TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/13 W251 2211642-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.02.2020
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Entscheidungsdatum

13.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W251 2211642-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.11.2018, Zl. 1114041406 - 160637637, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 06.05.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Die Erstbefragung fand am 07.05.2016 statt, die Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) fand am 12.04.2018 statt. Der Beschwerdeführer gab in der Erstbefragung an, dass er in Afghanistan keine Schule besuchen habe können, er habe auch keine Ausbildung machen können, er habe Angst vor dem Krieg. Beim Bundesamt gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass sein Vater aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten private Feinde habe. Diese würden auch den Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan bedrohen.

Ein eingeholtes Altersgutachten ergab, dass das vom Beschwerdeführer angegebene Geburtsdatum nicht dem Mindestalter entspricht.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze ab (Spruchpunkt I. und II.). Es wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.-V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte das Bundesamt aus, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe nicht habe glaubhaft machen können. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Er könne eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul, Herat sowie Mazar-e Sharif in Anspruch nehmen. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, welches einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.

3. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde. Er brachte im Wesentlichen vor, die Beweiswürdigung des Bundesamtes sei mangelhaft, da die Angaben des Beschwerdeführers glaubhaft seien. Das Bundesamt habe die Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung nicht verwerten dürfen. Der Beschwerdeführer sei in Afghanistan durch eine Blutfehde bedroht, der Staat sei nicht schutzfähig bzw. schutzwillig. Das Bundesamt hätte die UNHCR-Richtlinien sowie Berichte von EASO berücksichtigen und diese zugrunde legen müssen. Der Beschwerdeführer verfüge zudem über kein familiäres oder soziales Netzwerk in Afghanistan. Die Sicherheits- und Versorgungslage sei prekär. Die Rückkehrentscheidung greife zudem in das Privatleben des Beschwerdeführers ein, dieser sei sehr um Integration bemüht.

4. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 12.02.2020 eine mündliche Verhandlung durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Das tatsächliche Geburtsdatum des Beschwerdeführers steht nicht fest, er ist spätestens am 27.11.2016 volljährig geworden (Altersgutachten, AS 151). Er ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Tadschiken an. Er ist sunnitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Dari, er spricht zudem Farsi und etwas Deutsch. Er ist ledig und hat keine Kinder (Verhandlungsprotokoll vom 12.02.2020, OZ 9, S. 7).

Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Baghlan geboren und wuchs dort gemeinsam mit seinen Eltern, seinen zwei Brüdern und vier Schwestern auf. Der Beschwerdeführer besuchte 2 Jahre lang in Afghanistan eine Schule, er kann lesen und schreiben (AS 33; OZ 9, S. 7-8). Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan in der Landwirtschaft bei seinem Vater gearbeitet, im Iran hat er zudem zwei Jahre lang in einer Gürtelschnallenmanufaktur gearbeitet (OZ 9, S. 7, S. 8).

Der Beschwerdeführer lebte bis Ende 2013 in Afghanistan mit seiner Familie in seinem Heimatdorf. Dann ging er mit seiner Familie in den Iran, dort hielt er sich zwei Jahre lang auf. Anfang 2016 verließ der Beschwerdeführer den Iran und reiste nach Europa (AS 37-39).

Der Beschwerdeführer ist nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Der Beschwerdeführer leidet gelegentlich an Zahnschmerzen und nimmt dagegen Schmerzmittel. Ansonsten ist der Beschwerdeführer gesund (OZ 9, S. 5, S. 20).

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

1.2.1 Weder der Beschwerdeführer noch seine Familie waren in Afghanistan in eine Blutfehde oder in Grundstücksstreitigkeiten involviert. Weder der Beschwerdeführer noch seine Familie wurden in Afghanistan jemals bedroht oder angegriffen.

Der Beschwerdeführer hat Afghanistan weder aus Furcht vor Eingriffen in die körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen. Der Beschwerdeführer hat Afghanistan wegen der wirtschaftlichen Lage und der Sicherheitslage verlassen.

1.2.2. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität.

Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr nach Afghanistan wegen seiner Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Sunniten oder zur Volksgruppe der Tadschiken konkret und individuell weder physische noch psychische Gewalt.

Der Beschwerdeführer ist bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seines in Österreich ausgeübten Lebensstils oder seinem Aufenthalt in einem europäischen Land weder psychischer noch physischer Gewalt ausgesetzt.

1.3. Zum (Privat)Leben der Beschwerdeführer in Österreich:

Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und hält sich seit zumindest Mai 2016 durchgehend in Österreich auf. Er ist in Österreich aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG durchgehend rechtmäßig aufhältig (AS 3ff).

Der Beschwerdeführer verfügt über Deutschkenntnisse auf Niveau A2. Der Beschwerdeführer besuchte mehrere Integrationskurse, ein Jahr lang ein Jugendkollege sowie eine Polytechnische Schule (Beilage ./B bis ./F; OZ 9, S. 17f; AS 237ff).

Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung, er ist am österreichischen Arbeitsmarkt nicht integriert und geht keiner Erwerbstätigkeit nach. Er geht auch keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nach (Beilage ./I; OZ 9, S. 18).

Der Beschwerdeführer ist gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder nach Österreich eingereist. Der Bruder des Beschwerdeführers lebt derzeit in Österreich in derselben Unterkunft. Der Beschwerdeführer und sein Bruder haben nicht immer in derselben Unterkunft in Österreich gelebt. Der Bruder des Beschwerdeführers ist mittlerweile volljährig. Der Beschwerdeführer und sein Bruder geben ihr Geld in Österreich jeweils für sich aus, es bestehen keine wechselseitigen finanziellen Unterstützungen (OZ 9, S. 19f).

Eine Tante des Beschwerdeführers lebt mit ihren Kindern seit ca. fünf Jahren in Österreich und verfügt über den Status einer Asylberechtigten. Diese Tante hat der Beschwerdeführer erst in Österreich kennengelernt. Er hatte in Österreich zuerst nur telefonischen Kontakt zu ihr. Seit kurzem besucht er diese Tante und ihre Söhne alle ein bis zwei Monate (OZ 9, S. 12-13, S. 19).

Der Beschwerdeführer hat zudem einen Onkel mütterlicherseits in Österreich, zu diesem hatte er bisher keinen Kontakt (OZ 9, S. 21).

