TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/18 W117 2171560-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.02.2020
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Entscheidungsdatum

18.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §18
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53

Spruch

W117 2171560-1/25E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Andreas DRUCKENTHANER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch die RAe Dr. P. LECHENAUER/Dr. M. SWOZIL, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.08.2017, Zl. IFA 442630809/160550477, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 und 57 AsylG 2005 sowie §§9

und 18 BFA-VG sowie § 46, 52 und 53 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz

(B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein georgischer Staatsangehöriger, stellte am 02.06.2003 als damals 10-Jähriger vertreten durch seinen Vater unter den Personalien XXXX einen Asylerstreckungsantrag gemäß § 10 AsylG 1997, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.10.2003, AZ. 03 15.962-BAL, gemäß §§ 10, 11 AsylG 1997 abgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 14.07.2004, Zl. 244.266/0-VII/20/03, mit der Begründung abgewiesen, dass der Antrag seines Vaters am selben Tag negativ entschieden worden sei.

Am 16.12.2008 brachte er einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz ein, welcher gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.12.2009 rechtskräftig abgewiesen wurde.

Der Beschwerdeführer wurde mit rechtskräftigem Urteil des LG XXXX vom 31.05.2010 wegen §§ 15, 142/1, StGB (Raub) zu einer Freiheitsstrafe von 18, davon 15 Monate bedingt (Jugendstraftat) verurteilt.

Mit rechtskräftigem Urteil des LG XXXX , vom 12.02.2013 wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 128 Abs. 1 Z4, 129 Z 1 und 2, 130

4. Fall StGB, § 15 StGB, §§ 125,126 Abs. 1 Z 5 StGB Sachbeschädigung, [gewerbsmäßiger] Diebstahl) zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 18 Monaten davon 12 Monate bedingt (Jugendstraftat) verurteilt.

Mit rechtskräftigem Urteil des LG XXXX vom 01.10.2013 wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 129 Z 2 StGB (Einbruchsdiebstahl) zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 7 Monaten verurteilt.

Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der Landespolizeidirektion XXXX , vom 11.04.2013, ein auf acht Jahre befristetes Aufenthaltsverbot, aufgrund der wiederholten Straffälligkeit des BF, erlassen. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mittels Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates XXXX vom 31.10.2013, abgewiesen, wobei die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf fünf Jahre herabgesetzt wurde.

Der dritte Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 13.01.2014 gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 rechtskräftig abgewiesen.

Am 30.06.2014 reiste der Beschwerdeführer freiwillig aus dem österreichischen Bundesgebiet aus.

Mit Schriftsatz vom 16.02.2015 stellte der BF den Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.03.2015 wurde dieser Antrag gemäß § 69 Abs. 2 FPG abgewiesen. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.06.2017, Zl. W189 2106241-1/8E, Folge gegeben und das befristete Aufenthaltsverbot gemäß §§ 69 Abs. 2 iVm 125 Abs. 25, 3. Satz FPG behoben.

Der Beschwerdeführer gelangte bereits davor, am 18.04.2016 mit einem für die Zeit vom 23.03.2016 bis 16.04.206 gültigen griechischen Schengenvisum via Ungarn und Italien unter dem im Spruch an erster Stelle genannten Namen erneut ins österreichische Bundesgebiet und stellte unter Vorlage eines auf seinen neuen Namen ausgestellten georgischen Reisepasses am selben Tag den verfahrensgegenständlichen vierten Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am18.04.2016 brachte er dazu vor, eigentlich Armenier zu sein. Er sei nun in Georgien zum Militär einberufen worden, welches Krieg gegen Armenien führe. Dann müsste er in der Türkei gegen Armenien kämpfen. Er habe den Termin um einen Monat verschieben können und danach den Familiennamen seiner Mutter angenommen sowie ein Schengenvisum beantragt. Im Fall der Rückkehr fürchte er, in den Krieg geschickt zu werden sowie dass er dann kämpfen müsse. Wegen seiner Ausreise und Wehrdienstverweigerung drohe ihm eine Gefängnisstrafe. Er habe seit seinem 6.Lebensjahr für 13 Jahre in Österreich gelebt. Vom 01.07.2015 bis zur nunmehrigen Ausreise per Flugzeug am 03.04.2016 habe er in Georgien gelebt.

Der am 25.02.2016 ausgestellte georgische Reisepass des Beschwerdeführers mit dem griechischen Schengenvisum wurde am selben Tag sichergestellt. Das Verfahren wurde am 22.04.2016 gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen.

