer nicht gelungen, asylrelevante Fluchtgründe geltend zu machen. Insbesondere konnte er nicht glaubhaft vorbringen, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht. Dasselbe gilt für die Zweitbeschwerdeführerin und den mj.

Drittbeschwerdeführer; diese haben keine eigenen Fluchtgründe und stützen sich auf den Fluchtgrund des BF1.

Der BF1 beruft sich zur Untermauerung seines Fluchtvorbringens auf ein Strafurteil, wonach er von einem ägyptischen Gericht wegen politscher Aktivitäten - unter anderem wegen der "Förderung der Terroristengruppe der Muslimbrüder" - zu fünf Jahren Haft und zur Zahlung von 5.000 Pfund verurteilt worden sein soll. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die belangte Behörde stellte sich heraus, dass es sich bei diesem Urteil um eine Fälschung handelt.

Im Falle ihrer Rückkehr droht den Beschwerdeführern in Ägypten keine reale Gefahr, in ihrem Leben bedroht zu werden, Folter oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung zu erleiden oder in ihrem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt zu werden. Ihnen droht im Falle der Rückkehr nach Ägypten weder die Todesstrafe, noch besteht eine reale Gefahr, dass ihr Leben oder ihre körperliche Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in ihrem Herkunftsstaat gefährdet wäre.

Der BF1 und die BF2 haben Ägypten vielmehr aus rein wirtschaftlichen Gründen verlassen um ihre beruflichen Karrierechancen zu verbessern.

1.3. Feststellungen zur Lage in Ägypten:

Die aktuelle Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:

Ägypten durchlebte im Zuge des sog "arabischen Frühlings" im Jahr 2011 eine Periode der politischen Instabilität, die nach massiven Protesten gegen die Regierung des gewählten Präsidenten Mursi durch das Militär am 03.07.2013 beendet wurde. Nach der Suspension der Verfassung trat am 18.01.2014 die neue Verfassung in Kraft, nach welcher Ägypten ein demokratischer Rechtsstaat mit dem Islam als Staatsreligion, Arabisch als Amtssprache und den Prinzipien der Scharia die Hauptquelle der Gesetzgebung ist. Seit Juni 2014 amtiert die Regierung des Präsidenten Abdel Al-Sisi zunächst ohne Parlament, seit 11.01.2016 wieder mit einem Abgeordnetenhaus. Seit 2011 ist die Sicherheitslage in Ägypten instabil. Die Kräfte des politischen Islam wurden durch den Sturz des Präsidenten Mursi geschwächt, dennoch bleiben religiöse Kräfte stark. Politische Auseinandersetzungen sind häufig mit Gewaltausbrüchen begleitet. Die sicherheitspolitischen Herausforderungen bleiben infolge verschiedentlicher Angriffe islamischer Terrornetzwerke, zB in der westlichen Wüste oder am Sinai, beträchtlich. Es besteht landesweit ein erhöhtes Risiko terroristischer Anschläge und der Gefahr von Entführungen. Infrastruktureinrichtungen zählen zu besonderen Zielen terroristischer Anschläge. Vereinzelt sind auch westliche Einrichtungen Ziele von Anschlägen. Besonders gefährdet ist die Halbinsel Sinai, wo es wiederholt zu schweren terroristischen Anschlägen auch durch die Terrororganisation ISIS gekommen ist und im nördlichen Teil der Ausnahmezustand verhängt wurde.

Die neue Verfassung gewährleistet die Unabhängigkeit der Justiz und die Immunität der Richter. In der Regel handeln Gerichte unparteilich, wobei vereinzelt politisch motivierte Urteilen vorkommen. Die Urteile werden in der Regel von der Regierung akzeptiert. Strafgerichte folgen westlichen Standards mit Unschuldsvermutung, detaillierter Information über die Anklagepunkte und dem Recht auf eine anwaltliche Vertretung und Verteidigung.

Ägypten verfügt über einen sehr ausgeprägten internen Sicherheitsapparat, welcher eine effektive Kontrolle der Bevölkerung durch die Regierung ermöglicht. In der Vergangenheit waren wichtige Aufgaben des Sicherheitsdienstes die Überwachung der Opposition und der Einsatz bei Demonstrationen. In den vergangenen Jahrzehnten herrschte die überwiegende Zeit der Ausnahmezustand, wodurch den Sicherheitsbehörden außerordentliche Befugnisse bei der Überwachung und der Inhaftierung, vornehmlich von Angehörigen der Moslembrüderschaft, eingeräumt wurden.

