TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/27 W173 2156446-1

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Veröffentlicht am 27.02.2020
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Entscheidungsdatum

27.02.2020

Norm

BDG 1979 §15
BDG 1979 §236d
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §33

Spruch

W173 2156446-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margit Möslinger-Gehmayr als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Dr. Martin Riedl, RA, Franz Josefs Kai 5/DG, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Pensionsservice, nunmehr Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau, Barichgasse 38, 1031 Wein, vom 28.3.2017, Zl XXXX , betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 2.9.2013 stellte Herr XXXX (in der Folge BF) beim

Bundesministerium für Inneres folgenden Antrag: "1. Welcher Ruhebezug, insbesondere welcher Ruhegenuss, mir ab 1.3.2012 (unter der Voraussetzung einer gültigen Erklärung von mir, mit Ablauf des 28.2.2014 aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen) gebührt.

2. Ob ich berechtigte bin, durch eine Erklärung, mit Ablauf des 28.2.2014 aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen, meine Ruhestandsversetzung mit diesem Zeitpunkt auf Basis des § 236b BDG 1979 erfolgt, sodass der ab 1.3.2014 gebührende Ruhebezug (Ruhegenuss) ohne Abschläge iSd § 5 Abs. 2 PG 1965 zu bemessen sein wird."

2. Nach Abweisung dieses Antrags des BF mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13.11.2013 und Abweisung der dagegen erhobenen Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof und Beschwerdeerhebung beim Verwaltungsgerichtshof wurde vom Verwaltungsgerichtshof der angefochtene Bescheid mit Erkenntnis vom 25.3.2015, Ro 2014/12/0046-0050, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Im Zuge des folgenden Ermittlungsverfahrens modifizierte der BF seine Anträge mit Schriftsatz vom 30.6.2015 zeitbezogen wie folgt: "1.Welcher Ruhebezug, insbesondere welcher Ruhegenuss mir ab dem Pensionierungszeitpunkt 1, in eventu ab dem 1.11.2015 gebührt;

2. ob meine obige Erklärung zum Pensionierungszeitpunkt 1 oder mit Ablauf des 31.10.2015 wirksam ist;

In eventu ob ich (schon seit 2014 und insbesondere weiterhin) berechtigt bin, durch eine schriftliche Erklärung aus dem Dienststand austreten zu wollen, meine Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf jenes Monats zu bewirken, der der Abgabe der dahingehenden Erklärung folgt (§ 15 BDG 1979) und zwar mit der Wirkung, dass ab Beginn des Ruhestands der Ruhebezug (Ruhegenuss) ohne Abschläge iSd § 5 Abs. 2 GehG 1965 zu bemessen sein wird."

3. Nach weiteren Ermittlungen modifizierte der BF mit Schriftsatz vom 6.11.2015 seinen Antrag im Sinne der Praktibilität insoweit, als er nunmehr die abschlagsfreie Ruhestandversetzung mit Ablauf des 31.12.2015 begehre bzw. spätestens mit dem Monatsletzten, der auf den nun zu fällenden Bescheid folge.

4. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29.12.2015, Zl XXXX , wurde zum modifizierten Antrag des BF vom 6.11.2015, welcher Ruhegenuss ihm ab 31.12.2015 zustehe und ob seine Erklärung, mit 31.12.2015 in den Ruhestand zu treten, mit der Konsequenz, dass eine Ruhestandsversetzung auf Basis des § 236b BDG erfolgen würde, wirksam wäre, festgestellt, dass im Fall seiner Erklärung mit 31.12.2015 aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen, seine Ruhestandsversetzung mit diesem Zeitpunkt nicht auf Basis des § 236b BDG, sondern auf Basis des § 236d BDG erfolge. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz vom 26.1.2016 Beschwerde, welche beim Bundesverwaltungsgericht unter der Aktenzahl W188 2122060-1/3E protokolliert wurde. Er beantragte darin, den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern, dass seinem Antrag auf abschlagsfreie Ruhestandsversetzung entsprechend § 236b BDG 1979 Folge gegeben werde.

5. Mit Schreiben vom 27.1.2016, Zl XXXX , teilte der Bundesminister für Inneres dem BF mit, durch seine schriftliche Erklärung vom 25.1.2016 gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 236d Abs. 1 BDG 1979 idgF seine Versetzung in den Ruhestand bewirkt zu haben. Gemäß § 15 Abs. 2 leg.cit. werde seine Ruhestandsversetzung mit Ablauf des 29.2.2016 wirksam.

6. Mit Schreiben vom 8.2.2016, Zl XXXX , wurde der BF von der belangten Behörde darüber informiert, eine bescheidmäßige Bemessung seines Ruhebezugs sei erst nach endgültigem Vorliegen der Nebengebührenwerte (nicht vor 4 Monate nach dem Ausscheiden aus dem Dienststand) möglich. Eine Vorschusszahlung auf seine Pension in der Höhe von monatlich brutto € 5.558,68 sei bereits veranlasst worden. Der BF übermittelte der belangten Behörde auch den von ihm beantworteten und mit 15.2.2016 datierten Fragebogen zu seinem Pensionsstichtag 1.3.2016.

7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.6.2016, W188 2122060-1/3E, wurde die Beschwerde des BF vom 26.1.2016 gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29.12.2015 abgewiesen. In der Begründung wurde abschließend zum Antrag auf Feststellung des dem BF gebührenden Ruhebezugs darauf hingewiesen, dass dieser nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides gewesen sei und eine derartige Feststellung (erst künftig entstehender Rechte) auch grundsätzlich unzulässig wäre. Das Bundesverwaltungsgericht bezog sich dazu auf die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

8. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.7.2016, Zl XXXX , wurde festgestellt, dass dem BF ab 1.3.2016 ein Ruhegenuss von monatlich brutto € 4.398,34 mit einem Erhöhungsbetrag von monatlich brutto €

478,67 und einer Nebengebührenzulage von monatlich brutto € 708,19 gebühre. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde einleitend auf die Mitteilung des Bundesministers für Inneres vom 27.1.2016, wonach sich der BF gemäß § 15 Abs. 1 und 2 iVm § 236d Abs. 1 BDG 1979 ab 1.3.2016 im Ruhestand befinde. Es erfolgte die Darlegung der Berechnung des Ruhebezugs unter Bezugnahme auf die rechtlichen Grundlagen. In der Rechtsmittelbelehrung wurde der BF darauf hingewiesen, innerhalb von vier Wochen ab dem Tag der Zustellung dieses Bescheides schriftlich bei der belangten Behörde Beschwerde einbringen zu können. Dieser Bescheid wurde dem BF am 21.7.2016 zugestellt.

9. Gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.6.2016, W188 2122060-1/3E, erhob der BF mit Schriftsatz vom 10.8.2016 Revision. Darin räumt der BF in der Sachverhaltsdarstellung ein, um nicht weitere Frustrationen in seiner Lebensplanung hinnehmen zu müssen, eine Pensionierung iSd § 236d BDG 1979 bewirkt zu haben. Er halte aber seinen Standpunkt aufrecht, dass nicht diese Norm, sondern § 236b leg.cit. unionskonform heranzuziehen sei und ihm daher ein Ruhebezug ohne Kürzung durch Abschläge iSd § 5 PG 1965 zuzustehen hätte. Es sei seine Pensionierung mit Ablauf des 29.2.2016 durch gegenseitig Erklärung - ohne Erlassung eines Bescheides - erfolgt. Das Bundesverwaltungsgericht habe dies im angefochtenen Erkenntnis außer Acht gelassen.

10. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.10.2016, Ro 2016/12/0020, wurde die Revision des BF gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.6.2016 zurückgewiesen. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, nach der Ruhestandsversetzung seien Bescheide zur Feststellung, nach einer bestimmten Gesetzesbestimmung in den Ruhestand zu treten (bzw. getreten zu sein), unzulässig, da eine Klärung der dann ausschließlich relevanten ruhegenussrechtlichen Folgen im Ruhegenussbemessungsverfahren erfolgen könne. Es fehle dem BF an einer Rechtsverletzungsmöglichkeit.

11. Mit Schriftsatz vom 29.11.2016 beantragte der BF die Wiedereinsetzung in den Stand vor Versäumung der Beschwerdefrist gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 13.7.2016, XXXX iVm einer Beschwerde. Zum Antrag auf Wiedereinsetzung wurde vorgebracht, dem Bescheid vom 13.7.2016, XXXX , keine wesentliche Bedeutung zugemessen zu haben. Mit diesem Bescheid sei ohnehin sein Ruhebezug nur auf Grund seiner Ruhestandsversetzung gemäß § 236d BDG 1979 bemessen worden, die auf seiner Erklärung und deren Annahme beruht habe. Gegen die Berechnung und Rechtsanwendung habe es keine Bedenken gegeben. Es sei auch nach entsprechender Prüfung eine Bekämpfung für ihn nicht zur Diskussion gestanden.

Sei primäres Ziel sei ohnehin die Ruhestandsversetzung auf Basis des § 236b BDG 1979 gewesen. Es könne nämlich - ungeachtet der gegenteiligen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - über die Rechtsgrundlage der Ruhestandsversetzung nur die für die Ruhestandsversetzung zuständige Behörde entscheiden. Bei jeder anderen Behörde handle es sich nur um eine Vorfrage. Es sei daher vorerst die Entscheidung der für die Ruhestandsversetzung zuständige Behörde (Pensionierungsbehörde) zu erwirken. Sowohl die Pensionierungsbehörde als auch das Bundesverwaltungsgericht habe diesen Weg für zulässig erachte. Der Verwaltungsgerichtshof habe nunmehr mit dem Beschluss vom 25.10.2016, Ro 2016/12/0020, die Anfechtung nur im Rahmen der Ruhebezugsbemessungsentscheidung für zulässig erachtet.

Er müsse daher nunmehr den Bescheid der belangten Behörde vom 13.7.2016 anfechten. Seiner Ansicht nach dürfe für die Bemessung seines Ruhebezugs nicht § 236d BDG 1979, sondern müsse § 236b leg.cit. herangezogen werde. Das Anfechtungserfordernis gehe erst aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes hervor. Diese Entscheidung sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen. Er sei daher iSd § 33 Abs. 1 VwGVG an der Einhaltung der Beschwerdefrist durch ein unvorhersehbares Ereignis verhindert gewesen.

Es seien alle für die Wiedereinsetzung maßgeblichen Gesichtspunkte unmittelbar aktenkundig. Vorsichthalber werde als Beweis die Einvernahme des BF angeboten. Er habe nicht damit gerechnet, den Bescheid vom 13.7.2016 anfechten zu müssen, damit für die Bemessung seines Ruhebezugs nicht § 236d BDG 1979, sondern § 236b leg.cit. herangezogen werde.

12. Mit Bescheid vom 28.3.2017, Zl XXXX , wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 29.11.2016 wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 13.7.2016 abgewiesen. In der Begründung stütze sich die belangte Behörde auf die Bestimmung des § 71 AVG. Mit dem Argument, angenommen zu haben, dem Bescheid vom 13.7.2016 komme als Rechtsgrund seiner Pensionierung keine Bedeutung zu, würden nicht die Voraussetzungen einer Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfüllt. Ein Rechtsirrtum sei nicht als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu qualifizieren. Ein solcher könne nicht ein Ereignis für eine Wiedereinsetzung rechtfertigen.

13. Der BF erhob mit Schriftsatz vom 27.4.2017 Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.3.2017. Wiederum brachte der BF vor, den Bescheid vom 13.7.2016 zur Ruhebezugsbemessung nicht angefochten zu haben, zumal seiner Ansicht nach, der Rechtsgrund für seine Pensionierung nicht § 236d BDG 1979 sondern § 236b leg.cit. gewesen sei. Darüber habe die für die Pensionierung zuständige Behörde zu entscheiden. Die diesbezügliche Entscheidung habe sich im Stadium des Revisionsverfahrens beim Verwaltungsgerichthof befunden. Dessen Zurückweisungsbeschluss habe seine Erwartungen enttäuscht. Er habe erst dadurch erfahren, dass sein Rechtsstandpunkt nur durch Anfechtung des Ruhegenussbemessungsbescheides durchsetzbar sei.

Die belangte Behörde beziehe sich bei der Beurteilung des fehlenden Ereignisses ausschließlich auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes aus der Zeit vor 1973. Zudem sei nicht die maßgebliche Norm § 71 AVG, sondern § 33 VwGVG. Dazu fehle es an Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Aus der zuletzt genannten Bestimmung ergebe sich, dass dem Begriff des "Ereignisses" nicht enge Bedeutung zukomme und dürfe nicht generell als Erfordernis gewertet werden. Es gehe darum, dass eine nach objektiven Kriterien wohl begründete Rechtsmeinung durch eine höchstgerichtliche Entscheidung als verfehlt qualifiziert worden sei.

Nicht nur er, sondern auch das Bundesverwaltungsgericht sei durch diese "Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichtshofes" überrascht worden. Die meritorische Entscheidung in der Sache durch das Bundesverwaltungsgericht sei im engeren Sinn ein Ereignis, das ihn gehindert habe, aus Zuständigkeitsgründen den Ruhebezugsbemessungsbescheid nicht anfechten zu müssen. Maßgeblich sei, ob dem BF ein Vorwurf im Sinne einer Nachlässigkeit gemacht werden könne. Dies sei in der gegenständlichen Konstellation nicht der Fall.

Der BF habe sich auch nach der Zustellung des Ruhegenussbemessungsbescheides nicht an seinen rechtsanwaltlichen Vertreter zu einer Beratung gewandt. Dazu habe es auch keine Verlassung gegeben, zumal die strittige Frage in einem anderen Verfahren anhängig gewesen sei. Ein Zuständigkeitsmangel sei nicht im Raum gestanden. Gegenständlich würde auch eine restriktive Handhabung der Wiedereinsetzung dazu führen, dass ein Übermaß mehrerer Rechtsmittel erhoben und mehrere Behörden bei äußerster Unwahrscheinlichkeit einer Notwendigkeit angerufen worden wären. Dies liege auch nicht im Sinne des Rechtsschutzsuchenden und der öffentlichen Verwaltung. Das Verwaltungsrecht diene der Durchsetzbarkeit des materiellen Rechts, was bei der Wiedereinsetzung zu berücksichtigen sei. Minderes Verschulden liege bei nicht auffallender Sorglosigkeit vor. Dies könne dem BF nicht angelastet werden. Dem Wiedereinsetzungsantrag sei daher Folge zu geben.

14. Am 10.5.2017 wurde der Verwaltungsakt samt Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde zur Entscheidung vorgelegt.

II.Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Herr XXXX , geb. am XXXX , steht als Ministeralrat i.R in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war das Bundesministerium für Inneres. Mit seiner schriftlichen Erklärung vom 25.1.2016 hat er gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 236d Abs. 1 BDG 1979 seine Versetzung in den Ruhestand bewirkt. Seine Ruhestandsversetzung wurde mit Ablauf des 29.2.2016 wirksam. Mit 29.2.2016 wurden seine Aktivbezüge eingestellt.

Noch während seines Dienststandes im Bundesministerium für Inneres hat der BF bereits mit 2.9.2013 einen Feststellungsantrag zur abschlagsfreien Versetzung in den dauernden Ruhestand bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres gestellt, der mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13.11.2013 abgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof wurde abgewiesen. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.3.2015, Ro 2014/12/0046-0050, wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Im Zuge des weiteren Ermittlungsverfahrens modifizierte der BF seine Anträge. Mit Schriftsatz vom 6.11.2015 begehrte er im Sinne der Praktibilität nunmehr die abschlagsfreie Ruhestandsversetzung mit Ablauf des 31.12.2015 bzw. spätestens mit dem Monatsletzten, der auf den nun zu fällenden Bescheid folge. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29.12.2015 wurde zu diesem modifizierten Antrag des BF festgestellt, dass im Fall seiner Erklärung, mit 31.12.2015 aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen, seine Ruhestandsversetzung mit diesem Zeitpunkt nicht auf Basis des § 236b BDG 1979, sondern auf Basis des § 236d leg.cit. erfolgt. Der BF gekämpfte diesen Feststellungsbescheid beim Bundesverwaltungsgericht. Seine Beschwerde vom 26.1.2016 wurde unter der Aktenzahl W188 2122060-1 protokolliert.

Im Hinblick auf die schriftliche Erklärung des BF vom 25.1.2016, gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 236d Abs. 1 BDG 1979 seine Versetzung in den Ruhestand zu bewirken und der Wirksamkeit seiner Ruhestandsversetzung mit Ablauf vom 29.Februar 2016 wurde der BF auch vom Bundesminister für Inneres mit Schreiben vom 27.1.2016 davon in Kenntnis gesetzt.

Wegen der Einstellung seines Aktivbezugs mit 29.2.2016 wurde dem BF von der belangten Behörde eine Vorschusszahlung für seine Pension veranlasst, da die beschiedmäßige Bemessung seines Ruhebezugs erst nach endgültigem Vorliegen der Nebengebührenwerte möglich war.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.6.2016, W188 2122060-1/3E, wurde die Beschwerde des BF vom 26.1.2016 gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29.12.2015 abgewiesen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.7.2016, Zl XXXX , wurde der Ruhegenuss des BF ab 1.3.2016 in der Höhe von monatlich brutto €

4.398,34 mit einem Erhöhungsbetrag von monatlich brutto € 478,67 und einer Nebengebührenzulage von monatlich brutto € 708,19 festgelegt. Dieser Bescheid wurde dem BF am 21.7.2016 zugestellt.

Der BF bekämpfte das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.6.2016, W188 2122060-1/3E beim Verwaltungsgerichtshof mit einer mit 10.8.2016 datierten Revision. Mit Beschluss vom 25.10.2016, Ro 2016/12/0020, wurde die Revision des BF zurückgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof führte begründend aus, nach einer Ruhestandsversetzung sind Bescheid zur Feststellung, nach einer bestimmten Gesetzesbestimmung in den Ruhestand zu treten, unzulässig und kann eine Klärung der dann ausschließlich relevanten ruhegenussrechtlichen Folgen im Ruhegenussbemessungsverfahren erfolgen. Es fehlt dem BF an einer Rechtsverletzungsmöglichkeit.

Der BF beantragte in der Folge mit Schriftsatz vom 29.11.2016 die Wiedereinsetzung in den Stand vor Versäumung der Beschwerdefrist gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 13.7.2016 unter Anschluss der Beschwerde. Dieser Wiedereinsetzungsantrag wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 28.3.2017, Zl XXXX , abgewiesen. Der BF erhob dagegen die gegenständliche Beschwerde, die unter der Aktenzahl W173 2156446-1 beim Bundesverwaltungsgericht protokolliert wurde.

2. Beweiswürdigung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt Beweis erhoben. Der der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem Gerichtsakt und ist in den entscheidungsrelevanten Bereichen unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Im gegenständlichen Fall liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung, geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1.1. Rechtsgrundlagen

VwGVG

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat, bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

...............................

3.1.2. Interpretation der maßgeblichen Bestimmung und Vorbringen des BF

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei einer Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Beschwerdefrist § 33 VwGVG anzuwenden (vgl VwGH 30.5.2017, Ra 2017/19/0113, 28.9.2016, Ro 2016/16/0013). Es kann allerdings nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Judikatur zu § 71 AVG auf die Bestimmung des § 33 VwGVG übertragen werden (VwGH 30.5.2017, Ra 2017/19/0113). Von einer fehlenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 33 VwGVG, wie der BF in seiner Beschwerde vorbrachte, kann daher nicht ausgegangen werden.

Das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes ist gegeben, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis unabwendbar ist, kommt es nach der Rechtsprechung (z. B. VwGH 24.01.1996, 94/12/0179) auf objektive Umstände an, nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann.

Ob ein Ereignis unvorhergesehen ist, hängt demgegenüber nach der Rechtsprechung nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und mit zumutbarer Vorsicht auch nicht vorhergesehen werden konnte (z. B. VwGH 03.04.2001, 2000/08/0214).

Ein Verschulden der Partei hindert die Wiedereinsetzung nur dann nicht, wenn es sich dabei lediglich um einen minderen Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) handelt. Eine solche liegt dann vor, wenn der Partei ein Fehler unterläuft, der gelegentlich auch einer sorgfältigen Person unterlaufen kann (z. B. VwGH 20.06.2002, 2002/20/0230), wobei an einen rechtskundigen Parteienvertreter ein höherer Sorgfaltsmaßstab anzulegen ist (z. B. VwGH 22.01.2003, 2002/04/0136). Ausgeschlossen ist die Wiedereinsetzung jedenfalls dann, wenn der Partei Vorsatz oder offenkundige Sorglosigkeit vorzuwerfen ist.

Der BF brachte selbst in seiner Beschwerde vor, nach Zustellung des Ruhegenussbemessungsbescheides vom 13.7.2016, nicht seinen Rechtsbeistand befasst zu haben. Dies ist jedenfalls als auffallend sorglos zu werten, da im Falle einer etwaigen (schuldhaften) Fehlberatung zumindest die Betriebshaftpflichtversicherung des Rechtsanwaltes haften würde.

Dies verwundert in der gegenständlichen Fallkonstellation umso mehr, als der Bescheid vom 13.7.2016 dem BF, der selbst ein juristisches Studium abgeschlossen hat, am 21.7.2016 zugestellt und darin auf die vierwöchige Beschwerdefrist hingewiesen wurde. Damit wurde noch vor dem Ablauf dieser Beschwerdefrist gegen den Bescheid vom 13.7.2016 gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht vom 29.6.2016, W188 2122060-1/3E durch den rechtsfreundlichen Vertreter des BF mit Schriftsatz vom 10.8.2016 Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Das in der Beschwerde vorgebrachte Argument, wonach bei Falltypen der gegenständlichen Art eine restriktive Handhabung des Wiedereinsetzungsrechts dazu führe, dass in einem Übermaß mehrere Rechtsmittel erhoben bzw. mehrere Behörden angerufen werden, und zwar selbst im Fall einer äußersten Unwahrscheinlichkeit einer diesbezüglichen Notwendigkeit, kann nicht zum Erfolg führen. Wenn eine Geltendmachung in mehreren Verfahren möglich ist, sind im Zweifel jedenfalls alle Rechtsmittel im Sinne einer Eventualmaxime wahrzunehmen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist auch ein bewusstes Verstreichenlassen der Rechtsmittelfrist wegen Verkennung der materiellen Rechtslage oder wegen - vermeintlich - fehlender Erfolgsaussichten kein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund (VwGH 13.9.2017, Ra 2017/12/0086; 30.6.2016, Ra 2016/019/0124; 30.8.2011, 2011/21/0187). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des Vorbringens des BF im Wiedereinsetzungsantrag, dem Bescheid vom 13.7.2016 keine wesentliche Bedeutung zugemessen zu haben, zumal ohnehin sein Ruhebezug nur auf Grund seiner Ruhestandsversetzung gemäß § 236d BDG 1979 bemessen worden ist, die auf seiner Erklärung und der Annahme beruhte, und für ihn die Entscheidung der für die Ruhestandsversetzung zuständige Behörde zu erwirken war. Daran kann auch nichts ändern - wie der BF in seiner Beschwerde ergänzend vorbrachte - durch die meritorische Entscheidung in der Sache durch das Bundesverwaltungsgericht gehindert worden zu sein, den Ruhegenussbemessungsbescheid nicht anfechten zu müssen und auch das Bundesverwaltungsgericht vom Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.10.2016, Ro 2016/12/0020, "überrascht" worden wäre.

3.2. Zu Spruchpunkt B) (Unzulässigkeit der Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist, Sorgfaltspflicht, Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W173.2156446.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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