Im Zuge seiner Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) am 11.08.2017 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass seine beiden Schwestern bereits über die österreichische Staatsbürgerschaft und seine Mutter über ein humanitäres Aufenthaltsrecht in Österreich verfügen würden, sein in Österreich subsidiär schutzberechtigter Vater sei bereits verstorben. Sein Großvater sei in Österreich asylberechtigt, seine Großmutter verfüge über subsidiären Schutz in Österreich. Er sei gesund und nehme weder Medikamente noch Drogen. Er spreche Georgisch, Armenisch, Russisch und Deutsch, wobei er Deutsch besser beherrsche als Georgisch. Er sei Angehöriger der armenischen Volksgruppe mit armenisch-apostolisch-gregorianischem Glauben, sei seit dem 01.09.2014 mit einer Österreicherin verheiratet und habe keine Kinder. Er lebe mit seiner Ehefrau nicht im gemeinsamen Haushalt. Seine Frau lebe bei ihren Eltern und er bei seiner Mutter. Er habe seine Frau zuletzt im Sommer 2016 gesehen. Die Scheidung sei beabsichtigt, aber noch nicht in die Wege geleitet worden. Er sei in Tiflis geboren und habe Georgien im Alter von 10 Jahren mit seinen Eltern verlassen. Am 30.06.2014 sei er unter Gewährung von Rückkehrhilfe nach Georgien zurückgereist. Er habe sich damals 11 Jahre in Österreich aufgehalten. Das gegen ihn wegen seiner wiederholten Straffälligkeit im April 2013 erlassene Aufenthaltsverbot im Ausmaß von 5 Jahren sei mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.06.2017, Zl. W189 2106241-1/8E, gemäß § 69 Abs. 1 iVm § 125 Abs 25, 3.Satz FPG behoben worden. Er habe in Georgien die Grundschule, in Österreich die Volksschule und die Hauptschule besucht, diese jedoch nicht abgeschlossen. Er habe auch keine Berufsausbildung. Er sei er bei einer Recycling Firma beschäftigt gewesen, bis sein Aufenthaltstitel abgelaufen sei, welcher wegen seiner Vorstrafen nicht mehr verlängert worden sei. In Georgien habe er nach seiner freiwilligen Rückkehr im Juli 2014 einen Einberufungsbefehl erhalten. Bis zur Musterung habe er eine extreme Diät gemacht, damit er untergewichtig dort habe erscheinen können. Dort sei ihm die Auflage erteilt worden, dass er im Juni 2015 wiedererscheinen solle. Zwei Tage nach Erhalt des weiteren Einberufungsbefehls sei er nach Österreich ausgereist. Nach dem Vorhalt, dass er mit einem Visum eingereist sei, brachte er vor, dass er mindestens 3 Wochen für die geplante Ausreise benötigt habe. Der eigentliche Wunsch sei gewesen, mit seiner Familie zu leben. Seine Mutter arbeite in Österreich bei zwei Reinigungsfirmen. Seine beiden Schwestern würden in Österreich leben, die jüngere lebe bei seiner Mutter, die ältere sei verheiratet. Ein Onkel väterlicherseits lebe in der Russischen Föderation und die Tante väterlicherseits in XXXX . Seine Mutter habe 10 oder 11 Geschwister, ein Onkel lebe in Frankreich, die anderen kenne er nicht. Alle Verwandten seien Armenier armenischen Glaubens. Nach seiner Rückkehr nach Georgien habe er als Maler und Lackierer in einer Autowerkstatt in XXXX gearbeitet bis er wieder ausgereist sei. In Georgien sei er nicht vorbestraft, inhaftiert oder vor Gericht gestanden. Aktuell gebe es auch keinen Haftbefehl gegen ihn. Er habe Probleme mit der Militärbehörde. Er sei nicht politisch tätig gewesen und habe auch keine Probleme wegen seines Religionsbekenntnisses gehabt. Zu den Fluchtgründen gab er an, dass er in Georgien zum Militärdienst hätte einrücken sollen. Zur Zeit seines Aufenthaltes in Georgien seien Teile des georgischen Heeres nach Aserbaidschan geschickt worden. Er sei Armenier und wolle nicht in Aserbaidschan in den Krieg ziehen müssen. Überhaupt wolle er keine Waffe tragen. Den Termin für die Musterung habe er (infolge seines Untergewichts) um ein Jahr verschieben können. Weitere Gründe für seine Ausreise seien, dass seine Mutter, seine Schwestern und seine Ehefrau hier lebten; er habe sich in Georgien nicht mehr zu Hause gefühlt. Im Fall der Rückkehr nach Georgien müsse er zum Heer einrücken, was er nicht wolle. Gegen eine Ausweisung aus Österreich sprächen seine familiären Bezugspunkte; er lebe mit seiner jüngeren Schwester und seiner Mutter im gemeinsamen Haushalt. Seine Großeltern und sein Vater seien in Österreich verstorben. Andere Verwandte habe er nicht. Er sei in keinen Vereinen tätig, besuche jedoch aktuell einen Deutschkurs. Er lebe von der Unterstützung seiner Mutter. Er arbeite nicht, unterstütze seine Mutter und seine ältere Schwester mit den Kindern; ab und zu gehe er Laufen. In Österreich habe er Probleme mit den Gesetzen.

Sodann wurde die ältere Schwester des Beschwerdeführers ebenfalls am 11.08.2017 beim Bundesamt als Zeugin niederschriftlich einvernommen. Diese gab an, dass der Beschwerdeführer gelegentlich ihre Kinder beaufsichtige und sie ihm ab und zu kleinere Geldbeträge gebe. Sie lebe in Scheidung, weil ihr Ehemann mit der Ehefrau ihres Bruders eine Zeit lang zusammengelebt habe. Ihr Bruder habe in Georgien die meiste Zeit bei der Tante väterlicherseits gewohnt habe, bis er wegen Problemen hinausgeworfen worden sei, worauf er bei der Cousine seines Vaters gelebt habe. Weitere Verwandte in Georgien kenne sie nicht. Er sei glaublich wegen Problemen mit der Sprache und dem Heer nach Österreich zurückgekehrt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30.08.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 18.04.2016 hinsichtlich Asyl (Spruchpunkt I.) und subsidiären Schutz (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs.2 Z 3 und 4 FPG werde gegen ihn ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde werde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1, 3, 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Begründend wurde festgestellt, dass die Einberufung zum Militärdienst keine asylrelevante Verfolgung darstelle. Eine wegen Wehrdienstverweigerung bzw. Desertion drohende, auch strengere Bestrafung stelle grundsätzlich keine Verfolgung im Sinne der GFK dar, selbst wenn im betroffenen Herkunftsstaat ein Bürgerkrieg, Revolution oder bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen stattgefunden haben. Die Ermittlungen hätten nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer während des Militärdienstes wegen in der GFK genannten Gründen einer Verfolgung oder einer härten Bestrafung infolge seiner Wehrdienstverweigerung ausgesetzt wäre. Ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG 2005 liege nicht vor. Ferner sei nicht wahrscheinlich, dass er im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat von einem innerstaatlichen Konflikt bedroht werde oder ein nach Art. 2 oder 3 EMRK relevanter Sachverhalt vorliege. Dass er in eine existenzbedrohende Situation geraten könnte, sei angesichts seiner Arbeitsfähigkeit und seiner familiären und privaten Kontakte im Herkunftsland nicht zu erwarten. Er leide nicht an einer ernsten Krankheit, welche im Herkunftsstaat nicht behandelbar wäre. Seine Rückkehr stelle trotz privater Anknüpfungspunkte in Österreich keine Verletzung von Art. 8 EMRK dar, seine Abschiebung nach Georgien sei zulässig. Da er Mittel zum Unterhalt nicht habe nachweisen können, seien die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FPG erfüllt. Die Dauer sei gewählt worden, weil noch anzunehmen sei, dass er demnächst in seiner Heimat Fuß fassen und seinen Lebensunterhalt selbständig sichern werde können.