Dem Innenministerium und den Armeekräften werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Gewalttätige Angriffe auf Demonstrationen und Tätlichkeiten gegenüber Demonstrationen durch Sicherheitskräfte sind durch Aktivisten und Blogger dokumentiert. Die Anwendung von Folter und Gewalt durch die Polizei und den Sicherheitsapparat ist verboten. Es bestehen Berichte über die Anwendung von Folter oder Schlägen zur Erlangung von Geständnissen bei Verhaftungen. Schwerwiegende Fälle von Foltervorwürfen werden untersucht.

Die neue ägyptische Verfassung enthält einen Grundrechtekatalog.

Eine nach Ägypten zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid, in den Beschwerdeschriftsatz und in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Ägypten (Gesamtaktualisierung am 24.07.2019) sowie durch Einvernahme der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2019.

2.2. Zu den Beschwerdeführern:

Die Feststellung zur Volljährigkeit des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin sowie zur Minderjährigkeit des gemeinsamen Kindes, des BF3, ergeben sich aus dem Akt und sind augenscheinlich. Die Feststellung zum Familienstand, der Staatsangehörigkeit und ihrer Konfession sowie ihres Gesundheitszustandes gründen sich auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Erst- bzw. der Zweitbeschwerdeführerin bei ihrer Einvernahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 26.09.2019. Da die Beschwerdeführer den österreichischen Behörden ihre Reisepässe vorlegen konnten, steht deren Identität fest.

Die Feststellung betreffend die Visumerteilung des BF1 beruht auf dem Schreiben der Österreichischen Botschaft Nairobi vom 08.11.2016.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer ihren Lebensunterhalt in Österreich aus Mitteln der Grundversorgung bestreiten, ist durch einen aktuellen Auszug des Betreuungsinformationssystems belegt. Ihre strafgerichtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus dem eigeholten Strafregisterauszug der Republik Österreich.

Die Feststellung zur Arbeitsfähigkeit des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin beruht auf deren glaubhaften Angaben im Rahmen ihrer Einvernahmen am 16.04.2018 sowie am 17.04.2018 als auch im Zuge der mündlichen Verhandlung am 26.09.2019. Die Feststellung, wonach es den Beschwerdeführern auch nach ihrer Rückkehr nach Ägypten möglich sein wird, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, resultiert aus der Überlegung, dass sowohl der Erst- als auch die Zweitbeschwerdeführerin vor ihrer Ausreise aus Ägypten berufstätig waren und sich ihren Lebensunterhalt verdienen konnten.

Dass die Beschwerdeführer in Österreich bis auf die Tante und Cousins des BF1 über keine familiären Anknüpfungspunkte verfügen, ergibt sich aus den glaubhaften und übereinstimmenden Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Dass der BF1 in Ägypten das Medizinstudium abgeschlossen hat, geht zweifelsfrei aus den diversen vorgelegten Unterlagen, wie etwa dem Bescheid der Medizinischen Universität Wien vom 04.12.2017 sowie den Schreiben des Krankenhauses Freistadt vom 20.03.2018 und des Krankenhauses Oberpullendorf vom 05.04.2018 hervor. Aus der Bescheinigung der Österreichischen Ärztekammer vom 09.05.2019 geht auch klar hervor, dass der BF1 bisher mangels Eintragung in die Liste der Ärztekammer in Österreich nicht als Arzt tätig war.

Dass auch die BF2 in Ägypten Medizin studiert hat, geht aus deren glaubhafter Aussage vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie aus dem vorgelegten Zertifikat der Universität Kairo vom 01.12.2016 hervor.

Die Feststellungen zur Integration der beiden volljährigen Beschwerdeführer geht ebenfalls aus vorgelegten Dokumente und Unterlagen hervor: so etwa aus der Teilnahmebestätigung des BF1 am Werte- und Orientierungskurs vom 05.01.2018 sowie dessen Bestätigungen des Wiener Krankenanstaltenverbundes vom 07.03.2017 sowie der Integrationseinrichtung CORE vom 27.03.2018 über die ehrenamtlichen Tätigkeiten des BF1. Das Zeugnis des Sprachzentrums der Universität Wien vom 15.06.2018 belegt, dass der BF1 die Sprachprüfung auf Niveau C1 absolviert hat und jenes Zeugnis vom 19.06.2019 belegt, dass die BF2 die Sprachprüfung auf Niveau B2 abgelegt hat. Darüber hinaus konnte sich der erkennende Richter von den Sprachkenntnissen anlässlich der mündlichen Verhandlung selbst überzeugen. Die Teilnahmebestätigung von Loqui Sprach- und Bildungsinstitut vom 09.05.2019 belegt weiters, dass die BF2 den "Fachsprachkurs für HumanmedizinerInnen" absolvierte.

