Entscheidungsdatum
27.02.2020Norm
BVergG 2018 §12 Abs1Spruch
W139 2228671-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Kristina HOFER über den Antrag der XXXX vertreten durch Höhne, in der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Mariahilfer Straße 20, 1070 Wien, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend Los 6 des Vergabeverfahrens "Reinigungsdienstleistungen Wien V und steirische Schulen, BBG-GZ 2601.03452" der Auftraggeberinnen Republik Österreich, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Errichtungsgemeinschaft IMBA GmbH - GMI GmbH, Oö. Landes-Feuer-wehrverband, Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., Marktgemeinde Moosburg, ELGA GmbH, IEF-Service GmbH, vertreten durch die Bundesbeschaffung GmbH, Lassallestraße 9b, 1020 Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1010 Wien:
A)
Den Auftraggeberinnen wird für die Dauer des gegenständlichen Nachprüfungsverfahrens untersagt, im Vergabeverfahren "Reinigungsdienstleistungen Wien V und steirische Schulen, BBG-GZ 2601.03452" die Rahmenvereinbarung betreffend Los 6 abzuschließen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Vorbringen der Parteien/Verfahrensgang:
1. Mit Schriftsatz vom 17.02.2020, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag eingelangt, stellte die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit welcher die Untersagung des Abschlusses der gegenständlichen Rahmenvereinbarung betreffend Los 6 beantragt wurde, verbunden mit Anträgen auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung, soweit davon auch das Angebot zu Los 6 umfasst ist, der Entscheidung über die Auswahl des beabsichtigten Rahmenvereinbarungspartners betreffend Los 6 sowie die Festlegung vom 02.12.2019, wonach nicht fristgerecht eingebrachte Nachreichungen nicht berücksichtigt werden können, auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, auf Akteneinsicht sowie auf Gebührenersatz.
Begründend führte die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus:
Die Auftraggeberin habe die gegenständlichen Leistungen in einem offenen Verfahren im Oberschwellenbereich in mehreren Losen nach dem Bestbieterprinzip ausgeschrieben. Bei den angefochtenen Entscheidungen handle es sich um gesondert anfechtbare Entscheidungen (Ausscheidens- und Auswahlentscheidung) gemäß § 2 Z 15 lit a sublit jj BVergG und um eine nicht gesondert anfechtbare Festlegung. Der Antrag sei rechtzeitig, die Pauschalgebühren seien entrichtet worden.
Das Interesse der Antragstellerin ergebe sich schon aus der Beteiligung am Vergabeverfahren. Der Unternehmensgegenstand der Antragstellerin liege ua in den ausgeschriebenen Leistungen. Sie sei zur Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen leistungsfähig. Sofern die Antragstellerin aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden werde, drohe ihr der Verlust der Möglichkeit des Abschlusses der Rahmenvereinbarung sowie der Verlust eines wichtigen Referenzprojektes, das für die Beteiligung an weiteren Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber von Bedeutung sein könne. Aufgrund des Umstandes, dass das Angebot der Antragstellerin den niedrigsten zu bewertenden Angebotspreis aufweise, wäre die Rahmenvereinbarung in Los 06 letztlich mit ihr abzuschließen. Auch für das Zuschlagskriterium "Qualität" hätte die Antragstellerin zweifellos ebenfalls die Höchstpunktezahl erreicht. Weiters würden der Antragstellerin ein Schaden in Höhe mehrerer tausend Euro drohen sowie die Möglichkeit der Erwirtschaftung des Deckungsbeitrages entgehen. Die Kosten an der Teilnahme des Verfahrens, sohin die Kosten für die Angebotserstellung und der Rechtsverfolgung, wären frustriert. Die Antragstellerin bezeichnete die Rechte, in denen sie sich verletzt erachte.