In der dagegen vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers erhobenen vollumfänglichen Beschwerde wurde ua. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. In Georgien gebe es in der Praxis keine Alternative zum Militärdienst und sei es angesichts der gegenwärtigen politischen Lage nicht unwahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer als Angehöriger der armenischen Minderheit und Kriegsdienstverweigerer in Krisenkampfgebieten Georgiens gegen armenische Angehörige eingesetzt werden würde. Dadurch fühle sich der Beschwerdeführer auch in seiner Gedanken- und Gewissensfreiheit nach Art. 9 EMRK verletzt, da er keinesfalls in einem Kriegsgebiet die Waffe gegen einen anderen Menschen - insbesondere gegen armenische Bürger - richten wolle. In Georgien sehe die Praxis zum Recht auf Kriegsdienstverweigerung tatsächlich anders aus, weshalb Art. 9 EMRK verletzt werde (Hinweis auf EGMR Urteil vom 22.11.2011, Ercep gg. Türkei; Nr. 43965/04, Bayatyan gg. Türkei, Nr. 23459/03). Nach der ständigen Rechtssprechung des VwGH könne auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Gründen beruhe oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werde und den Sanktionen jede Verhältnismäßigkeit fehle (Hinweis auf VwGH 14.09.2016, Ra 2016/18/0085, VwGH 25.03.2015, Ra 2014/20/0085, mwN). Das Bundesamt hätte grundsätzlich auf die vorgebrachte "Überzeugung als Angehöriger der armenischen Minderheit" eingehen müssen, um ordnungsgemäß die Gewissens-, Gedanken- und Religionsbedenken des Beschwerdeführers untersuchen zu können. Auch die Angaben seiner Schwester seien im angefochtenen Bescheid völlig unberücksichtigt gelassen worden. Der Beschwerdeführer befinde sich seit 2003 in Österreich und habe sich sein Aufenthalt seither zweifelsfrei verfestigt, sodass seine Interessen am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen überwiegen würden. Im gegenständlichen Verfahren würde die Aufrechterhaltung des Aufenthalts- und Einreiseverbotes nicht nur in das Recht auf Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers massiv eingreifen, sondern auch das Recht auf Privat- und Familienleben seiner Mutter und der restlichen Familienmitglieder erheblich verletzt werden. Die Behörde habe die Aufhebung des Aufenthalts- und Einreiseverbots mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.06.2017 gänzlich ignoriert. Die von der Behörde angeführte Verwaltungsübertretung habe der Beschwerdeführer nach Kenntnis der Untreue seiner Ehefrau aus Verzweiflung im betrunkenen Zustand begangen, was er jedoch sehr bereue. Er habe jedenfalls einen Sinneswandel durchlebt und wolle nach wie vor seinen Schulabschluss nachholen. "Er sei durch die Unterstützung seiner Mutter und seiner Schwester selbsterhaltungsfähig" und arbeite auch ehrenamtlich bei der Diakonie. Dass ihm unterstellt werde, sein Hauptziel sei lediglich der Verbleib in Österreich, sei richtig, jedoch wolle er schlichtweg von seiner Familie nicht mehr getrennt werden und sehe in Österreich auch sein Heimatland. Ferner sei bei aufenthaltsverfestigten Drittstaatsangehörigen die Erlassung eines Einreiseverbotes trotz Vorliegens schwerwiegender strafgerichtlicher Verurteilungen nicht mehr zu rechtfertigen., wenn der Antragsteller die "Voraussetzungen der langjährigen rechtmäßigen Niederlassung" vorweise sowie die Gründe, die zu einer Erlassung geführt haben, weggefallen seien (VwGH 16.05.2013, 2011/21/0272, VwGH 28.08.2012, 2012/21/0159, VwGH 19.03.2013, 2012/21/0082). Diese Voraussetzungen erfülle der Beschwerdeführer, weil er von 2003 bis 2014 bereits eine Aufenthaltsverfestigung vorgewiesen habe und seine gesamte Familie zum damaligen Zeitpunkt keinen ernsthaften Bezug zu Georgien mehr gehabt habe. Da der Beschwerdeführer sich ernsthaft um Ausbildung und Arbeit bemühe, seine Straftaten bereue, ehrenamtlich tätig sei und seine Mutter sowie Schwester auch auf Grund der wirtschaftlichen Abhängigkeit unterstütze, stelle er daher keine Gefahr für die Öffentlichkeit und Sicherheit mehr dar. Hingegen habe er weder Freunde noch Bekannte oder Familienangehörige in Georgien, die ihn in der Praxis

unterstützen würden. Ein Familien- und Privatleben sei daher nur in Österreich gegeben und würde eine Abschiebung einen schweren Eingriff darstellen. Eine Ausweisung nach Georgien sei nicht mehr gerechtfertigt. Die von der Behörde vorgenommene Interessenabwägung erweise sich als unzureichend. In der Gesamtschau würde dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Georgien jedenfalls unmenschliche Behandlung sowie die Verletzung der Gewissens- und Gedankenfreiheit gemäß Art. 3 und 9 EMRK drohen.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2017, Zl. L518 2171560-2/2Z, wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

Einem Erhebungsbericht der LPD XXXX vom 18.11.2017 zufolge konnte der Beschwerdeführer nicht bei seiner Mutter angetroffen werden; er sei wegen der ihm drohenden Abschiebung weggegangen.

Mit rechtskräftigem Urteil des BG XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 27 (1) Z 1 1.Fall, 27 (1) Z 1 2.Fall, 27 (2) SMG zu einer Geldstrafe von 150 Tagsätzen zu je 4.- Euro (600.-) verurteilt.

Mit Beschluss der Staatsanwaltschaft XXXX vom 21.07.2018 wurde gegen den Beschwerdeführer wegen § 28 SMG, § 15 StGB; §§ 27(1) Z1 1.Fall, 27 (1) Z 1 2.Fall, 27 (1) Z 1 8.Fall SMG; §§ 27 (1) 1.Fall, 27 (1) Z 1 2.Fall, 27 (1) Z 1 8.Fall, 27(2) SMG Anklage erhoben.

Nach Einsichtnahme in das Melderegister ist der Beschwerdeführer bereits seit 16.05.2014 im Bundesgebiet überhaupt nicht mehr gemeldet.

Mit Parteiengehör vom 01.10.2018 wurden dem Beschwerdeführer bzw. seinem Vertreter Länderberichte zu Georgien zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.

Mit Email vom 12.02.2020 teilte der rechtsfreundliche Vertreter mit, dass sich der Beschwerdeführer aktuell in Georgien befindet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer, ein georgischer Staatsangehöriger armenischer Volksgruppenzugehörigkeit und armenisch-apostolischen Glaubens, stellte am 02.03.2003 im Alter von 10 Jahren seinen ersten Asylantrag im Bundesgebiet, welcher mit Bescheid des Bundesamtes vom 28.10.2003 gemäß §§ 10,11 AsylG 1997 wegen der der Abweisung des Asylantrages seines Vaters abgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 14.07.2004 als unbegründet abgewiesen. Sein zweiter Asylantrag vom 16.12.2008 wurde gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.12.2009 ebenfalls rechtskräftig abgewiesen.

Der Beschwerdeführer wurde mit rechtskräftigem Urteil des LG XXXX vom 31.05.2010 wegen §§ 15, 142/1, StGB (Raub) zu einer Freiheitsstrafe von 18, davon 15 Monate bedingt (Jugendstraftat) verurteilt.