Mangels weiterer Unterlagen und auch, weil die Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG nichts dergleichen vorbrachten, konnte jedoch keine weitere Integration - vor allem in kultureller und sozialer Hinsicht - festgestellt werden. Generell beschränken sich die Integrationsschritte der Beschwerdeführer auf ihr berufliches Weiterkommen, was, wie in weiterer Folge noch näher dargelegt wird, ihre wirtschaftlichen Motive, von Ägypten nach Österreich ausgereist zu sein, unterstreicht.

2.3. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer:

Das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer erweist sich als unglaubhaft. Für die Glaubhaftigkeit eines Vorbringens spricht, wenn das Vorbringen genügend substantiiert ist. Das Erfordernis der Substantiierung ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Zudem muss das Vorbringen, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen. Ferner muss das Vorbringen plausibel sein, dh mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist ua dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen. Außerdem muss der Asylwerber persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet einsilbig und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert. Außerdem ist - wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung betont (vgl zB 13.09.2016, Ra 2016/01/0070; 10.09.2015, Ra 2014/20/0142; ua, siehe auch bereits VwGH 24.06.1999, 98/20/0435; 20.5.1999, 98/20/0505) - der persönliche Eindruck den der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom Beschwerdeführer gewinnt, von wesentlicher Bedeutung. Gerade diese Kriterien sind im vorliegenden Fall, wie im Weiteren zu erörtern sein wird, nicht erfüllt und ist daher das Fluchtvorbringen als unglaubhaft zu werten.

Der BF1 und die BF2 stützen sich bei ihrer Fluchtgeschichte auf die persönliche Verfolgung des BF1 und dessen Verurteilung durch ein ägyptisches Gericht zu fünf Jahren Haft und Zahlung von 5.000 Pfund. Um dieses Fluchtvorbringen zu untermauern wurde der belangten Behörde vom BF1 ein in arabischer Sprache verfasstes Dokument vorgelegt und vorgebracht, dass es sich dabei um das zuvor erwähnte Urteil handeln würde. Da es sich hiebei um das bedeutendste Beweismittel im gegenständlichen Asylverfahren handelt, hat sich die belangte Behörde nicht nur auf die Aussagen des aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Gesamtaktualisierung: 24. Juli 2019) gestützt. Dies stellt unter Punkt 24. (Dokumente) fest:

"Total gefälschte Reisedokumente bzw. Personenstandsurkunden sind ohne größere Schwierigkeiten auf dem Schwarzmarkt zu erlangen. Gleiches gilt für echte Dokumente mit zweifelhafter Beweiskraft (AA 22.2.2019).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand Januar 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/1458483/4598 1551702084 auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asvl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aegvpten-stand-januar-2019-22-02-2019.pdf. Zugriff 9.7.2019"

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens stellte die belangte Behörde nämlich am 12.03.2019 eine Anfrage an die Staatendokumentation zur Authentifizierung des vorgelegten Gerichtsurteils. Die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 14.05.2019 lautet:

"Der VA der ÖB Kairo berichtet, dass das Gerichtsurteil nicht von jenem Gerichtshof verfasst wurde und es sich um eine Fälschung handelt. Der Richter, der dieses Urteil angeblich unterzeichnet hätte, hat nicht an dem Gericht gearbeitet. Betreffend der Fahndungsliste gibt es keinen Hinweis darauf, dass diese vom Innenministerium herausgegeben wurde."

Wenn die Rechtsvertretung der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 26.09.2019 in diesem Zusammenhang ausführt, dass nicht ersichtlich sei, welche Schritte der Vertrauensanwalt unternommen habe, um zur vermeintlichen Falsifizierung des Urteils zu gelangen bzw. zur Frage, ob der vorsitzende Richter wie im Urteil aufscheinend, zu welchem Zeitpunkt, an welchem Gericht gearbeitet hat, noch auf welche Auskunftsquellen sich die Annahme stützt, dass es sich bei diesem Urteil um eine Fälschung handelt, ist in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen zur "Methodologie der Staatendokumentation, Country of Origin Information Department" zu verweisen:

"In bestimmten Einzelfällen ist es notwendig, Recherchen im entsprechenden Land eines/r Beschwerdeführers/in durchzuführen, um so den Wahrheitsgehalt der Aussagen betreffend der Fluchtgründe im Asylverfahren ermitteln zu können. Sowohl dem BFA als auch dem BVwG steht hierfür das Mittel der Anfragebeantwortung an die Staatendokumentation zur Verfügung. Eine Anfragebeantwortung (AFB) der Staatendokumentation ist ein COI-Dokument, das sich beruhend auf einer direkten Anfrage aus dem Verfahren (v.a. BFA, BVwG) oder gemäß § 5 Abs. 6 BFA-G vorgesehener Bedarfsträger mittels Recherche vorhandener, vorrangig öffentlicher und verlässlicher Informationen gemäß den Standards der Staatendokumentation mit dem spezifischen Informationsbedarf des anfragenden Bedarfsträgers auseinandersetzt.

