Entscheidungsdatum
26.02.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W127 2152366-2/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Fischer-Szilagyi über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geboren am XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.08.2019, Zl. 1069725603/190663834, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer ist in die Republik Österreich eingereist und hat am 19.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Der Beschwerdeführer begründete seine (erste) Antragstellung im Wesentlichen mit drohender Verfolgung durch die Familie eines Mädchens, mit der er eine außereheliche Beziehung geführt habe.
2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 21.03.2017, Zl. 1069725603/150528890, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 19.05.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit "2 Wochen" ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
3. Eine hiegegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 24.09.2018, GZ W251 2152366-1/6E, als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung ging das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass dem Beschwerdeführer hinsichtlich seines Fluchtvorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Seine Angaben seien gänzlich detaillos und vage geblieben, er habe ausweichend geantwortet und hätten sich auch viele Unplausibilitäten ergeben. Der Beschwerdeführer habe Afghanistan daher weder aus Furcht vor Eingriffen in seine körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen. Bei einer Rückkehr in seine Heimatprovinz Nangarhar könnte ihm allerdings aufgrund der volatilen Lage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen. Im Falle einer Ansiedelung in der Stadt Herat oder Mazar-e Sharif könne der Beschwerdeführer jedoch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er könne selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen. Es sei dem Beschwerdeführer sohin möglich, nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Herat oder Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stelle keine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Privat- und Familienleben dar, zumal den schwach ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüberstehen würden.
Dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes wurde der Vertreterin des Beschwerdeführers am 27.09.2018 zugestellt. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde nicht erhoben.
4. Am 29.10.2018 stellte der Beschwerdeführer in Frankreich einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Nach Führung von Dublin-Konsultationen und erteilter Zustimmung Österreichs zur Wiederaufnahme wurde der Beschwerdeführer am 02.07.2019 ins Bundesgebiet rücküberstellt.
Bei der Erstbefragung am 02.07.2019 begründete der Beschwerdeführer seine neuerliche Antragstellung dahingehend, dass - abgesehen von den ursprünglichen Fluchtgründen - sich nunmehr die neue Situation ergeben habe, dass er in einen Grundstücksstreit verwickelt worden sei und sich überdies die Sicherheitslage in seiner Heimat verschlechtert habe. Die Cousins/Onkel des Beschwerdeführers würden dessen Grundstücke haben wollen und den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr vermutlich umbringen.
5. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 15b AsylG 2005 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, ab dem 02.07.2019 in einem konkret bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen.
6. Mit Verfahrensanordnung vom 05.07.2019 wurde dem Beschwerdeführer unter anderem mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege.
7. Bei den Einvernahmen durch das Bundesamt am 17.07.2019 und 01.08.2019 wurde der Beschwerdeführer insbesondere zu dem Grund seiner nunmehrigen Antragstellung, seinen Verwandten innerhalb und außerhalb Afghanistans, seinem aktuellen Privat- bzw. Familienleben in Österreich sowie zu seinem Gesundheitszustand befragt. Dem Beschwerdeführer wurde weiters Gelegenheit eingeräumt, zu den mit Schreiben vom 05.07.2019 übermittelten Länderfeststellungen des Bundesamtes (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 29.06.2018, zuletzt aktualisiert am 04.06.2019) Stellung zu nehmen.
8. Mit Verfahrensanordnung vom 01.08.2019 wurde die Anordnung der Unterkunftnahme gemäß § 15b AsylG 2005 aufgehoben.
9. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 29.08.2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den (zweiten) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 29.10.2018, eingebracht am 02.07.2019, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß §§ 57 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). In Spruchpunkt VII. wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Gemäß § 15b AsylG 2005 sei dem Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 02.07.2019 bis zum "01.07.2019" (richtig: 01.08.2019) aufgetragen worden, in einem konkret bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VIII.).
In der Begründung wurde insbesondere festgehalten, dass das neue Vorbringen des Beschwerdeführers keinen glaubhaften Kern aufweise und sich auch die Lage im Herkunftsstaat nicht maßgeblich geändert habe. Die Verhängung eines Einreiseverbotes stützte die belangte Behörde auf § 53 Abs. 2 Z 6 FPG sowie auf § 53 FPG in Verbindung mit
Artikel 11 Abs. 1 lit. b der Rückführungsrichtlinie und wies darauf hin, dass im kriminalpolizeilichen Aktenindex betreffend den Beschwerdeführer eine Eintragung über eine Anzeige wegen des Vergehens der Urkundenfälschung aufscheine. Der Beschwerdeführer stelle eine Gefahr für die die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar und es könne nur eine negative Zukunftsprognose getroffen werden.