Mit rechtskräftigem Urteil des LG XXXX , vom 12.02.2013 wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 128 Abs. 1 Z4, 129 Z 1 und 2, 130

4. Fall StGB, § 15 StGB, §§ 125,126 Abs. 1 Z 5 StGB Sachbeschädigung, [gewerbsmäßiger] Diebstahl) zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt (Jugendstraftat) verurteilt.

Mit rechtskräftigem Urteil des LG XXXX vom 01.10.2013 wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 129 Z 2 StGB (Einbruchsdiebstahl) zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 7 Monaten verurteilt.

Das in der Folge von der LPD mit Bescheid vom 11.04.2003 erlassene und auf acht Jahre befristete Aufenthaltsverbot wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 31.10.2013 auf fünf Jahre herabgesetzt.

Der dritte Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.01.2014 ebenfalls gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 abgewiesen.

Am 30.06.2014 reiste der Beschwerdeführer erstmals freiwillig in den Herkunftsstaat zurück.

Seinem Antrag vom 16.02.2015 auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.06.2017 stattgegeben und das befristete Aufenthaltsverbot gemäß §§ 69 Abs. 2 iVm 125 Abs. 25, 3. Satz FPG behoben.

Bereits davor gelangte der Beschwerdeführer am 18.04.2016 mit einem gültigen griechischen Schengenvisum unter einem anderen Namen legal erneut ins Bundesgebiet und stellte unter Vorlage eines georgischen Reisepasses den vorliegenden vierten Antrag auf internationalen Schutz.

Mit rechtskräftigem Urteil des BG XXXX vom 02.10.2017 wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 27 (1) Z1 1.Fall, 27(1) Z 1 2.Fall, 27(2) SMG zu einer Geldstrafe von 150 Tagsätzen zu 4 Euro verurteilt.

Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer am 21.07.2018 wegen § 28 SMG, § 15 StGB; §§ 27 (1) Z1 1.Fall, 27 (1) Z 1 2.Fall, 27 (1) Z1

8. Fall SMG; §§27 (1) Z1 1.Fall, 27(1) Z1 2.Fall, 27 (1) Z1 8.Fall, 27(2) SMG Anklage erhoben.

Der Beschwerdeführer ist aber zwischenzeitlich wieder nach Georgien zurückgekehrt und hält sich aktuell in der Hauptstadt Tiflis auf.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer infolge seiner Einberufung zum Militärdienst bzw. seiner Wehrdienstverweigerung in Georgien eine Verfolgung im Sinne der GFK oder eine sonstige Gefährdung droht. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in eine GFK-relevante Verfolgungssituation oder sonstige Gefährdungslage geraten würde.

Der Beschwerdeführer ist nach legaler Einreise mit einem von 23.03.2016 bis 16.04.2016 gültigen Schengenvisum im Bundesgebiet verblieben und hat am 18.04.2016 zum vierten Mal in Österreich Asyl beantragt. Er ist bereits mehrmals (einschlägig) vorbestraft. Es liegen nunmehr bereits vier rechtskräftige Verurteilungen sowie eine Anklage vor. Seine wiederholten Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung zeigen deutlich, dass er - auch nach der Aufhebung des bereits vor seiner Rückkehr nach Georgien gegen ihn verhängten Aufenthaltsverbotes - die österreichischen Gesetze nicht respektiert. Er missbrauchte seine bisherigen Aufenthalte im Bundesgebiet nach wiederholter Stellung von Asylanträgen zur Begehung krimineller Handlungen bzw. aus wirtschaftlichen Gründen. Demnach - wegen seiner (einschlägigen) Vorstrafen und da er bislang im Bundesgebiet noch keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist - hat bisher eine Verhaltens- bzw. Charakterentwicklung noch nicht stattgefunden bzw. ist eine solche auch in naher Zukunft nicht zu erwarten. Sein Verhalten stellt auch angesichts der jüngsten Anklage somit eine tatsächliche, gegenwärtige Gefahr dar.

Daher ist eine sofortige Ausreise des Beschwerdeführers nach Georgien erforderlich und die erlassene aufenthaltsbeendende Maßnahme ist rechtmäßig. Georgien stellt - für den konkreten Beschwerdeführer - keinen solchen Herkunftsstaat dar, in welchem sein Leben oder körperliche Unversehrtheit aus welchen Gründen auch immer gefährdet wäre. Georgien ist ein sicherer Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftssaaten-VO gemäß § 19 BFA-VG.

Der Beschwerdeführer ist mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet, lebt allerdings von ihr getrennt. In Österreich sind seine Mutter mit einem humanitären Aufenthaltstitel und seine zwei Schwestern als österreichische Staatsbürgerinnen aufhältig. Ein gemeinsamer Haushalt mit ihnen besteht jedoch nicht. Die verheiratete Schwester des Beschwerdeführers gab ihm hin und wieder kleine Geldbeträge für das Beaufsichtigen ihrer Kinder. Die als Reinigungskraft tätige Mutter unterstützte ihn ebenfalls finanziell. Der Beschwerdeführer ist bereits während seines gesamten vierten Asylverfahrens im Bundesgebiet nicht behördlich gemeldet.

Seit Mitte November 2017 hielt er sich auch nicht mehr - ohne Meldung - bei seiner Mutter auf, sondern war bis zu seiner Rückkehr nach Georgien untergetaucht.

Er leidet an keinen gesundheitlichen Problemen. Er hat im Herkunftsstaat die Grundschule und in Österreich die Volks- und Hauptschule besucht, jedoch nicht abgeschlossen. Er hat auch keine Berufsausbildung absolviert. Der Beschwerdeführer hat nach seinen Angaben vor seiner Rückkehr nach Georgien bis zum 14.02.2008 im Bundesgebiet bei einer Recylingfirma gearbeitet. Nach seiner erneuten Einreise bis zur Wiederausreise ist er im Bundesgebiet bisher keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen, ist jedoch arbeitswillig und wohl auch arbeitsfähig. Während seines Aufenthaltes in Georgien hat er als Maler und Lackierer in einer Autowerkstätte gearbeitet. Er beherrscht Georgisch, Armenisch, Russisch und Deutsch. Bisher hat er im Bundesgebiet keine staatliche Grundversorgung bezogen. Er ist nicht Mitglied in einem Verein oder in einer sonstigen Organisation im Bundesgebiet. In Georgien leben nach wie vor Verwandte (Tante, Cousine des Vaters) und der Beschwerdeführer hat nach seiner Rückkehr bereits bei ihnen gewohnt. Zu den zahlreichen übrigen Verwandten mütterlicherseits behauptete er, keinen Kontakt zu haben.

