TE Bvwg Beschluss 2020/2/21 W196 2204672-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

21.02.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG §22
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W196 2204670-2/4E

W196 2204672-2/4E

W196 2204669-2/3E

W196 2204671-2/3E

W196 2204668-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula

SAHLING

als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den

mündlich verkündeten Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

vom 12.02.2020, Zln. 1.) 1082816408-200153845 2.)1082816506-200051414 3.) 1082817100-200162020 4.) 1082817002-200051449 5.) 1158585605-200201638 erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend 1.) XXXX , alle StA.

Ukraine, beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm. § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Erstbeschwerdeführer und seine Ehefrau, die Zweitbeschwerdeführerin reisten gemeinsam mit ihren minderjährigen Kindern, dem Drittbeschwerdeführer und dem Viertbeschwerdeführer mittels von der österreichischen Botschaft in Kiew ausgestellter Visa am 10.08.2015 in das Bundesgebiet ein, wo sie am 17.08.2015 die gegenständlichen XXXX stellten.

Am XXXX wurde die Fünftbeschwerdeführerin im Bundesgebiet geboren. Ihre Mutter stellte für sie als gesetzliche Vertreterin am 03.07.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1. Erstes Verfahren (in Rechtskraft erwachsen):

Im Rahmen der Erstbefragung am 28.08.2015 gab der Erstbeschwerdeführer an, dass die Familie aus der Ostukraine geflüchtet sei, weil dort ihr Leben in Gefahr sei. Ihm sei von der orthodoxen Kirche in seinem Heimatort Rodinskoje verboten worden, seinen Glauben in russischer Sprache auszuüben. Vom ukrainischen Militär werde nicht geduldet, dass in der Kirche Russisch gesprochen werde. Er sei auch bereits mehrmals aufgefordert worden, zum Militär zu gehen.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab in ihrer Erstbefragung an, dass sie ihren Wohnort Donezk wegen des Krieges verlassen hätten. Wegen der ständigen Bombenangriffe hätten sie immer wieder im Keller Schutz suchen müssen. Es sei derzeit unmöglich dort zu leben. Sie hätten deshalb beschlossen die Ostukraine zu verlassen.

In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 11.01.2018 gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er in der Ukraine den Beruf des Elektroschlossers gelernt und an einer Bergbauhochschule studiert habe. Vor der Ausreise habe er als Wachmann gearbeitet. Der Drittbeschwerdeführer habe in der Ukraine drei Klassen der Grundschule besucht. Der Erstbeschwerdeführer habe keinen Militärdienst geleistet, ihm sei die universitäre Ausbildung angerechnet worden und er habe den Dienstgrad eines Leutnants erhalten. Seine Mutter, seine Schwiegereltern und sein Onkel lebten in seinem Heimatort Rodinskoje. Er selbst habe bis zur Ausreise in Donezk gewohnt.

Zu seinen Fluchtgründen gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er seine Heimat aufgrund des Krieges verlassen habe. Zudem sei in der Ostukraine nicht mehr geduldet worden, dass in den Kirchen russisch gesprochen werde. Weiters sei er aufgefordert worden, an den Kriegshandlungen teilzunehmen. Er weigere sich jedoch gegen sein eigenes Volk zu kämpfen.

Am 14.05.2014 sei es zu Kampfhandlungen in Donezk gekommen, sie hätten sich im Keller verstecken müssen. Am 20.06.2014 habe er seine Frau und die Kinder nach Rodinskoje gebracht. Dann sei er nach Donezk zurückgekehrt, um zu arbeiten. Nunmehr habe er erfahren, dass alle russischen Straßennamen und Dokumente in die ukrainische Sprache übersetzt werden sollen.

Am 01.10.2015 habe er gehört, dass die Firma, in der er beschäftigt gewesen sei, überfallen werden sollte. Die Polizei sei verständigt und die Kriminellen verhaftet worden. Im Zuge der Ermittlungen habe sich herausgestellt, dass es sich um Leute von XXXX , eines russischen Oligarchen, handle.

Am 14.10.2015 sei er durch einen Granatwerferbeschuss verletzt und im Krankenhaus behandelt worden.

Ergänzend gab der Erstbeschwerdeführer an, dass seine Frau in der Ukraine Schulden habe. Sie habe bei der Privatbank des Oligarchen XXXX einen Kredit über 250 000 Hrywnja (umgerechnet etwa 8 400,- €) aufgenommen, diese Schulden müssten sie zurückzahlen.

Sie hätten ihre Wohnung einem Herrn XXXX überschrieben, der ihnen Dokumente für die Ausreise aus Donezk beschafft habe.

