Entscheidungsdatum
07.02.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I408 2201924-1/14E
Schriftliche Ausfertigung des am 20.01.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerden des XXXX (auch XXXX auch XXXX), geb. XXXX, StA. IRAK, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2018, ZI. 1089468110-151470628, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.01.2020, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in Österreich am 01.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am selben Tag wurde er durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einvernommen. Zu seinem Fluchtgrund befragt gab er an, homosexuell zu sein. Er habe im Irak einen Freund gehabt und muslimische Gruppen haben ihn deswegen verfolgt.
In einer niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 15.05.2018 gab der Beschwerdeführer an, dass er im Irak für ca. eineinhalb Jahre eine Beziehung mit einem Mann gehabt habe, welche er auch in der Öffentlichkeit ausgelebt habe. Einmal habe er sich mit seinem Freund in einem Park geküsst, ein anderes Mal haben sie im Park miteinander geschlafen. Beide Male seien sie von den Milizen erwischt und bedroht worden. Schlussendlich sei sein Freund von den Milizen umgebracht worden. Er habe Angst gehabt auch getötet zu werden und daraufhin den Irak verlassen. Außerdem gebe es im Irak das Stammesgesetz, weswegen er aufgrund seiner Homosexualität zusätzlich Probleme mit der Familie bekommen hätte. Aktuell sei er bisexuell und seit XXXX mit einer Österreicherin verheiratet, mit welcher er auch zusammenlebe.
Das BFA wies am 29.06.2018 mit Bescheid den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Dazu wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für seine freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt VI.). Das Vorbringen des Beschwerdeführers wurde für nicht glaubhaft befunden.
Dagegen wurde fristgerecht am 20.07.2020 Beschwerde in vollem Umfang erhoben.
Mit Schriftsatz vom 24.07.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 26.07.2018, legte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 20.01.2020 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch. Im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch wurde der Beschwerdeführer u.a. zu seiner Identität, zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat, zu den Fluchtgründen sowie zu seinem Leben in Österreich ausführlich befragt. Der Beschwerdeführer gab an, dass er bei einer Rückkehr von den Milizen aufgrund seiner Homosexualität getötet werden würde. Auch sein Vater habe, nachdem er von seiner Homosexualität erfahren habe, nicht mehr mit ihm geredet. Die Polizei könne ihn nicht schützen. Zudem wurde auch die Ehefrau des Beschwerdeführers einvernommen.
Im Anschluss an die Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet.
Mit Schreiben vom 24.01.2020 wurde vom Beschwerdeführer die schriftliche Ausfertigung des gegenständlichen Erkenntnisses beantragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger, bekennt sich zum muslimischen Glauben und gehört der Volksgruppe der Schiiten an. Da der Beschwerdeführer schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrollen einreiste und bei der Ersteinvernahme am 01.10.2015 keine Identitätsdokumente vorlegte, handelt es sich bei dem im Spruch angeführten Namen nur um eine Verfahrensidentität.
Erst am 01.06.2016 legte er der belangten Behörde seinen irakischen Personalausweis vor und seine Identität, im Spruch als Alias-Identität angeführt, steht damit fest.
Der Beschwerdeführer stammt aus Bagdad und war dort bis zu seiner Ausreise aufhältig.
Im Irak leben Angehörige des Beschwerdeführers, nämlich seine Eltern, sechs Brüder und drei Schwestern. Er hat regelmäßigen Kontakt, hauptsächlich zu seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beziehung zu seiner Familie in irgendeiner Form belastet ist.
Der Beschwerdeführer besuchte im Irak acht Jahre lang die Schule und bestritt seinen Lebensunterhalt als Profifußballspieler.
Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in Österreich ein und hält sich zumindest seit 01.10.2015 in Österreich auf.
Am XXXX heiratete er der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsbürgerin, mit der er seit XXXX in einem gemeinsamen Haushalt lebt (AS 49).