Der Beschwerdeführer konnte in Österreich Freundschaften zu anderen Asylwerbern, einer Patin, zu seinen Deutschlehrern und Mitarbeitern in seiner Unterkunft knüpfen (OZ 9, S. 20). Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine sonstige enge soziale Bindungen, wie eine Ehefrau oder Kinder.

Der Beschwerdeführer wird von Vertrauenspersonen als sehr selbständig, gut organisiert, rasch in der Auffassung, sehr geschickt und sehr anpassungsfähig beschrieben (AS 247a, AS 247b, Beilage ./A).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Beilage ./I).

1.4. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer könnte bei einer Rückkehr in die Provinz Baghlan aufgrund der dort herrschenden allgemeinen schlechten Sicherheitslage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

Die Eltern, ein Bruder und die Schwestern des Beschwerdeführers wohnen derzeit in Teheran im Iran. Der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu seiner Familie.

Der Beschwerdeführer verfügt zudem über eine Tante und zwei Onkel väterlicherseits. Der Beschwerdeführer verfügt auch über drei Tanten mütterlicherseits, die mit ihren Familien in der Provinz Baghlan leben (OZ 9, S. 13). Der Beschwerdeführer kann über seine in Österreich lebende Tante Kontakt zu den Tanten und deren Familien in Afghanistan herstellen.

Der Beschwerdeführer kann Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Der Beschwerdeführer hat bereits in der Stadt Teheran sowie in Wien gelebt, ihm sind städtische Strukturen daher bekannt.

Der Beschwerdeführer ist anpassungsfähig und kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen (OZ 9, S. 18, Beilage ./A).

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Herat oder Mazar-e Sharif kann der Beschwerdeführer grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen und in Herat oder Mazar-e Sharif einer Arbeit nachgehen und sich selber erhalten.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich, nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Herat oder in der Stadt Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.5. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat

Die Länderfeststellungen zur Lage in Afghanistan basieren auf nachstehenden Quellen:

-

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan in der Fassung der Gesamtaktualisierung vom 13.11.2019 (LIB),

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UNHCR Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 (UNHCR)

-

EASO Country Guidance: Afghanistan vom Juni 2019 (EASO)

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ACCORD Bericht, Sicherheitslage und die soziökonomische Lage in Herat und in Masar-e Scharif" vom 26.11.2109 (ECOI Herat und Mazar-e Sharif)

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EASO Bericht, Afghanistan Netzwerke, Stand Jänner 2018

1.5.1 Allgemeine Sicherheitslage

Afghanistan ist ein Zentralstaat mit 34 Provinzen, die in Distrikte gegliedert sind. Auf einer Fläche von ca. 632.000 Quadratkilometern leben ca. 32 Millionen Menschen (LIB, Kapitel 2).

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren (LIB, Kapitel 3). Die Hauptlast einer unsicheren Sicherheitslage in der jeweiligen Region trägt die Zivilbevölkerung (UNHCR, Kapitel II. B).

Für die Sicherheit in Afghanistan sind verschiedene Organisationseinheiten der afghanischen Regierungsbehörden verantwortlich. Die Afghan National Defense and Security Forces (ANDSF) umfassen militärische, polizeiliche und andere Sicherheitskräfte. Das Innenministerium ist primär für die interne Ordnung zuständig, dazu zählt auch die Afghan National Police (ANP) und die Afghan Local Police (ALP). Die Afghan National Army (ANA) ist für die externe Sicherheit verantwortlich, dennoch besteht ihre Hauptaufgabe darin, den Aufstand im Land zu bekämpfen. Die ANP gewährleistet die zivile Ordnung und bekämpft Korruption sowie die Produktion und den Schmuggel von Drogen. Der Fokus der ANP liegt derzeit in der Bekämpfung von Aufständischen gemeinsam mit der ANA. Die ALP wird durch die USA finanziert und schützt die Bevölkerung in Dörfern und ländlichen Gebieten vor Angriffen durch Aufständische (LIB, Kapitel 5).

In Afghanistan sind unterschiedliche regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv, welche eine Bedrohung für die gesamte regionale Sicherheit und Stabilität in Afghanistan darstellen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und Angriffen auf staatliche Einrichtungen und gegen Gläubige und Kultstätten bzw. religiöse Minderheiten aus (LIB, Kapitel 3).

1.5.2 Allgemeine Wirtschaftslage

Afghanistan ist nach wie vor eines der ärmsten Länder der Welt und stark von internationalen Hilfsgeldern abhängig. Dabei bleibt das Gefälle zwischen urbanen Zentren und ländlichen Gebieten Afghanistans eklatant. Lebensgrundlage für rund 80% der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (LIB, Kapitel 21).

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist angespannt und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Persönliche Kontakte, Empfehlungen sowie ein Netzwerk sind wichtig um einen Job zu finden. Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen. Fähigkeiten, die sich Rückkehrer im Ausland angeeignet haben, können eine wichtige Rolle bei der Arbeitsplatzsuche spielen. Der afghanische Arbeitsmarkt ist durch eine starke Dominanz des Agrarsektors, eine Unterrepräsentation von Frauen und relativ wenigen Möglichkeiten für junge Menschen gekennzeichnet. Ebenso korreliert ein Mangel an Bildung mit Armut, wobei ein niedriges Bildungsniveau und Analphabetismus immer noch weit verbreitet sind. In Afghanistan existiert keine finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit (LIB, Kapitel 21).

In den Jahren 2016-2017 lebten 54,5% der Bevölkerung unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Immer mehr Menschen greifen auf negative Bewältigungsmechanismen wie Kleinkriminalität, Kinderehen, Kinderarbeit und Betteln zurück, von denen insbesondere Binnenvertriebene betroffen sind. Der Zugang zu einer produktiven oder entgeltlichen Beschäftigung ist begrenzt, 80% der Beschäftigung gelten als anfällig und unsicher in Form von Selbst- oder Eigenbeschäftigung, Tagarbeit oder unbezahlter Arbeit. Der saisonale Effekt ist erheblich. Die Arbeitslosenquote ist in den Frühlings- und Sommermonaten relativ niedrig (rund 20%), während sie im Winter 32,5% erreichen kann (EASO, Common Analysis Afghanistan, Kapitel V).