Zu den Gründen der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung führte die Antragstellerin zusammengefasst aus, dass sie am 04.10.2019 unter Hinweis darauf, dass nur ein beglaubigter Auszug aus dem offiziellen Firmenbuch in Österreich gelte, aufgefordert worden sei, einen beglaubigten Auszug aus dem Firmenbuch, nicht älter als sechs Monate, vorzulegen. Die Antragstellerin sei dem fristgerecht nachgekommen, habe jedoch keinen amtssignierten sondern einen "einfachen" Firmenbuchauszug vorgelegt. Am 03.12.2019 habe die Antragstellerin mit der Amtssignatur versehene Firmenbuchauszüge für die Antragstellerin und ihre Subunternehmerin nachgereicht, welche inhaltlich vollständig dem ursprünglich eingereichten Firmenbuchauszug entsprochen hätten. Zuvor sei am 02.12.2019 von der BBG mitgeteilt worden, dass nicht fristgerecht eingebrachte Nachreichungen nicht berücksichtigt werden könnten. Am 07.02.2020 seien der Antragstellerin das Ausscheiden ihres Angebotes gemäß §§ 141 Abs 1 Z 2 und 141 Abs 2 BVergG und die Auswahlentscheidung mitgeteilt worden. Die Auftraggeberin ignoriere dabei, dass die Antragstellerin am 03.12.2019 und somit vor Zugang der Entscheidung über das Ausscheiden ihres Angebotes und die Auswahlentscheidung amtssignierte und den Ausschreibungsbedingungen entsprechende Firmenbuchauszüge nachgereicht habe. Nach der Judikatur des VwGH berechtige ein Fristversäumnis allein noch nicht zum Ausscheiden. Nachreichungen seien generell bis zum Zeitpunkt des Auftraggebers über das Ausscheiden zu berücksichtigen. Dies gelte auch für die Ausscheidensgründe gemäß § 141 Abs 1 BVergG. Denn habe ein Bieter eine Auskunft zwar verspätet, aber im Ergebnis doch erteilt, liege auch der Ausschlussgrund der mangelnden Eignung durch falsche Erklärungen zur Befugnis, Zuverlässigkeit oder Leistungsfähigkeit (§ 78 Abs 1 Z 10 BVergG 2018) nicht vor. Die Ausscheidenentscheidung sei sohin rechtswidrig, weswegen auch die Auswahlentscheidung betreffend Los 6 rechtswidrig sei, da das Angebot der Antragstellerin hätte berücksichtigt werden müssen und die Auswahlentscheidung zum Abschluss der Rahmenvereinbarung zu ihren Gunsten ausfallen hätte müssen.
Die Antragstellerin erklärte das Vorbringen zu den Nachprüfungsanträgen auch zum Vorbringen im Provisorialverfahren und führte aus, dem Nachprüfungsantrag komme keine aufschiebende Wirkung zu, weswegen die beantragte Maßnahme, die Untersagung des Rahmenvereinbarungsabschlusses, erforderlich sei, da der möglicherweise bestehende Anspruch auf Abschluss der Rahmenvereinbarung nur wirksam gesichert werden könne, wenn das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das BVwG in einem Stand gehalten werde, der einen allfälligen späteren Abschluss der Rahmenvereinbarung zu Los 6 mit der Antragstellerin ermögliche. Die Interessen der Antragstellerin würden die diesem Antrag allenfalls entgegenstehenden Interessen überwiegen.
2. Am 24.02.2020, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag eingelangt, erteilten die Auftraggeberinnen allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren. Zur beantragten Erlassung der einstweiligen Verfügung führten sie aus, dass das besondere Interesse an der Fortführung des Verfahrens darin bestehe, dass ein dringender Beschaffungsbedarf bestehe, da die gegenständliche Beschaffung zur Erfüllung der gesetzlich bestimmten Aufgaben der Auftraggeberin benötigt werde. Es könne nicht beurteilt werden, ob Interessen sonstiger Bieter durch die Erlassung der einstweiligen Verfügung beeinträchtigt werden. Aufgrund des dringenden Beschaffungsbedarfs der Auftraggeberin werde im Falle der Erlassung der Einstweiligen Verfügung um Beschränkung dieser auf die gesetzlich vorgesehene Höchstdauer eines Nachprüfungsverfahrens, sohin auf sechs Wochen ab Erlass der einstweiligen Verfügung, ersucht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Sachverhalt:
Aufgrund der vorgelegten Stellungnahmen sowie der Bezug nehmenden Beilagen und Unterlagen des Vergabeverfahrens wird vorerst im Rahmen des Provisorialverfahrens folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:
Die Auftraggeberinnen schrieben im Juni 2019 die gegenständliche Leistung "Reinigungsdienstleistungen Wien V und steirische Schulen, BBG-GZ 2601.03452" in 30 Losen in einem offenen Verfahren im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip mit dem Ziel des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmer aus.
Die Ausschreibung blieb unangefochten. Die Antragstellerin beteiligte sich an diesem Vergabeverfahren durch Angebotslegung zu einem Gesamtpreis von 325.669,3569 Euro. Das Angebot der Antragstellerin wurde im hier verfahrensgegenständlichen Los 6 via E-Vergabe am 07.02.2020 mit der Begründung ausgeschieden, dass diese trotz Aufforderung die erforderlichen Auskünfte betreffend die Eignung nicht erteilt habe und eine weitere Mängelbehebung dem Prinzip der Gleichbehandlung widersprechen würde. Das Angebot sei demnach gemäß § 141 Abs 1 Z 2 BVergG sowie § 141 Abs 2 BVergG auszuscheiden. Weiters wurde der Antragstellerin via E-Vergabe am 07.02.2020 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Rahmenvereinbarung betreffend Los 6 mit der XXXX zu einem Gesamtpreis von 326.977,9188 Euro abschließen zu wollen.
Mit Schriftsatz vom 17.02.2020, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag eingelangt, brachte die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verbunden mit einem Nachprüfungsantrag gegen die Ausscheidensentscheidung, soweit davon auch das Angebot zu Los 6, umfasst ist, die Entscheidung über die Auswahl des beabsichtigten Rahmenvereinbarungspartners betreffend Los 6 sowie die Festlegung vom 02.12.2019, wonach nicht fristgerecht eingebrachte Nachreichungen nicht berücksichtigt werden können, ein. Die Antragstellerin entrichtete Pauschalgebühren in entsprechender Höhe.
Es wurde weder eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen bzw ein Zuschlag erteilt noch wurde eine Widerrufsentscheidung bekanntgegeben oder der Widerruf erklärt.
Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Zulässigkeit des Antrages
Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs 1 BVergG 2018 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Vorliegend hat das Bundesverwaltungsgericht über den oben wiedergegebenen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu entscheiden. Somit liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Auftraggeberinnen im Sinne des § 2 Z 5 BVergG 2018 sind die Republik Österreich, die Österreichische Akademie der Wissenschaften, die Errichtungsgemeinschaft IMBA GmbH - GMI GmbH, die Oö. Landes-Feuer-wehrverband, die Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., die Marktgemeinde Moosburg, die ELGA GmbH und die IEF-Service GmbH. Der geschätzte Auftragswert liegt über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 1 BVergG 2018, sodass es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handelt. Der Anteil des Bundes (Republik Österreich) am geschätzten Gesamtauftragswert überwiegt jenen der Länder bei weitem. Beim gegenständlichen Auftrag handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag gemäß § 7 BVergG 2108.
Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 334 Abs 2 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 B-VG ist sohin gegeben.
Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 350 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen.
Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 350 Abs 1 BVergG 2018 zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 350 Abs 2 BVergG 2018 vorliegen. Die Pauschalgebühr wurde in entsprechender Höhe bezahlt (§ 318 Abs 1 Z 1 und 4 BVergG 2018 iVm §§ 1 und 2 BVwG-PauschGebV Vergabe). Der Nachprüfungsantrag richtet sich gegen die Ausscheidensentscheidung betreffend Los 6 und die Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung betreffend Los 6 abgeschlossen werden soll. Dabei handelt es sich um gesondert anfechtbare Entscheidungen gemäß § 2 Z 15 lit a sublit jj BVergG 2018. Weiters richtet sich der Nachprüfungsantrag gegen die Festlegung vom 02.12.2019, wonach nicht fristgerecht eingebrachte Nachreichungen nicht berücksichtigt werden können. Dabei handelt es sich um eine nicht gesondert anfechtbare Entscheidung (§ 2 Z 15 lit b BVergG 2018).
2. Inhaltliche Beurteilung des Antrages
Gemäß § 350 Abs 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
Gemäß § 351 Abs 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
Gemäß § 351 Abs 3 BVergG 2018 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
Gemäß § 351 Abs 4 BVergG 2018 ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.
Die Behauptung zur Rechtswidrigkeit der von der Antragstellerin angefochtenen Auftraggeberentscheidungen erscheint im Hinblick auf das oben wiedergegebene Vorbringen zumindest nicht denkunmöglich. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die von der Antragstellerin geltend gemachte Rechtswidrigkeit zutrifft. Über die inhaltliche Begründetheit ist im Provisorialverfahren nicht abzusprechen. Diese wird im Hauptverfahren durch den zuständigen Senat zu beurteilen sein.
Da der Antragstellerin bei Fortführung des Vergabeverfahrens die Vereitelung des Abschlusses der entsprechenden Rahmenvereinbarung im Los 6 und sohin auch eines allfälligen Abrufes der darauf basierenden Einzelaufträge mit allen daraus erwachsenden Nachteilen droht, ist es erforderlich, das Vergabeverfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand zu halten, der die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht ins Leere laufen lässt und der die grundsätzliche Möglichkeit eines Rahmenvereinbarungsabschlusses betreffend Los 6 mit der Antragstellerin im Rahmen eines vergaberechtskonformen Verfahrens wahrt (siehe zum Zweck einer einstweiligen Verfügung auch EBRV 69 BlgNr XXVI. GP 203).
Im Rahmen der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin ua auf finanzielle Einbußen, etwa den Entgang des Gewinns oder den frustrierten Aufwand der Angebotserstellung verweist. Am Vorliegen dieses drohenden Schadens besteht dem Grunde nach kein Zweifel. Die entsprechende Behauptung ist plausibel. Ins Einzelne gehende (genaueste) Darlegungen sind nicht geboten (siehe VwGH 22.06.2011, 2009/04/0128; VwGH 24.02.2006, 2004/04/0127).
Im Rahmen der Interessenabwägung ist auch auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs hinsichtlich des Vorrangs des primären - durch Nichtigerklärung rechtswidriger Auftraggeberentscheidungen zu gewährleistenden - Rechtsschutzes (EuGH 28.10.1999, Rs C-81/98, Alcatel Austria AG ua; 18.06.2002, Rs C-92/00, Hospital Ingenieure Krankenhaustechnik Planungs-Gesellschaft mbH) sowie die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs Bedacht zu nehmen, wonach in der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter ein öffentliches Interesse liegt (VfGH 25.10.2002, B1369/01; siehe insb. bereits BVA 25.01.2002, N-128/01-45 uvm).
Die Auftraggeberinnen führen aus, dass ein besonderes Interesse an der Fortführung des Verfahrens darin bestehe, dass ein dringender Beschaffungsbedarf vorliege, da die gegenständliche Beschaffung zur Erfüllung der gesetzlich bestimmten Aufgaben benötigt werde. Die Auftraggeberin habe die Dauer eines möglichen Nachprüfungsverfahrens im Rahmen des Vergabeverfahrens im Ausmaß der gesetzlich vorgesehenen Entscheidungsfrist von sechs Wochen in der Planung des Vergabeverfahrens berücksichtigt. Aufgrund des dringenden Beschaffungsbedarfs der Auftraggeberin werde im Falle der Erlassung der Einstweiligen Verfügung um Beschränkung dieser auf die gesetzlich vorgesehene Höchstdauer eines Nachprüfungsverfahrens, sohin auf sechs Wochen ab Erlass der einstweiligen Verfügung, ersucht.
Mit ihrem Vorbringen beschränken sich die Auftraggeberinnen auf einen allgemeinen Verweis auf die Dringlichkeit der gegenständlichen Beschaffung, ohne substantiierte Angaben zu der drohenden Beeinträchtigung ihrer Interessen durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu machen. Das Vorbringen kann damit nicht Grundlage einer Interessenabwägung sein (ua BVwG 01.03.2019, W131 2214957-1/3E; BVwG 13.12.2018, W131 2210854-1/2E; BVwG 16.11.2018, W139 2209121-1/9E; Kahl in Gast (Hrsg.), BVergG-Leitsatzkommentar, E 1, 19, 34, 37 zu § 351).
Den Verfahrensunterlagen ist im Übrigen zu entnehmen, dass der voraussichtliche Leistungsbeginn für die Unterhaltsreinigung der 01.02.2020 sein sollte (Punkt 9.2. der Kommerziellen Ausschreibungsbedingungen - Rahmenvereinbarung - RV). Des Weiteren war beabsichtigt, die Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, bis Oktober 2019 zu treffen (Punkt 6.17. der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen - AAB). Es zeigt sich sohin, dass in der Verfahrensabwicklung ohnehin bereits Verfahrensverzögerungen eingetreten sind, welche ihre Ursache allerdings nicht in der Durchführung allfälliger Vergabekontrollverfahren haben. Diese Verzögerungen können dem Rechtsschutzsuchenden jedenfalls nicht entgegengehalten werden (Kahl in Gast (Hrsg.), BVergG-Leitsatzkommentar, E 42, 62 zu § 351). Angesichts dessen stellt sich die ins Treffen geführte besondere Dringlichkeit der gegenständlichen Beschaffung überdies als ein Stück weit relativiert dar.
Die Auftraggeberinnen führen des Weiteren selbst an, dass sie die Dauer eines möglichen Nachprüfungsverfahrens im Ausmaß der gesetzlich vorgesehenen Entscheidungsfrist von sechs Wochen in der Verfahrensplanung berücksichtigt haben. So kann sich entsprechend den Ausschreibungsfestlegungen der Zeitraum der Bindung an das Angebot aufgrund eines allfälligen Nachprüfungsverfahrens, während dessen die Entscheidungsfrist gehemmt ist, entsprechend verlängern (Punkt 6.17 der AAB). Nach ständiger Rechtsprechung besteht die Verpflichtung, die durch die Einleitung von Vergabekontrollverfahren allenfalls eintretenden zeitlichen Verzögerungen schon bei ihrer Ablaufplanung einzukalkulieren und zu berücksichtigen (ua BVwG 16.11.2018, W139 2209121-1/9E; BVwG 30.05.2014, W139 2008219-1/10E; bereits BVA 09.01.2004, 10N-3/04-4; BVA 14.06.2010, N/0047-BVA/09/2010-14 uva). Diese Pflicht zur Berücksichtigung allfälliger Nachprüfungsverfahren in der Verfahrensabwicklung gilt umso mehr bei Auftragsvergaben wie der gegenständlichen, nämlich bei Auftragsvergaben mit hohen Auftragswerten, da die Wahrscheinlichkeit möglicher Nachprüfungsverfahren mit der Komplexität bzw der Größenordnung des Auftrages, insbesondere des Auftragswertes, zunimmt (siehe VfGH 01.08.2002, B1194/02; weiters ua BVwG 09.10.2014, W139 2012408-1/3E uva; R. Madl in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4, Rz 2222).
Dem Bundesverwaltungsgericht sind im Übrigen keine möglicherweise geschädigten Interessen der in Aussicht genommenen Rahmenvereinbarungspartnerin bzw sonstiger Bieter sowie sonstige besondere öffentliche Interessen, die gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung sprechen würden, bekannt.
Unter Zugrundelegung obiger Überlegungen ist somit mangels substantiiert vorgebrachter und mangels sonst erkennbarer gegenteiliger Interessen ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 351 Abs 1 BVergG 2018 nicht anzunehmen, sondern vielmehr das Interesse der Antragstellerin an der Prüfung der angefochtenen Entscheidung der Auftraggeberinnen als überwiegend anzusehen, weswegen die im Spruch ersichtliche Sicherungsmaßnahme als gelindeste noch zum Ziel führende Maßnahme iSd § 351 Abs 1 BVergG 2018 auszusprechen war.
Wenn die Auftraggeberinnen um Beschränkung der einstweiligen Verfügung auf sechs Wochen ab deren Erlassung ersuchen und hierfür wiederum den dringenden Beschaffungsbedarf ins Treffen führen, so ist erneut festzuhalten, dass es an einer näheren Begründung hierfür mangelt und die besondere Dringlichkeit der Fortführung des Vergabeverfahrens auch sonst nicht ersichtlich ist. Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst/Oberhammer, Kommentar zur Exekutionsordnung³ [2015], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens.
§ 351 Abs 4 BVergG 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, nämlich der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Die Auftraggeberinnen sind durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, weil die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichts davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen können und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum festgesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (zB BVwG 10.01.2014, W187 2000170-1/11; BVwG 20.03.2014, W139 2003185-1/11E; BVwG 04.05.2015, W187 2106525-1/2E; siehe auch VwGH 10.12.2007, AW 2007/04/0054). Eine Beschränkung der einstweiligen Verfügung auf die gesetzliche Entscheidungsfrist von sechs Wochen konnte vor diesem Hintergrund ebenso unterbleiben.
Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.
Zu B)
Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu VwGH 06.11.2002, 2002/04/0138;
30.06.2004, 2004/04/0028; 01.02.2005, 2005/04/0004; 29.06.2005, 2005/04/0024; 24.02.2006, 2004/04/0127; 01.03.2007, 2005/04/0239;
27.06.2007, 2005/04/0254; 29.02.2008, 2008/04/0019; 14.01.2009, 2008/04/0143; 14.04.2011, 2008/04/0065; 22.06.2011, 2009/04/0128;
29.09.2011, 2011/04/0153; 10.12.2007, AW 2007/04/0054) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Abschlussverbot, Dauer der Maßnahme, Dienstleistungsauftrag,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W139.2228671.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.07.2020