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. In den letzten beiden Jahren war er vom 05.03.2018 bis 29.06.2018, vom 06.09.2018 bis 12.12.2018, vom 11.03.2019 bis 28.06.2019 sowie vom 12.08.2019 bis 13.12.2019 in einer Gärtnerei bzw. Baumschule als Hilfsarbeiter beschäftigt. Er ist aktives Mitglied eines Fußballvereins. Dadurch hat er zahlreiche Bekanntschaften geschlossen. Trotz dieser Bemühungen sich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht zu integrieren, spricht der Beschwerdeführer kein, seiner Aufenthaltsdauer entsprechendes Deutsch. Er hat am 04.07.2016 eine A1 Deutsch-Prüfung bestanden und 2017 noch Bildungsveranstaltungen zu Deutsch A2 an der Volkshochschule besucht, danach konnten aber keine weiteren gezielten Aktivitäten zur Verbesserung der Sparkompetenz festgestellt werden.
Bis August 2019 bezog der Beschwerdeführer Leistungen der staatlichen Grundversorgung. Aufgrund der saisonalen Beschäftigungsverhältnisse seit 2018 ist der Beschwerdeführer selbsterhaltungsfähig.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer den Irak aufgrund einer homosexuellen Beziehung verlassen musste.
Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers folglich nicht festgestellt werden, dass dieser in Irak einer persönlichen Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt war.
Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.
1.3. Zur allgemeinen Situation im Irak:
Seit dem Sieg über den IS kehrt der Irak nach den Jahren bewaffneter Auseinandersetzungen und Übergriffen unter den einzelnen Bevölkerungsgruppen/religiösen Bekenntnissen langsam zur Normalität zurück und widmet sich verstärkt dem Wiederaufbau, der auch international Unterstützt wird. Die Korruption, das Wiedererlangen von Vertrauen innerhalb der gespaltenen Gesellschaft, die Beseitigung der Zerstörungen der Infrastruktur und die Eingliederung der Milizen in die staatlichen Strukturen geht langsam vor sich, vielen zu langsam und das findet in unterschiedlichster Ausprägungen ihren Niederschlag (IS und Milizen zeigen in Form von gezielten Anschlägen ihre Präsenz, Bevölkerungsgruppen demonstrieren und bringen ihre Unzufriedenheit aktiv zum Ausdruck, etc). Sie haben sich aber zuletzt auf einem Niveau eingependelt, dass für Personen, die keine besondere Vulnerabilität aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse aufweisen, eine Rückkehr zumutbar und damit auch zulässig ist. Im gegenständlichen Fall kommt hinzu, dass der BF arbeitsfähig ist und keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufweist, in Bagdad aufgewachsen ist und dort zuletzt auch gelebt hat und über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt.
Homosexualität ist im Irak geächtet, aber eine gezielte Verfolgung Homosexueller ist aus den Länderberichten nicht erkennbar. Das Strafgesetzbuch des Irak verbietet gleichgeschlechtliche Intimität nicht (HRW 18.1.2018). Es gibt keine Gesetze, die gleichgeschlechtliches Verhalten (same-sex conduct) kriminalisieren (HRW 16.4.2018). Nach Artikel 394 ist jedoch das Eingehen einer außerehelichen sexuellen Beziehung strafbar (HRW 18.1.2018). Die Behörden stützen sich auf Anklagen wegen Sittlichkeitsvergehen oder Prostitution, um gleichgeschlechtliche sexuelle Aktivität strafrechtlich zu verfolgen (USDOS 20.4.2018).
Auch wenn sensible Themen zunehmend öffentlich diskutiert werden, wird Homosexualität weitgehend tabuisiert und von großen Teilen der Bevölkerung als unvereinbar mit Religion und Kultur abgelehnt. Homosexuelle leben ihre Sexualität meist gar nicht oder nur heimlich aus und sehen sich Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung ausgesetzt. Es besteht ein hohes Risiko sozialer Ächtung (AA 12.2.2018) bis hin zu Ehrenmorden (AA 12.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Konfessionelle Milizen haben in den letzten Jahren wiederholt Mitglieder sexueller Minderheiten bedroht und verfolgt und werden mit Ermordungen von homosexuellen Männern in Verbindung gebracht (AA 12.2.2018). Lokale Quellen berichteten, dass Milizen "Tötungslisten" verfasst und als Angehörige sexueller Minderheiten wahrgenommene Männer hingerichtet haben (USDOS 20.4.2018)
Unter den schiitischen Milizen der PMF, wurden in den letzten Jahren vor allem den Asa'ib Ahl al-Haqq zahlreiche Gewalttaten homophober und transphober Natur zugeschrieben. Auch im Jahr 2017 kam es Berichten zufolge zu Tötungen schwuler Männer durch die Asa'ib Ahl al-Haqq (HRW 16.4.2018). Der IS veröffentlichte Videos über Hinrichtungen von Personen, die wegen homosexueller Aktivitäten angeklagt waren, einschließlich durch Steinigungen und das Werfen aus/von Gebäuden. Einige bewaffnete Gruppen starteten eine Kampagne gegen homosexuelle Personen in Bagdad (USDOS 20.4.2018).