Die Recherche kann ggf. bei besonders gelagerten Anfragen bzw. bei arbeitstechnischem Bedarf an Dritte ausgelagert werden (z.B. Österreichische Botschaften, ACCORD des Roten Kreuzes), sofern die Einhaltung der Standards der Staatendokumentation dadurch nicht negativ tangiert wird.

Die Erstellung einer AFB der Staatendokumentation folgt verpflichtend den Standards der Staatendokumentation und der VAA AFB (2016). Damit und mittels der festgeschriebenen Werkzeuge zur Qualitätskontrolle sollen grundlegende Maßstäbe der Qualitätssicherung gewährleistet werden. Der gesamte Qualitätssicherungsprozess wird dokumentiert und im Sinne der Nachverfolgbarkeit im Staatendokumentationsakt (ELAK) festgehalten.

Das Verfassen einer AFB der Staatendokumentation im Rahmen eines standardisierten Prozesses soll sowohl die generelle Qualität als auch die Akzeptanz durch das Zielpublikum gewährleisten. Letzteres setzt sich primär aus Referenten des BFA und Richtern des BVwG, sowie generell den Instanzen des Asyl- und Fremdenwesens zusammen.

Die in einer AFB übermittelten Informationen können als Beweismittel im Rahmen der freien Beweiswürdigung durch die jeweiligen Entscheidungsträger verwendet werden.

Grundsätzlich sind Recherchen durch die Referenten der Staatendokumentation durchzuführen. Die Recherche kann bei besonders gelagerten Anfragen oder bei arbeitstechnischem Bedarf an Dritte ("externe Stellen") ausgelagert werden. Welche Art der Recherche getätigt wird, liegt nach Abklärung der Möglichkeiten im Ermessen des zuständigen Referenten der Staatendokumentation.

Im Falle medizinischer Fachfragen oder Vor-Ort-Ermittlungen ist eine externe Vergabe der Recherche oftmals unumgänglich. Hingegen werden Anfragen, die in zugänglichen Quellen recherchierbar sind - grundsätzlich nur bei Arbeitsspitzen an externe Stellen vergeben. Vor-Ort-Recherchen wiederum sollten - und dies zeigt auch der europäische Vergleich - nur den Ausnahmefall darstellen (Kosten, Datenschutz, Dauer etc.).

An die Österreichischen Botschaften (ÖB) und (General-)Honorarkonsulate können Anfragen zu Themen, zu denen keine Informationen aus anderen Quellen recherchiert werden können, und teilweise zu (personenbezogenen) Recherchen vor Ort im Herkunftsland gestellt werden. Die österreichischen Vertretungsbehörden können zur Erfüllung ihrer Aufgaben gezielt Vertrauensanwälte, Gutachter oder Sachverständige einsetzen. Durch deren fachliche Qualifikation, ihre Sprachkenntnisse und ihr weitreichendes Netzwerk können sie dem Anforderungsprofil der Vertretungsbehörde entsprechend ihr Fachwissen bzw. die jeweils angefragte Information an die jeweilige ÖB (oder ggf. an den VB) weiterleiten.

In manchen Fällen werden v.a. zur Abklärung der Glaubwürdigkeit Vor-Ort-Recherchen in Auftrag gegeben. Diese werden meist entweder von Verbindungsbeamten des BM.I oder aber von Vertrauensanwälten einer österreichischen Botschaft durchgeführt."

Quelle:

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Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl: Methodologie der Staatendokumentation, Country of Origin Information Department vom Mai 2016.

Zusammengefasst ergibt sich hieraus, dass Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation einem verpflichtenden Standard folgen und ein Mindestmaß an Qualität und Seriosität aufweisen, weshalb sie als Beweismittel herangezogen werden können. Im gegenständlichen Fall wurde zur Abklärung der Echtheit des vom BF1 vorgelegten Gerichtsurteils ein Vertrauensanwalt der Österreichischen Botschaft in Ägypten herangezogen und konnte er aufgrund seiner fachliche Qualifikation, seiner Sprachkenntnisse und seines weitreichenden Netzwerkes Erhebungen anstellen, welche zum Ergebnis führen, dass es sich bei dem gegenständlichen Gerichtsurteil um eine Fälschung handelt. Das erkennende Gericht stützt sich aufgrund der den Vertrauensanwälten zugesicherten Qualität auf dieses Ergebnis und gelangte daher zur Feststellung der Totalfälschung des Gerichtsurteils, was in weiterer Konsequenz zur Unglaubhaftigkeit der gesamten Fluchtgeschichte der Beschwerdeführer führt.

Es allerdings auch zu berücksichtigen, dass die Stellungnahme des Vertrauensanwaltes einer österreichischen Botschaft im Heimatland des Asylwerbers keinen Beweis durch Sachverständige im Sinn des § 52 AVG und der dazu ergangenen Rechtsprechung darstellt. Es handelt sich um ein Beweismittel eigener Art, das auf Grund der besonderen Ermittlungsschwierigkeiten in Bezug auf asylrechtlich relevante Sachverhalte im Heimatland des Asylwerbers im Sinn des § 46 AVG geeignet und zweckdienlich sein kann, bei dessen Würdigung aber stets zu berücksichtigen ist, dass die Qualifikation und die Vorgangsweise des Vertrauensanwaltes sich einer Kontrolle weitgehend entziehen und er im Gegensatz zu einem Sachverständigen im Sinn des § 52 AVG auch nicht persönlich zur Verantwortung gezogen werden kann. Eine Beweiswürdigung, die hierauf nicht Bedacht nimmt, ist fehlerhaft (VwGH 17.10.2006, 2003/20/0021).

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde sich mit dem Fluchtvorbringen und vorgelegten Urteil ausreichend auseinandergesetzt und im Zusammenhang mit der behaupteten Verurteilung des BF1 sowohl mit Schreiben vom 24.01.2019 als auch vom 12.03.2019 eine Anfrage an die Staatendokumentation gestellt. Die belangte Behörde hat somit insgesamt ein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt und in ihrer Beweiswürdigung nachvollziehbar begründet, warum sie den Ausführungen des Vertrauensanwaltes gefolgt ist. Es ist für das erkennende Gericht kein Grund ersichtlich, dass die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung auf das soeben ausgeführte nicht Bedacht genommen hätte.

Das Vorbringen der RV in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG, die Anfragebeantwortung hinsichtlich des Strafurteils sei dem BF1 von der belangten Behörde nicht übermittelt worden, ist berechtigt. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt allerdings in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt, dass allfällige Verfahrensmängel im Verfahren vor der belangten Behörde durch ein mängelfreies Verfahren vor dem Verwaltungsgericht saniert werden (VwGH 22.03.2018, Ra 2018/22/0057 mwN). Da bereits im Beschwerdeschriftsatz Vorbringen zur Echtheit und Richtigkeit des vorgelegten Strafurteils erstattet wurde und auch in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG dieser Themenkomplex ausführlich behandelt wurde, ist der Verfahrensfehler des BFA saniert worden.

Zu den in der Verhandlung vor dem BVwG am 26.09.2019 auf Arabisch vorgelegten Urkunden aus denen die Echtheit und Richtigkeit des gegenständlichen Urteils des BF1 hervorgehen soll sowie zu dem Vorbringen der Rechtsvertretung der Beschwerdeführer, wonach es dem BF1 "aufgrund mangelnder Mittel [nicht möglich war], von den ca. 40 Seiten umfassenden Strafakt Übersetzungen anfertigen zu lassen" (Niederschrift der Verhandlung vor dem BVwG, Seite 12), ist folgendes auszuführen:

Art 8 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 81/2005, lautet:

"(1) Die deutsche Sprache ist, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik.

(2) Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zu ihrer gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt, die in den autochthonen Volksgruppen zum Ausdruck kommt. Sprache und Kultur, Bestand und Erhaltung dieser Volksgruppen sind zu achten, zu sichern und zu fördern.

(3) Die Österreichische Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt. Das Nähere bestimmen die Gesetze."

In Art 8 B-VG ist verankert, dass die deutsche Sprache die Staatssprache der Republik Österreich ist. Die deutsche Sprache ist die offizielle Sprache, in der alle Anordnungen der Staatsorgane zu ergehen und mittels derer die Staatsorgane mit den Parteien und untereinander zu verkehren haben (vgl. E 17.05.2011, 2007/01/0389, VwGH vom 04.09.2014, 2013/12/0178).

