TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/27 95/19/1111

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Veröffentlicht am 27.02.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §37;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/19/1112 95/19/1113 95/19/1114

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerden 1. des D M, geb. 1953,

2. des Du M, geb. 1983, 3. der M M, geb. 1957 und 4. des P M, geb. 1980, alle in Wien und vertreten durch Dr. Aleksa Paunovic, Rechtsanwalt in Wien I, Kärntner Ring 17/20, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres jeweils vom 24. August 1995, 1. Zl. 300.313/5-III/11/95,

2.

Zl. 300.313/8-III/11/95, 3. Zl. 300.313/6-III/11/95 und

4.

Zl. 300.313/7-III/11/95, jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Erstbeschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,--, die zweit- bis viertbeschwerdeführenden Parteien haben dem Bund gemeinsam insgesamt S 565,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. D M, der Beschwerdeführer zur hg. Zl. 95/19/1111, in der Folge auch Erstbeschwerdeführer, ist der Ehemann der zur hg. Zl. 95/19/1113 beschwerdeführenden M M (in der Folge auch Drittbeschwerdeführerin) und Vater der beiden anderen Beschwerdeführer (in der Folge Zweit- und Viertbeschwerdeführer) sowie des N M. Der Erstbeschwerdeführer reiste nach der Aktenlage am 10. Oktober 1991 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 5. Dezember 1991, ihm Asyl zu gewähren. Er erhielt mit Datum 5. Dezember 1991 eine Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung, die in der Folge bis zum 19. Dezember 1993 verlängert wurde. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Oktober 1993 wurde (rechtskräftig) ausgesprochen, daß Österreich dem Erstbeschwerdeführer kein Asyl gewähre. Am 4. Jänner 1994 langte bei der Erstbehörde der vorliegende als "Verlängerungsantrag" bezeichnete Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz ein. In diesem wurde ein Wohnsitz in Österreich angeführt; in Österreich verfügbare eigene Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes auf die Dauer des Aufenthaltes sind dem Antragsvorbringen nicht zu entnehmen.

1.2. Die Drittbeschwerdeführerin reiste am 3. Dezember 1991 in das Bundesgebiet ein und stellte am 5. Dezember 1991 den Antrag, ihr Asyl zu gewähren. Sie erhielt mit 5. Dezember 1991 eine Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung, welche bis zum 19. Dezember 1993 verlängert wurde. Mit (rechtskräftigem) Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Oktober 1993 wurde ausgesprochen, daß Österreich der Drittbeschwerdeführerin kein Asyl gewähre. Ihr am 4. Jänner 1994 bei der Erstbehörde eingebrachter "Verlängerungsantrag" auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 3. März 1995 abgewiesen.

In ihrem dem vorliegenden Verfahren zugrundeliegenden Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, eingelangt bei der Erstbehörde am 9. Mai 1995 gab die Drittbeschwerdeführerin an, daß sie von ihrem Sohn (N M) erhalten werde. Sie legte neben einer Ablichtung des Lehrvertrages diesen Sohn betreffend eine Bestätigung vor, wonach N M als Einzelhandelskaufmann-Lehrling brutto S 5.270,-- (zu ergänzen: monatlich) verdiene. Gleichzeitig legte sie die Ablichtung einer diesen Sohn betreffenden Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und die Ablichtung einer gleichfalls diesen Sohn betreffenden Aufenthaltsbewilligung vor.

1.3. Der Zweit- und der Viertbeschwerdeführer stellten jeweils am 4. Jänner 1994 "Verlängerungsanträge" auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz; diese wurden mit den Bescheiden der belangten Behörde jeweils vom 3. März 1995, gestützt auf § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufG) abgewiesen.

In den vorliegenden, jeweils am 9. Mai 1995 bei der Erstbehörde eingelangten Anträgen auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz verweisen diese beiden Beschwerdeführer darauf, daß sie von ihrem Bruder erhalten würden; sie legten hiezu die gleichen Ablichtungen der Urkunden vor wie die Drittbeschwerdeführerin.

1.4. Mit den jeweils vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen der beschwerdeführenden Parteien ab. Sie stützte diese Entscheidung auf § 5 Abs. 1 AufG und führte dazu aus, daß gemäß dem Sozialhilferichtsatz des Bundeslandes Wien von einem "grundsätzlichen Mindestbedarf" von S 12.290,-- auszugehen sei, welchem ein Familieneinkommen in der Höhe von S 5.270,-- gegenüberstehe, das vom Sohn bzw. Bruder aufgebacht werden könne. Angesichts dieser Differenz könne eine Aufenthaltsbewiligung nicht erteilt werden. Im Hinblick auf die Abweisung der Anträge der Eltern, könne auch dem Zweit- und dem Viertbeschwerdeführer keine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden. Bei Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK sei von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen auszugehen.