Eine polizeiliche Untersuchung ist in den wenigsten Fällen bekannt geworden; die Polizei wird mitunter eher als Bedrohung denn als Schutzmacht empfunden (AA 12.2.2018). Trotz wiederholter Drohungen und Gewalttaten gegen Angehörige sexueller Minderheiten hat es die Regierung verabsäumt, Angreifer zu identifizieren, festzunehmen oder strafrechtlich zu verfolgen bzw. mögliche Opfer zu schützen (USDOS 20.4.2018). Staatliche Rückzugsorte für Angehörige sexueller Minderheiten gibt es nicht, die Anzahl privater Schutzinitiativen ist sehr beschränkt (AA 12.2.2018).
Diskriminierung von Angehörigen sexueller Minderheiten sind in Bezug auf Beschäftigung, Beruf und Wohnen im Irak weit verbreitet. Es kommt auch zu Gewalt vonseiten der Familien und nichtstaatlicher Akteure (USDOS 20.4.2018).
Eine in den Irak zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen und der in seinem Herkunftsort Bagdad über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.
2. Beweiswürdigung:
Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen gebliebenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Zudem wurden Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), der Sozialversicherung (SV) und der Grundversorgung (GVS) eingeholt.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers sowie seiner Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit und zur nachträglichen Vorlage von Identitätsdokumenten ergeben sich aus der Niederschrift zur Erstbefragung nach dem AsylG (AS 23) und dem Behördenakt (AS 47). Aus den, im Zuge der Eheschließung vorgelegten Dokumenten geht seine Identität zweifelsfrei hervor.
Aus den Angaben des Beschwerdeführers kann ebenfalls zweifelsfrei erhoben werden, dass er aus Bagdad stammt, im Irak über einen Schulabschluss verfügt, dort seinen Lebensunterhalt als Profifußballer bestritten hat und mit den dort lebenden Angehörigen weiterhin in regelmäßigem Kontakt steht. Dass das Verhältnis zu seiner Familie in irgendeiner Form belastetet wäre, ist nicht hervorgekommen. So bestätigte auch die Ehefrau des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, dass er mit seiner Familie in regelmäßigem Kontakt stehe und betonte, dass ihm die Familie über alles gehe.
Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers erschließt sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung. Auch aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen ableitbar.
Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse, die Lebensumstände und die Integration des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers, den vorgelegten Dokumenten (Beschäftigungsbewilligung AMS vom 20.05.2019, Gehaltsabrechnungen März und April 2018 sowie August, September und Oktober 2019, Mitgliedskarte Rotes Kreuz 2019, Bestätigung Fußballvereinsmitgliedschaft, Deutschzertifikat Niveau A1, Teilnahmebestätigungen Deutschkurse, Bestätigung Erste-Hilfe-Auffrischungskurs) und einem Auszug aus dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.
Die Feststellung zu seinen in Relation zur Aufenthaltsdauer geringen Deutschkenntnissen, beruht auf dem persönlichen Eindruck in der Verhandlung und dem Umstand, dass er bisher nur eine Deutschprüfung auf Niveau A1 abgelegt hat und seit 2017, als er noch einen A2-Deutschkurs besuchte, keine weiteren Aktivitäten zur Verbesserung seiner Sprachkenntnisse gesetzt hat.
Das Familienleben des Beschwerdeführers mit seiner Ehegattin ist evident. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung die Namen der Enkelkinder seine Ehefrau nicht exakt und fehlerfrei anführen konnte.