In Afghanistan gibt es neben der Zentralbank auch mehrere kommerzielle Banken. Es ist mittlerweile auch relativ einfach, in Afghanistan ein Bankkonto zu eröffnen. Geld kann auch über das Hawala System (Form des Geldtausches) transferiert werden. Dieses Systemfunktioniert schnell, zuverlässig und günstig. Spezielle Dokumente sind nicht notwendig und der Geldtransfer ist weltweit möglich und wird von verschiedenen Bevölkerungsschichten verwendet (LIB, Kapitel 21).

Im Zeitraum von 2016 bis 2017 waren 44,6% der afghanischen Bevölkerung sehr stark bis mäßig von Lebensmittelunsicherheit betroffen. In allen Wohnbevölkerungsgruppen war seit 2011 ein Anstieg festzustellen, wobei der höchste Anstieg in den ländlichen Gebieten zu verzeichnen war (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Afghanistans jährliche Wachstumsrate der städtischen Bevölkerung gehört zu den höchsten der Welt. Kabul war das Zentrum des Wachstums, und der Rest der städtischen Bevölkerung konzentriert sich hauptsächlich auf vier andere Stadtregionen: Herat, Mazar-e Sharif, Kandahar und Jalalabad. Die große Mehrheit (72%, basierend auf ALCS-Zahlen für 2016-2017) der afghanischen Stadtbevölkerung lebt in Slums oder in ungenügenden Wohnungen. 86% der städtischen Häuser in Afghanistan können (gemäß der Definition von UN-Habitat) als Slums eingestuft werden. Der Zugang zu angemessenem Wohnraum stellt für die Mehrheit der Afghanen in den Städten eine große Herausforderung dar (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

In den Städten besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sicheren Wohnraum zu mieten. Darüber hinaus bietet die Städte die Möglichkeit von "Teehäusern", die mit 30 Afghani (das sind ca. € 0,35) bis 100 Afghani (das sind ca. € 1,20) pro Nacht relativ günstig sind. "Teehäuser" werden von Reisenden, Tagesarbeitern, Straßenhändlern, jungen Menschen, alleinstehenden Männern und anderen Personen, die in der Gegend keine ständige Unterkunft haben, als vorübergehende Unterkunft genutzt (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V). Man muss niemanden kennen, um eingelassen zu werden (EASO Bericht Afghanistan Netzwerke, Kapital 4.2.)

Der Zugang zu sauberem Trinkwasser sowie angemessenen sanitären Einrichtungen hat sich in den letzten Jahren erheblich verbessert. Der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, wie Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, war in den Städten im Allgemeinen besser als auf dem Land. Der Zugang zu Trinkwasser ist für viele Afghanen jedoch nach wie vor ein Problem, und die sanitären Einrichtungen sind weiterhin schlecht (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

1.5.3 Medizinische Versorgung

Das afghanische Gesundheitsministerium gab an, dass 60 % der Menschen im April 2018 Zugang zu Gesundheitsdiensten hatten, wobei der Zugang als eine Stunde Fußweg zur nächsten Klinik definiert wurde. Trotz der Tatsache, dass die Gesundheitsversorgung laut afghanischer Verfassung kostenlos sein sollte, müssen die Menschen in vielen öffentlichen Einrichtungen für Medikamente, Arzthonorare, Labortests und stationäre Versorgung bezahlen. Hohe Behandlungskosten sind der Hauptgrund, weswegen die Behandlung vermieden wird (EASO, Kapitel Common Analysis: Afghanistan, V).

90% der medizinischen Versorgung in Afghanistan werden nicht direkt vom Staat zur Verfügung gestellt, sondern von nationalen und internationalen NGOs, die über ein Vertragssystem beauftragt werden. Über dieses Vertragssystem wird sowohl primäre, als auch sekundäre und tertiäre medizinische Versorgung zur Verfügung gestellt. Allerdings mangelt es an Investitionen in medizinische Infrastruktur. Der Bauzustand vieler Kliniken ist schlecht. Während in den Städten ein ausreichendes Netz von Krankenhäusern und Kliniken besteht, ist es in den ländlichen Gebieten für viele Afghanen schwierig, eine Klinik oder ein Krankenhaus zu erreichen (LIB, Kapitel 22).

Psychische Krankheiten wie posttraumatische Belastungsstörung, Depression und Angstzustände - die oft durch den Krieg hervorgerufen wurden - sind in Afghanistan weit verbreitet, es gibt aber nur geringe Kapazitäten zur Behandlung dieser Erkrankungen. Spezifische Medikamente sind grundsätzlich verfügbar (LIB, Kapitel 22.1)

1.5.4 Ethnische Minderheiten

In Afghanistan sind ca. 40 - 42% Paschtunen, rund 27 - 30% Tadschiken, ca. 9 - 10% Hazara und 9% Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt. Soziale Gruppen werden in Afghanistan nicht ausgeschlossen und kein Gesetz verhindert die Teilnahme von Minderheiten am politischen Leben. Es kommt jedoch im Alltag zu Diskriminierungen und Ausgrenzungen ethnischer Gruppen und Religionen sowie zu Spannungen, Konflikten und Tötungen zwischen unterschiedlichen Gruppen (LIB, Kapitel 17).

Die Volksgruppe der Tadschiken ist die zweitgrößte Volksgruppe in Afghanistan, sie macht etwa 27-30% der afghanischen Gesellschaft aus und hat deutlichen politischen Einfluss im Land. In der Hauptstadt Kabul ist sie knapp in der Mehrheit. Tadschiken sind in zahlreichen politischen Organisationen und Parteien vertreten, sie sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (LIB, Kapitel 17.2). Tadschiken sind allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit in Afghanistan weder psychischen noch physischen Bedrohungen ausgesetzt.

1.5.5 Religionen

Etwa 99% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon 80 - 89,7% Sunniten. Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (LIB Kapitel 16).

1.5.6 Allgemeine Menschenrechtslage

Im Bereich der Menschenrechte hat Afghanistan unter schwierigen Umständen Fortschritte gemacht. Inzwischen ist eine selbstbewusste neue Generation von Afghaninnen und Afghanen herangewachsen, die sich politisch, kulturell und sozial engagiert und der Zivilgesellschaft eine stärkere Stimme verleiht. Diese Fortschritte erreichen aber nach wie vor nicht alle Landesteile und sind außerhalb der Städte auch gegen willkürliche Entscheidungen von Amtsträgern und Richtern sowie Einflussnahme örtlicher Machteliten nur schwer durchzusetzen. Die afghanische Regierung ist nicht in der Lage, die durch die afghanische Verfassung und einschlägige völkerrechtliche Verträge garantierten Menschenrechte vollumfänglich umzusetzen und zu gewährleisten (LIB, Kapitel 11).