Zur Situation im Herkunftsstaat:

Politische Lage

Im Jahr 2017 begann Georgien mit einer grundlegenden Reform der Verfassung, mit welcher der Übergang von einem gemischten zu einem parlamentarischen System abgeschlossen wurde. Die Reform, die insgesamt positiv von der Venediger-Kommission des Europarates bewertet wurde, zielt darauf ab, die verfassungsmäßige Ordnung des Landes zu festigen, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Grundrechte beruht. Der vom Parlament angenommene Entwurf wurde von der Opposition nicht unterstützt, weil vor allem das rein-proportionale Wahlsystem erst bis 2024 eingeführt werden soll. NGOs und Oppositionsparteien sahen den Entscheidungsprozess als nicht inklusiv und zu voreilig (EC 9.11.2017).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wird durch Direktwahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Der Präsident ernennt den Premierminister, der vom Parlament ernannt wird. Nach den im Jahr 2017 beschlossenen Verfassungsänderungen wird der Präsident indirekt von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt, wobei diese Änderungen erst nach der Wahl 2018 wirksam werden (FH 1.2018). Nach der geänderten Verfassung wird Georgien ab 2024 auf ein Verhältniswahlsystem mit einer Fünf-Prozent-Hürde umstellen. Ab 2025 wird der Präsident nicht mehr vom Wahlvolk, sondern von einem speziellen Gesetzgebungsrat gewählt (RFE/RL 20.10.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen 2013 gewann Giorgi Margvelashvili, ein von der Partei "Georgischer Traum" unterstützter unabhängiger Kandidat, 62% der Stimmen, vor dem Kandidaten der Vereinigten Nationalen Bewegung (UNM), David Bakradze, der 22% gewann. Während Beobachter über einige Verstöße berichteten, bezeichneten sie den Wahlgang als kompetitiv und und vertrauenswürdig und lobten dabei die Zentrale Wahlkommission für ihre Professionalität. Giorgi Kvirikashvili von der Partei Georgischer Traum kehrte nach den Parlamentswahlen 2016 als Premierminister zurück; er war seit Ende 2015 in dieser Funktion tätig (FH 1.2018).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei "Georgischer Traum" sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).

Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR 30.10.2016).

Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017). Die Wahl verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).

Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Die Menschen sind in der Regel in der Lage, politische Parteien zu gründen und ihre eigenen Kandidaturen mit wenig Einmischung durch Dritte umzusetzen. Allerdings hat ein Muster der Einparteiendominanz in den letzten zehn Jahren die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt. Die Partei Georgischer Traum dominiert den politischen Raum. Entscheidend dafür ist die Rolle von Ivanishvili, dem Schöpfer und Finanzgaranten der Partei, der maßgeblichen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung in Georgien hat. Die finanziellen und geschäftlichen Interessen von Ivanishvili sind auch im politischen Bereich von großer Bedeutung (FH 1.2018).

Quellen:

* Civil.ge (13.11.2017): GDDG Wins Most Mayoral Runoff Races, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30622, Zugriff 26.3.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 26.3.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Parliamentary Elections, Second Round - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions,

http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/278146?download=true, Zugriff 26.3.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-Operation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights (13.11.2017):

Election Observation Mission Georgia, Local Elections, Second Round, 12 November 2017,

http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/356146?download=true, Zugriff 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (20.10.2017): Georgia's President Reluctantly Signs Constitutional Amendments, 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html, Zugriff 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (12.11.2017): Georgians

In Six Municipalities Vote In Local Election Runoffs, https://www.rferl.org/a/georgia-local-elections-second-round/28849358.html, Zugriff 26.3.2018

* Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren,

http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt, Zugriff 26.3.2018

* Vestnik Kavkaza (31.10.2016): Georgian Dream wins 48 districts out of 50,

http://vestnikkavkaza.net/news/Georgian-Dream-wins-48-districts-out-of-50.html, Zugriff 26.3.2018

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Georgien hat sich seit der militärischen Auseinandersetzung zwischen georgischen und russischen Truppen vom August 2008 weitgehend normalisiert. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen. Im Gali-Distrikt Abchasiens kommt es immer wieder zu Schusswechseln, Entführungen und anderen Verbrechen mit teilweise kriminellem Hintergrund. Trotz vordergründiger Beruhigung der Lage kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen Abchasien und Georgien nicht ausgeschlossen werden. Gleiches gilt im Falle Südossetiens. In den städtischen Zentren kann es gelegentlich zu Demonstrationen und Protestaktionen kommen, vor allem im Zusammenhang mit Wahlen. Straßenblockaden und Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften sind nicht ausgeschlossen. Das Risiko von terroristischen Anschlägen kann auch in Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 6.6.2018).

Die Kriminalitätsrate ist in Georgien in den letzten Jahren deutlich gesunken. Auto- und andere Diebstähle sowie Einbrüche kommen vor, und sind gelegentlich von Gewalt begleitet. Übergriffe gegen Personen, die sich in der Öffentlichkeit als homosexuell zu erkennen geben, können vorkommen (AA 6.6.2018a, vgl. EDA 6.6.2018).

Bei einem Anti-Terroreinsatz in Tiflis sind am 22.11.2017 ein Polizist und drei mutmaßliche Terroristen getötet worden. Mehrere mutmaßliche Anhänger einer terroristischen Gruppe hatten sich der Festnahme widersetzt, indem sie das Feuer mit automatischen Waffen eröffneten und Handgranaten auf die Anti-Terror-Einheit warfen (Standard 23.11.2017). Einer der getöteten Terroristen war offenbar Achmed Tschatajew, ein tschetschenischer Befehlshaber des sog. Islamischen Staates (IS), der den georgischen Behörden bekannt war. Tschatajew stand seit 2015 auf der Terroristenliste der Vereinigten Staaten von Amerika und wurde auch von Russland und der Türkei wegen der Organisation des tödlichen Bombenanschlags auf den Flughafen von Istanbul im Juli 2016 gesucht. Die Prognose, dass sich die terroristische Bedrohung in Georgien auf die einheimischen und zurückkehrenden Kämpfer verlagert hat, wurde durch die Operation in Tiflis drastisch bestätigt (Jamestown 29.11.2017, GA 1.12.2017):

Die EU unterstützt aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die Krise in Georgien und die EU-Beobachtermission (EUMM), die zu Stabilität und Frieden beitragen. Georgien hat sich weiterhin den internationalen Gesprächen in Genf verschrieben. Der sog. "Incident Prevention Mechanisms (IPRM)", der 2009 geschaffen wurden, um Risiko- und Sicherheitsfragen zu erörtern, die die Gemeinden in Abchasiens bzw. Südossetiens betreffen, und die EUMM-Hotline arbeiten weiterhin effizient als wesentliche Instrumente, um lokale Sicherheitsfragen anzugehen und, um die weitere Vertrauensbildung zwischen den Sicherheitsakteuren zu fördern (EC 9.11.2017).