Der Bezug von Leistungen der Grundversorgung bzw. des Bezuges von Arbeitslosengeldes seit seiner saisonbedingen Beschäftigung ist dem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem sowie dem Auszug aus dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zu entnehmen. Daraus ergibt sich auch die Feststellung seiner Selbsterhaltungsfähigkeit.
Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.
2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:
Zunächst ist festzuhalten, dass schon die belangte Behörde in Ihrem Bescheid nachvollziehbar dargelegt hat, warum sie das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers als nicht glaubhaft angesehen hat.
Der Beschwerdeführer gab zusammengefasst an, dass er den Irak verlassen habe, weil er wegen seiner homosexuellen Orientierung von Milizen verfolgt worden sei und er, bei einem Verbleib im Lande, auch mit seiner Familie Schwierigkeiten bekommen hätte.
Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.
Zunächst ist anzuführen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers, zwei Mal im Park gemeinsam mit seinem Freund, einmal beim Küssen und ein zweites Mal beim Geschlechtsverkehr, von Milizen erwischt worden zu sein, nicht glaubhaft ist. Dies schon alleine deswegen, weil islamistische Milizen, nachdem sie den Beschwerdeführer beim Geschlechtsverkehr mit einem Mann erwischt und sich daran gestört hätten, nicht nur einfach darauf hingewiesen hätten, dass, sollte er sich die Homosexualität nicht abgewöhnen, sie ihn umbringen würden, sondern mit Sicherheit ein wesentlich aggressiveres Verhalten an den Tag gelegt und schon zur Einschüchterung körperliche Gewalt angewendet hätten.
Zu seinem Freund (Charakter, Aussehen usw.) näher befragt, machte er nur vage und oberflächliche Angaben. So beschrieb er den Charakter seines Freundes beim BFA lediglich mit: "Er war immer ruhig." (AS 231) und gab vor dem Bundesverwaltungsgericht an: "Er war ruhig. Wir waren gemeinsam spazieren, Kaffee getrunken. Wir waren in einer Sischa-Bar und wir hatten zweimal Geschlechtsverkehr." (Seite 10, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 20.01.2020). Im Wesentlichen wird die Beziehung zum Freund auf die beiden Vorfälle in der Öffentlichkeit (einmal von der Miliz beim Küssen und einmal beim Geschlechtsverkehr erwischt) reduziert, wobei die zeitliche Komponente unbestimmt bleibt. So konnte er zu den von ihm geschilderten Vorfällen keine genauen Zeitangaben machen und gab noch beim Bundesamt an, nicht zu wissen, wann sich diese ereignet hätten (AS 231). Vor dem Bundesverwaltungsgericht erklärte er dann, dass sein Freund 2014 oder 2013, nein doch 2014 getötet worden sei und er Ende 2015 den Irak verlassen habe. Im Anschluss meinte er dann, sein Freund sei im November oder Dezember 2014 getötet worden, wann genau er den Irak verlassen habe, wisse er jedoch nicht mehr (Seite 10, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 20.01.2020).
Es kann in diesem Zusammenhang nicht als Aufgabe des Bundesamtes und des Gerichtes gesehen werden, vage und pauschaln Angaben bzw. Andeutungen durch mehrmaliges Nachfragen zu konkretisieren, sondern es liegt am Beschwerdeführer ein detailliertes und stimmiges Vorbringen zu erstatten, um die nötige Glaubwürdigkeit zu erlangen.
Die Ermordung des Freundes durch die Milizen wird zum einen in der Ersteinvernahme mit keinem Wort erwähnt und in weiterer Folge zum anderen nur äußerst oberflächlich und emotionslos geschildert. Auch wenn der Beschwerdeführer diesbezüglich befragt, anführte, dass ihm mitgeteilt worden sei, dass er im Laufe des Verfahrens Gelegenheit habe, alles ausführlich zu schildern (Seite 11, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 20.01.2020), erscheint es dennoch unglaubwürdig, dass der Beschwerdeführer gerade die gefühlte Bedrohung nach der Ermordung seines Freundes und das letztendlich fluchtauslösende Ereignis gänzlich unerwähnt ließ.
Ein weiterer Widerspruch besteht darin, dass der Beschwerdeführer beim BFA zunächst angab, dass sein Handy bei der Flucht ins Meer gefallen sei und er deswegen auch keine Fotos von seinem damaligen Freund habe (AS 229), dann aber Fotos, welche ihn neben einem anderen Mann zeigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nachreichte. Diesen Fotos kommt keine Beweiskraft zu, da weder deren Herkunft bekannt ist, noch daraus geschlossen werden kann, in welchem Verhältnis die beiden abgebildeten Männer zueinanderstehen.
Schließlich hat der Beschwerdeführer auch betreffend eine Verfolgung durch seine Familie bzw. seinen Stamm nichts Substantiiertes und Konkretes angeführt, sondern lediglich gemeint, dass es Stammesgesetze gebe, weswegen er aufgrund seiner Probleme mit der Familie Probleme bekommen hatte können (AS 228). Dass er von seiner Familie eine Verfolgung zu befürchten hat bzw. gehabt hätte, ergibt sich daraus nicht, zumal er immer noch in laufenden Kontakt zu seiner Familie steht. Auch aus den Angaben seiner Ehefrau in der mündlichen Verhandlung ergaben sich keine Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer Furcht vor Reaktionen seiner Familie hätte, obwohl diese von den Milizen darüber informiert worden sein sollten (AS 225). Vielmehr relativiert sich dadurch seine Aussage, dass sein Vater aufgrund seiner Homosexualität nicht mehr mit ihm reden würde (AS 229; Seite 11, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 20.01.2020).
All diese Ungereimtheiten und Widersprüche zeigen, dass mit allen Mitteln versucht wird, eine asylrelevante Fluchtgeschichte zu konstruieren.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher den tragenden Erwägungen des BFA an und kommt ebenfalls zur Feststellung, dass das gesamte Vorbringen rund um die Verfolgung des Beschwerdeführers unglaubhaft ist.
2.4. Zu den Länderfeststellungen:
Die unter Punkt 1.3 getroffenen Feststellungen zur Lage im Irak basieren auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 30.10.2019. Zu den darin verwendeten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Der Beschwerdeführer, dem das Länderinformationsblatt mit der Ladung übermittelt worden war und das Ergebnis in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, trat den Quellen und deren Kernaussagen nicht entgegen.
Auch aus dem Abschnitt über sexuelle Minderheiten des Länderberichtes, auf den von der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers im Zuge der Erörterung hingewiesen wurde, ergibt sich zwar eine gesellschaftliche Ächtung, verbunden mit einzelnen Übergriffen, aber keine systematische Verfolgung von Homosexuellen. Zudem ist Homosexualität im Irak nicht strafbar. Dass homosexuelle Handlungen in der Öffentlichkeit, wie der vom Beschwerdeführer angeführte Geschlechtsverkehr in einem öffentlichen Park ("wir hatten miteinander Sex"), auch im Irak verpönt ist und zu Überreaktionen führt, kann nicht ausgeschlossen werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung". Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. z.B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011).
Im gegenständlichen Fall sind die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Grund, nicht gegeben. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Verfolgung wegen seiner Homosexualität könnte zwar als eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe angesehen werden (EuGH 7.11.2013, C-199/12 ua, X, Y und Z), doch ist das Fluchtvorbringen nicht glaubhaft. Zudem ist Homosexualität im Irak nicht strafbar.
Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben.
3.2. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Dabei ist zu prüfen, ob im Falle der Rückführung des Beschwerdeführers in den Irak Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde.
Betreffend die Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz hat der Verwaltungsgerichtshof (insbesondere) auf den Maßstab des Art. 3 EMRK abgestellt. So hat der Verwaltungsgerichtshof (in Zusammenhang mit Afghanistan) auf die ständige Judikatur des EGMR verwiesen, wonach es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 23.2.2016, Ra 2015/01/0134, mit Verweis auf EGMR 5.9.2013, Nr. 61204/09, I. gg. Schweden).