Menschenrechtsverletzungen an der Zivilbevölkerung finden nach wie vor in allen Teilen des Landes und unabhängig davon statt, wer die betroffenen Gebiete tatsächlich kontrolliert (UNHCR, Kapitel II. C. 1).

Die Fähigkeit der Regierung, Menschenrechte zu schützen, wird durch die Unsicherheit und zahlreiche Angriffe durch regierungsfeindliche Kräfte untergraben. Insbesondere ländliche und instabile Gebiete leiden unter einem allgemein schwachen förmlichen Justizsystem, das unfähig ist, Zivil- und Strafverfahren effektiv und zuverlässig zu entscheiden (UNHCR, Kapitel II. C. 2).

1.5.7 Bewegungsfreiheit und Meldewesen

Das Gesetz garantiert interne Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr. Afghanen dürfen sich formell im Land frei bewegen und niederlassen (LIB, Kapitel 19).

Afghanistan hat kein zentrales Bevölkerungsregister, keine Datenbanken mit Adress- oder Telefonnummerneinträgen und auch keine Melde- oder Registrierungspflicht. Die Gemeinschafts- bzw. Bezirksältesten führen kein Personenstandsregister, die Regierung registriert jedoch Rückkehrer. Durch die hohe soziale Kontrolle ist gerade im ländlichen Raum keine, aber auch in den Städten kaum Anonymität zu erwarten (LIB, Kapitel 19.1).

1.5.8 Regierungsfeindliche Gruppierungen

In Afghanistan sind unterschiedliche regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv - insbesondere die Grenzregion zu Pakistan bleibt eine Zufluchtsstätte für unterschiedliche Gruppierungen, wie Taliban, Islamischer Staat, al-Qaida, Haqqani-Netzwerk, Lashkar-e Tayyiba, Tehrik-e Taliban Pakistan, sowie Islamic Movement of Uzbekistan (LIB, Kapitel 2).

1.5.9 Provinzen und Städte

Baghlan:

Baghlan liegt im Nordosten Afghanistans. Eine knappe Mehrheit der Einwohner von Baghlan sind Tadschiken, gefolgt von Paschtunen und Hazara als zweit- bzw. drittgrößte ethnische Gruppen. Außerdem leben ethnische Usbeken und Tataren in Baghlan. Die Provinz hat 995.814 Einwohner (LIB, Kapitel 3.4).

Baghlan gehört zu den relativ volatilen Provinzen Afghanistans. Aufständische der Taliban sind in gewissen unruhigen Distrikten aktiv, in denen sie oftmals terroristische Aktivitäten gegen die Regierung und Sicherheitsinstitutionen durchführen. Im Jahr 2018 gab es 261 zivile Opfer (68 Tote und 193 Verletzte) in Baghlan. Dies entspricht einer Steigerung von 17% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren Bodenkämpfe, gefolgt von improvisierten Bomben (IEDs) und gezielten Tötungen (LIB Kapitel 3.4).

In der Provinz Baghlan kommt es zu willkürlicher Gewalt, jedoch nicht auf hohem Niveau. Dementsprechend ist ein höheres Maß an Einzelelementen erforderlich ist, um wesentliche Gründe für die Annahme aufzuzeigen, dass ein in dieses Gebiet zurückgekehrter Zivilist einem realen ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, Schaden im Sinne von Artikel 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie zu nehmen (EASO, Kapitel Guidance note: Afghanistan, III.3).

Mazar-e Sharif

Mazar-e Sharif ist die Provinzhauptstadt von Balkh, einer ethnisch vielfältigen Provinz, welche von Paschtunen, Usbeken, Hazara, Tadschiken, Turkmenen, Aimaq, Belutschen, Arabern und sunnitischen Hazara (Kawshi) bewohnt wird. Sie hat 469.247 Einwohner und steht unter Kontrolle der afghanischen Regierung (LIB, Kapitel 3.5).

Das Niveau an willkürlicher Gewalt ist in der Stadt Mazar-e Sharif so gering, dass für Zivilisten an sich nicht die Gefahr besteht, von erheblichen Eingriffen in die psychische oder physische Unversehrtheit betroffen zu sein (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, III).

Mazar-e Sharif ist über die Autobahn sowie über einen Flughafen (mit nationalen und internationalen Anbindungen) legal zu erreichen (LIB, Kapitel 21). Der Flughafen von Mazar-e Sharif (MRZ) liegt 9 km östlich der Stadt im Bezirk Marmul. Die Befahrung der Straßen von diesem Flughafen bis zur Stadt Mazar-e Sharif ist zur Tageszeit im Allgemeinen sicher (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Mazar-e Sharif ist ein Import-/Exportdrehkreuz, ein regionales Handelszentrum sowie ein Industriezentrum mit großen Fertigungsbetrieben und einer Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen (LIB, Kapitel 21). Mazar-e Sharif gilt im Vergleich zu Herat oder Kabul als wirtschaftlich relativ stabiler. Die größte Gruppe von Arbeitern in der Stadt Mazar-e Sharif sind im Dienstleistungsbereich und als Verkäufer tätig (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Die Unterkunftssituation stellt sich in Mazar-e Sharif, wie in den anderen Städten Afghanistans auch, für Rückkehrer und Binnenflüchtlinge als schwierig dar. Viele Menschen der städtischen Population lebt in Slums oder nichtadäquaten Unterkünften. In Mazar-e Sharif besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sicheren Wohnraum, wie beispielsweise in Teehäusern, zu mieten. (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Die meisten Menschen in Mazar-e Sharif haben Zugang zu erschlossener Wasserversorgung (76%), welche in der Regel in Rohrleitungen oder aus Brunnen erfolgt. 92% der Haushalte haben Zugang zu besseren Sanitäreinrichtungen (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Während Mazar-e Sharif im Zeitraum Juni 2019 bis September 2019 noch als IPC Stufe 1 "minimal" (IPC - Integrated Phase Classification) klassifiziert wurde, ist Mazar-e Sharif im Zeitraum Oktober 2019 bis Januar 2020 in Phase 2 "stressed" eingestuft. In Phase 1 sind die Haushalte in der Lage, den Bedarf an lebensnotwenigen Nahrungsmitteln und Nicht-Nahrungsmitteln zu decken, ohne atypische und unhaltbare Strategien für den Zugang zu Nahrung und Einkommen zu verfolgen. In Phase 2 weisen Haushalte nur einen gerade noch angemessenen Lebensmittelverbrauch auf und sind nicht in der Lage, sich wesentliche, nicht nahrungsbezogene Güter zu leisten, ohne dabei irreversible Bewältigungsstrategien anzuwenden (ECOI, Kapitel 3.1)

In der Stadt Mazar-e Sharif gibt es 10 - 15 - teils öffentliche, teils private - Krankenhäuser. In Mazar-e Sharif existieren mehr private als öffentliche Krankenhäuser. Private Krankenhäuser sind sehr teuer, jede Nacht ist kostenpflichtig. Zusätzlich existieren etwa 30-50 medizinische Gesundheitskliniken die zu 80% öffentlich finanziert sind (LIB, Kapitel 22).

Herat Stadt:

Herat-Stadt ist die Provinzhauptstadt der Provinz Herat. Sie hat

556.205 Einwohner. Umfangreiche Migrationsströme haben die ethnische Zusammensetzung der Stadt verändert, der Anteil an schiitischen Hazara ist seit 2001 durch Iran-Rückkehrer und Binnenvertriebene besonders gestiegen (LIB, Kapitel 3.13).

Herat ist durch die Ring-Road sowie durch einen Flughafen mit nationalen und internationalen Anbindungen sicher und legal erreichbar (LIB, Kapitel 3.13). Der Flughafen Herat (HEA) liegt 13 km südlich der Stadt im Distrikt Gozara. Die Straße, welche die Stadt mit dem Flughafen verbindet wird laufend von Sicherheitskräften kontrolliert. Unabhängig davon gab es in den letzten Jahren Berichte von Aktivitäten von kriminellen Netzwerken, welche oft auch mit Aufständischen in Verbindung stehen (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Herat gehört zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen Afghanistans, jedoch sind Taliban-Kämpfer in einigen abgelegenen Distrikten aktiv und versuchen oft terroristische Aktivitäten auszuüben. Je mehr man sich von Herat-Stadt (die als "sehr sicher" gilt) und den angrenzenden Distrikten Richtung Norden, Westen und Süden entfernt, desto größer wird der Einfluss der Taliban. Das Niveau an willkürlicher Gewalt ist in der Stadt Herat so gering, dass für Zivilisten an sich nicht die Gefahr besteht von erheblichen Eingriffen in die psychische oder physische Unversehrtheit betroffen zu sein (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, III).

Im Vergleich mit anderen Teilen des Landes weist Herat wirtschaftlich und sicherheitstechnisch relativ gute Bedingungen auf. Es gibt Arbeitsmöglichkeiten im Handel, darunter den Import und Export von Waren mit dem benachbarten Iran, wie auch im Bergbau und Produktion. Die Industrie der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) ist insbesondere im Handwerksbereich und in der Seiden- und Teppichproduktion gut entwickelt und beschäftigt Tagelöhner sowie kleine Unternehmer (LIB, Kapitel 21).

Die Unterkunftssituation stellt sich in Herat, wie in den anderen Städten Afghanistans auch, für Rückkehrer und Binnenflüchtlinge als schwierig dar. Viele Menschen der städtischen Population lebt in Slums oder nichtadäquaten Unterkünften. In Herat besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sicheren Wohnraum, wie beispielsweise in Teehäusern, zu mieten (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Die meisten Menschen in Herat haben Zugang zu Elektrizität (80 %), zu erschlossener Wasserversorgung (70%) und zu Abwasseranlagen (30%). 92,1 % der Haushalte haben Zugang zu besseren Sanitäreinrichtungen und 81,22 % zu besseren Wasserversorgungsanlagen (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Herat ist im Zeitraum Oktober 2019 bis Januar 2020 als IPC Stufe 2 klassifiziert (IPC - Integrated Phase Classification). In Phase 2, auch "stressed" genannt, weisen Haushalte nur einen gerade noch angemessenen Lebensmittelverbrauch auf und sind nicht in der Lage, sich wesentlich, nicht nahrungsbezogenen Güter zu leisten, ohne dabei irreversible Bewältigungsstrategien anzuwenden (ECOI, Kapitel 3.1.).

1.5.10 Situation für Rückkehrer/innen

In den ersten vier Monaten des Jahres 2019 kehrten insgesamt 63.449 Menschen nach Afghanistan zurück. Im Jahr 2018 kamen 775.000 aus dem Iran und 46.000 aus Pakistan zurück (LIB, Kapitel 23).

Soziale, ethnische und familiäre Netzwerke sind für einen Rückkehrer unentbehrlich. Der Großteil der nach Afghanistan zurückkehrenden Personen verfügt über ein familiäres Netzwerk, auf das in der Regel zurückgegriffen wird. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage, den ohnehin großen Familienverbänden und individuellen Faktoren ist diese Unterstützung jedoch meistens nur temporär und nicht immer gesichert. Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z. B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen beruflichen Netzwerken sowie politische Netzwerke usw. Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer dar. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (LIB, Kapitel 23).

Rückkehrer aus dem Iran und aus Pakistan, die oft über Jahrzehnte in den Nachbarländern gelebt haben und zum Teil dort geboren wurden, sind in der Regel als solche erkennbar. Offensichtlich sind sprachliche Barrieren, von denen vor allem Rückkehrer aus dem Iran betroffen sind, weil sie Farsi (die iranische Landessprache) oder Dari (die afghanische Landessprache) mit iranischem Akzent sprechen. Es gibt jedoch nicht viele Fälle von Diskriminierung afghanischer Rückkehrer aus dem Iran und Pakistan aufgrund ihres Status als Rückkehrer. Fast ein Viertel der afghanischen Bevölkerung besteht aus Rückkehrern. Diskriminierung beruht in Afghanistan großteils auf ethnischen und religiösen Faktoren sowie auf dem Konflikt (LIB, Kapitel 23).

Rückkehrer aus Europa oder dem westlichen Ausland werden von der afghanischen Gesellschaft häufig misstrauisch wahrgenommen. Es sind jedoch keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer nachweislich aufgrund ihres Aufenthalts in Europa Opfer von Gewalttaten wurden. Wenn ein Rückkehrer mit im Ausland erlangten Fähigkeiten und Kenntnissen zurückkommt, stehen ihm mehr Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung als den übrigen Afghanen, was bei der hohen Arbeitslosigkeit zu Spannungen innerhalb der Gemeinschaft führen kann (LIB, Kapitel 23).

Der Mangel an Arbeitsplätzen stellt für den Großteil der Rückkehrer die größte Schwierigkeit dar. Der Zugang zum Arbeitsmarkt hängt maßgeblich von lokalen Netzwerken ab. Die afghanische Regierung kooperiert mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Für Afghanen, die im Iran geboren oder aufgewachsen sind und keine Familie in Afghanistan haben, ist die Situation problematisch (LIB, Kapitel 23).

Viele Rückkehrer leben in informellen Siedlungen, selbstgebauten Unterkünften oder gemieteten Wohnungen. Die meisten Rückkehrer im Osten des Landes leben in überbelegten Unterkünften und sind von fehlenden Möglichkeiten zum Bestreiten des Lebensunterhaltes betroffen (LIB, Kapitel 23).

Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, können verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Rückkehrer erhalten Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Für Rückkehrer leisten UNHCR und IOM in der ersten Zeit Unterstützung. Bei der Anschlussunterstützung ist die Transition von humanitärer Hilfe hin zu Entwicklungszusammenarbeit nicht immer lückenlos. Es gibt keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer. Der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer aus Europa kehrt direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Es befinden sich viele Rückkehrer in Gebieten, die für Hilfsorganisationen aufgrund der Sicherheitslage nicht erreichbar sind (LIB, Kapitel 23).

Die "Reception Assistance" umfasst sofortige Unterstützung oder Hilfe bei der Ankunft am Flughafen: IOM trifft die freiwilligen Rückkehrer vor der Einwanderungslinie bzw. im internationalen Bereich des Flughafens, begleitet sie zum Einwanderungsschalter und unterstützt bei den Formalitäten, der Gepäckabholung, der Zollabfertigung, usw. Darüber hinaus arrangiert IOM den Weitertransport zum Endziel der Rückkehrer innerhalb des Herkunftslandes und bietet auch grundlegende medizinische Unterstützung am Flughafen an. 1.279 Rückkehrer erhielten Unterstützung bei der Weiterreise in ihre Heimatprovinz. Für die Provinzen, die über einen Flughafen und Flugverbindungen verfügen, werden Flüge zur Verfügung gestellt. Der Rückkehrer erhält ein Flugticket und Unterstützung bezüglich des Flughafen-Transfers. Der Transport nach Herat findet in der Regel auf dem Luftweg statt (LIB, Kapitel 23).

Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (LIB, Kapitel 23).

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt, durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einvernahme einer Tante des Beschwerdeführers als Zeugin.

2.1. Die Feststellungen basieren auf den in den Klammern angeführten Beweismitteln.

2.2. Das Bundesverwaltungsgericht hat bei der Würdigung der Aussagen eines Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen zu berücksichtigen, ob dieser im Zeitpunkt des Verlassens seines Heimatlandes noch minderjährig war. Bei Minderjährigen ist eine besonders sorgfältige Beurteilung der Art und Weise des erstatteten Vorbringens zu den Fluchtgründen erforderlich und die Dichte dieses Vorbringens kann nicht mit "normalen Maßstäben" gemessen werden (Ra 2018/18/0150). Das Gericht berücksichtigt daher, dass das Mindestgeburtsdatum des Beschwerdeführers der XXXX ist und daher die Möglichkeit besteht, dass der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung im Mai 2016 das 18 Lebensjahr möglicherweise noch nicht vollendet hat.

2.3. Der Beschwerdeführer wurde zu Beginn der Verhandlung befragt, ob Fehler in den Protokollen enthalten sein könnten. Der Beschwerdeführer gab an, dass ihm die Protokolle bekannt seien, in der Erstbefragung seien jedoch keine Fehler enthalten (OZ 9, S. 6). Der Beschwerdeführer gab zwar an, dass er die Dolmetscherin bei der Erstbefragung nicht verstanden hätte, da diese Iranerin gewesen wäre und Farsi gesprochen habe, dies ist für das Gericht jedoch nicht nachvollziehbar. Die Dolmetscherin bei der Erstbefragung dolmetscht häufig für das Bundesverwaltungsgericht und ist daher gerichtsbekannt. Diese ist keine Iranerin, sondern Afghanin. Sie spricht sowohl Dari, Paschtu als auch Farsi und ist sehr zuverlässig. Dass es zu Verständigungsschwierigkeiten gekommen wäre, da die Dolmetscherin aus dem Iran käme, ist daher nicht glaubhaft, sondern eine Schutzbehauptung (OZ 9, S. 24ff). Auch, dass es hinsichtlich der Tazkira oder der Aufenthaltsdauer im Iran bzw. dem Datum der Ausreise aus Afghanistan zu Missverständnissen gekommen wäre, ist nicht nachvollziehbar und nicht glaubhaft. Die in der Verhandlung anwesende Dolmetscherin gab an, dass eine sprachliche Verwechslung im Dari ausgeschlossen werden kann und nicht nachvollziehbar ist (OZ 9, S. 24-25).

Der Beschwerdeführer gab vor dem Bundesamt noch an, dass er bei der Erstbefragung seine tatsächlichen Fluchtgründe nicht habe angeben können, da es ihm schlecht gegangen sei. In der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er seine tatsächlichen Fluchtgründe in der Erstbefragung nicht habe angeben können, da man ihm gesagt habe, dass es nur eine kurze Einvernahme sei und ihm nicht erklärt worden sei, dass er bereits in der Erstbefragung seine Fluchtgründe hätte angeben müssen (OZ 9, S. 25; AS 217).

Die pauschalen Ausführungen des Beschwerdeführervertreters in der Verhandlung, wonach bei Erstbefragungen ein Zeitdruck herrsche und es daher zu Fehlern komme, kann die oben aufgezeigten Widersprüche, insbesondere unter Berücksichtigung der Angaben der Dolmetscherin in der Verhandlung, nicht entkräften.