1.5. Die beschwerdeführenden Parteien bekämpfen die Bescheide der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgerichtshof jeweils wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres sachlichen, rechtlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden und in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

2.1. Die Beschwerdeführer haben nach der Aktenlage keine Aufenthaltsbewilligung oder eine dieser gleichzuhaltende Bewilligung besessen, weshalb die vorliegenden Anträge als "Erstanträge" zu werten sind.

2.2. Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf Fremden eine Bewilligung unter anderem dann nicht erteilt werden, wenn ihr Lebensunterhalt in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde von sich aus (initiativ) zu belegen, daß er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügt; Aufforderungen seitens der Behörde an den Fremden, dieser Darlegungspflicht entsprechend zu handeln, sind demnach ebensowenig geboten wie die Durchführung diesbezüglicher amtswegiger Ermittlungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1998, Zl. 96/19/3679, mwN). Es wäre daher im Rahmen der Mitwirkungspflicht der beschwerdeführenden Parteien gelegen gewesen, diesbezüglich Vorbringen zu erstatten. Soweit in der Rüge der Verletzung des rechtliche Gehörs durch die belangte Behörde die Rüge gelegen sein sollte, die belangte Behörde habe diesbezüglich den beschwerdeführenden Parteien keine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt, sind sie auf die dargelegte Mitwirkungspflicht zu verweisen, abgesehen davon, daß auch vor dem Verwaltungsgerichtshof ein diesbezüglich konkretes Vorbringen unterlassen wird. Inwieweit die belangte Behörde aber sonst bei Beiziehung der beschwerdeführenden Parteien zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, ist den Beschwerdeausführungen nicht zu entnehmen. Die gerügte Unterlassung der Beiziehung der beschwerdeführenden Parteien im Verfahren vor der belangten Behörde ist daher ohne erkennbare Relevanz.

2.2. Die belangte Behörde hat offenbar unter Heranziehung der Verordnung der Wiener Landesregierung, mit der die Verordnung betreffend die Festsetzung der Richtsätze in der Sozialhilfe geändert wird, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 68/1994, einen (monatlichen) Bedarf von S 12.290,-- (für die beschwerdeführenden Parteien und deren Sohn bzw. Bruder) errechnet. Im jeweiligen Beschwerdevorbringen wird nicht bezweifelt, daß die zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel in der Höhe von S 5.270,-- monatlich brutto zur Deckung dieses Bedarfes nicht ausreichen.

Die beschwerdeführenden Parteien wenden sich auch nur insoweit gegen die von der belangten Behörde vorgenommene - wenn auch knapp begründete - Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK, als sie rügen, daß dem Sohn bzw. Bruder eine Aufenthaltsbewilligung und eine Arbeitserlaubnis erteilt wurde, ihnen jedoch nicht.

Zwar trifft es zu, daß eine Ungleichbehandlung von Fremden nur dann und insoweit zulässig ist, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. November 1995, B 1691/95). Im Beschwerdefall jedoch kann eine derartige Ungleichbehandlung nicht erkannt werden: Das Einkommen des Sohnes bzw. Bruders vermag (allenfalls) dessen Lebensunterhalt, unbestrittenermaßen jedoch nicht auch den der beschwerdeführenden Parteien zu sichern. Auf die Frage, ob ein Anspruch auf Erteilung einer nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz erforderlichen Bewilligung besteht, wie er den beschwerdeführenden Parteien offenbar vorschwebt, braucht nicht eingegangen zu werden, weil dies selbst zutreffendenfalls nicht die "Sicherung des Lebensunterhaltes" im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu bewirken vermöchte. Darüber hinaus hätte über einen derartigen Anspruch auch nicht die belangte Behörde zu befinden, selbst wenn den Akten des Verwaltungsverfahrens diesbezüglich ein Vorbringen zu entnehmen wäre.

2.5. Aus diesen Erwägungen waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, hinsichtlich der zweit- bis viertbeschwerdeführenden Parteien im Umfang des Antrages der belangten Behörde.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1995191111.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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