Bei der Prüfung und Zuerkennung von subsidiärem Schutz im Rahmen einer gebotenen Einzelfallprüfung sind konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zur Frage zu treffen, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein "real risk" einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Die dabei anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen. Zu berücksichtigen ist auch, ob solche exzeptionellen Umstände vorliegen, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 mwN). Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend (vgl. VwGH 25.5.2016, Ra 2016/19/0036; dem folgend aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 23.1.2018, Ra 2017/20/0361, mwN).
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH hat ein Drittstaatsangehöriger "nur dann Anspruch auf subsidiären Schutz [...], wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass er bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, eine der drei in Art. 15 der Richtlinie definierten Arten eines ernsthaften Schadens zu erleiden" (vgl. zuletzt EuGH 24.4.2018, C-353/16, MP, Rn. 28, mwN). Art. 15 der Statusrichtlinie definiert als "ernsthaften Schaden": die Todesstrafe oder Hinrichtung (lit. a); Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland (lit. b) und eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (lit. c).
Dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte.
Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen. Bagdad zählt nicht zu den stark sicherheitsgefährdeten Regionen und liegen diesbezüglich auch kein Vorbringen von Seiten des Beschwerdeführers vor.
Das erkennende Gericht kann auch nicht erkennen, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. hiezu grundlegend VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer dazu nichts vorgebracht hat, kann auch aus dem Länderberichten nicht erkannt werden, dass es ihm im Falle einer Rückführung in den Irak jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und er in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmitteln oder einer Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.
Der BF ist ein gesunder und arbeitsfähiger Mann mit hinreichender Schulbildung. Die grundsätzliche Möglichkeit einer Teilnahme am Erwerbsleben kann in Ansehung des Beschwerdeführers vorausgesetzt werden. Das BVwG geht demnach davon aus, dass der Beschwerdeführer im Irak grundsätzlich in der Lage sein wird, sich mit eigener Erwerbstätigkeit ein ausreichendes Einkommen zur Sicherstellung des eigenen Lebensunterhalts zu erwirtschaften. Ferner ist davon auszugehen, dass er von seinen Verwandten Unterstützung, etwa durch Zurverfügungstellung von Nahrung und Unterkunft, finden wird.
Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, konkret im Großraum Bagdad, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde, liegt nicht vor (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059).
Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden.
Weder droht ihm im Herkunftsstaat das reale Risiko einer Verletzung der oben genannten gewährleisteten Rechte, noch bestünde die Gefahr, der Todesstrafe unterzogen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.
Die Beschwerde bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.
3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das BFA unter Zitierung des § 57 AsylG 2005 zwar ausgesprochen hat, dass ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde, dass sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides jedoch unzweifelhaft ergibt, dass das BFA tatsächlich rechtsrichtig über eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 abgesprochen und eine solche nicht erteilt hat.
Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 sind allerdings nicht gegeben und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.
Die Beschwerde war daher auch in Bezug auf Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.
3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
Der Antrag auf internationalen Schutz wird mit gegenständlicher Entscheidung abgewiesen, daher ist gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu prüfen. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch eine geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zu.
So ist grundsätzlich nach negativem Ausgang des Asylverfahrens - infolge des damit einhergehenden Verlustes des vorläufig während des Verfahrens bestehenden Rechts zum Aufenthalt und sofern kein anderweitiges Aufenthaltsrecht besteht - der rechtmäßige Zustand durch Ausreise aus dem Bundesgebiet wiederherzustellen (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2014, 2013/22/0028)."
Ebenso entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich in seinem Gewicht gemindert ist, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. April 2013, 2013/22/0106, mwN).
Einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zu (vgl. etwa VwGH 10.4.2019, Ra 2019/18/0058, mwN). Vielmehr wird verlangt, dass die in dieser Zeit erlangte Integration außergewöhnlich ist, um die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären und einen entsprechenden Aufenthaltstitel zu rechtfertigen (vgl. etwa VwGH 10.4.2019 Ra 2019/18/0049, mwN).