10. Hiegegen wurde mit Schreiben vom 13.09.2019 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften Rechtsmittel erhoben, der Bescheid im gesamten Umfang bekämpft und unter anderem beantragt, der Beschwerde gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
11. Die verfahrensgegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 18.09.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
12. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.09.2019 wurde der Beschwerde gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, der Volksgruppe der Paschtunen zugehörig und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Er ist in der Provinz Nangarhar geboren und dort gemeinsam mit seiner Familie aufgewachsen. Er hat in Afghanistan keine Schule besucht, spricht aber Paschtu auf muttersprachlichem Niveau und verfügt über Arbeitserfahrung in Afghanistan. Die Mutter und drei Schwestern sowie ein Cousin und zwei Tanten des Beschwerdeführers leben jedenfalls weiterhin in Afghanistan. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer über weitere Verwandte und allenfalls sogar nahe Angehörige in Afghanistan verfügt.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich Deutschkurse sowie auch andere Kurse bzw. Workshops besucht, hat aber keine Prüfungen abgelegt und spricht nur wenig Deutsch. Er hat neben einer ab Oktober 2017 ausgeübten geringfügigen Beschäftigung auch gemeinnützige Tätigkeiten verrichtet, lebte im Wesentlichen aber von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Der Beschwerdeführer ist gesund, war bereits bei seiner ersten Einreise in Österreich volljährig, ist arbeitsfähig und strafgerichtlich unbescholten. Er hat keine Kinder; ob er ledig oder mit einer in Afghanistan lebenden Frau verheiratet ist, kann nicht festgestellt werden. Eine Tante des Beschwerdeführers lebt in Österreich, der Beschwerdeführer lebt mit dieser aber nicht im selben Haushalt und es besteht auch keine besonders enge Beziehung und kein Abhängigkeitsverhältnis zwischen den beiden. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer in Österreich weder nahe Angehörige noch sonstige enge soziale Bindungen.
1.2. Zum ersten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist das das Bundesgebiet eingereist und hat am 19.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.03.2017 gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist. Die Frist für eine freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.
Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.09.2018 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.09.2018, GZ W251 2152366-1/6E, als unbegründet abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht ging dabei von der Unglaubhaftigkeit der vom Beschwerdeführer behaupteten Bedrohung im Zusammenhang mit einer außerehelichen Beziehung aus. Betreffend die Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan wurde eine volatile Sicherheitslage in der Heimatprovinz Nangarhar festgestellt, der Beschwerdeführer kann sich aber in den Städten Herat oder Mazar-e Sharif ansiedeln, dort seine grundlegenden und notwendigen Lebensbedürfnisse befriedigen und selbst für sein Auskommen sorgen.
Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 27.09.2018 zugestellt und ist in Rechtskraft erwachsen.
1.3. Zur verfahrensgegenständlichen (zweiten) Antragstellung des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist seiner Rückkehrverpflichtung in den Herkunftsstaat nicht nachgekommen, hat das Bundesgebiet ohne gültiges Reisedokument verlassen, ist in Frankreich eingereist und hat dort am 29.10.2018 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Der Beschwerdeführer hat seinen Antrag nach seiner Rücküberstellung ins Bundesgebiet am 02.07.2019 eingebracht und seine Antragstellung - zusätzlich zu den weiter aufrecht erhaltenen ursprünglichen Fluchtgründen - mit einem Grundstücksstreit bzw. Blutrache und einer Verschlechterung der Sicherheitslage in seiner Heimat begründet.
Dem Beschwerdeführer droht im Zusammenhang mit einem Grundstücksstreit bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedlung in den Städten Herat oder Kabul weder physische noch psychische Gewalt. Auch eine dem Beschwerdeführer drohende Blutrache aufgrund der Tötung einer Person im Zusammenhang mit dem vorgebrachten Grundstücksstreit kann nicht festgestellt werden.
