TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/16 I403 2228541-1

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Veröffentlicht am 16.02.2020
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Entscheidungsdatum

16.02.2020

Norm

AsylG 2005 §3
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

TEILERKENNTNIS

I403 2228541-1/4Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörige Nordmazedoniens, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den ersten Spruchteil des Spruchpunktes IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.01.2020, Zl. 1253482907/191212229, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsbürgerin Nordmazedoniens, stellte am 27.11.2019 gemeinsam mit ihrem ebenfalls aus Nordmazedonien stammenden Freund XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz. Sie begründete ihren Antrag mit Furcht vor einer Verfolgung durch ihren früheren Ehemann.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.01.2020 wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nordmazedonien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz (FPG) erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nordmazedonien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.)

Gegen den Bescheid wurde in vollem Umfang Beschwerde erhoben und darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin in Nordmazedonien regelmäßig Gewalt ausgesetzt gewesen sei. Sie könne dort auch nicht auf familiäre Unterstützung zurückgreifen. Zudem sei ihre Schwangerschaft mit Komplikationen verbunden.

Am 14.02.2020 wurden Beschwerde und Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige Nordmazedoniens, ihre Identität steht fest. Sie wuchs bei ihrer Großmutter in Shutka auf und verbrachte die letzten Jahre vor ihrer Ausreise in Topana. Sie gehört zur Volksgruppe der Roma.

Eine Schwester der Beschwerdeführerin und ihre Großmutter leben in Nordmazedonien, ihre Eltern, ein Bruder und zwei Schwestern in Italien.

Sie leidet an keiner lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung. Sie gibt an, schwanger zu sein und eine Beziehung mit XXXX zu führen, der am selben Tag wie sie einen Antrag auf internationalen Schutz stellte und dessen Ehefrau in Deutschland lebt.

Die Beschwerdeführerin verfügt über kein schützenswertes Familien- und Privatleben in Österreich; XXXX verfügt über kein Aufenthaltsrecht.

Es besteht keine reale Gefahr, dass die Beschwerdeführerin im Fall ihrer Rückkehr nach Nordmazedonien einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführerin ergeben sich aus der Vorlage ihres Personalausweises gegenüber der belangten Behörde. Die Feststellungen zur Volksgruppe und zur Familie der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihren Angaben in der Erstbefragung am 27.11.2019. Die Feststellungen zu ihrer Beziehung mit XXXX bzw. dessen Ehe ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin gegenüber der belangten Behörde.

Nachweise über die Schwangerschaft oder gesundheitliche Beeinträchtigungen wurden nicht vorgelegt, nur eine Terminkarte einer Frauenärztin.

Die Feststellung, dass keine reale Gefahr besteht, dass die Beschwerdeführerin im Fall ihrer Rückkehr nach Nordmazedonien einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird, ergibt sich daraus, dass ihr Vorbringen rund um die Gefährdung durch ihren früheren Mann/Lebensgefährten widersprüchlich erfolgte, wie von der belangten Behörde aufgezeigt wurde und dass auch nicht ausreichend dargelegt wurde, dass der nordmazedonische Staat nicht willens und in der Lage ist, die Beschwerdeführerin vor derartigen Übergriffen des ehemaligen Ehemannes bzw. Lebensgefährten zu schützen. Dies ist grundsätzlich bei Einrichtung eines entsprechenden staatlichen Sicherheitssystems, an dem der Asylwerber wirksam teilhaben kann, gewährleistet, wenn also der Herkunftsstaat geeignete Schritte einleitet, um die Verfolgung oder ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung der Verfolgungshandlungen, und der Asylwerber Zugang zu diesem Schutz hat (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233).

Nordmazedonien gilt als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 4HStV, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). Auch wenn bei der Umsetzung der Gesetze zum Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt, noch deutlicher Verbesserungsbedarf besteht, so existieren in Nordmazedonien dennoch Strukturen, die Frauen Schutz bieten können, wie etwa Frauenhäuser. Die Beschwerdeführerin verfügt auch über Familie in Nordmazedonien, mit der sie in gutem Einvernehmen ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gegenständlich wird nur die Beschwerde gegen den ersten Spruchteil von Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides, mit dem der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, behandelt.

Hinsichtlich der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde normiert § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz:

"§ 18 (5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt."

Nach der derzeitigen Aktenlage und ausgehend vom Beschwerdevorbringen besteht für das Bundesverwaltungsgericht keine Veranlassung, der verfahrensgegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Es besteht keine reale Gefahr, dass eine Rückkehr nach Nordmazedonien das Leben und die Unversehrtheit der Beschwerdeführerin gefährden könnte oder dieser einer wie auch immer gearteten existenziellen Bedrohung ausgesetzt sein wird. Sie leidet an keiner lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung und verfügt in ihrer Heimat auch über ein familiäres Netzwerk. Hinweise für eine mit Komplikationen verbundene Schwangerschaft wurden nicht vorgelegt.

Zudem gilt Nordmazedonien gemäß § 1 Z 4 der HStV (Herkunftsstaaten-Verordnung) als sicherer Herkunftsstaat.

Was den in Österreich lebenden Lebensgefährten der Beschwerdeführerin anbelangt, so ist dieser erstens verheiratet und verfügt er zweitens über keinen sicheren Aufenthaltsstatus in Österreich; er stammt zudem aus Nordmazedonien, so dass ein etwaiges Familienleben dort fortgesetzt bzw. begründet werden könnte.

Eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat bringt daher keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention mit sich und würde für sie als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bedeuten.

Die aufschiebende Wirkung war der Beschwerde daher nicht zuzuerkennen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Asylverfahren, aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung -
Entfall, real risk, reale Gefahr, Schwangerschaft, sicherer
Herkunftsstaat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2228541.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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