Die Verwaltungsvorschriften können jedoch - abgesehen von Rechten der Minderheiten - vorsehen, dass die Einbringung eines Anbringens auch in anderen Sprachen zulässig ist (siehe Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 [2009] 116). Eine derartige Bestimmung enthielt § 24 Abs. 2 AsylG 1997, wonach Anträge schriftlich auch in einer der Amtssprachen der Vereinten Nationen gestellt werden konnten und solche Anbringen, soweit nicht in deutscher Sprache eingebracht, von Amts wegen zu übersetzen waren. Eine solche Bestimmung ist im AsylG 2005 jedoch nicht mehr enthalten. Das Gesetz belässt es daher für Anbringen nach dem AsylG 2005 (mit Ausnahme der Sonderregelung über das Befragungsformular nach § 35 Abs. 3 AsylG 2005) beim Grundsatz, dass Anbringen in deutscher Sprache zu erfolgen haben.

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht bei Bedachtnahme auf die Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 01.12.2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl. EU L 326 S 13, berichtigt im ABl. EU 2006, L 236 S 35; im Folgenden: Verfahrensrichtlinie). Die in Art. 10 Abs. 1 lit. b Verfahrensrichtlinie vorgesehene Garantie der Beiziehung eines Dolmetschers bezieht sich nur auf die persönliche "Anhörung" und auch insofern nur auf das erstinstanzliche Verfahren (siehe den Einleitungssatz des Art. 10 Abs. 1 Verfahrensrichtlinie, wonach die darin aufgezählten Garantien bezüglich der "Verfahren des Kapitels III" gelten sollen; das Kapitel III trägt die Überschrift "Erstinstanzliche Verfahren"). Das in Art. 13 Abs. 3 lit. b Verfahrensrichtlinie vorgesehene Erfordernis eines Dolmetschers bezieht sich nur auf die "persönliche Anhörung" des Antragstellers (so die Überschrift des Art. 13 leg.cit.). Für Asylwerber, denen (wie im Beschwerdefall) ein kostenloser Rechtsberater zur Verfügung steht, dispensiert die Verfahrensrichtlinie zudem schon bezüglich der Bekanntgabe der behördlichen Entscheidung vom Erfordernis einer günstigeren Sprachenregelung (vgl. Art. 10 Abs. 1 lit. e Verfahrensrichtlinie). Es lässt sich aus den Mindestvorschriften nach der Verfahrensrichtlinie daher keine Pflicht zur amtswegigen Übersetzung von schriftlichen Rechtsmitteln ableiten. Wenn daher für das BVwG keine Pflicht zur amtswegigen Übersetzung von Anbringen besteht, gilt dies umso mehr für vorgelegte Beweismittel.

Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens und der asylverfahrensrechtlichen Rechtsberatung im österreichischen Recht hegt das BVwG gegen dieses Ergebnis auch unter dem Gesichtspunt von Art. 47 GRC keine Bedenken, dies jedenfalls bei Beschwerdeführern, denen für die Erhebung der Beschwerde ein kostenloser Rechtsberater zur Seite gestellt wurde, zumal es in den Aufgabenbereich des Rechtsberaters fällt, den Beschwerdeführer auch in sprachlicher Hinsicht bei der Beschwerdeführung zu unterstützen (vgl. § 66 AsylG 2005 in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung sowie § 52 BFA-VG).

Die Beschwerdeführer waren bis zu Beginn der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG von der Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH rechtsfreundlich vertreten und geht daher das Vorbringen der nunmehrigen Rechtsvertretung, RA Mag LORENZ, ins Leere.

Nur der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass durch die Vorlage von fremdsprachigen und nicht übersetzten Dokumenten die Konzentrationswirkung der mündlichen Verhandlung, deren wesentliche Funktion gerade in der Beweisaufnahme liegt, unterlaufen wird. Dokumente die nicht in der deutschen Amtssprache vorgelegt werden können per se keine probaten Beweismittel sein, da sich diese einer schlüssigen und nachvollziehbaren Beweiswürdigung durch das Gericht entziehen und es auch für die Gegenpartei nicht möglich wäre, in der Verhandlung auf solche Beweismittel adäquat zu reagieren. Wäre das Gericht nämlich verpflichtet, fremdsprachige Unterlagen, die erstmals in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingebracht werden, in die deutsche Sprache zu übersetzen, müsste die Verhandlung umgehend unterbrochen bzw. vertagt werden. Erst nach der erfolgten Übersetzung des Dokumentes - sowie Zustellung der Übersetzung an die Gegenpartei zur Wahrung des Parteiengehörs - könnte die Verhandlung fortgesetzt werden. Es stünde somit im Belieben der Verfahrensparteien, durch die überraschende Vorlage solcher Beweismittel den Verfahrensgang nach Belieben zu beeinflussen bzw. zu verschleppen. Selbst wenn man die Meinung verträte, dass fremdsprachige Urkunden in der Verhandlung vom anwesenden Dolmetsche vorgelesen und übersetzte werden könnten, so ist dem entgegenzuhalten, dass dies von der Länge und der Komplexität des Textes abhängig ist. Kurze und einfache fremdsprachige Texte können so sicher Eingang in die Niederschrift finden. Für lange, ausführliche und komplexe Dokumente (wie beispielsweise fremdsprachige Gutachten oder eben auch Urteile) ist eine solche Möglichkeit nicht zielführend, da sich sowohl die Gegenpartei als auch das Gericht mit dem Inhalt des ad hoc übersetzten Beweismittels nicht adäquat inhaltlich auseinandersetzen kann.