Da sich auch hinsichtlich der Situation in Afghanistan keine für den vorliegenden Fall relevante Änderung ergeben hat (siehe unten Pkt. II.1.4.), kann nicht festgestellt werden, dass sich der maßgebliche Sachverhalt seit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens über den letzten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers geändert hat.
1.4. Zur allgemeinen Lage in Afghanistan:
In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34,1 Millionen Menschen. Schätzungen zufolge sind 40 % Paschtunen, rund 30 % Tadschiken, ca. 10 % Hazara, 9 % Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnischen Minderheiten. Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen können allerdings weiterhin in Konflikten und Tötungen resultierten.
Für als "verwestlicht" wahrgenommene Männer besteht in Afghanistan generell nur ein geringes Verfolgungsrisiko - insbesondere im urbanen Bereich.
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus.
Nangarhar, die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers, ist eine überwiegend von Paschtunen bewohnte Provinz im Osten Afghanistans. Die Sicherheitslage hat sich in den letzten Jahren verschlechtert und es kommt zu zahlreichen sicherheitsrelevanten Vorfällen insbesondere mit Aufständischen der Taliban, aber auch mit dem IS. Anhänger sowohl der Taliban als auch des IS verfügen in mehreren Distrikten - insbesondere im Süden der Provinz - über eine Präsenz. Nangarhar war im Jahr 2017 die Provinz mit den meisten registrierten Anschlägen.
Die afghanische Hauptstadt Kabul hat etwa 4,6 Millionen Einwohner und ist über den Flughafen gut zu erreichen. Die Lage in Kabul ist noch als hinreichend sicher und stabil zu bezeichnen, wenngleich es immer wieder zu Anschlägen mit zahlreichen Opfern kommt. Diese Anschläge ereignen sich allerdings oft im Nahbereich von staatlichen bzw. ausländischen Einrichtungen oder NGOs. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 wurden von UNAMA 993 zivile Opfer (321 Tote und 672 Verletzte) in der Provinz Kabul dokumentiert.
Die nordafghanische Provinz Balkh ist von hoher strategischer Bedeutung und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e Khumri und ist ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut, es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Mazar-e Sharif verfügt über einen internationalen Flughafen. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans und hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte. Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen.
Herat ist eine wirtschaftlich relativ gut entwickelte Provinz im Westen des Landes und ist über einen internationalen Flughafen in der Provinzhauptstadt gut erreichbar. Die Sicherheitslage hat sich in den letzten Jahren in abgelegenen Distrikten aufgrund von Aktivitäten der Taliban verschlechtert, insbesondere in der Stadt Herat ist die Lage aber vergleichsweise friedlich.
Zur Wirtschafts- und Versorgungslage ist festzuhalten, dass Afghanistan weiterhin ein Land mit hoher Armutsrate und Arbeitslosigkeit ist. Rückkehrer nach Afghanistan sind zunächst oft - wie auch große Teile der dort ansässigen Bevölkerung - auf gering qualifizierte Beschäftigungen oder Gelegenheitstätigkeiten angewiesen. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen besteht auch für zurückkehrende Flüchtlinge das Risiko, in die Armut abzurutschen. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migranten in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen.
Nahrungsmittel, grundlegende Gesundheitsversorgung und Zugang zu Trinkwasser sind in der Stadt Kabul grundsätzlich verfügbar. Die humanitäre Situation in Afghanistan hat sich durch eine schwere Dürre - insbesondere die Regionen im Norden und Westen des Landes - weiter verschärft, die Preise für Weizen und Brot blieben dennoch vergleichsweise stabil. Durch eine verstärkte Landflucht wurde zusätzlich auch die Wohnraumbeschaffung und Arbeitssuche erschwert. Sowohl das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme) als auch andere UN-Organisationen arbeiten mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Daneben gibt es eine Kooperation mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Afghanistan im Rahmen des Programms "Assisted Voluntary Return and Reintegration". IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten und bei der Ankunft in Kabul sowie Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Rückkehrer können nach ihrer Ankunft in Kabul für bis zu zwei Wochen von IOM untergebracht werden. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerbern Unterstützung nach der Ankunft im Land. In der Stadt Kabul sind Unterkünfte grundsätzlich verfügbar, aufgrund der hohen Mietkosten für (reguläre) Wohnungen und Häuser lebt ein großer Teil der Bevölkerung aber in informellen Siedlungen bzw. gibt es auch die Möglichkeit, nur ein Zimmer zu mieten oder in Teehäusern (chai khana) zu übernachten.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, Herkunft, Schulbildung und Arbeitserfahrung des Beschwerdeführers beruhen auf dessen Angaben im Laufe des Asylverfahrens, die diesbezüglich auch der Entscheidung vom 24.09.2018 zugrunde gelegt wurden.
