TE Vwgh Beschluss 1998/2/27 97/21/0897

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Veröffentlicht am 27.02.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §36 Abs2;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §58 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Oberdorfer, über die Beschwerde der AE (geboren am 23. Oktober 1965) in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Wagner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Petersplatz 3, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 28. Juni 1997, Zl. IV-837.076/FrB/97, betreffend Abschiebungsaufschub, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Nach der Aktenlage stellte die Beschwerdeführerin, eine armenische Staatsbürgerin, am 13. Februar 1997 bei der belangten Behörde den Antrag auf Erteilung eines Abschiebungsaufschubes gemäß § 36 Abs. 2 des Fremdengesetzes (FrG).

Der Verwaltungsgerichtshof sprach mit Beschluß eines verstärkten Senates vom 27. Juni 1997, Zl. 96/21/0377, auf welchen gemäß § 43 Abs. 2 und 8 VwGG verwiesen wird, aus, daß ein Fremder die Erteilung eines Abschiebungsaufschubes längstmöglich für den Zeitraum eines Jahres, gerechnet ab dem Einlangen des Antrages bei der Behörde, erreichen kann. Da dieser Zeitraum bereits verstrichen ist, würde sich die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin durch eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides entsprechend der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ändern. Damit liegen die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes im gegebenen Fall nicht (mehr) vor, weshalb das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG wegen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde einzustellen war.

Festgehalten wird, daß dieser Beschluß die Behörde weder von ihrer Verpflichtung entbindet, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 37 FrG von einer Abschiebung abzusehen und bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 36 Abs. 2 FrG von Amts wegen einen Abschiebungsaufschub zu erteilen, noch die Beschwerdeführerin daran hindert, einen neuerlichen Antrag gemäß § 36 Abs. 2 FrG zu stellen.

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG ist der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen. Unter Zugrundelegung dieser Bestimmung ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde Erfolg gehabt hätte, weshalb ihr die belangte Behörde die sich bei Heranziehung der §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994 ergebenden Kosten zu ersetzen hat:

Die Beschwerdeführerin begründete ihren Antrag gemäß § 36 Abs. 2 FrG im wesentlichen damit, daß ihr Ehegatte in Armenien bei der Verteilung von Hilfsgütern eine Praxis der Korruption aufgedeckt und bei Gericht angezeigt habe, woraufhin gegen ihn und einen gemeinsamen Sohn ein Brandanschlag verübt sowie der Versuch einer Entführung eines Kindes der Beschwerdeführerin gemacht worden sei. Die belangte Behörde begründete die Abweisung des auf Erteilung eines Abschiebungsaufschubes gerichteten Antrages damit, daß für die Beschwerdeführerin bloß mafiose Strukturen eine Bedrohung seien, die zwar auch in staatliche Behörden hineinreichten, nicht aber das gesamte Staatssystem in Frage stellen könnten. Der Beschwerdeführerin sei die Flucht ohne Reisepaß und ohne Flugticket gelungen, somit sei ihr auch nicht staatlicherseits die Ausreise verweigert worden; auch könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Ehegatte der Beschwerdeführerin bei einem Kampf gegen die Korruption nirgends auf staatliche Unterstützung hätte stoßen können.

Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß eine Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG nicht bloß dann vorliegt, wenn sie von staatlichen Stellen selbst ausgeht, sondern auch dann, wenn eine solche Gefahr von Privatpersonen oder nicht-staatlichen Stellen ausgeht und von staatlichen Stellen zumindest gebilligt oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) durch diese nicht abwendbar ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1997, Zl. 96/21/0096). Die belangte Behörde hat nicht schlüssig begründet, daß angesichts der im angefochtenen Bescheid festgestellten Verfolgungshandlungen, die zur Begründung einer Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG grundsätzlich ausreichend intensive Handlungen darstellen, im Hinblick auf die genannte Rechtsprechung keine Bedrohung im Sinne der genannten Gesetzesstellen glaubhaft gemacht worden sei (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 8. Oktober 1997, Zl. 97/21/0377, und vom 17. Dezember 1997, Zl. 97/21/0576).

Das Mehrbegehren war im Hinblick darauf abzuweisen, daß der Ersatz von Umsatzsteuer mit den in der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994 genannten Pauschalbeträgen bereits abgegolten ist.

Schlagworte

Zuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997210897.X00

Im RIS seit

09.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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