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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §17 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Robl,
Dr. Rosenmayr, Dr. Baur und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Oberdorfer, über die Beschwerde des SM (geboren am 23. Oktober 1976) in S, vertreten durch Dr. Wilfrid Stenitzer, Rechtsanwalt in 8430 Leibnitz, Hauptplatz 34/I, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 20. Oktober 1997, Zl. FR 1033/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) wurde der Beschwerdeführer, ein bosnischer Staatsbürger, gemäß § 17 Abs. 1 i.V.m. § 19 Fremdengesetz (FrG) ausgewiesen.
Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß sich der Beschwerdeführer bereits seit seiner illegalen Einreise beim Grenzübergang Spielfeld-Autobahn am 15. April 1996 unberechtigt im Bundesgebiet aufhalte. Ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße, die Ausweisung sei demnach zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten.
Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Beachtung durch die Normadressaten komme aus Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Es müsse auf die ausdrückliche zwingende Regelung des § 17 Abs. 1 FrG verwiesen werden, wonach Fremde, welche sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, auszuweisen seien.
Die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen unsicheren "Drittstaat", also die Frage, ob auch in bezug auf einen solchen Staat das Refoulement-Verbot zum Tragen komme, stelle sich ausschließlich im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG i.V.m. § 37 leg. cit., nicht jedoch im Rahmen eines Ausweisungsverfahrens gemäß § 17 leg. cit., ziehe doch eine Ausweisung bloß die Verpflichtung zur Ausreise nach sich.
Im Gegensatz zu einem Aufenthaltsverbot (§ 18 FrG) sei die Ausweisung nicht mit dem Verbot verbunden, das Bundesgebiet - unter Einhaltung der entsprechenden Vorschriften - wieder zu betreten. Es bestehe lediglich die Verpflichtung, es zu verlassen.
Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme habe der Beschwerdeführer angegeben, er sei am 15. April 1996 beim Grenzübergang Spielfeld-Autobahn als Autostopper in einem Lkw durchgewunken worden. Sollten seine Angaben über die erfolgte Einreise dennoch der Wahrheit entsprechen, so befreie ihn das nicht von der Beachtung der Paß- und der Sichtvermerkspflicht an der Grenze (§ 15 Abs. 1 Z. 1 FrG). Der Beschwerdeführer hätte somit die Verpflichtung gehabt, sich dieser Grenzkontrolle zu stellen. Weil er sich der Grenzkontrolle nicht gestellt und auch einen für bosnische Staatsangehörige benötigten Sichtvermerk für Österreich nicht besessen bzw. ausgestellt bekommen habe, vertrete die belangte Behörde die Ansicht, daß der Beschwerdeführer illegal eingereist sei und sich nach wie vor illegal in Österreich aufhalte, zumal ihm auch nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG) keine Bewilligung erteilt worden sei.
Dadurch, daß die Eltern und Geschwister des Beschwerdeführers bereits seit Jahren in Österreich legal lebten bzw. aufhältig seien und sein Vater auch für seinen Aufenthalt in Österreich aufkomme, bewirke diese Ausweisung einen rigorosen Eingriff in sein Privat- und Familienleben. Trotz dieses rigorosen Eingriffs sei die Erlassung der Ausweisung zum Schutz der in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung) notwendig.
Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadresaten komme aus Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Dies habe zur Folge, daß jedenfalls ein unrechtmäßiger Aufenthalt eines Fremden in Österreich, dem, wie es beim Beschwerdeführer vorliege, nie ein rechtmäßiger vorangegangen sei, eine Beeinträchtigung des maßgeblichen öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesens von solchem Gewicht darstelle, daß das "Dringendgebotensein" der Ausweisung und damit die Zulässigkeit dieser Maßnahme im Sinne des § 19 FrG zu bejahen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Aus dem vorstehenden Sachverhalt folgt zunächst, daß ein Fall des Außerkrafttretens des angefochtenen Bescheides mit 1. Jänner 1998 im Sinne des § 114 Abs. 5 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, nicht vorliegt.
In der Beschwerde bleiben die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde unbestritten und die daraus gezogene rechtliche Schlußfolgerung, daß sich der Beschwerdeführer seit 15. April 1996 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, unbekämpft. Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen diese rechtliche Beurteilung keine Bedenken, die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 FrG durften daher als erfüllt angesehen werden.
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid aber wegen unrichtiger Anwendung des § 19 FrG für rechtswidrig. Er bringt vor, daß es sich bei ihm um eine Person handle, der "die Berechtigung auf rechtmäßigen Aufenthalt" zustehe. Die Feststellung der Notwendigkeit des Eingriffs in das Privat- und Familienleben sei rechtlich verfehlt, weil die in Art. 8 MRK erwähnten Werte keineswegs durch den bisher noch nicht legalisierten Aufenthalt eines Fremden gefährdet werden könnten, dem de facto ein Rechtsanspruch auf dessen Legalisierung zustehe. Im übrigen liege keiner der in § 17 Abs. 2 Z. 1 bis 5 FrG genannten Gründe für die Ausweisung vor.
Dieses Vorbringen verhilft dem Beschwerdeführer nicht zum Erfolg.
Gemäß § 19 FrG macht nicht jeder mit der Ausweisung verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben des Fremden diese Maßnahme unzulässig, sondern nur ein solcher Eingriff, dessen Gewicht höher zu veranschlagen ist, als das Gewicht des maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1998, Zl. 96/21/0220). Die belangte Behörde hat zutreffend den nach § 19 FrG geschützten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich das maßgebliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers gegenübergestellt. Wenn sie hiebei zum Ergebnis gelangt ist, daß dem zuletzt genannten Interesse der Vorrang einzuräumen ist, so stößt diese Beurteilung auf keinen Einwand. Denn das aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) einen hohen Stellenwert aufweisende Interesse der Allgemeinheit an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, Zl. 96/18/0576, mit weiteren Nachweisen) wurde durch den rechtswidrigen Aufenthalt des Beschwerdeführers so nachhaltig beeinträchtigt, daß die dargestellten privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers, der sich nach seiner gesetzwidrigen Einreise zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides etwa eineinhalb Jahre unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, zurückzustehen haben.
Soweit der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid insofern für rechtswidrig hält, als keiner der in § 17 Abs. 2 Z. 1 bis 5 FrG genannten Gründe für die Ausweisung vorliege, ist darauf zu verweisen, daß die belangte Behörde die Ausweisung auf die §§ 17 Abs. 1 i.V.m. § 19 FrG stützte, weshalb das Vorliegen der Tatbestandselemente des § 17 Abs. 2 Z. 1 bis 5 leg. cit. nicht zu prüfen war.
Soweit die Beschwerde einen Verfahrensfehler darin erblickt, daß dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung im Verfahren gegeben worden sei, mangelt es diesem Vorbringen an Relevanz, weil nicht dargetan wird, welche für den Beschwerdeführer günstigere Feststellungen die belangte Behörde im Falle der Gewährung des Parteiengehörs hätte treffen können; allein der Umstand, der Beschwerdeführer hätte darlegen können, daß eine monatliche Transaktion von - für ihn bestimmten - Unterhaltszahlungen in seinen Heimatort auf Grund der Kriegszerstörungen und der damit zusammenhängenden Konfusionen unmöglich sei, vermag jedenfalls keine Änderung der Entscheidungsgrundlage herbeizuführen.
Nach dem Gesagten liegt die behauptete Rechtsverletzung nicht vor. Dies ließ bereits die Beschwerde erkennen, die daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997210849.X00Im RIS seit
20.11.2000