Hinsichtlich seiner in Afghanistan lebenden Angehörigen hat der Beschwerdeführer kein glaubhaftes neues Vorbringen erstattet. Die nunmehr behauptete Tötung seines Vaters steht im engen Zusammenhang mit dem - als gänzlich unglaubhaft beurteilten (vgl. Pkt. II.2.2.) - Grundstücksstreit und der Beschwerdeführer konnte auch keineswegs plausibel darlegen, dass von den in der Verhandlung am 20.09.2018 angegebenen zahlreichen Verwandten - Eltern, drei Schwestern, zwei Brüder, fünf Tanten, drei Onkel sowie mehrere Cousins und Cousinen ("R: Haben Sie sonst noch entfernte Verwandte? BF: Ja, noch mehr. Es gibt auch eine weite Verwandtschaft, Cousinen und Cousins und so weiter. R: Wie viele Cousinen und Cousins haben Sie? BF: Sehr viele. Ich weiß es nicht genau wie viele.") nur mehr die Mutter, drei Schwestern sowie die nunmehr genannte Ehefrau des Beschwerdeführers, ein in Haft befindlicher Cousin und zwei Tanten in Afghanistan leben würden. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht bereits im Erkenntnis vom 24.09.2018 davon ausgegangen ist, dass der Beschwerdeführer entgegen seinen Angaben weiterhin Kontakt zu seinen nahen Verwandten in Afghanistan hat.
Auch hinsichtlich des Gesundheitszustandes und des Privat- bzw. Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich wurde keine relevante Sachverhaltsänderung vorgebracht und konnten die Angaben des Beschwerdeführers den Feststellungen zugrunde gelegt werden. Abweichend von seinen Angaben im ersten Asylverfahren hat der Beschwerdeführer nunmehr allerdings vorgebracht, dass eine Tante in Österreich lebe. Da sich mangels eines gemeinsamen Haushalts bzw. einer finanziellen oder sonstigen Abhängigkeit keine andere Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts ergibt, konnte trotz der mangelnden Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers von den diesbezüglichen neuen Angaben ausgegangen werden.
Konträr zu seinen Angaben im ersten Asylverfahren hat der Beschwerdeführer überdies nunmehr behauptet, mit einer in Afghanistan lebenden Frau verheiratet zu sein. Der Beschwerdeführer brachte hiefür allerdings keinerlei Nachweise zur Vorlage und konnte auch nicht nachvollziehbar begründen, warum er bisher unwahre Angaben gemacht habe (im "Lager" sei ihm gesagt worden, er solle nicht angeben, dass er verheiratet sei). Mangels Relevanz für das vorliegende Verfahren konnte im Ergebnis aber dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer in Afghanistan verheiratet ist.
Der Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung und die mangelnde Selbsterhaltungsfähigkeit geht auch aus einem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem (GVS) hervor. Hinsichtlich der strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers wurde ein Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich eingeholt.
2.2. Zu den aktuellen Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer begründete seine neuerliche Antragstellung - zusätzlich zu den bereits im ersten Asylverfahren als unglaubhaft festgestellten Gründen - im Wesentlichen mit Grundstücksstreitigkeiten in seiner Heimatprovinz:
Während der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung diesbezüglich behauptet hat, seine Cousins bzw. Onkel würden seine Grundstücke haben wollen, gab der Beschwerdeführer allerdings am 17.07.2019 vor dem Bundesamt an, bestimmte mächtige Personen, die mit dem Beschwerdeführer nicht verwandt seien, würden den Beschwerdeführers bei einer Rückkehr wegen Grundstücksstreitigkeiten töten, aufgrund derer auch schon sein Vater umgebracht worden sei. Erst über Vorhalt der abweichenden Angaben behauptete der Beschwerdeführer, die Grundstücksstreitigkeiten hätten sie "eigentlich" mit Verwandten väterlicherseits gehabt. Sein Bruder habe im Rahmen des Grundstücksstreits versucht, einen Cousin zu erschießen, habe aber einen Angehörigen der genannten mächtigen Familie getroffen, die "eine Gruppierung" mit den Cousins väterlicherseits bilde.