Darüber hinaus verkennt das BVwG in diesem Zusammenhang auch nicht, dass die BF im Behördenverfahren ihre Heiratsurkunde und die Geburtsurkunde des gemeinsamen Sohnes (BF3) vorgelegt haben. Diese beiden Urkunden wurden am 10.05.2017 von Mag. Mustafa CARDO, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Dolmetscher für die arabische Sprache, beglaubigt ins Deutsche übersetzt (AS 527 und 549). Weiters wurde die Geburtsurkunde des BF1 dem BFA vorgelegt, welche am 03.11.2017 von Dr. Abdul Hakim SAID, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Dolmetscher für die arabische Sprache, beglaubigt ins Deutsche übersetzt (AS 521). Es ist für den erkennenden Richter nicht plausibel nachvollziehbar, wieso zwar diese Dokumente beglaubigt übersetzt der belangten Behörde vorgelegt wurden, das bedeutendste Beweismittel, nämlich ein Urteil, welches der Untermauerung des vorgebrachten Asylgrundes erheblich dienen kann, allerdings nicht.

Aufgrund der Tatsache, dass es sich beim vorgelegten Urteil um eine Fälschung handelt, bricht das gesamte Konstrukt der Fluchtgeschichte zusammen und entbehrt jeglicher Glaubhaftigkeit. Somit steht fest, dass das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer unglaubhaft ist.

Aber auch die übrigen Angaben der Fluchtgeschichte, nämlich der Aspekt der persönlichen Bedrohung wegen der Mitgliedschaft des BF1 in der Ärztegewerkschaft, sind nicht glaubhaft:

Der BF1 gibt vor dem BVwG in der mündlichen Verhandlung am 26.09.2019 an, wegen Streiks der Ärztegewerkschaft vom ägyptischen Regime verfolgt worden zu sein. Er ist allerdings nicht in der Lage, eine tatsächliche persönliche Bedrohung geltend zu machen (Protokoll vom 26.09.2019, S. 7f., Fehler im Original):

RV: Wofür hat sich dieser Streik eingesetzt?

BF: Wir haben für die Rechte der Ärzte gekämpft. Wir haben verlangt, dass das Budget für die Krankenhäuser erhört wird. Drittens die Krankenhäuser sollen bewacht werden, weil Anschläge auf die Ärzte verübt wurden.

RV: Warum sollten Sie wegen dieser Forderung vom Ägyptischen Regime verfolgt werden?

BF: Im Jahr 2013 passierte ein Militärputsch gegen den Präsidenten. Es wurden alle Gewerkschaften unterdrückt und jede Person von der Gewerkschaft, die seine Rechte verlangt hat, wurde verfolgt und verhaftet. Die Regierung hat unsere Arbeit in den Notaufnahmestellen nicht als humanitäre Arbeit gesehen, sondern als Oppositionsarbeit. Wir waren viel in den Medien und wir haben das Regime kritisiert, weil die Demonstranten getötet wurden.

...

BF: Wir lebten unter Angst, weil mehrere Arbeitskollegen in der Gewerkschaft verhaftet wurden. ...

BehV 1: Haben Sie noch Verwandte in Ägpyten?

BF: Ja. Meine Eltern, meine jüngere Schwester und meine drei Kinder.

BehV 1: Wie geht die Regierung mit ihnen um?

BF: Nachdem ich Ägypten verlassen habe, haben die Mitglieder meiner Familie den Wohnort mehrmals gewechselt. Aber aktuell gibt es nichts Neues.

..."

Aus den Aussagen des BF1 geht klar hervor, dass er keiner persönlichen konkreten Verfolgungssituation ausgesetzt war, da er eine solche nicht widergeben konnte, sondern sich auf Allgemeinheiten berief, wenn er davon spricht, dass "die Regierung unsere Arbeit [...] nicht als humanitäre Arbeit gesehen [hat...] Wir waren viel in den Medien [...]"

Die Feststellung, wonach die Beschwerdeführer Ägypten aus rein wirtschaftlichen bzw. beruflichen Gründen verlassen habe, wird auch durch das Vorgehen des BF bei seiner Antragstellung für ein Visum in Österreich unterstrichen (Protokoll vom 26.09.2019, S. 9f.):

"BehV 1: Bei der Antragstellung für Ihr Visum haben Sie angegeben, dass Sie nur auf Urlaub nach Österreich wollen und nach Somalia zurückkehren werden, da Sie dort an einem Projekt arbeiten. Wie verträgt sich das mit Ihrer Antwort, dass es sich dabei nur um eine Übergangsphase gehandelt hätte?

BF: Als ich Somalia verlassen habe, hatte ich mehrere Optionen, eine Option davon in Österreich zu bleiben, wenn das rechtlich möglich war. Oder in den USA zu reisen, weil ich damals ein Visum für die USA hatte oder in die Türkei und die letzte Option war, nach Somalia zurückzukehren.

RI: Das heißt, sie haben bei der Antragstellung auf Visum, die Unwahrheit gesagt?

BF: Ich bin nach Österreich gekommen, um meine Familie zu besuchen. Und ich habe nachgefragt, ob sie mich in Deutschland und Österreich weiterbilden können. Ich war Partner an einem Krankenhaus in Somalia, ich habe dort mein ganzes Haus verlassen. Ich habe im Krankenhaus mehr als 30.000 Dollar verloren. Ich hatte Angst, nach Somalia zurückzukehren. Wenn ich keine andere Option gehabt hätte, wäre ich zurückgekehrt.

RV: Heißt das, dass Sie sich erst in Österreich für einen Asylantrag entschieden haben?

BF: Ja, als ich Somalia verlassen habe, war die Option Asyl in Österreich zu beantragen, keine Option für mich.

BehV 1: Wenn Sie zur österreichischen Botschaft gehen, um das Visum zu beantragen, warum haben Sie da mit keinem einzigen Wort erwähnt, dass Ihnen Gefahr in Ägypten droht?

BF: Wenn jemand um ein Visum beantragt, muss gewissen Fragen beantworten, und diese Fragen habe ich beantwortet.

..."

Es ist für den erkennenden Richter deutlich, dass der BF1 sich erst während seines (anfangs legalen) Aufenthaltes in Österreich dazu entschlossen hat, einen Asylantrag zu stellen, um sich so sein weiteres Aufenthaltsrecht zu sichern und seine Karriere als Arzt vorantreiben zu können. Hierfür spricht auch, dass er in weiterer Folge angibt, sich sämtliche Optionen offengehalten zu haben und dann hier in Österreich von anderen Ägyptern erfahren zu haben, Asyl in Österreich beantragen zu können; dies hat er als eine Option gesehen (Protokoll vom 26.09.2019, S. 11). Weiters legte der BF1 der belangten Behörde die Übersetzung seines Dienstzeugnisses (Nr. 186) vom 13.03.2017 vor in welchem ua vermerkt ist: "Ihm wurde ein unbezahlter Urlaub von 01.06.2015 bis 31.05.2017 genehmigt, um seine Frau zu begleiten. Er arbeitet bis heute im Insittut." (AS 533). Es ist nicht plausibel und nachvollziehbar, wieso der BF1 Ägypten im Februar 2015 fluchtartig verlassen haben will um sich in weiter Folge bei seinem Arbeitgeber für zwei Jahre beurlauben zu lassen. Laut dem von ihm im Rahmen seiner Visum C-Prüfung vorgelegte Arbeitsvertrag mit dem Ägyptischen Krankenhaus in Somaliland vom 20.02.2015 beginnt das Arbeitsverhältnis am 01.03.2015 und endet am 29.02.2016 (AS 221). Den Antrag auf Erteilung eines Visums C wurde vom BF1 am 17.03.2016 (also nach Beendigung seines Dienstverhältnisses) in der österreichischen Botschaft in Nairobi gestellt (AS 167). Es sohin davon auszugehen, dass er sich nach der Beendigung seines Dienstverhältnisses in Somaliland dazu entschieden hat, seine weiter berufliche Karriere in Österreich fortzusetzen. Auch die Tatsache, dass er seine Verfolgungsgefa

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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