Aus zwei Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH, 30.06.2016, Ra 2016/21/0122 bis 0125-7; VwGH, 30.06.2016, Ra 2016/21/0076-10) lässt sich zudem erkennen, dass eine Aufenthaltsbeendigung nach einem Aufenthalt von sechs Jahren im Bundesgebiet trotz vorhandener Integrationsschritte (Deutschkenntnisse, Selbsterhaltungsfähigkeit) im öffentlichen Interesse liegen kann und dass Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Heimatland die Interessen an einem Verbleib in Österreich nicht in entscheidender Weise zu stärken vermögen, sondern dass diese - letztlich auch als Folge des seinerzeitigen, ohne ausreichenden Grund für eine Flucht nach Österreich vorgenommenen Verlassens des Heimatlandes - im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen sind.
Allerdings kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Bindung eines Fremden an einen österreichischen Ehepartner im Rahmen der Abwägung nach Art. 8 EMRK große Bedeutung zu, was auch in der Bestimmung des § 9 Abs. 2 letzter Satz BFA-VG Ausdruck findet. Eine Trennung von einem Ehepartner ist nur dann gerechtfertigt, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein sehr großes Gewicht beizumessen ist (Hinweis E 18. Okotber 2012, 2011/23/5303). Bei dieser Einschätzung ist zu berücksichtigen, ob sich die beiden Ehepartner zum Zeitpunkt des Eingehens der Ehe die Unsicherheit des gemeinsamen Familienlebens in evidenter Weise klar sein mussten (in diesem Sinne VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271) und es ist auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. WwGH 10. November 2015, Ro 2015/19/0001)
Im gegenständlichen Fall ist jedenfalls zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer bislang nur aufgrund eines letztlich unbegründeten Antrages auf internationalen Schutz in Österreich aufenthaltsberechtigt war und dass die Ehe erst vor zwei Jahren geschlossen wurde. Beide Ehepartner, die sich seit 2016 kennen und mit Ihrem Zusammenziehen begannen, die Identität des Beschwerdeführers richtigzustellen, waren sich von Anbeginn des unsicheren Aufenthaltes bewusst.
Es wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer mit seiner Ehefrau ein Familienleben führt und auch einige Schritte gesetzt hat, um sich im Bundesgebiet zu integrieren. Trotz seiner saisonbedingten Beschäftigung als Hilfsarbeiter 2018 und 2019 und seine aktive Mitgliedschaft bei einem Fußballverein und den daraus resultierenden Bekanntschaften stagnieren seine Deutschkenntnisse auf bescheidenem Niveau und sind nicht über einen A1-Abschluss hinausgekommen. Der körperlich und gesundheitlich nicht beeinträchtigte Beschwerdeführer beherrscht die Sprache seines Herkunftsstaates deutlich besser und verfügt über familiäre Bezugspunkte im Herkunftsstaat. Eine Rückkehr ist, wie unter Okt. 3.2. ausgeführt, zumutbar und vetretbar.
Es wurde in der Verhandlung von der Ehefrau des Beschwerdeführers glaubhaft dargetan, dass sie eine ehrliche Zuneigung zum Beschwerdeführer hegt. Im Gegensatz dazu legt der Beschwerdeführer sein Schwergewicht auf seine privaten und sportlichen Kontakte und war beispielsweise in der Verhandlung nicht in der Lage, die Enkelkinder seiner Ehefrau richtig und zweifelsfrei zu benennen. Die Ehefrau des Beschwerdeführers ist selbsterhaltungsfähig und den Ehepartnern ist es daher zumutbar, den für eine Familienzusammenführung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz vorgesehen Weg in Anspruch zu nehmen, zumal dem Beschwerdeführer keine Sorgepflichten gegenüber Kindern zukommt.
Außergewöhnliche Integrationsschritte des Beschwerdeführers sind nicht erkennbar, sodass die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen. Der damit verbundene Eingriff in sein Familienleben ist im gegenständlichen Fall verhältnismäßig und zumutbar.
Im Ergebnis stellt daher angeordnete Rückkehrentscheidung zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben dar.
3.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):
Mit angefochtenem Bescheid wurde zudem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig ist. Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ausgeschlossen ist, was es verunmöglicht, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse vom 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und vom 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062).
3.6. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):
Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Derartige "besondere Umstände" wurden vom Beschwerdeführer nicht ins Treffen geführt und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.
Die Beschwerde war daher in allen Punkten abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Abschiebung, Asylantragstellung, asylrechtlich relevante Verfolgung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2201924.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.07.2020