Diese Erklärung des Beschwerdeführers ist weder geeignet, plausibel darzulegen, warum der Beschwerdeführer in der Erstbefragung statt den nunmehr angeführten mächtigen Personen ausschließlich die Cousins und Onkel ins Treffen geführt hat, noch warum er seine Befürchtungen auf einen Grundstücksstreit gestützt hat, wenn es sich vielmehr um Blutrache für die Tötung eines Verwandten dieser mächtigen Personen handeln würde. Auch vor dem Hintergrund, dass die Erstbefragung zwar insbesondere der Ermittlung der Identität und der Reiseroute des Fremden dient und sich nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat (vgl. zu Widersprüchen zur Erstbefragung VwGH 24.02.2015, Ra 2014/19/0171 mwN), ist die dargestellte deutliche Abweichung in der Schilderung des neuen Asylgrundes nicht plausibel erklärbar. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer sowohl bei der Einvernahme am 13.12.2016 angegeben hat, dass seine Familie in Afghanistan keine Besitztümer mehr habe, als auch in der mündlichen Verhandlung am 20.09.2018 vorgebracht hat, seine Familie besitze außer einem Lehmhaus keine Häuser oder Grundstücke mehr. Soweit der Beschwerdeführer am 17.07.2019 über Vorhalt der massiv widersprüchlichen Angaben ein Missverständnis bei der Einvernahme am 13.12.2016 bzw. eine unrichtige Protokollierung ins Treffen geführt hat, ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 20.09.2018 angegeben hat, er sei die Protokolle der Einvernahmen mit seinem Vertreter durchgegangen und (bis auf das Alter der Geschwister) sei alles richtig protokolliert worden.
Darüber hinaus hat sich der Beschwerdeführer im Laufe seiner Asylverfahren aufgrund zahlreicher weiterer Widersprüche als persönlich unglaubwürdig erwiesen, wie bereits aus dem Erkenntnis vom 24.09.2018 hervorgeht. Der Beschwerdeführer machte etwa auch zu seinem Familienstand sowie zu in Österreich und im übrigen Europa aufhältigen Verwandten stark abweichende Angaben, die auf eine persönliche Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers schließen lassen.
In der Gesamtschau ergibt sich daher, dass das neue fluchtbezogene Vorbringen des Beschwerdeführers gänzlich unplausibel ist und der nunmehrige Antrag auf internationalen Schutz - nachdem der Beschwerdeführer seiner Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen und ohne gültiges Reisedokument nach Frankreich gereist ist - lediglich gestellt wurde, um den Aufenthalt in Österreich bzw. Europa zu verlängern und einer rechtmäßigen aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegenzuwirken.
2.3. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:
Die Länderfeststellungen beruhen auf insbesondere auf dem vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ins Verfahren eingebrachten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Stand 04.06.2019), das basierend auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen einen in den Kernaussagen schlüssigen Überblick über die aktuelle Lage in Afghanistan gewährleistet.
Angesichts der Seriosität der genannten Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden konnten. Die Situation in Afghanistan stellt sich seit Jahren diesbezüglich im Wesentlichen unverändert dar, wie sich das erkennende Gericht durch ständige Beachtung der aktuellen Quellenlage (u.a. durch Einschau in das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 13.11.2019, den Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 02.09.2019 und das ecoi.net-Themendossier "Überblick über die Sicherheitslage in Afghanistan" vom 15.01.2020) versichert hat.
Der Beschwerdeführer ist den mit Schreiben vom 05.07.2019 vorgehaltenen Länderberichten, zu denen bis zur Einvernahme am 17.07.2019 die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme eingeräumt wurde, in der gesetzten Frist nicht entgegengetreten und hat auch in der genannten Einvernahme lediglich vage ausgeführt, die Sicherheitslage in Afghanistan habe sich verschlechtert. Soweit in der Rechtsmittelschrift eine Unvollständigkeit der Länderfeststellungen moniert und in diesem Zusammenhang insbesondere auf das Gutachten von Friederike Stahlmann vom 28.03.2018 hingewiesen wurde, ist festzuhalten, dass die rechtskräftige Entscheidung des letzten Asylverfahrens vom 24.09.2018 datiert und das genannte Gutachten sohin bereits aus diesem Grund nicht geeignet ist, eine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes darzutun.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Zuständigkeit und Kognitionsbefugnis:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG).
Zu A)
3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).
"Entschiedene Sache" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266).
Infolge des in § 17 VwGVG normierten Ausschlusses der Anwendbarkeit des 4. Hauptstücks des AVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, welcher auch die in § 68 Abs. 1 AVG normierte Zurückweisung wegen entschiedener Sache umfasst, kommt eine unmittelbare Zurückweisung einer Angelegenheit aufgrund der genannten Bestimmung durch das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich nicht in Betracht. Davon unberührt bleibt, dass das Verwaltungsgericht im Verfahren über Bescheidbeschwerden zur Überprüfung der rechtmäßigen Anwendung von § 68 AVG in Bescheiden durch die Verwaltungsbehörde berufen ist (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K10.).
In Beschwerdeverfahren über zurückweisende Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG ist "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags auf internationalen Schutz durch die erstinstanzliche Behörde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgt ist, ob die Behörde also auf Grundlage des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist.
Gelangt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Behörde nicht von entschiedener Sache hätte ausgehen dürfen, sondern aufgrund des Vorliegens neuer Sachverhaltselemente eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz hätte durchführen müssen, so hat es den zurückweisenden Bescheid auf Grundlage des für zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren anzuwendenden § 21 Abs. 3 BFA-VG zu beheben, wodurch das Verfahren vor der Behörde zugelassen ist und eine neuerliche Zurückweisung des Antrages gemäß § 68 AVG unzulässig wird. Hingegen ist dem Bundesverwaltungsgericht ein inhaltlicher Abspruch über den zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz in einem Beschwerdeverfahren über einen zurückweisenden Bescheid nach § 68 AVG verwehrt, da diesfalls die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten würde (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K11.; K17.).
Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können im Rechtsmittelverfahren nicht neu geltend gemacht werden (siehe z.B. VwSlg. 5642A, VwGH 28.11.1968, 23.05.1995, 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens siehe VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).
Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.1.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162; 10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58; 03.12.1990, 90/19/0072). Bei wiederholten Anträgen auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (VwGH 25.02.2016, Ra 2015/19/0267, mwH; 05.04.2018, Ra 2018/19/0066; vgl. auch VwGH 15.03.2006, 2004/18/0406). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 24.06.2014, Ra 2014/19/0018, mwN).
Der Beschwerdeführer hat seine neuerliche Antragstellung sowohl mit seinen bisherigen Fluchtgründen als auch mit einer hinzugetretenen Bedrohung aufgrund eines Grundstücksstreits bzw. drohender Blutrache begründet:
Das Vorbringen betreffend eine voreheliche Beziehung des Beschwerdeführers in Afghanistan ist von der Rechtskraft der Entscheidung im vorhergehenden Asylverfahren - des hg. Erkenntnisses vom 24.09.2018, GZ W251 2152366-1/6E, ordnungsgemäß zugestellt am 27.09.2018 - umfasst (vgl. VwGH 03.04.2019, Ra 2019/20/0104).
Dem nunmehrigen Vorbringen zu einem Grundstücksstreit bzw. Blutrache zufolge habe der Beschwerdeführer von dieser Bedrohung erst in Frankreich - sohin nach Rechtskraft des Erkenntnisses vom 24.09.2018 - erfahren. Allerdings mangelt es diesem neuen Vorbringen, wie in den Feststellungen und der Beweiswürdigung dargelegt wurde, an einem glaubhaften Kern.