Anfang März 2018 wiederholte Premierminister Giorgi Kvirikashvili Georgiens Interesse, bei den internationalen Gesprächen in Genf konkrete Fortschritte zu erzielen. Hierzu erklärte er sich auch bereit, in einen direkten Dialog mit Vertretern der separatistischen Regionen Abchasien und Südssetien zu treten (Jamestown 26.3.2018, vgl. Civil.ge 9.3.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (6.6.2018a): Landesspezifische Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/georgien-node/georgiensicherheit/201918#content_0, Zugriff 6.6.2018

* Civil.ge (9.3.2018): Prime Minister Appeals to Russian Authorities, Offers Direct Dialogue with Sokhumi, Tskhinvali, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30935&search, Zugriff 12.4.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (6.6.2018): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html, Zugriff 6.6.2018

* GA - Georgien aktuell (1.12.2017): Anti-Terror-Einsatz: getötete Terroristen offenbar illegal ins Land gekommen, http://georgien-aktuell.info/de/politik/innenpolitik/article/13430-illegal, Zugriff 9.4.2018

* Jamestown (26.3.2018): Georgian Government Insists on Direct Talk With Moscow-Backed Separatists, https://jamestown.org/program/georgian-government-insists-direct-talk-moscow-backed-separatists/, Zugriff 12.4.2018

* Jamestown (29.11.2017): Special Operation in Tbilisi Highlights Risk of Terrorism by Returning Fighters in Georgia, https://jamestown.org/program/special-operation-tbilisi-highlights-risk-terrorism-returning-fighters-georgia/, Zugriff 9.4.2018

* Der Standard (23.11.2017): Vier Tote bei Anti-Terror-Einsatz in Tiflis,

https://derstandard.at/2000068329714/Vier-Tote-bei-Anti-Terror-Einsatz-in-Tiflis, Zugriff 9.4.2018

Regionale Problemzone: Abchasien

Abchasien (ca. 200.000 Einwohner) hat sich - unterstützt von Russland - als unabhängig erklärt und sucht die weitere Annäherung an Russland. Die Regierung in Tiflis hat keine Verwaltungshoheit über das Gebiet, in denen sich ein de-facto politisches System mit Regierung, Parlament und Justiz etabliert hat. Eigene Streitkräfte, unterstützt durch russisches Militär sichern die zunehmend von ihnen befestigte Verwaltungsgrenze zu Georgien. Diese ist nur zu sehr geringem Maße für Einwohner der Gebiete durchlässig. Militärische Auseinandersetzungen gibt es seit 2008 jedoch nicht mehr. Das Recht auf Rückkehr der vertriebenen Georgier wird von den abchasischen de facto-Behörden verwehrt. Nur der Verwaltungskreis Gali im südlichen Teil Abchasiens, nahe dem georgischen Hauptterritorium, ist noch stark georgisch/megrelisch besiedelt. Es liegen Hinweise vor, dass Bewohner dieses Gebiets bzw. Angehörige der georgischen/megrelischen Bevölkerung in Abchasien staatlich benachteiligt werden (z.B. beim Erwerb von Passdokumenten und damit Freizügigkeit, Ausübung des Stimmrechts bei de facto-Präsidentschaftswahlen 2014, Besetzung öffentlicher Stellen, Zugang zu Bildung und Gesundheitsfürsorge, Ermöglichung von "Grenz"-Übertritten nach Georgien, Arbeitserlaubnis). Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsteile kann als zielgerichtet bewertet werden, um sie zum Verlassen zu bewegen. Von Abchasien aus war es bislang gängige Praxis, dass Kinder ethnischer Georgier die Administrative Boundary Line (ABL) zum Schulbesuch auf dem georgischen Hauptterritorium regelmäßig überqueren konnten. Nach der Schließung von mittlerweile drei der fünf offiziellen Übergangsstellen verlängert sich der tägliche Schulweg aber so sehr (z.T. ca. 100 km einfach), dass diese Möglichkeit inzwischen kaum noch genutzt wird (AA 11.12.2017).

Die abchasische Regierung ist finanziell von Russland abhängig, das eine militärische Präsenz auf dem Territorium unterhält und zu den wenigen Staaten gehört, die die Unabhängigkeit Abchasiens anerkennen. Dennoch weist das politische System eine starke Opposition und zivilgesellschaftliche Aktivität auf, und die meisten Einwohner sind Berichten zufolge gegen eine formelle Annexion durch Russland. Während die lokalen Rundfunkmedien weitgehend von der Regierung kontrolliert werden, gibt es einige unabhängige Print- und Online-Medien. Die Versammlungsfreiheit wird in der Regel respektiert. Zu den anhaltenden Problemen gehören ein zutiefst mangelhaftes Strafrechtssystem und die Diskriminierung von ethnischen Georgiern (FH 1.2017).

Die abchasischen Behörden inhaftieren weiterhin Personen, die die "Grenze" illegal überquert haben sollen. Russische Grenzwächter entlang der Verwaltungsgrenze zwischen Abchasien und Georgien setzen normalerweise die Regeln der abchasischen Machthaber um, indem sie Individuen abstrafen und wieder freilassen. Es gab Berichte über willkürliche Verhaftungen von ethnischen Georgiern in den abtrünnigen Gebieten. Ihnen wurden weder die Gründe für die Haft noch für das Vorführen vor den Staatsanwalt mitgeteilt. In Abchasien verbietet das Rechtssystem Eigentumsansprüche von ethnischen Georgiern, die Abchasien vor, während oder nach dem Krieg von 1992-93 verlassen haben, wodurch Binnenvertriebenen ihre Eigentumsrechte in Abchasien entzogen werden (USDOS 20.4.2018).

Die Behörden in Abchasien lehnen weiterhin die Rückkehr von ethnischen georgischen Binnenvertriebenen an Orte ihrer Herkunft oder ihres gewöhnlichen Aufenthalts mit Ausnahme der Distrikte Gali, Ochamchira und Tkvarcheli ab. Das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) hat die Behörden wiederholt um Zusicherungen in Bezug auf die Rechte der Rückkehrer hinsichtlich des Daueraufenthalts, Freizügigkeit, Geburtenregistrierung und Eigentumsrechte gebeten. Generell haben die Vereinten Nationen gefordert, den Zugang der Rückkehrer zu politischen Rechten, gleichen Schutz vor dem Gesetz, soziale Sicherheit, Gesundheitsversorgung, Arbeit und Beschäftigung, Bildung, Gedanken-, Gewissens- und Meinungsfreiheit und kulturelles Leben zu gewährleisten. Im Dezember 2016 wurde das "Gesetz über die Rechtsstellung von Ausländern in Abchasien" geändert, um die Einführung einer "Aufenthaltserlaubnis für Ausländer" zu ermöglichen, die den in Abchasien lebenden ethnischen Georgiern die Ausübung ihrer Rechte erleichtern würde (UN-GA 3.5.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Abkhazia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/abkhazia, Zugriff 13.4.2018

* UN_GA - UN General Assembly (3.5.2017): Status of internally displaced persons and refugees from Abkhazia, Georgia and the Tskhinvali region/South Ossetia, Georgia [A/71/899], https://www.ecoi.net/en/file/local/1402817/1226_1499079794_n1712489.pdf, Zugriff 13.4.2018

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practces 2017 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1430256.html, Zugriff 6.6.2018

Regionale Problemzone: Südossetien

Der Krieg im Jahr 2008 führte zum Einmarsch russischer Truppen und zur Vertreibung der zuvor noch bestehenden georgischen Regierungspräsenz sowie etlicher ethnischer Georgier. Nur Russland und eine Handvoll anderer Staaten haben seither die Unabhängigkeit Südossetiens anerkannt. Das Territorium bleibt fast vollständig von Russland abhängig (90% seines Budgets für 2016), und Moskau übt einen entscheidenden Einfluss auf die Politik und die Regierungsführung aus. Die lokalen Medien stehen weitgehend unter Kontrolle der Behörden, die auch die Aktivitäten der Zivilgesellschaft einschränken oder genau überwachen. Die Justiz unterliegt politischer Einflussnahme und Manipulation. Körperliche Übergriffe und schlechte Bedingungen sind Berichten zufolge in Gefängnissen und Haftanstalten weit verbreitet (FH 1.2017).

Russische Streitkräfte und De-facto-Behörden in Südossetien haben die Bewegungsfreiheit über die De-facto-Grenze weiter eingeschränkt und Dutzende von Menschen wegen "illegalen" Grenzübertritts kurzzeitig festgenommen und bestraft. Die zunehmende Umzäunung entlang der Verwaltungsgrenzen beeinträchtigte weiterhin die Rechte der Anwohner, einschließlich des Rechts auf Arbeit, Nahrung und einen angemessenen Lebensstandard, da der Zugang zu ihren Obstgärten, Weiden und Ackerland verloren ging (AI 22.2.2018).

In Südossetien leben kaum noch ethnische Georgier. Das Recht auf Rückkehr der Vertriebenen wird von den dortigen de facto-Behörden verwehrt. Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsteile kann als zielgerichtet bewertet werden, um sie zum Verlassen zu bewegen. Als Ausnahme ist die Anwesenheit der im Gebiet von Akhalgori (Südossetien) lebenden Georgier gegenwärtig akzeptiert (AA 11.12.2017).

Die südossetischen Behörden haben gegenüber UN-Vertretern ihre Offenheit für die Rückkehr von Binnenvertriebenen nach Südossetien bekundet, allerdings hauptsächlich in den Bezirk Akhalgori und unter der Voraussetzung, dass sich die Personen nur dort aufhalten werden. Besuche im Bezirk Akhalgori scheinen für die Vertriebenen und ihre Angehörigen möglich zu sein. Die zuständigen südossetischen Behörden haben rund 4.300 neue Grenzübertrittsdokumente ("propusk") ausgestellt, die neben rund 1.000 südossetischen sogenannten "Pässen" auch das Überschreiten der Verwaltungsgrenze ermöglichen (UN-GA 3.5.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen in Südossetien am 9.4.2017 gewann der bisherige Parlamentsvorsitzende, Anatoly Bibilov mit 54,8% Prozent (PEC 12.4.2017). Der bisherige Amtsinhaber, Leonid Tibilov, der seitens Moskau unterstützt wurde, erhielt nur 30% (RFE/RL 11.4.2017; vgl. EN 12.4.2017). Analysten sahen nebst der schlechten Wirtschaftslage die Parteinahme des Kremls und die wachsende Präsenz russischer Offizieller im südossetischen Staatsapparat als Hauptursache für die Niederlage Tibilovs (EN 12.4.2017). Gleichwohl verfolgt der Sieger Bibilov im Unterschied zu Tibilov, der seine Politik der Interessenslage Russlands anpasste, eine möglichst schnelle Aufnahme in den russischen Staatsverband und folglich die Vereinigung mit Nordossetien. Hierfür schlug er bereits ein Referendum bis Ende 2017 vor (RFE/RL 11.4.2017). Die Europäische Union und USA verurteilten die Wahlen als unzulässig (EN 12.4.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425371.html, Zugriff 13.4.2018

* EN - EurasiaNet.org (12.4.2017): South Ossetia: Voters Opt Against the Kremlin Favorite, http://www.eurasianet.org/node/83221, Zugriff 13.4.2018

* FH - Freedom House (1.2017): FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - South Ossetia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/south-ossetia, Zugriff 13.4.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/ Radio Liberty (11.4.2017): South Ossetia's Bibilov Wins Election, Puts Moscow In A Bind, http://www.rferl.org/a/south-ossetia-bibilov-victory-presidential-election/28424108.html, Zugriff 13.4.2018

* PEC - [südossetische Nachrichtenagentur]: Anatoly Bibilov won the presidential election with 54.8% of votes - the CEC, http://cominf.org/en/node/1166511548, Zugriff 13.4.2018

* UN_GA - UN General Assembly (3.5.2017): Status of internally displaced persons and refugees from Abkhazia, Georgia and the Tskhinvali region/South Ossetia, Georgia [A/71/899], https://www.ecoi.net/en/file/local/1402817/1226_1499079794_n1712489.pdf, Zugriff 13.4.2018

Rechtsschutz / Justizwesen

Erhebliche Fortschritte gab es insbesondere im Justizwesen und Strafvollzug, wo eine menschenrechtswidrige Behandlung, die in der Vergangenheit systemisch vorhanden war, in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann. Der Aufbau eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der aktuellen Regierung. Die dritte Reformwelle vom Dezember 2016 garantiert vor allem die unparteiische Zuteilung von Rechtsfällen an Richter. NGOs, die den Reformprozess sehr aktiv und sehr kritisch begleiten, mahnen weiterhin die Ernennung von Richtern aufgrund von Qualifikation und Eignung in einem transparenten Verfahren an. Demgegenüber neigen Politiker und andere prominente Interessenvertreter aus Wirtschaft und Medien dazu, Richtern bei Gerichtsentscheidungen in brisanten Fällen pauschal politische Motive bzw. Korruption zu unterstellen. In einigen Fällen wurde der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg angerufen. Seit 2012 laufende Ermittlungen oder mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern beruhen auf rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen durch Amtsträger oder Parteifunktionäre der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und deutliche Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren. Nach dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts. Eine feststellbare niedrigere Verurteilungsrate ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess. Die Praxis lang andauernder Untersuchungshaft wurde im Fall Ugulava, des ehemaligen Bürgermeisters von Tiflis vom Verfassungsgericht als verfassungswidrig beurteilt und verfassungskonform beschränkt (AA 11.12.2017).

Im Dezember 2016 wurde ein Paket von Gesetzesänderungen zur Justizreform verabschiedet. Die Änderungen betrafen insbesondere die Veröffentlichung aller Entscheidungen, die schrittweise Einführung der elektronischen Zufallszuweisung von Fällen sowie das Auswahlverfahren der Richterkandidaten und das Disziplinarverfahren (Schaffung der Institution des Untersuchungsinspektors). Die Änderungen betrafen jedoch nicht andere, seit langem bestehende Punkte, einschließlich der Anwendung der Probezeit. Eine erste umfassende Justizstrategie und ihr fünfjähriger Aktionsplan wurden vom Hohen Rat der Justiz im Mai 2017 angenommen. Dieser sieht spezifische Maßnahmen und Indikatoren in den Kapiteln Unabhängigkeit, Rechenschaftspflicht, Qualität und Effizienz sowie Zugang zur Justiz vor. In Bezug auf den Zugang zur Justiz sind die vom Hohen Rat der Justiz (HCoJ) eingeführten Verfahren zur Ernennung von Richtern und Gerichtspräsidenten sowie die Disziplinarverfahren allerdings nicht vollständig transparent und rechenschaftspflichtig. Die neue Verfassung führte die Ernennung von Richtern des Obersten Gerichtshofs durch das Parlament auf Vorschlag des Obersten Gerichtshofs sowie die Ernennung von Richtern auf Lebenszeit ein. Im Januar 2017 wurden die Geschworenenprozesse, die 2010 beim Stadtgericht von Tiflis eingeführt wurden, auf andere Regionen Georgiens und auf weitere Arten von Vergehen ausgeweitet. Anfang 2017 wurden die Strafverfolgungsstrategie, der neue Ethikkodex und ein Beurteilungssystem für Staatsanwälte verabschiedet (EC 9.11.2018).

Die Einmischung der Exekutive und der Legislative in die Justiz ist nach wie vor ein erhebliches Problem, ebenso wie der Mangel an Transparenz und Professionalität bei den Verfahren. Im Jahr 2017 äußerten sich Oppositionelle und andere besorgt darüber, dass die politische Einmischung ein wesentlicher Faktor in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gewesen sei, so die Rückgabe des TV Senders "Rustavi 2" an seinen ehemaligen Miteigentümer, der mit der Regierungspartei Georgischen Traum verbunden ist. Das Urteil wurde allerdings später vom Europäischen Gericht für Menschenrechte aufgehoben (FH 1.2018, vgl. AI 22.2.2018).

Ende Mai 2018 musste der Generalstaatsanwalt Georgiens vor dem Hintergrund von Protesten zurückgetreten, in denen tausende Demonstranten ihre Empörung über ein, ihrer Meinung nach, unfaires Gerichtsurteil im Mordfall von zwei Schülern in Tiflis zum Ausdruck brachten (CK 5.6.2018). Die Demonstranten glaubten, dass andere als die beiden Beschuldigten für den Tod verantwortlich waren und der Strafe entkamen, weil ihre Verwandten in der Generalstaatsanwaltschaft arbeiteten (RFE/RL 4.6.2018). Führende NGOs des Landes haben sich geweigert, sich an der Ernennung eines neuen Generalstaatsanwaltes unter der Leitung von Justizministerin Teya Tsulukiani zu beteiligen, sondern haben im Gegenteil deren Rücktritt gefordert (CK 5.6.2018, vgl. JAMnews 6.6.2018). Das Parlament hat am 31.5.2018 als Reaktion auf die Entlassung der Beschuldigten durch das Gericht in Tiflis eine Untersuchungskommission zum Mordfall eingerichtet (civil.ge 6.6.2018). Die Demonstrationen haben die Ansicht mancher Georgier über Korruption und eine Atmosphäre der Straflosigkeit in der herrschenden Elite des Landes widergespiegelt (RFE/RL 4.6.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425371.html, Zugriff 17.4.2018

* Caucasian Knot (5.6.2018): Activists demand resignation of Georgia's MoJ head, http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/43375/, Zugriff 7.6.2018

* Civil.ge (6.6.2018): Parliament Approves Teen Murder Probe Commission, https://civil.ge/archives/243789, Zugriff 7.6.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 17.4.2018

* JAMnews (6.6.2018): Georgian NGOs demand resignation of Minister of Justice, https://jam-news.net/?p=106350, Zugriff 7.6.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (4.6.2018): Georgian Protest Leader Gives Authorities Progress Ultimatum, https://www.rferl.org/a/tbilisi-subway-workers-strike-as-new-antigovernment-protests-expected/29270264.html, Zugriff 7.6.2018

Sicherheitsbehörden

Seit dem Regierungswechsel im Oktober 2012 ist von Machtmissbrauch von Amtsträgern nicht mehr die Rede. Bis 2012 waren Exekutivorgane, z. B. Staatsanwaltschaft, Polizei oder Finanzbehörden, als Machtinstrument oder als Mittel zur rechtswidrigen Erlangung wirtschaftlicher Vorteile von Regierungsangehörigen oder ihnen nahestehenden Personen missbraucht worden. Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen. In ihrer Rolle als Hüter von Regeln werden sie öffentlich als zurückhaltend, aber auch als untätig wahrgenommen, was zu einem Verlust an Respekt geführt hat. Die Geheim- und Nachrichtendienste treten nicht als Repressionsinstrumente auf. Eine von NGOs angemahnte organisatorische Trennung der Sicherheitsdienste vom Innenministerium ist bisher aber nicht durchgeführt worden (AA 11.12.2017).

Meinungsumfragen zeigen einen Rückgang des Vertrauens der Öffentlichkeit in das Strafverfolgungssystem. Umfragen zufolge waren 2013 noch 60% der Georgier und Georgierinnen mit der Leistung der Polizei zufrieden. Dieser Wert fiel jedoch im April 2017 Jahres auf 38%. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der Unzufriedenen mit der Polizei von einem einstelligen Prozentwert auf 14% (NDI/CRRC 4.2017).

Hochrangige Zivilbehörden üben nicht immer eine wirksame Kontrolle über das Innenministerium und den Staatssicherheitsdienst aus. Die zivilen Behörden behielten jedoch die effektive K

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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