Die Angaben des Beschwerdeführers zu vermeintlichen Missverständnissen und Fehlern in den Protokollen sind nicht nachvollziehbar und als Schutzbehauptung zu qualifizieren. Die Protokolle werden daher - ohne Korrekturen - der Entscheidung des Gerichts zugrunde gelegt.

2.2. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Das Geburtsdatum des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem eingeholten Altersgutachten. Aus diesem ergibt sich ein Mindestalter und kein tatsächliches Geburtsdatum, sodass das tatsächliche Geburtsdatum des Beschwerdeführers nicht feststeht. Das wahrscheinliche Alter des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Antragstellung betrug 18,34 Jahre (AS 163). Aufgrund des festgestellten Mindestalters ergibt sich, dass der Beschwerdeführer zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls volljährig ist. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinem Familienstand und zu seiner Berufserfahrung gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Das Gericht geht jedoch davon aus, dass der Beschwerdeführer Afghanistan erst Ende 2013 und nicht bereits als Kleinkind verlassen hat. Der Beschwerdeführer gab in seiner Erstbefragung an, dass er vor 2,5 Jahren den Entschluss gefasst habe Afghanistan zu verlassen (AS 37, Punkt 9.1.). Der Beschwerdeführer gab in der Erstbefragung auch an, dass er vor 2,5 Jahren zu Fuß in den Iran gegangen sei (AS 37, Punkt 9.3). Der Beschwerdeführer gab zudem zu seiner Reiseroute von seiner Heimat bis nach Österreich an, dass er zwei Jahre lang im Iran gelebt habe, von der Türkei bis nach Österreich habe er ca. 3,5 Monate gebraucht (AS 37, Punkt 9.6), dies ergibt einen Zeitraum von ca. 2,5 Jahren und stimmt mit den übrigen Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung überein. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (VwGH 11.11.1998, 98/01/0261, mwH). Das Gericht geht daher davon aus, dass die Angaben in der Erstbefragung richtig sind und der Beschwerdeführer nur zwei Jahre lang im Iran gelebt hat. Der Bruder des Beschwerdeführers gab zwar in seiner verspätet nachgeholten Erstbefragung an bereits als Kleinkind Afghanistan verlassen zu haben, diese (zweite) Erstbefragung des Bruders des Beschwerdeführers fand jedoch rund eineinhalb Jahre nach der Einreise der Brüder statt, sodass dieser ein geringerer Beweiswert zukommt. Der Beschwerdeführer gab zudem an, dass er im Iran insgesamt zwei Jahre lang für eine Firma Gürtelschnallen hergestellt habe, dieser Zeitraum deckt sich mit der Aufenthaltsdauer von insgesamt zwei Jahren im Iran, sodass sich hieraus ein stimmiges Gesamtbild hinsichtlich eines zweijährigen Aufenthaltes im Iran ergibt. Das Gericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer erst Ende 2013 Afghanistan verlassen hat.

Das Gericht geht zudem davon aus, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan eine Schule besucht hat. Dieser gab bereits in der Erstbefragung an, dass er zwei Jahre lang eine Schule besucht habe (AS 33). Da er Afghanistan Ende 2013, sohin als er zumindest 15 Jahre alt gewesen ist, verlassen hat, ist davon auszugehen, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits die Schule in Afghanistan besucht hatte. Da er auch angab, dass seine Schwester in Afghanistan die Schule besuchen konnte ("diese sei von der Schule nach Hause gekommen" - OZ 9, S. 22), ist nicht plausibel, dass er als Sohn keine Schule in Afghanistan besuchen hat können.

Da der Beschwerdeführer in der Erstbefragung als Beruf Landarbeiter angegeben hat (AS 33) und er in der Verhandlung auch angab, dass seine Familie in Afghanistan eine Landwirtschaft hatte und die Familie auf dieser gearbeitet hat (OZ 9, S. 8), geht das Gericht davon aus, dass auch der Beschwerdeführer bereits dort mitgearbeitet hat.

Die Feststellung zur Sozialisierung des Beschwerdeführers nach den afghanischen Gepflogenheiten, ergibt sich daraus, dass er in Afghanistan mit seiner afghanischen Familie aufgewachsen ist, er ist dort zur Schule gegangen und hat dort mit seinem Vater in der Landwirtschaft gearbeitet.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen auf den diesbezüglichen Aussagen des Beschwerdeführers und auf dem Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist.

2.3. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

2.3.1. Soweit der Beschwerdeführer vorbrachte, ihm drohe Lebensgefahr aufgrund einer Blutfehde seiner Familie bzw. wegen Grundstücksstreitigkeiten seines Vaters, kommt seinem Vorbringen aus nachfolgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu:

Zunächst ist festzuhalten, dass das Gericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund des persönlichen Eindrucks über den Beschwerdeführer davon ausgeht, dass ihm hinsichtlich seines Fluchtvorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Der Beschwerdeführer wurde zu Beginn der Verhandlung angehalten, sein Vorbringen vollständig und detailliert zu gestalten. Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht geworden. Der Beschwerdeführer präsentierte sowohl beim Bundesamt als auch vor Gericht eine bloße Rahmengeschichte, die er selbst auf mehrfaches Nachfragen kaum mit Details ergänzen konnte. Die Angaben des Beschwerdeführers blieben gänzlich detaillos und vage. Der Beschwerdeführer gab auch ausweichende Antworten.

Beim Bundesamt machte der Beschwerdeführer zu den Fluchtgründen folgende Angaben:

"LA: Was war Ihrer Meinung nach der fluchtauslösende Moment, das Sie Afghanistan verlassen haben?

AW: Mein Vater hatte Feinde. Private Probleme. Deshalb sind wir weggegangen.

LA: Bitte erzählen Sie mehr und genauer!

AW: Zwei Onkel sind ums Leben gekommen, diese sind bei mütterlicherseits. Auch meine Schwester XXXX wurde getötet. Es war, weil die Grundstücke in guter Lage waren. Viele Leute wollten diese kaufen, mein Vater wollte das aber nicht. Deshalb sind die drei genannten umgekommen, mein Vater hat mit uns nicht darüber gesprochen." (AS 227)

Bereits bei diesen Angaben zeigt sich, dass lediglich eine grobe Rahmengeschichte präsentiert wurde. Auch die Angaben in der mündlichen Verhandlung waren, trotz mehrfacher Aufforderung detaillierte Angaben zu machen, vage und detaillos:

"Mein Vater hatte in Afghanistan private Probleme. Ein mächtiger Mann namens XXXX wollte meinen Vater unsere Grundstücke abkaufen, weil diese sich in einer guten Lage befanden. Mein Vater wollte seine Grundstücke nicht verkaufen. Es kam dann zu einem Konflikt bei dem eine jüngere Schwester sowie auch zwei Onkel ms getötet wurden. Mein Vater ist verletzt worden. Mein Vater hat danach gesagt, dass wir nicht mehr dort bleiben können. Wir sind dann in den Iran geflüchtet. Zu XXXX gebe ich an, dass er der Chef des Dorfes war, sehr viele Leute für ihn gearbeitet haben und er Kontakte zu der Polizei und den Taliban hatte." (OZ 9, S. 21)

Auch diese Angaben machen nicht den Eindruck, als würde es sich um tatsächliche Geschehnisse handeln.

Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die behaupteten Vorfälle schon einige Zeit zurückliegen würden und deshalb Erinnerungslücken einer vollkommen detaillierten Erzählung entgegenstehen können und, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der behaupteten Vorfälle noch minderjährig gewesen wäre. Dass der Beschwerdeführer die Ereignisse jedoch in einer derart oberflächlichen und nicht stringenten Weise wie in der mündlichen Verhandlung schildern würde, wäre allerdings nicht anzunehmen, hätten sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen und wären sie von fluchtauslösender Intensität. Die erzählte Geschichte erweckte für das Gericht daher den Eindruck, dass es sich lediglich um eine auswendig gelernte und konstruierte Geschichte handelt.

2.3.2. Zudem sind in den Angaben des Beschwerdeführers erhebliche Widersprüche enthalten, die sein Fluchtvorbringen gänzlich unglaubhaft scheinen lassen.

Der Bruder des Beschwerdeführers gab in der Einvernahme vor dem Bundesamt an, dass der Vater die Grundstücke nicht habe verkaufen können, da die Familie von diesen gelebt habe und der Vater keinen anderen Beruf gehabt habe. Die Ausreise sei dann jedoch sehr schnell passiert, innerhalb eines Monats (S. 9, Einvernahme vom 12.04.2018). Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung jedoch an, dass der Vater vor der Familie in den Iran gegangen wäre, der Vater habe 12 Jahre im Iran gelebt, der Beschwerdeführer habe mit der Familie nur 8 Jahre im Iran gelebt, sohin hätte der Vater vier Jahre ohne den Beschwerdeführer im Iran gelebt (OZ 9, S. 9). An einer anderen Stelle gab der Beschwerdeführer an, dass der Vater gemeinsam mit der Familie in den Iran geflohen sei (OZ 9, S. 23). Während der Bruder vor dem Bundesamt noch angab, dass der Vater nur von den Grundstücken gelebt hätte und keine andere Arbeit gehabt hätte, gab der Beschwerdeführer an, dass sein Vater bereits vor den Vorfällen immer wieder in den Iran gegangen ist um dort zu arbeiten (Z 9, S. 23). Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht nachvollziehbar und nicht glaubhaft.

Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung an, dass es zwischen XXXX und dem Vater zu einem Streit gekommen sei, im Zuge dieses Streits sei sein Vater verletzt und beide Onkel getötet worden (OZ 9, S. 22). Der Bruder des Beschwerdeführers gab in der Einvernahme beim Bundesamt an, dass seine Onkel bei einem Streit ums Leben gekommen seien, eine Woche später sei seine Schwester am Schulweg getötet worden, etwas später sei dann sein Vater angeschossen worden (S. 9, Einvernahme vom 12.04.2018). Während der Bruder angab, dass der Vater erst verletzt wurde, nachdem die Schwester getötet worden wäre - ein Zeitraum von über einer Woche - gab der Beschwerdeführer an, dass der Vater im Zuge des Streits, sohin am selben Tag als die Onkel getötet worden wären, verletzt worden wäre. Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft.

Der Beschwerdeführer gab an, dass der Feind der Familie Chef des Dorfes wäre, es hätten viele Leute für diesen gearbeitet und dieser habe Kontakte zur Polizei und zu den Taliban unterhalten (OZ 9, S. 22). Der Bruder des Beschwerdeführers gab jedoch an, dass der Feind der Familie selber Polizist gewesen wäre und aus Baghlan gekommen wäre (Einvernahmeprotokoll vom 12.04.2018, S. 9). Die Angaben der Brüder sind nicht in Einklang zu bringen.

Der Beschwerdeführer gab an, dass er in Afghanistan mit seinen vier Schwestern aufgewachsen sei (OZ 9, S. 8). Da jedoch die Schwester XXXX kurz vor der Ausreise aus Afghanistan getötet worden sei, und diese die fünfte Schwester wäre (AS 33), ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer nicht angegeben hat, dass er in Afghanistan mit seinen insgesamt fünf Schwestern aufgewachsen sei.

Der Beschwerdeführer und sein Bruder gaben im Asylverfahren an, dass zwei Onkel mütterlicherseits (die Brüder der Mutter und der in Österreich lebenden Tante sowie des in Österreich lebenden Onkels) aufgrund der Grundstücksstreitigkeiten seines Vaters getötet worden wären (AS 227; OZ 9, S. 22; Einvernahmeprotokoll des Bruders vom 12.04.2018, S. 9). Der Onkel des Beschwerdeführers, der nunmehr in Österreich lebt, gab jedoch an, dass ihm die Grundstücke gehört haben und von ihm verlangt worden sei die Ernte zu teilen, aufgrund dessenwäre es 2008 zu einem Streit gekommen und bei diesem seien die beiden Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers (die Brüder des Onkels) getötet worden (Verhandlungsprotokoll vom 24.06.2019, S. 11). Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung jedoch an, dass die streitgegenständlichen Grundstücke ausschließlich seinem Vater gehört haben und sonst keiner anderen Person (OZ 9, S. 22). Die Angaben des Beschwerdeführers bzw. von dessen Familienangehörigen sind nicht glaubhaft.

Der in Österreich lebende Onkel gab an, dass die die Feindschaft wegen den Grundstücken mit drei Brüdern namens XXXX , XXXX und XXXX bestanden hätte, diese drei hätten die anderen Onkeln der Beschwerdeführer getötet (Einvernahmeprotokoll vom

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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