Er sei vom Oligarchen XXXX bedroht worden, da aufgrund seiner Anzeige der Überfall auf seine Firma vereitelt worden sei. Dieser habe ihm Rache geschworen.

Vor seiner Ausreise aus Donezk habe er beim SBU (Inlandsgeheimdienst) eine Verpflichtung unterschreiben müssen, dass er die Staatsgeheimnisse wahre.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab in ihrer Einvernahme am 11.01.2018 an, dass sie in der Ukraine Tourismus studiert habe. Nach dem Studium habe sie gleich geheiratet und ein Kind bekommen. Von Oktober 2013 bis April 2014 habe sie als Immobilienmanagerin gearbeitet. Ihr Mann sei in der Immobilienfirma Sicherheitsmann gewesen. Ihre Eltern und eine Tante lebten in XXXX , ein Onkel im Gebiet Donezk.

Zu ihren Fluchtgründen gab sie zusammengefasst an, dass ihr Mann zwei Ladungen zum Wehrdienst erhalten habe. Außerdem sei er gezwungen worden, für den SBU in Donezk terroristische Akte zu verüben. Er habe durch seine frühere Tätigkeit im Casino viele Kontakte zu hochrangigen Polizisten und sei dadurch für das ukrainische Militär von Interesse. Der Erstbeschwerdeführer solle herausfinden, wer Anschläge in Donezk finanziert habe. Die ukrainischen Soldaten in Rodinskoje "gehörten" dem Oligarchen XXXX . Ihr Mann sei im Jahr 2005 mit ihm in Konflikt geraten. Bis 2015 habe er ihrem Mann nicht finden können, dann jedoch seien die Ladungen zu ihrem Elternhaus gekommen. Herr XXXX habe ihren Mann im Frühjahr 2015 informiert, dass er sich in höchster Gefahr von XXXX befinde und dass dieser den Erstbeschwerdeführer zwingen würde, für ihn zu arbeiten. Im Frühjahr 2015 habe sie eine gerichtliche Ladung erhalten. Ihr sei vorgeworfen worden, einer Bank 250 000 Hrywnja gestohlen zu haben. Sie sei vor die Wahl gestellt worden, das Geld zurückzuzahlen oder ihr Vermögen werde konfisziert. Am selben Tag habe ihr Mann einen Anruf von Herrn XXXX erhalten, dass er eine Ladung vor Gericht erhalten habe. Der Erstbeschwerdeführer solle entweder für ihn arbeiten oder weiter Probleme haben. Herr XXXX sei auf Seiten von XXXX . Sie selbst werde wegen des Diebstahls bei der Bank steckbrieflich gesucht.

Im Donezker Oblast seien alle Kirchen, die zum Moskauer Patriarchat gehörten, geschlossen, weil alle Bischöfe die Gottesdienste auf Russisch gehalten hätten. In der Ukraine würden alle Kirchen in die katholische Richtung gehen, das orthodoxe Weihnachten am 7. Jänner sei abgeschafft worden.

Die Beschwerdeführer legten folgende Unterlagen vor:

-

Vereinbarung über gemeinnützige Beschäftigung Erstbeschwerdeführer, 27.-28.09.2016, 03.10.2016, 21.-25.03.2016, 01.-29.02.2016, 01.-31.01.2016

-

Vereinbarung über gemeinnützige Beschäftigung Zweitbeschwerdeführerin, 01.-30.06.2016, 09.-14.09.201601.-30.04.2016, 01.-31.08.2016

-

Jahreszeugnis Drittbeschwerdeführer

-

Deutschkursbestätigungen Erstbeschwerdeführer bis Niveau B1

-

Deutschkursbestätigungen Zweitbeschwerdeführerin

-

Prüfungszeugnis Zweitbeschwerdeführerin, B1

-

Prüfungszeugnisse Erstbeschwerdeführer, A1 und A2

-

Heiratsurkunde

-

Einberufungsbefehl für den 22.04.2015 und den 30.06.2015

-

Geburtsurkunden Zweitbeschwerdeführerin, Drittbeschwerdeführer, Viertbeschwerdeführer

-

Ukrainischer Führerschein Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin Ukrainisches Diplom der Zweitbeschwerdeführerin

-

Diverse Empfehlungsschreiben

In einer weiteren Einvernahme am 18.06.2018 wurde der Erstbeschwerdeführer dazu befragt, wie Herr XXXX ihnen bei der ÖB Kiew Visa für die Einreise nach Österreich besorgt habe. Dazu gab er an, dass er ihm seine Wohnung überschrieben habe und von ihm gefälschte Dokumente erhalten habe, mit denen er die Visa beantragt habe. Herr XXXX sei beim SBU beschäftigt. Er habe ihn kennen gelernt, weil er am 03.02.2015 festgenommen worden sei, da er russisch und nicht ukrainisch gesprochen habe. Als er sich am 22.04.2015 aufgrund eines Einberufungsbefehls bei der Stellungskommission gemeldet habe, habe er ihn wiedergetroffen. Seine Frau sei beschuldigt worden, bei einer Bank Geld unterschlagen zu haben, da der Erstbeschwerdeführer sich geweigert habe, beim Militär einzurücken. Herr XXXX habe ihm angeboten ihnen im Gegenzug für ihre Wohnung zu helfen. Der Erstbeschwerdeführer gab weiters an, keinen Militärdienst leisten zu können, da er Invalide sei. Alle Männer zwischen 20 und 60 seien zur Ableistung des Militärdienstes einberufen worden.

In ihrer Einvernahme am 18.06.2018 gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass sie ihre Wohnung im Gegenzug für gefälschte Dokumente an Herrn XXXX übertragen habe. Die Wohnung sei in ihrem Besitz gewesen, die Eigentumsübertragung habe aber ihr Mann geregelt. Sie kenne auch den vollen Namen von Herrn XXXX nicht. Ihr Mann habe ihn bei einer Festnahme Anfang 2015 kennengelernt. Ein Mitarbeiter des SBU namens XXXX habe ihn für die Fälschung von Dokumenten vorgeschlagen.

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2018 wurden die Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 3 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 die Anträge hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 8 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betragte die Frist für die frewillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Den Bescheiden wurden die entsprechenden Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführer zu Grunde gelegt. Die Beschwerdeführer hätten kein Vorbringen erstattet, das auf eine aslyrelevante Verfolgung schließen lasse. Da die Beschwerdeführer arbeitsfähig und gesund seien, gehe die Behörde davon aus, dass ihnen auch keine Gefahren drohten, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden. In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I., dass der von den Beschwerdeführern vorgebrachte Sachverhalt keine Grundlage für eine Subsumierung unter § 3 AsylG 2005 darstelle. Zu Spruchpunkt II. wurde ausgeführt, dass bei den Beschwerdeführern keine individuellen Umstände vorlägen, die dafür sprechen würden, dass sie bei einer Rückkehr in die Ukraine in eine derart extreme Notlage geraten würden, die eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen würde. Unter Spruchpunkt III. wurde mit näherer Begründung darauf verwiesen, dass im Verfahren keine Ansatzpunkte hervorgetreten seien, die die Vermutung einer besonderen Integration der BF in Österreich rechtfertigen würden. Bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen würden somit keine Hinweise gefunden werden, welche den Schluss zuließen, dass durch die Rückkehrentscheidung auf unzulässige Weise im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK in das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens eingegriffen werden würde.

Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht am 26.09.2018 Beschwerde erhoben. Begründend wurde vorgebracht, dass die Befragungen der Beschwerdeführer nicht konfliktfrei erfolgt seien und eine zusammenhängende, chronologische Schilderung der Ereignisse nicht möglich gewesen seien, die erste Befragung habe neun Stunden gedauert und sei chaotisch gewesen. Es sei zu Unterbrechungen durch die Fragestellung gekommen und sei auch die Referentin vom Fall abgezogen worden. Es sei auch zu Verständigungsproblemen mit dem Dolmetsch gekommen. "Ich" (aus der Beschwerde geht nicht hervor, ob Erstbeschwerdeführer oder Zweitbeschwerdeführerin gemeint ist) habe das Protokoll ausbessern und auch nicht unterschreiben wollen, dies sei aber verweigert worden. Allfällige Abweichungen zwischen erster und zweiter Befragung seien daher nicht geeignet, eine Unglaubwürdigkeit darzulegen.

Auch beim zweiten Interview sei es nur schwer möglich gewesen, die Fluchtgeschichte ohne Unterbrechung durch Fragen der Referentin zu schildern. Die Beschwerdeführer hätten jedoch eine komplexe Fluchtgeschichte detailliert und widerspruchgsfrei angegeben. Diese sei jedezeit überprüfbar und es würden entsprechende Erhebungen im Herkunftsstaat beantragt. Die Bedrohung beziehe sich auf das gesamte Staatsgebiet und stehe eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung.

Weiters würden Unterlagen betreffend den Oligarchen XXXX vorgelegt, es werde um Berücksichtigung und Vorortrecherchen ersucht.

Die Gottesdienste der russisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats dürften in der Ukraine nicht mehr in russischer Sprache abgehalten werden. Die freie Religionsausübung sei behindert. Letztes Jahr sei Weihnachten nicht mehr am 6. Jänner, sondern am 24. Dezember gefeiert worden. Der Viertbeschwerdeführer sei nicht in einer Kirche, sondern in einem Privathaus getauft worden. Es werde daher auch Verfolgung aus religiösen Gründen geltend gemacht.

Schließlich wurde auf die beiliegenden Integrationsunterlagen verwiesen und vorgebracht, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen vorliegen würden.

Der Beschwerde lagen eine Reihe bereits vorgelegter Unterlagen zur Integration der Beschwerdeführer bei.

Die Beschwerden gegen diese Bescheide wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.07.2019 als unbegründet abgewiesen. Den Beschwerdeführern ist es demnach nicht gelungen mit ihrem Vorbringen eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen, daher wurde es seitens des Bundesverwaltungsgerichts im Erkenntnis als unglaubwürdig gewertet.

Diese Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts wurden am 06.07.2019 zugestellt und erwuchsen in Rechtskraft.

Eine Beschwerde der Familie an den Verfassungsgerichtshof wurde mit Beschluss vom 23.09.2019 abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 BFA-VG zur Entscheidung abgetreten. Am 16.12.2019 erging der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Am 19.12.2019 erklärten der Erstbeschwerdeführer für sich und seine Familie, dass sie beabsichtigen freiwillig in die Ukraine zurückzukehren.

2. Zweites Verfahren:

Am 15.01.2020, sohin einen Monat nachdem der Verwaltungsgerichtshof die außerordentliche Revision zurückgewiesen hatte, stellten sämtliche Beschwerdeführer erneut Anträge auf internationalen Schutz (Folgeanträge). Gleichzeitig wurde die freiwillige Rückkehr der Familie, nach Beratung durch die Caritas, wegen der Stellung neuer Asylantäge mittels Verständigungsformular widerrufen.

Der Erstbeschwerdeführer begründete bei der Erstbefragung durch LPD Oberösterreich seinen Folgeantrag dahingehend, dass sein Fluchtgrund nach wie vor derselbe sei wie beim ersten Verfahren, jedoch habe sich die Situation seit seinem Erstantrag geändert und verschlimmert. Im Juni 2019 sei seiner Mutter eine polizeiliche Vorladung zugesandt worden mit dem Inhalt, dass er bei der Polizei in der Ukraine erscheinen solle. Da seine Mutter an Demenz leide, habe er von dieser Ladung erst einige Zeit später erfahren. Er habe eine Kopie der Ladung bei sich und könne diese und zwei weitere Schreiben vorlegen. Seit dem Sommer 2019 sei die Fahndung nach dem Erstbeschwerdeführer intensiviert worden. Es sei schon davor schlimm gewesen, aber seit dem Sommer 2019 sei es schlimmer geworden. Es würden immer wieder Polizisten in Zivil bei der Mutter auftauchen, sie bedrohen und auffordern den Aufenthaltsort des Erstbeschwerdeführers und seiner Familie bekanntzugeben. Außerdem sei sie aufgefordert worden Druck auf den Erstbeschwerdeführer auszuüben, damit er wieder zurück in die Ukraine komme. So würden auch Unbekannte sich bei der Mutter oder den Schwiegereltern als Freunde des Erstbeschwerdeführers und seiner Familie ausgeben und behaupten, dass sie Telefonnummern bräuchten, um die Beschwerdeführer kontaktieren zu können. Der Oligarch XXXX habe dem Erstbeschwerdeführer persönlich mit dem Tod gedroht und trachte nach seinem Leben. Er habe schon vorher große Macht gehabt, aber jetzt sei er unantastbar. Der Erstbeschwerdeführer werde in der Heimat nach wie vor gesucht, weshalb er erneut um Asyl ansuche.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab zu den Neuerungen seit Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz an, sie stelle erneut einen Asylantrag weil ihrem Mann, ihr und den Kindern die Todesgefahr drohe. Sie hätten Bestätigungen in schriftlicher Form von der Mutter des Erstbeschwerdeführers und den Eltern der Zweitbeschwerdeführerin, dass sie bis jetzt immer wieder von Unbekannten aufgesucht würden und aufgefordert würden den Aufenthaltsort der Beschwerdeführer bekanntzugeben. Die Eltern der Zweitbeschwerdeführerin sowie die Mutter des Erstbeschwerdeführers wurden mehrmals von Unbekannten angerufen, die sich als Freunde der Familie vorstellten. Sie hätten die Telefonnummer der Beschwerdeführer wissen wollen. Im Juni 2019 habe die Schwiegermutter eine polizeiliche Vorladung bekommen, obwohl der Erstbeschwerdeführer nie Probleme mit der Polizei gehabt habe. Sie sei überzeugt, dass dies eine Falle gewesen sei, denn dieser Oligarch XXXX würde mit allen Mitteln versuchen, den Erstbeschwerdeführer wieder zurück in die Heimat zu bekommen, da er sehr rachsüchtig und schrecklich sei. Daher könne sie nicht zurückkehren.

In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 29.01.2020 gab der Erstbeschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen an, dass er nun das Original der behördlichen Vorladung der Polizei vom 03.06.2019 vorlegen könne. Davon abgesehen habe er zwei neue, weitere Vorladungen, datiert vom 12.12.2019 und vom 09.01.2020. Letztes Jahr sei intensiv nach ihm gesucht worden. Es seien mehrmals Personen in Zivil gekommen, die sich als Polizisten vorgestellt hätten und wissen wollten wo die Beschwerdeführer wohnten bzw. hätten sie ihre Telefonnummern verlangt. Auch Unbekannte hätten angeklopft, um die Telefonnummer der Beschwerdeführer zu bekommen. Die Vorladung vom 12.12.2019 sei ausgestellt worden, weil er zum ausgemachten Termin nicht erschienen sei. Die Ladung vom 09.01.2020 sei eine frische Vorladung, die seiner Mutter ausgehändigt worden sei. Sie hätten auch dazu gesagt, dass der Erstbeschwerdeführer da unbedingt erscheinen solle. Er habe Angst um seinen Leben gehabt. Herr XXXX hätte ihn noch in der Heimat persönlich angerufen. Am 30.06.2015 hätte er gesagt, dass sich niemand verstecken könne. Der Kopf des Erstbeschwerdeführers würde auf einem Stab aufgespießt und als Muster für andere dienen. Andere sollten das sehen und verstehen, dass niemand sich in den Weg stellen dürfe.

Am 16.12.2019 hätten sie die endgültig abweisende Entscheidung aller Instanzen bekommen und seien zur Caritas gegangen, die ihnen gesagt habe, dass sie bis zum 20.01.2020 Zeit hätten, das Land freiwillig zu verlassen. Seit der Antragstellung hätten sie das Land nicht verlassen. Der bereits angegebene Fluchtgrund bei Gerichten, Asylgerichtshof, BVwG, unabhängiger Bundesasylsenat, PolizeiInspektion, Fremdenpolizei, Bundesasylamt und Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sei der einzige Grund. Sein Leben sei in Gefahr. Zur Klarstellung möchte er noch sagen, dass früher die ganze Ukraine Russisch war und die Bewohner der Ostukraine immer Russisch gesprochen hätten. Nach Kriegsbeginn in der Ostukraine seien alle gezwungen worden Ukrainisch zu sprechen.

Sie hätten ihre Kirche nicht mehr besuchen können, weil sie Russisch sprechende Personen seien und in der Kirche habe man nicht Russisch reden dürfen.

Bis zum Jahr 2000 habe er bei seiner Mutter im gemeinsamen Haushalt gelebt. Danach sei er nach Donezk gezogen und habe dort gewohnt und gearbeitet.

Angesprochen auf Unstimmigkeiten bezüglich der Ladungen insbesondere, dass der Kontrollabschnitt der Ladung, welche bei der Person verbleibe, welche die Ladung zustelle, bei den von ihm vorgelegten Ladungen noch immer angeheftet sei, und auch eine Divergenz der Daten, wann sich der Erstbeschwerdeführer bei der Polizei melden müsse, bestehe, konnte der Erstbeschwerdeführer nicht aufklären. Er gab dazu an, er wisse es nicht. Auch warum auf den drei vorgelegten Polizeiladungen verschiedene Strafverfahrens Aktenzahlen stünden meinte der Erstbeschwerdeführer, dass er nicht wisse wieso. Allerdings könnte der Oligarch XXXX der Polizei alles mögliche anschaffen. Seit 2015 habe er nur diese drei Ladungen bekommen und man suche jetzt intensiv nach ihm und versuche ihn mit Hilfe der Polizei zu finden. Nach Rückübersetzung der Einvernahme des Einvernahmeprotokolls gab der Beschwerdeführer an, dass er einen hochrangigen Polizeibeamten namens XXXX gekannt habe. Dieser war eine Stufe über XXXX . Der Polizeibeamte XXXX der ihm gegen die Übergabe seiner Wohnung die Dokumente gefälscht und bei der Ausreise geholfen habe, habe ihm gesagt, dass er auf keinen Fall zurückkommen dürfe, denn wenn, XXXX erführe, dass er geholfen habe werde ihm XXXX den Kopf abreißen und, XXXX persönlich übergeben.

Seit dem rechtskräftigen Abschluss des vorhergehenden Asylverfahrens hätte es keine Änderung im Privat oder Familienleben der Beschwerdeführer gegeben.

Am 12.02.2020 fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl abermals eine Einvernahme des Erstbeschwerdeführers statt, wobei er angab an, er möchte nur bitten, dass er hierbleiben dürfe denn er sei ein starker Mann und könne der Gesellschaft von Nutzen sein. Er könne sofort arbeiten. Kontakt im Herkunftsstaat habe er nur mit seinen Eltern. Auf die Frage, wann erstmals unbekannte bei der Mutter angerufen hätten, gab der Beschwerdeführer an, seine Mutter leide an Alzheimer, sie vergesse sehr oft etwas zu sagen. Wenn es ihr dann einfalle, sage sie es erst viel später. Vom Überfall auf die Firma, bei der Erstbeschwerdeführer gearbeitet habe, habe er durch den Polizeibeamten XXXX erfahren. Danach gefragt, ob er eine Bestätigung für die Anzeige habe, welche er damals bei der Polizei getätigt habe damit die Banditen des Oligarchen XXXX gefangen genommen werden konnten, gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er so etwas nicht habe. Abschließend gab er an, dass er Angst um sein Leben und das Leben seiner Kinder und seiner Familie habe, denn XXXX sei ein blutrünstiger und rachsüchtiger Mensch mit Prinzipien.

Mit mündlich verkündeten Bescheiden vom 12.02.2020 wurde der den Beschwerdeführern nach § 12 AsylG 2005 zukommende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben.

Nach Wiedergabe des Verfahrensganges führte die belangte Behörde zum Vorbringen der Beschwerdeführer aus, dass sich der maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert habe. Ihre neuen Anträge werden wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung der Beschwerdeführer in ihr Herkunftsland eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung ihres Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung in die Ukraine sei bereits im Vorverfahren abgesprochen und (diese) für zulässig erklärt worden. Im Übrigen seien seither keine Änderungen im Privat- und Familienleben geltend gemacht worden. Es könne kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 3 und Art. 8 (EMRK) erkannt werden. Die Lage im Herkunftsstaat sei seit der Entscheidung über ihren Vorantrag im Wesentlichen unverändert. Sodann wurden Feststellungen zur Ukraine insbesonders auch zur Frage der gefahrlosen Rückkehr getroffen.

Bei der von den Beschwerdeführern geschilderten Verfolgung/Bedrohung durch XXXX handelt es sich, selbst bei Wahrunterstellung, um kriminelle Handlungen durch Privatpersonen. Die Ukraine gilt als sicherer Herkunftsstaat, weshalb von einer generellen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit auszugehen ist. Zu einer allfällig behaupteten Schutzunfähigkeit bzw. Schutzunwilligkeit des ukrainischen Staates hinsichtlich potenzieller Übergriffe von Privatpersonen ist festzuhalten, dass auch hier ein Konnex zu den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen gegeben sein müsste, um im gegenständlichen Fall asylrelevant sein zu können. Eine staatliche oder staatliche geduldete Diskriminierung von Angehörigen der russischen Volksgruppe oder Flüchtlingen aus der Ostukraine geht jedoch aus den Länderberichten nicht hervor und wurde von den Beschwerdeführern auch nicht durch entsprechende Berichte nachgewiesen. Den Beschwerdeführern würde daher weder aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität noch der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe der staatliche Schutz verweigert. Dass sich die Beschwerdeführer im Fall einer tatsächlich vorliegenden Bedrohung per se nicht an die Polizei wenden könnten, wurde von ihnen nicht plausibel dargelegt. Der Erstbeschwerdeführer selbst brachte vor, dass die Polizei nach seiner Anzeige einen Überfall der Männer XXXX verhinderten, die Polizei erwies sich daher sowohl als schutzwillig als auch als schutzfähig.

Beweiswürdigend wurde zu den Gründen für die voraussichtliche Entscheidung ausgeführt, dass die Beschwerdeführer zu den Fluchtgründen im vorliegenden Verfahren nur Angaben gemacht hätten, welche sich mit ihren Angaben im ersten Verfahren decken würden bzw in Zusammenhang stünden, sodass kein neuer Sachverhalt habe festgestellt werden können.

Zur Behauptung , dass durch die zwei neu vorgelegten Ladungen ein neuer Sachverhalt entstünde ist das Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zum Ergebnis gekommen, dass es sich auf Grund mehrerer Unstimmigkeiten um Fälschungen handeln muß. Diese Unstimmigkeiten werden im Bescheid vom 12.02.2020 genau beschrieben.

Schließlich ergebe sich auch aus der von Amts wegen zu berücksichtigenden Ländersituation kein entscheidungsrelevanter neuer Sacherhalt.

Rechtlich wurde ausgeführt, dass im Fall der Beschwerdeführer Folgeanträge vorliegen. Die Vorverfahren seien am 05.07.2019, rechtskräftig geworden.

Die ausgesprochene Rückkehrentscheidung bzw. Ausweisung sei aufrecht.

Die Beschwerdeführer würden über kein sonstiges Aufenthaltsrecht verfügen. Ihre nunmehrigen Anträge auf internationalen Schutz seien voraussichtlich zurückzuweisen, da das aktuelle Vorbringen jeglicher entscheidungsrelevanter asyl bzw. refoulementrelevanter Sachverhalte entbehre. Die Erlangung der faktischen Notwendigkeiten für eine Abschiebung seien bereits gegeben bzw. stünden unmittelbar bevor. Auch habe sich die allgemeine Lage im Herkunftsstaat nicht entscheidungswesentlich geändert. Bereits im Vorverfahren sei festgestellt worden, dass den Beschwerdeführern bei einer Rückkehr oder Abschiebung in ihr Herkunftsland keine Verletzung der Integrität drohe. Da sich weder die allgemeine Lage noch die persönlichen Verhältnisse und der körperlicher Zustand seit der letzten Entscheidung entscheidungswesentlich geändert hätte, sei davon auszugehen, dass eine Abschiebung für die Familie zu keiner Bedrohung der angeführten Menschenrechte führen werde. Auch bezüglich der persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer sei keine Veränderung seit der vorherigen Entscheidung eingetreten. Die in Rechtskraft erwachsene Feststellung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung sei somit nicht anzuzweifeln. Es könne davon ausgegangen werden, dass den Beschwerdeführern auch keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 beschrieben drohe. Es lägen somit alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vor.

Die Verwaltungsakten langten am 14.02.2020 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die Beschwerdeführer halten sich seit dem Jahr 2015 im Bundesgebiet auf. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Ukraine. Sie bekennen sich zum orthodoxen christlichen Glauben. Der Erstbeschwerdeführer ist mit der Zweitbeschwerdeführerin verheiratet und sind diese Eltern der restlichen Beschwerdeführer. Der Erstbeschwerdeführer und seine Ehefrau, die Zweitbeschwerdeführerin, reisten gemeinsam mit ihren minderjährigen Kindern, dem Drittbeschwerdeführer und dem Viertbeschwerdeführer, mittels von der österreichischen Botschaft in Kiew ausgestellter Visa am 10.08.2015 in das Bundesgebiet ein, wo sie am 17.08.2015 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz stellten.

Am XXXX wurde die Fünftbeschwerdeführerin im Bundesgebiet geboren. Ihre Mutter stellte für sie als gesetzliche Vertreterin am 03.07.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Sie sind seither ununterbrochen im österreichischen Bundesgebiet aufhältig.

Über diese Anträge wurde mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.07.2019 rechtskräftig negativ entschieden. Dabei wurde gleichzeitig eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung getroffen und die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer in die Ukraine festgestellt.

Am 15.01.2020 stellten alle fünf Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. ( Folgeanträge )

Mit mündlich verkündeten Bescheiden vom 12.02.2020 wurde der den Beschwerdeführern nach § 12 AsylG 2005 zukommende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben.

Im gegenständlichen Fall ergab sich nach wie vor weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die die Beschwerdeführer betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat, noch in sonstigen in den Personen der Beschwerdeführer gelegenen Umstände.

In Bezug auf die individuelle Lage der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat kann auch unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes keine, sich in Bezug auf jenen Zeitpunkt, in dem letztmalig über die Anträge auf internationalen Schutz inhaltlich entschieden wurde, maßgeblich andere Situation festgestellt werden.

Die Beschwerdeführer halten sich seit dem Jahr 2015 im Bundesgebiet auf.

Eine gewisse Integration der Beschwerdeführer hat während des Aufenthaltes im Bundesgebiet stattgefunden. Eine relevante integrative Vertiefung seit Rechtskraft der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.07.2019 liegt nicht vor und wurde auch im nunmehrigen Verfahren nicht behauptet.

Die Beschwerdeführer sind mittels von der österreichischen Botschaft in Kiew ausgestellter Visa am 10.08.2015 in das Bundesgebiet eingereist, (die Fünftbeschwerdeführerin am XXXX im Bundesgebiet geboren), haben unbegründete Anträge auf internationalen Schutz gestellt und waren letztlich nicht gewillt, nach negativem Ausgang der ersten Verfahren freiwillig das Bundesgebiet zu verlassen.

Im gegenständlichen Verfahren beziehen sich die Beschwerdeführer auf Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Abschlusses des von den Beschwerdeführern initiierten Verfahrens bestanden haben und die bereits im Kern unglaubwürdig sind.

In Bezug auf die Beschwerdeführer erfolgt kein ungerechtfertigter Eingriff in ihr Privat- und/oder Familienleben im Bundesgebiet.

Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung der Beschwerdeführer in die Ukraine eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für diese als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich brächte.

Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführer gesund sind.

Es liegen keine Umstände vor, welche einer Außerlandesbringung der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation ist nicht eingetreten. Der vorliegende Folgeantrag wird voraussichtlich zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen zu den Beschwerdeführern und zur Situation in ihrem Herkunftsland ergeben sich aus der Aktenlage. Die die Beschwerdeführer betreffende Sicherheitslage im Herkunftsstaat wurde eingehend in den rechtskräftig entschiedenen Verfahren - in den Erkenntnissen vom 04.07.2019 - erörtert und abgewogen und ist daher aufgrund der zeitlichen Nähe zum gegenständlichen Verfahren von ausreichender Aktualität auszugehen. Eine neuerliche nähere Überprüfung konnte daher unterbleiben.

Das Vorbringen der Beschwerdeführer wurde bereits in den Vorverfahren unter anderem auf Grund mehrerer widersprüchlicher Aussagen als unglaubwürdig angesehen. Vor diesem Hintergrund ist auch das Vorbringen im nunmehrigen Verfahren nicht glaubwürdig.

Das Bundesverwaltungsgericht teilt die Begründung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass es mangels Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts voraussichtlich zu einer Zurückweisung der Folgeanträge kommen wird.

Die behauptete Bedrohung des Erstbeschwerdeführers ist bereits während der ersten Asylverfahrens aufgetreten bzw eine Folge davon und damit von der Rechtskraft des Erkenntnisses vom 04.07.2019 mitumfasst.

Die zwei neu vorgelegten Ladungen können jedoch -unbeschadet ihrer Echtheit- dem Vorbringen keine Glaubwürdigkeit verleihen, ist doch das Vorbringen der Beschwerdeführer im Grunde nach, nämlich eine Verfolgung des Erstbeschwerdeführers, im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren als unglaubwürdig beurteilt worden. Ebenfalls zutreffend wies das Bundesamt in seinem Bescheiden daraufhin, dass das Vorbringen einer Diskriminierung im Herkunftsstaat aufgrund der Religion einerseits bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vom 04.07.2019 mitbehandelt worden sei und demzufolge auch dem Hindernis der entschiedenen Sache entgegenstehe.

Somit ist davon auszugehen, dass bezüglich der neuerlichen Anträge entschiedene Sache vorliegt, weil die behaupteten Ereignisse bereits von der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.07.2019 mitumfasst sind und ihnen wegen der aufgetretenen Widersprüche auch kein glaubhafter Kern zukommt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Die maßgeblichen Bestimmungen (in der Sache) lauten:

§12a (2) AsylG 2005 idgF:

Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

§ 22 (10) Asylg 2005 idgF:

Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

§ 22 BFA-VG:

(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.

Zu den Voraussetzungen des § 12 a AsylG 2005, auf den gegenständlichen Fall bezogen, im Detail:

Gegen die Beschwerdeführer bestehen nach - rechtskräftiger - Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.07.2019 aufrechte Rückkehrentscheidungen.

Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich - siehe obige Sachverhaltsfeststellungen - kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt. Das nunmehrige Vorbringen zu den Fluchtgründen weist keinen glaubhaften Kern auf und ist bereits von der Rechtskraft der Entscheidung über den ersten Antrag mitumfasst. Auch die Ländersituation ist im Wesentlichen gleich geblieben.

Bereits in den vorangegangenen Verfahren hat das Bundesamt und auch das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wären oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde.

Auch im nunmehrigen Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen u. Asyl ist nichts hervorgekommen, das gegen die Abschiebung der Beschwerdeführer in den Heimatstaat im Sinne dieser Bestimmungen spricht.

Es ist der Ansicht des Bundesamtes beizupflichten, dass kein ungerechtfertigter Eingriff in ein schützenswertes Familien- oder Privatleben der Beschwerdeführer in Österreich feststellbar ist und auch der Gesundheitszustand der Beschwerdeführer nicht dazu Anlass gibt, zu einem anderen Ergebnis zu kommen. Diesbezüglich ist auf die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.07.2019 zu verweisen.

Da insgesamt die Voraussetzung des § 12 a Abs. 2 iVm § 22 Abs.10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG idgF für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen, ist der jeweils mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 12.02.2020 rechtmäßig.

Gemäß § 22 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu Spruchteil B):

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Da die in der gegenständlichen Entscheidung die maßgeblichen Rechtsfragen klar waren und keiner Auslegung bedurften, ging das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.

In vorliegendem Fall liegen daher die Voraussetzungen für die Zulassung der ordentlichen Revision nicht vor, es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,
faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
Identität der Sache, Privat- und Familienleben, real risk, reale
Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W196.2204672.2.00

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten