TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/25 W251 2172263-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.02.2020
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Entscheidungsdatum

25.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W251 2172263-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Helmut Blum, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.09.2017, Zl. 1069592006 - 150529505, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 19.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 21.05.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er in Afghanistan nach islamischen Recht habe heiraten wollen. Diese Frau sei allerdings schon einem anderen versprochen gewesen weshalb deren Eltern gegen eine Eheschließung mit dem Beschwerdeführer gewesen seien. Vor etwa 2 Jahren habe diese Frau ihre Heimat verlassen und sei zum Beschwerdeführer gekommen, der sie traditionell geheiratet und bei seinen Eltern versteckt habe. Der Vater und die Brüder der Ehefrau des Beschwerdeführers haben ihn jedoch telefonisch terrorisiert, weshalb er aus Angst um sein Leben Afghanistan verlassen habe.

3. Am 24.07.2017 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt. Zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, dass er seine Frau gegen den Willen ihrer Eltern geheiratet habe. Sie sei zuvor schon einmal verheiratet gewesen. Er sie schon davor mit ihr befreundet gewesen und habe mit ihr auch schon vor ihrer Eheschließung Geschlechtsverkehr gehabt. Sie sei in weiterer Folge zum Beschwerdeführer geflüchtet. Der Beschwerdeführer sei telefonisch von den Eltern seiner Frau bedroht worden und sei daher in den Iran gechickt worden. Auch sein Vater sei umgezogen, die Eltern der Ehefrau des Beschwerdeführers haben diesen aber dennoch gefunden, weshalb er wiederum umziehen habe müssen.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze ab (Spruchpunkt I. und II.). Es wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe nicht habe glaubhaft machen können. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, arbeitsfähiger Mann, der noch über ein familiäres Unterstützungsnetz in Afghanistan verfüge und somit bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht in eine ausweglose Situation geraten würde. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.

5. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass das vom Bundesamt geführte Ermittlungsverfahren mangelhaft geblieben sei und wurde auf entsprechende Länderberichte über drohende Rachehandlungen verwiesen. Auch die Beweiswürdigung des Bundesamtes wurde beanstandet und dargelegt, dass jedenfalls subsidiärer Schutz zu gewähren bzw. bei entsprechender Berücksichtigung des Privatlebens des Beschwerdeführers die Rückkehrentscheidung unzulässig sei.

6. Mit Schriftsatz vom 20.06.2018 brachte der Beschwerdeführer einen Vertretungswechsel und Kursunterlagen in Vorlage (OZ 5).

7. Mit Schriftsatz vom 12.10.2018 legte das Bundesamt den Bescheid über die Erteilung Beschäftigungsbewilligung vor (OZ 6 und OZ 7).

8. Mit Schreiben vom 09.11.2018 wurden weitere Integrationsunterlagen des Beschwerdeführers vorgelegt (OZ 8).

9. Am 04.02.2019 erstatte der Beschwerdeführer eine weitere Stellungnahme und legte weitere Integrationsunterlagen vor (OZ 12).

10. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 13.02.2019 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch (OZ 13).

11. Mit Schriftsatz vom 19.02.2019 legte das Bundesamt den neuen Bescheid über die Erteilung Beschäftigungsbewilligung vor (OZ 15), der am 07.03.2019 auch vom Beschwerdeführer (OZ 16) vorgelegt wurde.

12. Mit Schreiben vom 21.11.2019 wurde dem Beschwerdeführer das aktualisierte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt (OZ 19).

13. Am 05.12.2019 langte die fristgerechte Stellungnahme des Beschwerdeführers dazu ein und wurden weitere Integrationsnachweise vorgelegt (OZ 20).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Hazara an, bekennt sich zum schiitischen Glauben. Er spricht Dari als Muttersprache, beherrscht Farsi und Paschtu und spricht ein bisschen Englisch und Türkisch (Verhandlungsprotokoll vom 13.02.2019 = OZ 13, S. 6 f; AS 1; AS 41; AS 43 f).

Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Maidan Wardak, im Distrikt XXXX , im Dorf XXXX geboren und hat dort bis zu seinem 10. oder 11. Lebensjahr gelebt (OZ 13, S. 7 und S. 10; AS 1; AS 43). Danach hat er etwa 8 Jahre lang in Kabul in einem Haus gemeinsam mit seinem Vater, seiner Stiefmutter, seinem Halbbruder gelebt (OZ 13, S. 10 f; AS 5; AS 44).

Der Beschwerdeführer hat 2 Jahre lang in XXXX eine Koranschule besucht, danach weitere 6 Jahre eine Privatschule in Kabul (OZ 13, S. 9 f; AS 44). Der Beschwerdeführer hat den Beruf eines Teppichknüpfers erlernt (OZ 13, S. 9). Der Beschwerdeführer hat 5 - 6 Jahre als Teppichknüpfer, etwa 3 - 4 Jahre auf Baustellen und etwa 3,5 Jahre als Verkäufer gearbeitet (OZ 13, S. 9; AS 45; AS 3).

Der Beschwerdeführer hat keine Kinder (OZ 13, S. 9; AS 46). Der Beschwerdeführer ist ledig, er hat keine Obsorgeverpflichtungen in Afghanistan.

Der Vater, die Stiefmutter und der Halbbruder des Beschwerdeführers wohnen nach wie vor in Kabul. Der Beschwerdeführer hat noch Kontakt mit seinen Familienangehörigen.

Der Beschwerdeführer hat bereits 8 Jahre in der Stadt Kabul gelebt, ihm sind städtische Strukturen bekannt (OZ 13, S. 10; AS 44).

Die finanzielle Situation der Familie des Beschwerdeführers und von ihm selbst war zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Afghanistan mittelmäßig (AS 47). Der Beschwerdeführer verfügte zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Afghanistan über Ersparnisse iHv 50.000,-- Afghani (AS 45; Anmerkung: das entspricht etwa Euro 550,--). Der Vater des Beschwerdeführers hat ihn finanziell bei seiner Ausreise unterstützt (OZ 13, S. 12). Es konnte nicht festgestellt werden, dass sich die finanzielle Situation seiner Familie zwischenzeitlich verschlechtert hat.

Der Beschwerdeführer wurde nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Der Beschwerdeführer ist anpassungsfähig und kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen (OZ 13, S. 14; AS 83-93; OZ 8; OZ 12; OZ 15; OZ 16; OZ 20).

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, er ist gesund (OZ 13, S. 4 und S. 16; AS 44).

1.2. Zum (Privat)Leben der Beschwerdeführer in Österreich:

Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und hält sich seit zumindest 19.05.2015 durchgehend in Österreich auf. Er ist in Österreich aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG durchgehend rechtmäßig aufhältig.

Der Beschwerdeführer hat von 11.07.2016 bis 08.09.2016 einen Deutschkurs auf dem Niveau A2 mit 150 Trainingseinheit besucht (AS 89). Er hat am 24.08.2016 die Deutschprüfung für das Niveau A1 bestanden (AS 93) und am 06.10.2016 für das Niveau A2 (AS 91).

Der Beschwerdeführer hat bis zum 28.10.2017 einen 16stündigen Erste-Hilfe-Grundkurs absolviert (OZ 5).

Der Beschwerdeführer hat von 19.10.2016 bis 23.11.2016 (AS 85) sowie von 24.10.2017 bis 27.11.2017 (OZ 5) den 1. Teil und von 29.11.2016 bis 18.01.2017 (AS 87) sowie von 28.11.2017 bis 19.12.2017 (OZ 5) den 2. Teil des Deutschkurses auf dem Niveau B1 mit jeweils 75 Trainingseinheiten besucht. Der Beschwerdeführer hat von 20.02.2017 bis 23.05.2017 am Lehrgang " XXXX " mit insgesamt 300 Unterrichtseinheiten teilgenommen (AS 83). Der Beschwerdeführer hat am 22.12.2017 an einem Werte- und Orientierungskurs teilgenommen (OZ 5).

Der Beschwerdeführer hat sehr gute Deutschkenntnisse (OZ 13, S. 13 f).

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 11.10.2018 wurde dem Beschwerdeführer eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter für die Zeit vom 12.10.2018 bis 31.12.2018 im Ausmaß von 20 Stunden pro Woche erteilt (OZ 6). Von 16.10.2018 bis 31.12.2018 hat der Beschwerdeführer seine Tätigkeit als Saisonarbeiter aufgenommen und dabei monatlich €

642,-- brutto verdient (OZ 8; OZ 12).

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 18.02.2019 wurde dem Beschwerdeführer eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter für die Zeit vom 19.02.2019 bis 18.08.2019 im Ausmaß von 30 Stunden pro Woche erteilt. Von 26.02.2019 bis 18.08.2019 hat der Beschwerdeführer als Saisonarbeiter gearbeitet und dabei monatlich € 1.028,-- brutto verdient (OZ 15; OZ 16).

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 19.09.2019 wurde dem Beschwerdeführer eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter für die Zeit vom 23.09.2019 bis 31.12.2019 im Ausmaß von 40 Stunden pro Woche erteilt. Ab dem 01.10.2019 hat der Beschwerdeführer als Saisonarbeiter gearbeitet und dabei monatlich € 1.370,-- brutto verdient (OZ 20).

Der landwirtschaftliche Betrieb, bei welchem der Beschwerdeführer als Saisonarbeiter tätig war, möchte den Beschwerdeführer künftig als festen Mitarbeiter bzw. wieder als Saisonarbeiter anstellen und ihn bei Weiterbildungen unterstützen. Der Beschwerdeführer wurde als Mitarbeiter aufgrund seines Fleißes, seiner Verlässlichkeit und Selbstständigkeit sowie seiner Ausdauer, Höflichkeit und Teamfähigkeit sehr geschätzt (OZ 12; OZ 20).

Er wird zudem von seinen KursleiterInnen, KollegInnen, Unterkunftgebern und Bekannten als gewissenhafter und engagierter, zuverlässiger sowie hilfsbereiter und freundlicher Mann geschätzt (AS 67 bis AS 81; OZ 12).

Der Beschwerdeführer hat von 19.05.2015 bis 09.10.2018 in einer Unterkunft und Verpflegung durch die Grundversorgungsstelle erhalten. Von 30.09.2015 bis 14.09.2018 hat er Bekleidungshilfe bezogen (Beilage ./I).

Der Beschwerdeführer hat von Mai 2016 bis Oktober 2018 im Bauhaus der Gemeinde tageweise mitgearbeitet (AS 67; AS 69; OZ 12).

Der Beschwerdeführer konnte in Österreich Freundschaften zu seinen DeutschlehrerInnen, seinen Mitbewohnern, Unterkunftgebern, Arbeitskollegen, im Fußballverein und zu Menschen während seiner gemeinnützigen Tätigkeit knüpfen (OZ 13; S. 15 f)

Der Beschwerdeführer verfügt jedoch weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen (Ehefrau, Kinder, etc.) in Österreich.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Beilage ./I).

1.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

1.2.1. Die behauptete Verehelichung des Beschwerdeführers sowie Bedrohungen durch eine andere Familie haben niemals stattgefunden. Der Vorfall, wonach der Beschwerdeführer sich mit einer Frau verlobt habe bzw. er diese gegen den Willen ihrer Familie geheiratet habe, hat nicht stattgefunden. Der Beschwerdeführer war in Afghanistan weder verlobt noch traditionell verheiratet. Weder der Beschwerdeführer noch seine Familie wurden in Afghanistan bedroht. Der Beschwerdeführer wurde in Afghanistan nicht verdächtigt oder beschuldigt außerehelichen Geschlechtsverkehr gehabt zu haben.

Der Beschwerdeführer hat Afghanistan weder aus Furcht vor Eingriffen in die körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Mitglieder der Familie seiner behaupteten Verlobten bzw. Ehefrau oder durch andere Personen.

1.2.2. Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer wegen seiner Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Schiiten oder zur Volksgruppe der Hazara konkret und individuell physische oder psychische Gewalt in Afghanistan droht. Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass Angehörige der Religionsgemeinschaft der Schiiten oder der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan allein aufgrund der Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit physischer oder psychischer Gewalt ausgesetzt sind.

Der Beschwerdeführer war in Afghanistan wegen seiner Religionszugehörigkeit zu den Schiiten konkret und individuell weder physischer noch psychischer Gewalt ausgesetzt.

Der Beschwerdeführer war in Afghanistan wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu den Hazara konkret und individuell weder physischer noch psychischer Gewalt ausgesetzt.

1.2.3. Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines in Österreich ausgeübten Lebensstils oder seinem Aufenthalt in einem europäischen Land in Afghanistan psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

1.4. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Der Beschwerdeführer kann sich aufgrund der dort herrschenden Sicherheitslage in der Stadt Kabul wieder niederlassen.

Der Beschwerdeführer kann sich aufgrund der dort herrschenden Sicherheitslage zudem in den Städten Herat oder Mazar-e Sharif niederlassen.

Die Wohnraum- und Versorgungslage ist in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif sehr angespannt.

In Kabul kann der Beschwerdeführer jedoch bei seinen Familienangehörigen, zumindest anfänglich, Unterkunft nehmen.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Rückkehr in der Stadt Kabul oder Ansiedelung in den Städten Herat und Mazar-e Sharif kann der Beschwerdeführer grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen und in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif einer Arbeit nachgehen und sich selber erhalten.

Der Beschwerdeführer kann zudem von seiner Familie bei einer Rückkehr nach Afghanistan finanziell unterstützt werden. Der Beschwerdeführer kann auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach seiner Rückkehr in die Stadt Kabul bzw. bei einer Ansiedlung in den Städten Herat und Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.5. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

1.5. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat

Die Länderfeststellungen zur Lage in Afghanistan basieren auf nachstehenden Quellen:

-

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan in der Fassung der Gesamtaktualisierung vom 13.11.2019 (LIB),

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UNHCR Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 (UNHCR)

-

EASO Country Guidance: Afghanistan vom Juni 2019 (EASO) und

-

EASO Bericht Afghanistan Netzwerke, Stand Jänner 2018

1.5.1. Allgemeine Sicherheitslage

Afghanistan ist ein Zentralstaat mit 34 Provinzen, die in Distrikte gegliedert sind. Auf einer Fläche von ca. 632.000 Quadratkilometern leben ca. 32 Millionen Menschen (LIB, Kapitel 2).

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren (LIB, Kapitel 3). Die Hauptlast einer unsicheren Sicherheitslage in der jeweiligen Region trägt die Zivilbevölkerung (UNHCR, Kapitel II. B).

Für die Sicherheit in Afghanistan sind verschiedene Organisationseinheiten der afghanischen Regierungsbehörden verantwortlich. Die Afghan National Defense and Security Forces (ANDSF) umfassen militärische, polizeiliche und andere Sicherheitskräfte. Das Innenministerium ist primär für die interne Ordnung zuständig, dazu zählt auch die Afghan National Police (ANP) und die Afghan Local Police (ALP). Die Afghan National Army (ANA) ist für die externe Sicherheit verantwortlich, dennoch besteht ihre Hauptaufgabe darin, den Aufstand im Land zu bekämpfen. Die ANP gewährleistet die zivile Ordnung und bekämpft Korruption sowie die Produktion und den Schmuggel von Drogen. Der Fokus der ANP liegt derzeit in der Bekämpfung von Aufständischen gemeinsam mit der ANA. Die ALP wird durch die USA finanziert und schützt die Bevölkerung in Dörfern und ländlichen Gebieten vor Angriffen durch Aufständische (LIB, Kapitel 5).

In Afghanistan sind unterschiedliche regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv, welche eine Bedrohung für die gesamte regionale Sicherheit und Stabilität in Afghanistan darstellen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und Angriffen auf staatliche Einrichtungen und gegen Gläubige und Kultstätten bzw. religiöse Minderheiten aus (LIB, Kapitel 3).

1.5.2. Allgemeine Wirtschaftslage

Afghanistan ist nach wie vor eines der ärmsten Länder der Welt und stark von internationalen Hilfsgeldern abhängig. Dabei bleibt das Gefälle zwischen urbanen Zentren und ländlichen Gebieten Afghanistans eklatant. Lebensgrundlage für rund 80% der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (LIB, Kapitel 21).

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist angespannt und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Persönliche Kontakte, Empfehlungen sowie ein Netzwerk sind wichtig um einen Job zu finden. Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen. Fähigkeiten, die sich Rückkehrer im Ausland angeeignet haben, können eine wichtige Rolle bei der Arbeitsplatzsuche spielen. Der afghanische Arbeitsmarkt ist durch eine starke Dominanz des Agrarsektors, eine Unterrepräsentation von Frauen und relativ wenigen Möglichkeiten für junge Menschen gekennzeichnet. Ebenso korreliert ein Mangel an Bildung mit Armut, wobei ein niedriges Bildungsniveau und Analphabetismus immer noch weit verbreitet sind. In Afghanistan existiert keine finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit (LIB, Kapitel 21).

In den Jahren 2016-2017 lebten 54,5% der Bevölkerung unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Immer mehr Menschen greifen auf negative Bewältigungsmechanismen wie Kleinkriminalität, Kinderehen, Kinderarbeit und Betteln zurück, von denen insbesondere Binnenvertriebene betroffen sind. Der Zugang zu einer produktiven oder entgeltlichen Beschäftigung ist begrenzt, 80% der Beschäftigung gelten als anfällig und unsicher in Form von Selbst- oder Eigenbeschäftigung, Tagarbeit oder unbezahlter Arbeit. Der saisonale Effekt ist erheblich. Die Arbeitslosenquote ist in den Frühlings- und Sommermonaten relativ niedrig (rund 20%), während sie im Winter 32,5% erreichen kann (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

In Afghanistan gibt es neben der Zentralbank auch mehrere kommerzielle Banken. Es ist mittlerweile auch relativ einfach, in Afghanistan ein Bankkonto zu eröffnen. Geld kann auch über das Hawala System (Form des Geldtausches) transferiert werden. Dieses Systemfunktioniert schnell, zuverlässig und günstig. Spezielle Dokumente sind nicht notwendig und der Geldtransfer ist weltweit möglich und wird von verschiedenen Bevölkerungsschichten verwendet (LIB, Kapitel 21).

Im Zeitraum von 2016 bis 2017 waren 44,6% der afghanischen Bevölkerung sehr stark bis mäßig von Lebensmittelunsicherheit betroffen. In allen Wohnbevölkerungsgruppen war seit 2011 ein Anstieg festzustellen, wobei der höchste Anstieg in den ländlichen Gebieten zu verzeichnen war (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Afghanistans jährliche Wachstumsrate der städtischen Bevölkerung gehört zu den höchsten der Welt. Kabul war das Zentrum des Wachstums, und der Rest der städtischen Bevölkerung konzentriert sich hauptsächlich auf vier andere Stadtregionen: Herat, Mazar-e Sharif, Kandahar und Jalalabad. Die große Mehrheit (72%, basierend auf ALCS-Zahlen für 2016-2017) der afghanischen Stadtbevölkerung lebt in Slums oder in ungenügenden Wohnungen. 86% der städtischen Häuser in Afghanistan können (gemäß der Definition von UN-Habitat) als Slums eingestuft werden. Der Zugang zu angemessenem Wohnraum stellt für die Mehrheit der Afghanen in den Städten eine große Herausforderung dar (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

In den Städten besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sicheren Wohnraum zu mieten. Darüber hinaus bietet die Städte die Möglichkeit von "Teehäusern", die mit 30 Afghani (das sind ca. € 0,35) bis 100 Afghani (das sind ca. € 1,20) pro Nacht relativ günstig sind. "Teehäuser" werden von Reisenden, Tagesarbeitern, Straßenhändlern, jungen Menschen, alleinstehenden Männern und anderen Personen, die in der Gegend keine ständige Unterkunft haben, als vorübergehende Unterkunft genutzt (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V). Man muss niemanden kennen, um eingelassen zu werden (EASO Bericht Afghanistan Netzwerke, Kapital 4.2.).

Der Zugang zu sauberem Trinkwasser sowie angemessenen sanitären Einrichtungen hat sich in den letzten Jahren erheblich verbessert. Der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, wie Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, war in den Städten im Allgemeinen besser als auf dem Land. Der Zugang zu Trinkwasser ist für viele Afghanen jedoch nach wie vor ein Problem, und die sanitären Einrichtungen sind weiterhin schlecht (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

1.5.3. Medizinische Versorgung

Das afghanische Gesundheitsministerium gab an, dass 60 % der Menschen im April 2018 Zugang zu Gesundheitsdiensten hatten, wobei der Zugang als eine Stunde Fußweg zur nächsten Klinik definiert wurde. Trotz der Tatsache, dass die Gesundheitsversorgung laut afghanischer Verfassung kostenlos sein sollte, müssen die Menschen in vielen öffentlichen Einrichtungen für Medikamente, Arzthonorare, Labortests und stationäre Versorgung bezahlen. Hohe Behandlungskosten sind der Hauptgrund, weswegen die Behandlung vermieden wird (EASO, Kapitel Common Analysis: Afghanistan, V).

90% der medizinischen Versorgung in Afghanistan werden nicht direkt vom Staat zur Verfügung gestellt, sondern von nationalen und internationalen NGOs, die über ein Vertragssystem beauftragt werden. Über dieses Vertragssystem wird sowohl primäre, als auch sekundäre und tertiäre medizinische Versorgung zur Verfügung gestellt. Allerdings mangelt es an Investitionen in medizinische Infrastruktur. Der Bauzustand vieler Kliniken ist schlecht. Während in den Städten ein ausreichendes Netz von Krankenhäusern und Kliniken besteht, ist es in den ländlichen Gebieten für viele Afghanen schwierig, eine Klinik oder ein Krankenhaus zu erreichen (LIB, Kapitel 22).

Psychische Krankheiten wie posttraumatische Belastungsstörung, Depression und Angstzustände - die oft durch den Krieg hervorgerufen wurden - sind in Afghanistan weit verbreitet, es gibt aber nur geringe Kapazitäten zur Behandlung dieser Erkrankungen. Spezifische Medikamente sind grundsätzlich verfügbar (LIB, Kapitel 22.1).

1.5.4. Ethnische Minderheiten

In Afghanistan sind ca. 40 - 42% Paschtunen, rund 27 - 30% Tadschiken, ca. 9 - 10% Hazara und 9% Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt. Soziale Gruppen werden in Afghanistan nicht ausgeschlossen und kein Gesetz verhindert die Teilnahme von Minderheiten am politischen Leben. Es kommt jedoch im Alltag zu Diskriminierungen und Ausgrenzungen ethnischer Gruppen und Religionen sowie zu Spannungen, Konflikten und Tötungen zwischen unterschiedlichen Gruppen (LIB, Kapitel 17).

Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 9-10% der Bevölkerung aus. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind die schiitische Konfession (mehrheitlich Zwölfer-Schiiten) und ihre ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild. Ihre Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Kernfamilie bzw. dem Klan. Es bestehen keine sozialen oder politischen Stammesstrukturen (LIB, Kapitel 17.3).

Die Lage der Hazara, die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgt waren, hat sich grundsätzlich verbessert und Hazara bekleiden inzwischen auch prominente Stellen in der Regierung und im öffentlichen Leben, sind jedoch in der öffentlichen Verwaltung nach wie vor unterrepräsentiert. Hazara werden am Arbeitsmarkt diskriminiert. Soziale Diskriminierung gegen schiitische Hazara, basierend auf Klasse, Ethnie oder religiösen Ansichten, finden ihre Fortsetzung in Erpressung (illegale Steuern), Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit, physischer Misshandlung und Inhaftierung. Nichtsdestotrotz, genießt die traditionell marginalisierte schiitische muslimische Minderheit, zu der die meisten ethnischen Hazara gehören, seit 2001 eine zunehmende politische Repräsentation und Beteiligung an nationalen Institutionen (LIB Kapitel 17.3).

Hazara neigen sowohl in ihren sozialen, als auch politischen Ansichten dazu, liberal zu sein, dies steht im Gegensatz zu den Ansichten sunnitischer Militanter. Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen führen weiterhin zu Konflikten und Tötungen. Angriffe durch den ISKP und andere aufständische Gruppierungen auf spezifische religiöse und ethno-religiöse Gruppen - inklusive der schiitischen Hazara - halten an (LIB, Kapitel 17.3).

1.5.5. Religionen

Etwa 99% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon 80 - 89,7% Sunniten. Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (LIB Kapitel 16).

Schiiten

Der Anteil schiitischer Muslime an der Bevölkerung wird auf 10 - 19% geschätzt. Zu der schiitischen Bevölkerung zählen die Ismailiten und die Jafari-Schiiiten (Zwölfer-Schiiten). 90% von ihnen gehören zur ethnischen Gruppe der Hazara. Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten sind in Afghanistan selten, die Diskriminierung der schiitischen Minderheit durch die sunnitische Mehrheit ist zurückgegangen (LIB, Kapitel 16.1).

Die politische Repräsentation und die Beteiligung an den nationalen Institutionen seitens der traditionell marginalisierten schiitischen Minderheit, der hauptsächlich ethnische Hazara angehören, ist seit 2001 gestiegen. Einige schiitische Muslime bekleiden höhere Regierungsposten. Im Ulema-Rat, der nationalen Versammlung von Religionsgelehrten, die u. a. dem Präsidenten in der Festlegung neuer Gesetze und Rechtsprechung beisteht, beträgt die Quote der schiitischen Muslime 25-30%. Des Weiteren tagen rechtliche, konstitutionelle und menschenrechtliche Kommissionen, welche aus Mitgliedern der sunnitischen und schiitischen Gemeinschaften bestehen und von der Regierung unterstützt werden, regelmäßig, um die interkonfessionelle Schlichtung zu fördern (LIB, Kapitel 16.1).

1.5.6. Allgemeine Menschenrechtslage

Im Bereich der Menschenrechte hat Afghanistan unter schwierigen Umständen Fortschritte gemacht. Inzwischen ist eine selbstbewusste neue Generation von Afghaninnen und Afghanen herangewachsen, die sich politisch, kulturell und sozial engagiert und der Zivilgesellschaft eine stärkere Stimme verleiht. Diese Fortschritte erreichen aber nach wie vor nicht alle Landesteile und sind außerhalb der Städte auch gegen willkürliche Entscheidungen von Amtsträgern und Richtern sowie Einflussnahme örtlicher Machteliten nur schwer durchzusetzen. Die afghanische Regierung ist nicht in der Lage, die durch die afghanische Verfassung und einschlägige völkerrechtliche Verträge garantierten Menschenrechte vollumfänglich umzusetzen und zu gewährleisten (LIB, Kapitel 11).

Menschenrechtsverletzungen an der Zivilbevölkerung finden nach wie vor in allen Teilen des Landes und unabhängig davon statt, wer die betroffenen Gebiete tatsächlich kontrolliert (UNHCR, Kapitel II. C. 1).

Die Fähigkeit der Regierung, Menschenrechte zu schützen, wird durch die Unsicherheit und zahlreiche Angriffe durch regierungsfeindliche Kräfte untergraben. Insbesondere ländliche und instabile Gebiete leiden unter einem allgemein schwachen förmlichen Justizsystem, das unfähig ist, Zivil- und Strafverfahren effektiv und zuverlässig zu entscheiden (UNHCR, Kapitel II. C. 2).

1.5.7. Bewegungsfreiheit und Meldewesen

Das Gesetz garantiert interne Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr. Afghanen dürfen sich formell im Land frei bewegen und niederlassen (LIB, Kapitel 19).

Afghanistan hat kein zentrales Bevölkerungsregister, keine Datenbanken mit Adress- oder Telefonnummerneinträgen und auch keine Melde- oder Registrierungspflicht. Die Gemeinschafts- bzw. Bezirksältesten führen kein Personenstandsregister, die Regierung registriert jedoch Rückkehrer. Durch die hohe soziale Kontrolle ist gerade im ländlichen Raum keine, aber auch in den Städten kaum Anonymität zu erwarten (LIB, Kapitel 19.1).

1.5.8. Regierungsfeindliche Gruppierungen

In Afghanistan sind unterschiedliche regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv - insbesondere die Grenzregion zu Pakistan bleibt eine Zufluchtsstätte für unterschiedliche Gruppierungen, wie Taliban, Islamischer Staat, al-Qaida, Haqqani-Netzwerk, Lashkar-e Tayyiba, Tehrik-e Taliban Pakistan, sowie Islamic Movement of Uzbekistan (LIB, Kapitel 2).

Taliban:

Die Mehrheit der Taliban sind immer noch Paschtunen, obwohl es eine wachsende Minderheit an Tadschiken, Usbeken, Belutschen und sogar mehreren hundert Hazara (einschließlich Schiiten) gibt. In einigen nördlichen Gebieten bestehen die Taliban bereits überwiegend aus Nicht-Paschtunen, da sie innerhalb der lokalen Bevölkerung rekrutieren (LIB, Kapitel 2).

Die Gesamtstärke der Taliban betrug im Jahr 2017 über 200.000 Personen, darunter ca. 150.000 Kämpfer, davon rund 60.000 Vollzeitkämpfer mobiler Einheiten und der Rest ist Teil der lokalen Milizen. Die Taliban betreiben Trainingslager in Afghanistan (LIB, Kapitel 2).

Zwischen 01.12.2018 und 31.05.2019 haben die Talibanaufständischen mehr Angriffe ausgeführt, als in der Vergangenheit üblich, trotzdem war die Gesamtzahl effektiver feindlicher Angriffe stark rückläufig. Diese Angriffe hatten hauptsächlich militärische Außenposten und Kontrollpunkte sowie andere schlecht verteidigte ANDSF-Posten zum Ziel - die Taliban beschränken ihre Angriffe weitgehend auf Regierungsziele und afghanische und internationale Sicherheitskräfte (LIB, Kapitel 2).

1.5.9. Provinzen und Städte

Kabul:

Die Provinz Kabul liegt im Zentrum Afghanistans. Kabul-Stadt ist die Hauptstadt Afghanistans und auch ein Distrikt in der Provinz Kabul. Die Stadt Kabul ist die bevölkerungsreichste Stadt Afghanistans, sie hat 5.029.850 Einwohner. Kabul ist Zielort für verschiedene ethnische, sprachliche und religiöse Gruppen, und jede von ihnen hat sich an bestimmten Orten angesiedelt (LIB, Kapitel 3.1). Die Stadt Kabul ist über Hauptstraßen mit den anderen Provinzen des Landes verbunden und verfügt über einen internationalen Flughafen (LIB Kapitel 3.1 und Kapitel 3.35).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul. Nichtsdestotrotz, führten Aufständische, Taliban und andere militante Gruppierungen, im gesamten Jahr 2018, als auch in den ersten fünf Monaten 2019, insbesondere in der Hauptstadtregion weiterhin Anschläge auf hochrangige Ziele durch, um die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu ziehen, die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben und die Wahrnehmung einer weit verbreiteten Unsicherheit zu schaffen. Die Hauptursache für zivile Opfer in der Provinz Kabul (596 Tote und 1.270 Verletzte im Jahr 2018) waren Selbstmord- und komplexe Angriffe, gefolgt von improvisierten Sprengkörpern (improvised explosive devices, IEDs) und gezielten Tötungen (LIB, Kapitel 3.1).

Kabul zählt zu jenen Provinzen, in denen es zu willkürlicher Gewalt kommt, jedoch nicht auf hohem Niveau. Dementsprechend ist ein höheres Maß an Einzelelementen erforderlich, um wesentliche Mazar-e Sharif ist die Provinzhauptstadt von Balkh, einer ethnisch vielfältigen Provinz, welche von Paschtunen, Usbeken, Hazara, Tadschiken, Turkmenen, Aimaq, Belutschen, Arabern und sunnitischen Hazara (Kawshi) bewohnt wird. Sie hat 469.247 Einwohner und steht unter Kontrolle der afghanischen Regierung (LIB, Kapitel 3.5).

In Kabul leben 70.000 bis 80.000 Binnenvertriebene (LIB, Kapitel 3.1).

Kabul ist das wichtigste Handels- und Beschäftigungszentrum Afghanistans und hat ein größeres Einzugsgebiet in den Provinzen Parwan, Logar und Wardak. Es gibt eine dynamischere Wirtschaft mit einem geringeren Anteil an Arbeitssuchenden, Selbständigen und Familienarbeitern. Menschen aus kleinen Dörfern pendeln täglich oder wöchentlich nach Kabul, um landwirtschaftliche Produkte zu handeln oder als Wachen, Hausangestellte oder Lohnarbeiter zu arbeiten. Die besten (Arbeits-)Möglichkeiten für Junge existieren in Kabul. Trotz der niedrigeren Erwerbsquoten ist der Frauenanteil in hoch qualifizierten Berufen in Kabul (49,6 %) am größten (LIB, Kapitel 21).

Mazar-e Sharif:

Das Niveau an willkürlicher Gewalt ist in der Stadt Mazar-e Sharif so gering, dass für Zivilisten an sich nicht die Gefahr besteht, von erheblichen Eingriffen in die psychische oder physische Unversehrtheit betroffen zu sein (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, III).

Mazar-e Sharif ist über die Autobahn sowie über einen Flughafen (mit nationalen und internationalen Anbindungen) legal zu erreichen (LIB, Kapitel 21). Der Flughafen von Mazar-e Sharif (MRZ) liegt 9 km östlich der Stadt im Bezirk Marmul. Die Befahrung der Straßen von diesem Flughafen bis zur Stadt Mazar-e Sharif ist zur Tageszeit im Allgemeinen sicher (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Mazar-e Sharif ist ein Import-/Exportdrehkreuz, ein regionales Handelszentrum sowie ein Industriezentrum mit großen Fertigungsbetrieben und einer Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen (LIB, Kapitel 21). Mazar-e Sharif gilt im Vergleich zu Herat oder Kabul als wirtschaftlich relativ stabiler. Die größte Gruppe von Arbeitern in der Stadt Mazar-e Sharif sind im Dienstleistungsbereich und als Verkäufer tätig (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Die Unterkunftssituation stellt sich in Mazar-e Sharif, wie in den anderen Städten Afghanistans auch, für Rückkehrer und Binnenflüchtlinge als schwierig dar. Viele Menschen der städtischen Population lebt in Slums oder nichtadäquaten Unterkünften. In Mazar-e Sharif besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sicheren Wohnraum, wie beispielsweise in Teehäusern, zu mieten. (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Die meisten Menschen in Mazar-e Sharif haben Zugang zu erschlossener Wasserversorgung (76%), welche in der Regel in Rohrleitungen oder aus Brunnen erfolgt. 92% der Haushalte haben Zugang zu besseren Sanitäreinrichtungen (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Während Mazar-e Sharif im Zeitraum Juni 2019 bis September 2019 noch als IPC Stufe 1 "minimal" (IPC - Integrated Phase Classification) klassifiziert wurde, ist Mazar-e Sharif im Zeitraum Oktober 2019 bis Januar 2020 in Phase 2 "stressed" eingestuft. In Phase 1 sind die Haushalte in der Lage, den Bedarf an lebensnotwenigen Nahrungsmitteln und Nicht-Nahrungsmitteln zu decken, ohne atypische und unhaltbare Strategien für den Zugang zu Nahrung und Einkommen zu verfolgen. In Phase 2 weisen Haushalte nur einen gerade noch angemessenen Lebensmittelverbrauch auf und sind nicht in der Lage, sich wesentliche, nicht nahrungsbezogene Güter zu leisten, ohne dabei irreversible Bewältigungsstrategien anzuwenden (ECOI, Kapitel 3.1).

In der Stadt Mazar-e Sharif gibt es 10 - 15 - teils öffentliche, teils private - Krankenhäuser. In Mazar-e Sharif existieren mehr private als öffentliche Krankenhäuser. Private Krankenhäuser sind sehr teuer, jede Nacht ist kostenpflichtig. Zusätzlich existieren etwa 30-50 medizinische Gesundheitskliniken die zu 80% öffentlich finanziert sind (LIB, Kapitel 22).

Herat Stadt:

Herat-Stadt ist die Provinzhauptstadt der Provinz Herat. Umfangreiche Migrationsströme haben die ethnische Zusammensetzung der Stadt verändert, der Anteil an schiitischen Hazara ist seit 2001 durch Iran-Rückkehrer und Binnenvertriebene besonders gestiegen. Sie hat 556.205 Einwohner (LIB, Kapitel 3.13).

Herat ist durch die Ring-Road sowie durch einen Flughafen mit nationalen und internationalen Anbindungen sicher und legal erreichbar (LIB, Kapitel 3.13). Der Flughafen Herat (HEA) liegt 13 km südlich der Stadt im Distrikt Gozara. Die Straße, welche die Stadt mit dem Flughafen verbindet wird laufend von Sicherheitskräften kontrolliert. Unabhängig davon gab es in den letzten Jahren Berichte von Aktivitäten von kriminellen Netzwerken, welche oft auch mit Aufständischen in Verbindung stehen (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Herat gehört zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen Afghanistans, jedoch sind Taliban-Kämpfer in einigen abgelegenen Distrikten aktiv und versuchen oft terroristische Aktivitäten auszuüben. Je mehr man sich von Herat-Stadt (die als "sehr sicher" gilt) und den angrenzenden Distrikten Richtung Norden, Westen und Süden entfernt, desto größer wird der Einfluss der Taliban. Das Niveau an willkürlicher Gewalt ist in der Stadt Herat so gering, dass für Zivilisten an sich nicht die Gefahr besteht von erheblichen Eingriffen in die psychische oder physische Unversehrtheit betroffen zu sein (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, III).

Im Vergleich mit anderen Teilen des Landes weist Herat wirtschaftlich und sicherheitstechnisch relativ gute Bedingungen auf. Es gibt Arbeitsmöglichkeiten im Handel, darunter den Import und Export von Waren mit dem benachbarten Iran, wie auch im Bergbau und Produktion. Die Industrie der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) ist insbesondere im Handwerksbereich und in der Seiden- und Teppichproduktion gut entwickelt und beschäftigt Tagelöhner sowie kleine Unternehmer (LIB, Kapitel 21).

Die Unterkunftssituation stellt sich in Herat, wie in den anderen Städten Afghanistans auch, für Rückkehrer und Binnenflüchtlinge als schwierig dar. Viele Menschen der städtischen Population lebt in Slums oder nichtadäquaten Unterkünften. In Herat besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sicheren Wohnraum, wie beispielsweise in Teehäusern, zu mieten (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Die meisten Menschen in Herat haben Zugang zu Elektrizität (80 %), zu erschlossener Wasserversorgung (70%) und zu Abwasseranlagen (30%). 92,1 % der Haushalte haben Zugang zu besseren Sanitäreinrichtungen und 81,22 % zu besseren Wasserversorgungsanlagen (EASO, Kapitel Common analysis: Afghanistan, V).

Herat ist im Zeitraum Oktober 2019 bis Januar 2020 als IPC Stufe 2 klassifiziert (IPC - Integrated Phase Classification). In Phase 2, auch "stressed" genannt, weisen Haushalte nur einen gerade noch angemessenen Lebensmittelverbrauch auf und sind nicht in der Lage, sich wesentlich, nicht nahrungsbezogenen Güter zu leisten, ohne dabei irreversible Bewältigungsstrategien anzuwenden (ECOI, Kapitel 3.1.).

1.5.10. Situation für Rückkehrer

In den ersten vier Monaten des Jahres 2019 kehrten insgesamt 63.449 Menschen nach Afghanistan zurück. Im Jahr 2018 kamen 775.000 aus dem Iran und 46.000 aus Pakistan zurück (LIB, Kapitel 23).

Soziale, ethnische und familiäre Netzwerke sind für einen Rückkehrer unentbehrlich. Der Großteil der nach Afghanistan zurückkehrenden Personen verfügt über ein familiäres Netzwerk, auf das in der Regel zurückgegriffen wird. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage, den ohnehin großen Familienverbänden und individuellen Faktoren ist diese Unterstützung jedoch meistens nur temporär und nicht immer gesichert. Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z. B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen beruflichen Netzwerken sowie politische Netzwerke usw. Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer dar. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (LIB, Kapitel 23).

Rückkehrer aus dem Iran und aus Pakistan, die oft über Jahrzehnte in den Nachbarländern gelebt haben und zum Teil dort geboren wurden, sind in der Regel als solche erkennbar. Offensichtlich sind sprachliche Barrieren, von denen vor allem Rückkehrer aus dem Iran betroffen sind, weil sie Farsi (die iranische Landessprache) oder Dari (die afghanische Landessprache) mit iranischem Akzent sprechen. Es gibt jedoch nicht viele Fälle von Diskriminierung afghanischer Rückkehrer aus dem Iran und Pakistan aufgrund ihres Status als Rückkehrer. Fast ein Viertel der afghanischen Bevölkerung besteht aus Rückkehrern. Diskriminierung beruht in Afghanistan großteils auf ethnischen und religiösen Faktoren sowie auf dem Konflikt (LIB, Kapitel 23).

Rückkehrer aus Europa oder dem westlichen Ausland werden von der afghanischen Gesellschaft häufig misstrauisch wahrgenommen. Es sind jedoch keine Fälle bekannt, in denen Rückkehrer nachweislich aufgrund ihres Aufenthalts in Europa Opfer von Gewalttaten wurden. Wenn ein Rückkehrer mit im Ausland erlangten Fähigkeiten und Kenntnissen zurückkommt, stehen ihm mehr Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung als den übrigen Afghanen, was bei der hohen Arbeitslosigkeit zu Spannungen innerhalb der Gemeinschaft führen kann (LIB, Kapitel 23).

Der Mangel an Arbeitsplätzen stellt für den Großteil der Rückkehrer die größte Schwierigkeit dar. Der Zugang zum Arbeitsmarkt hängt maßgeblich von lokalen Netzwerken ab. Die afghanische Regierung kooperiert mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Für Afghanen, die im Iran geboren oder aufgewachsen sind und keine Familie in Afghanistan haben, ist die Situation problematisch (LIB, Kapitel 23).

Viele Rückkehrer leben in informellen Siedlungen, selbstgebauten Unterkünften oder gemieteten Wohnungen. Die meisten Rückkehrer im Osten des Landes leben in überbelegten Unterkünften und sind von fehlenden Möglichkeiten zum Bestreiten des Lebensunterhaltes betroffen (LIB, Kapitel 23).

Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, können verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Rückkehrer erhalten Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Für Rückkehrer leisten UNHCR und IOM in der ersten Zeit Unterstützung. Bei der Anschlussunterstützung ist die Transition von humanitärer Hilfe hin zu Entwicklungszusammenarbeit nicht immer lückenlos. Es gibt keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer. Der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer aus Europa kehrt direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Es befinden sich viele Rückkehrer in Gebieten, die für Hilfsorganisationen aufgrund der Sicherheitslage nicht erreichbar sind (LIB, Kapitel 23).

Die "Reception Assistance" umfasst sofortige Unterstützung oder Hilfe bei der Ankunft am Flughafen: IOM trifft die freiwilligen Rückkehrer vor der Einwanderungslinie bzw. im internationalen Bereich des Flughafens, begleitet sie zum Einwanderungsschalter und unterstützt bei den Formalitäten, der Gepäckabholung, der Zollabfertigung, usw. Darüber hinaus arrangiert IOM den Weitertransport zum Endziel der Rückkehrer innerhalb des Herkunftslandes und bietet auch grundlegende medizinische Unterstützung am Flughafen an. 1.279 Rückkehrer erhielten Unterstützung bei der Weiterreise in ihre Heimatprovinz. Für die Provinzen, die über einen Flughafen und Flugverbindungen verfügen, werden Flüge zur Verfügung gestellt. Der Rückkehrer erhält ein Flugticket und Unterstützung bezüglich des Flughafen-Transfers. Der Transport nach Herat findet in der Regel auf dem Luftweg statt (LIB, Kapitel 23).

Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (LIB, Kapitel 23).

Gründe für die Annahme aufzuzeigen, dass ein in dieses Gebiet zurückgekehrter Zivilist einem realen ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, Schaden im Sinne von Artikel 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie zu nehmen (EASO, Kapitel Guidance note: Afghanistan, III.3).

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt, durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./IX (Konvolut ZMR, GVS, Strafregister Beilage ./I; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 08.01.2019, Beilage ./II; Bericht EASO, Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./III; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Afghanistan, Lage in Herat- Stadt und Mazar-e Sharif aufgrund anhaltender Dürre, vom 13.09.2018, Beilage ./IV; Anfragebeantwortung ACCORD, Folgen von Dürre in den Städten Herat und Mazar-e Sharif vom 12.10.2018, Beilage ./V; Übersetzung auf Deutsch der EASO Country Guidance Afghanistan aus Juni 2018 hinsichtlich Punkt III. (Subsidiärer Schutz) und Punkt V. (innerstaatliche Schutzalternative), Beilage ./VI; Anfragebeantwortung ACCORD, Staatlicher Schutz vor Zwangsheirat, Sanktionen für Mädchen aus Zwangsheirat vom 13.10.2017, Beilage ./VII; ACCORD Anfragebeantwortung, Außerehelich sexuelle Beziehungen und deren Konsequenzen nach paschtunischem Gewohnheitsrecht, Beilage ./VIII; Analyse der Staatendokumentation, Ehe im Islam vom 05.05.2015, Beilage. /IX) und Beilage ./A und ./B (Unterstützungsschreiben vom 31.01.2019, Beilage. /A; Unterstützungsschreiben vom 07.02.2019, Beilage. /B) sowie in die mit Stellungnahmen vorgelegten Urkunden (OZ 5; OZ 6; OZ 7; OZ 8; OZ 12; OZ 15; OZ 16; OZ 20) und das mit Parteiengehör vom 21.11.2019 übermittelte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Afghanistan vom 13.11.2019 (OZ 19).

Dem Erkenntnis werden die EASO Country Guidance Afghanistan aus Juni 2019 sowie die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 zugrunde gelegt.

Die Feststellungen basieren auf den in den Klammern angeführten Beweismitteln.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren (OZ 13, S. 6; AS 1; AS 43).

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache und weiteren Sprachkenntnissen, seinem Lebenslauf (sein Aufwachsen sowie seine familiäre Situation in Afghanistan, seine Schul- und Berufsausbildung, seine Berufserfahrung) gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben (OZ 13, S. 6 f; S. 9 ff; AS 1-5; AS 41; AS 43 ff). Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Dass der Beschwerdeführer ledig ist, war aufgrund der unglaubhaften Angaben des Beschwerdeführers festzustellen. Dazu wird auf Punkt II.2.2.3. verwiesen. Da er keine Frau und keine Kinder in Afghanistan hat, hat er auch keine Obsorgeverpflichtungen.

Dass der Beschwerdeführer keine Kinder hat, war aufgrund seiner gleichbleibenden Angaben im Verfahren festzustellen (OZ 13, S. 9; AS 46).

Dass die Familienangehörigen des Beschwerdeführers in Kabul leben und der Beschwerdeführer nach wie vor regelmäßig Kontakt zu ihnen pflegt, war festzustellen, da das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers insgesamt unglaubhaft war. Dazu wird auf Punkt II.2.2.3. verwiesen. Nachdem es für die Familienangehörigen des Beschwerdeführers keinerlei Verfolgungsgefahr in Kabul gegeben hat bzw. gibt, war auch kein Grund ersichtlich, weshalb die Familienangehörigen Kabul verlassen hätten sollen. Insbesondere unter Berücksichtigung der eigenen Angaben des Beschwerdeführers, wonach die finanzielle Situation seiner Familie mittelmäßig sei (AS 47) und in seinem Geburtsort die Sicherheitslage - korrespondierend mit den Länderinformationen - volatil ist (OZ 13, S. 18), geht das Gericht daher davon aus, dass die Familienangehörigen des Beschwerdeführers nach wie vor in Kabul leben.

Nicht glaubhaft war, dass der Beschwerdeführer keinen Kontakt mehr zu seinen Familienangehörigen habe. Der Beschwerdeführer gab in der Beschwerdeverhandlung an, der letzte Kontakt sei über die Handynummer seines Vaters erfolgt, die seit einem Gespräch im Jahr 2017 aber nicht mehr erreichbar sei und er habe nur die Handynummer seines Vaters gehabt (OZ 13, S. 11). Beim Bundesamt gab der Beschwerdeführer am 24.07.20217 sehr vage und ausweichend an, seit ca. 8 Monaten aufgrund des Umzugs seiner Familie keinen Kontakt mehr gehabt zu haben (AS 43). Auch zu seinen Freunden in Afghanistan habe vor 4 bis 5 Jahren, als er noch in Afghanistan gewesen sei, den letzten Kontakt gehabt (AS 47).

Dass der Beschwerdeführer, wie von ihm behauptet nur die Handynummer seines Vaters zur Kontaktaufnahme gehabt habe, ist nicht lebensnah und nicht nachvollziehbar. Gerade wenn ein Familienmitglied den Herkunftsstaat verlässt, geht das Gericht davon aus, dass auch mehrere Kommunikationskanäle, wie einerseits über die Telefonnummern aller Familienangerhörigen, sowie über die modernen Medien, wie bspw. Email, Facebook, Skype, Viber etc. sichergestellt werden, um gerade den Kontakt mit seinen nächsten Angehörigen nicht zu verlieren. Die im Verfahren vom Beschwerdeführer gemachten Angaben waren vage und ausweichend. Warum er nur die Telefonnummer von seinem Vater gehabt haben will und ihm abgesehen davon keinerlei Kommunikationswege zur Verfügung gestanden w

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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