Darüber hinaus kommt der behaupteten Sachverhaltsänderung auch keine Entscheidungsrelevanz zu. Sogar unter Zugrundelegung der Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich einer neuen Bedrohung in seiner Heimatprovinz Nangarhar ist bei einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Herat oder Mazar-e Sharif nicht davon auszugehen, dass die Berücksichtigung dieser Umstände zu einer abweichenden Entscheidung führen könnte. Auf die Frage, warum der Beschwerdeführer sich nicht in anderen Landesteilen Afghanistans niederlassen könnte, um der vorgebrachten Bedrohung zu entgehen, gab dieser in der Einvernahme am 01.08.2019 an, er habe sich in den in Betracht kommenden Regionen noch nie aufgehalten, könne dort nicht leben und würde überdies überall in Afghanistan gefunden werden. Wie es den vom Beschwerdeführer genannten einflussreichen Personen möglich sein sollte, ihn überall in Afghanistan zu finden, konnte der Beschwerdeführer allerdings nicht schlüssig erklären (Herat und Mazar-e Sharif sind Großstädte mit über 400.000 Einwohnern und Afghanistan hat kein zentrales Bevölkerungsregister; vgl. auch EASO COI Report Afghanistan: Networks, Stand Jänner 2018). Über die grundsätzliche Möglichkeit und Zumutbarkeit einer Ansiedlung des Beschwerdeführers in den Städten Herat und Mazar-e Sharif wurde bereits mit Erkenntnis vom 24.09.2018 abgesprochen und der Beschwerdeführer hat auch keinen neuen Sachverhalt substantiiert vorgebracht, der dem entgegenstehen könnte.
Hinsichtlich eines Folgeantrages in einem Asylverfahren nach dem Asylgesetz ist das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sondern auch in Bezug auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533, 1534/10; auch VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344; 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).
Im konkreten Fall liegen auch keine Umstände vor, die darauf hindeuten, dass nunmehr die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 (Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten) vorliegen würden:
Hinsichtlich der Lage in Afghanistan ist an dieser Stelle nochmals festzuhalten, dass sich die Situation gegenüber der im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.09.2018 festgestellten Lage nicht in einer für das vorliegende Verfahren relevanten Weise geändert hat. Betreffend die Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan, insbesondere in den Städten Herat und Mazar-e Sharif, die auch der Entscheidung vom 24.09.2018 als taugliche innerstaatliche Fluchtalternativen zugrunde gelegt wurden, ist mit Blick auf die individuelle Situation des Beschwerdeführers zunächst auf die getroffenen Länderfeststellungen zu verweisen:
Aus den Länderberichten ergibt sich, dass die Städte Herat und Mazar-e Sharif für Normalbürger, die nicht mit Ausländern zusammenarbeiten, hinreichend sichere und über den jeweiligen Flughafen gut erreichbare Städte sind. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über diese Städte auch der Zugang zu Unterkunft und grundlegender Versorgung sowie zu Erwerbsmöglichkeiten ist jeweils noch in ausreichendem Umfang gewährleistet.
Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan steht daher mit den ins Verfahren eingebrachten bzw. auch den jüngsten Länderberichten nicht in Einklang bzw. ergibt sich jedenfalls keine Veränderung in einem Ausmaß, dem Entscheidungsrelevanz zukommen könnte. Vorbringen zu einer Verschlechterung der Situation in Nangarhar oder Kabul geht im Übrigen bereits aufgrund der hinsichtlich der Prüfung der Rückkehrsituation zugrunde gelegten innerstaatlichen Fluchtalternative in Herat oder Mazar-e Sharif ins Leere.
Auch im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers haben sich keine wesentlichen Änderungen ergeben. Der Beschwerdeführer ist weiterhin im erwerbsfähigen Alter, verfügt über ausreichende Sprachkenntnisse sowie Arbeitserfahrung und ist arbeitsfähig. Die gesundheitliche Situation des Beschwerdeführers hat sich nicht maßgeblich verändert. Er verfügt weiterhin über zahlreiche Verwandte in Afghanistan (laut den Einvernahmen am 17.07.2019 und 01.08.2019 leben jedenfalls die Mutter, drei Schwestern und die Ehefrau des Beschwerdeführers in Afghanistan, das Bundesverwaltungsgericht ging überdies am 24.09.2018 - entgegen den Angaben des Beschwerdeführers - davon aus, dass der Beschwerdeführer auf ein besonders großen familiäres Netzwerk zurückgreifen kann) sowie über Cousins in der Schweiz, Italien, Frankreich, Belgien und Deutschland und eine Tante in Österreich. Der Beschwerdeführer könnte daher auch von seinen in Afghanistan bzw. in Europa lebenden Verwandten Unterstützung bei einer Rückkehr nach Afghanistan erhalten, aufgrund der Länderberichte ist im Ergebnis aber davon auszugehen, dass er bei einer Neuansiedlung in Herat oder Mazar-e Sharif im Stande ist, selbständig allenfalls durch Gelegenheitsarbeiten für ein ausreichendes Leben zu sorgen. Dafür, dass der Beschwerdeführer in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre, gibt es keine hinreichenden Hinweise. Insgesamt bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre.
Es handelt sich beim Beschwerdeführer seinen nunmehrigen Angaben zufolge zwar nicht um einen alleinstehenden Mann (vgl. EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2019: "single able-bodied men"), in Anbetracht seiner langen Abwesenheit aus Afghanistan ohne hinreichendes Erwerbseinkommen ist allerdings davon auszugehen, dass seine (angebliche) Ehefrau nicht finanziell von ihm abhängig ist, sondern allenfalls von Verwandten unterstützt bzw. versorgt wird.
Die Prüfung der maßgeblichen Kriterien führt daher im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer weiterhin eine innerstaatliche Fluchtalternative in den Städten Herat und Mazar-e Sharif offensteht, die ihm auch zumutbar ist, zumal sich aus den Länderfeststellungen ergibt, dass der Beschwerdeführer in diesen Städten nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten führen kann, wie es auch andere Landsleute führen können (vgl. VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001 mwN).
Folglich liegen auch keine Umstände vor, die darauf hindeuten würden, dass nunmehr die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 (Voraussetzungen für die Zuerkennung des Staates des subsidiär Schutzberechtigten) vorliegen würden.
Die Zurückweisung des neuerlichen Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ist vom Bundesamt daher sowohl im Hinblick auf den Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten zu Recht erfolgt.
3.3. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte II., III., IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.
Diese Bestimmungen ist auch im vorliegenden Verfahren anzuwenden, da eine Entscheidung nach § 68 AVG als solche zu betrachten ist, die (auch) in Anwendung der §§ 3 und 8 AsylG 2005 ergangen ist, zumal sie - ausgehend von ihrem Prüfumfang - das unveränderte Bestehen der vorangegangenen Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz ausdrückt (vgl. VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082, mwH).
Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird (§ 58 Abs. 2 AsylG 2005).
Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 jeweils nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist und der Beschwerdeführer auch nicht Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 FPG substantiiert behauptet noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.
Auch in Bezug auf die amtswegig zu treffenden Entscheidungen betreffend die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 besteht eine Bindung an rechtskräftige Vorentscheidungen, soweit nicht mittlerweile eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes oder der maßgeblichen Rechtsvorschriften eingetreten ist (VwGH 07.03.2019, Ro 2019/21/0002).
Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.
§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG stellt auch für den Fall der Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache nach § 68 AVG die Rechtsgrundlage für die Verbindung dieser Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung dar. Dass in § 52 Abs. 2 Z 2 FPG nicht auch - wie in § 61 Abs. 1 Z 1 FPG - Entscheidungen nach § 68 Abs. 1 AVG ausdrücklich genannt sind, steht dieser Sichtweise nicht entgegen (vgl. VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082).
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Gemäß § 46 Abs. 1 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn
1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,
2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,
3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder
4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.
Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
"Schutz des Privat- und Familienlebens
§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."
Gemäß Artikel 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Artikel 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne von Artikel 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).
Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Artikel 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern beispielsweise auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Artikel 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner langjährigen Rechtsprechung zu Ausweisungen Fremder wiederholt ausgesprochen, dass die EMRK Fremden nicht das Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Land garantiert und die Konventionsstaaten im Allgemeinen nicht verpflichtet sind, die Wahl des Aufenthaltslandes durch Einwanderer zu respektieren und auf ihrem Territorium die Familienzusammenführung zu gestatten. Dennoch könne in einem Fall, der sowohl die Achtung des Familienlebens, als auch Fragen der Einwanderung betrifft, der Umfang der staatlichen Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat ansässigen Personen Aufenthalt zu gewähren, - je nach der Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse - variieren (vgl. z.B. EGMR 05.09.2000, 44328/98, Solomon v. Niederlande; 09.10.2003, 48321/99, Slivenko v. Lettland; 22.04.2004, 42703/98, Radovanovic v. Österreich;
31.01.2006, 50435/99, da Silva und Hoogkamer v. Niederlande;
31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie ua v. Norwegen).
Bei Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern B