TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/27 I419 2228846-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

27.02.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I419 2228846-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, StA. ÄGYPTEN, vertreten durch DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 12.02.2020, Zl.XXXX, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,

dass Spruchpunkt III zu lauten hat: "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 AsylG 2005 wird Ihnen nicht erteilt."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Ägyptens und versuchte am 29.01.2020 vergeblich, aus Kairo kommend am Flughafen Wien einzureisen. Daraufhin stellte er bei der Grenzpolizei einen Antrag auf internationalen Schutz. Er gab zunächst an, wegen Blutrache verfolgt zu sein, weil er seinen Schwager getötet habe. In der folgenden Woche erklärte er, den Schwager nur verletzt zu haben. Die Familie der Frau interessiere ihn nicht, das Problem seien die Behörden, weil man ihn für ein Mitglied der Muslimbruderschaft halte.

2. Der UNHCR teilte die Zustimmung zur Abweisung des Antrags mit. Das BFA hat diesen darauf mit dem bekämpften Bescheid betreffend die Status des Asyl- (Spruchpunkt I) und des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ägypten abgewiesen (Spruchpunkt II) und dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" gemäß "§ 57 AsylG" erteilt (Spruchpunkt III).

3. Beschwerdehalber brachte dieser dagegen vor, dass die Länderberichte seine Glaubwürdigkeit stärkten, sich zudem aber zu wenig mit der Lage mutmaßlicher Muslimbrüder befassten. Dazu wurde ein Bericht des Australischen Außenministeriums zitiert. Weil der Beschwerdeführer als vermeintlicher Muslimbruder vom Staat politisch verfolgt werde - ihm drohten Haft und Folter - habe er innerstaatlich keine Fluchtalternative.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Sunnit, in Ägypten aufgewachsen und Araber. Seine Identität steht fest. Er hat im Herkunftsstaat 12 Jahre die Schule besucht, den Wehrdienst geleistet und mehr als 20 Jahre gelebt sowie Berufserfahrung als Bauarbeiter sowie einen Führerschein erworben. In seinem Reisepass ist als Beruf Fahrer angegeben.

Der Beschwerdeführer spricht arabisch, leidet an keiner schweren Krankheit, bedarf keiner Gesundheitsbehandlung und ist arbeitsfähig.

Er hielt sich ab 2014 überwiegend in Frankreich auf, wofür er eine Krankenversicherungskarte besitzt und 2014/15 sowie 2019 Aufenthaltstitel innehatte, nach seinen Angaben war der Letztere gefälscht. In Paris leben sein Bruder und seine Schwester, Mitte und Anfang 30, Letztere mit ihrem Mann und ihren Kindern. Den Herkunftsstaat besuchte er 2015/16 mehrmals jährlich und hielt sich dort mehrmals auch mehr als ein Monat lang auf. Am 15.06.2019 reiste er in den Herkunftsstaat, wo am 05.12.2019 sein Reisepass ausgestellt wurde.

Im Herkunftsstaat leben die Gattin, Anfang 20, und die Mutter des Beschwerdeführers, Ende 50, sowie dessen Schwägerin und deren Kinder. In deren näherer Wohnumgebung leben viele weitere Verwandte auf etwa 50 Häuser verteilt.

Er hatte für den 29.01.2020 eine Flugreise von Kairo nach Paris über Wien gebucht, die eine Ankunft in Wien um 19:25 h sowie einen Weiterflug von dort um 20:50 h vorgesehen hätte, mit Einstieg um 20:20 h. Die Ankunft des Fluges in Wien verspätete sich, sodass der Beschwerdeführer gegen 21:15 h in Wien der Einreisekontrolle unterzogen wurde. Er hatte dabei die Bordkarte des zweiten Flugsegments bei sich (Anschlussflug Wien-Paris, AS 29, 41).

1.2 Zum Vorbringen:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer 2019 im Herkunftsstaat eine Christin geheiratet und um die Jahresmitte geschwängert hätte.

Das Büro des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) in Österreich hat dem BFA die schriftliche Zustimmung zur Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz erteilt, da das Vorbringen als offensichtlich unbegründet eingestuft werden könne.

Der Beschwerdeführer konnte eine ihm aktuell drohende Verfolgung oder sonstige im Herkunftsstaat drohende Gefahr nicht glaubhaft machen, weder die Beschuldigung durch Angehörige seiner Gattin, noch eine Bedrohung durch diese Angehörigen, und auch nicht, dass er aus anderen Gründen für ein Mitglied der Muslimbrüder gehalten würde, weshalb sein Vorbringen beim BFA und in der Beschwerde zur behaupteten Verfolgungsgefahr im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat dieser Entscheidung nicht als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt werden kann.

Ein konkreter, den Beschwerdeführer zwingender Anlass für das Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden. Andere Gründe, die einer Rückkehr in den Herkunftsstaat allenfalls entgegenstehen würden, liegen nicht vor.

1.3 Zum Herkunftsstaat:

Betreffend die aktuelle Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers und zur Lage von Rückkehrenden ist demnach festzustellen:

1.3.1 Rechtsschutz / Justizwesen

Die Unabhängigkeit der Justiz ist vor allem im Bereich der äußerst weit verstandenen Terrorismusbekämpfung erheblich beeinträchtigt. Willkürliche Verhaftungen, Fälle von erzwungenem Verschwindenlassen von Personen durch die Staatssicherheit und politisch motivierte Gerichtsverfahren sind an der Tagesordnung. Folter und Misshandlungen in Haft sind verbreitet. Die Sicherheitsdienste genießen de facto Straffreiheit. Sie agieren zunehmend außerhalb jedweder rechtlicher Vorgaben und entziehen sich der Kontrolle durch Justiz und Politik (AA 22.2.2019).

Die Todesstrafe wird verhängt und gegenwärtig auch vollstreckt. Zu diskriminierender Strafverfolgung oder Strafzumessung aufgrund bestimmter Merkmale liegen keine belastbaren Erkenntnisse vor. In diesem Bereich macht sich häufig der Druck der öffentlichen Meinung bemerkbar. Harte Strafen gegen Angehörige der Muslimbruderschaft und oppositionspolitische Aktivisten sind häufig Ausdruck einer politisierten Justiz, die nicht nach rechtsstaatlichen Grundsätzen verfährt. Vor dem Hintergrund allgemein harter und häufig menschenrechtswidriger Haftbedingungen gibt es Hinweise, dass insbesondere junge und unbekannte politische Straftäter besonders harten Haftbedingungen ausgesetzt sind. Amnestien werden wiederholt angekündigt und auch umgesetzt. Anlässlich ägyptischer Feiertage werden immer wieder Gefangene amnestiert bzw. im formellen Sinne begnadigt. Allerdings profitieren hiervon in der Regel keine politischen Gefangenen, sondern ausschließlich Strafgefangene. Allgemeine Voraussetzungen sind in der Regel die Verbüßung von mindestens der Hälfte der Haftzeit und gute Führung in Haft. Im November 2016 kam es jedoch zur Amnestierung von über 100 Studenten und Journalisten, die wegen Teilnahme an Demonstrationen oder wegen ihrer Berichterstattung festgenommen wurden (AA 22.2.2019).

Die Behörden nutzten die verlängerte Untersuchungshaft, um Andersdenkende inhaftieren zu können und schränkten und schikanierten zivilgesellschaftliche Organisationen und Mitarbeiter ein. Die Behörden verwendeten Einzelhaft, Folter und andere Misshandlungen und ließen weiterhin Hunderter von Menschen ungestraft verschwinden. Fälle von außergerichtlichen Hinrichtungen wurden nicht untersucht. Zivil- und Militärgerichte erließen nach unfairen Prozessen Massenurteile und verurteilten zahlreiche Menschen zum Tode (AI 26.2.2019; vgl. AI 23.5.2018). Sie hatten im August 2013 an Massenprotesten vor der al-Fateh-Moschee teilgenommen. Das Verfahren gegen die insgesamt 494 Angeklagten war grob unfair. Gerichte verließen sich bei der Urteilsfindung maßgeblich auf Berichte des nationalen Geheimdienstes und ließen Beweise zu, die nicht stichhaltig waren, darunter auch unter Folter erpresste "Geständnisse". Zivilpersonen mussten nach wie vor mit unfairen Gerichtsverfahren vor Militärgerichten rechnen. Mindestens 384 Zivilpersonen wurde 2017 vor Militärgerichten der Prozess gemacht (AI 23.5.2018).

1.3.2 Rückkehr

Es gibt keine gesonderten Aufnahmeeinrichtungen. Zur Situation von Rückkehrern liegen keine Erkenntnisse vor. Staatliche Maßnahmen als Reaktion auf Asylanträge im Ausland sind nicht bekannt. Formale staatliche Institutionen für die Aufnahme von Rückkehrern sind nicht bekannt (AA 22.2.2019).

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Fremdenregister und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

2.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinem Familienstand, den persönlichen und familiären Beziehungen, seiner Staatsangehörigkeit und seiner Volksgruppenzugehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Zu seinem (behaupteten) Gesundheitszustand (Hepatitis, erforderliche Zehenamputation, Magenschmerzen) ergaben die ärztlichen Befunde (AS 63-75), dass die genannten Leiden entweder nicht vorliegen oder kein Behandlungsbedarf besteht. Die Haftfähigkeit ist ärztlich bestätigt (AS 63). Daraus und aus der Auskunft des Beschwerdeführers, gesund zu sein (AS 112) und dessen Alter ergab sich die Arbeitsfähigkeit.

2.2 Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer hat zunächst angegeben, seinen Schwager getötet zu haben, dessen Familie Blutrache üben habe wollen. Als er ihr entkommen sei, hätte sie ihn angezeigt. Im Rückkehrfall werde er getötet oder eingesperrt. Deshalb sei er nach Österreich geflüchtet, und es gebe keine anderen Gründe oder Ereignisse, derentwegen er nach Österreich gekommen sei oder den Asylantrag gestellt habe. (AS 57)

Später bestätigte er, dass diese Angaben richtig und auch rückübersetzt worden seien (AS 114). Anschließend gab er an, des Terrorismus (AS 122), konkret der Mitgliedschaft bei den Muslimbrüdern bezichtigt zu werden. (AS 123 f) Verwandte von ihm seien Muslimbrüder. Man werde auch gegen ihn verwenden, dass ein Onkel in Israel gelebt habe. (AS 126) Seinen Schwager habe er nicht getötet, es habe sich herausgestellt, dass dieser gar nicht verstorben sei. Im Rückkehrfall seien die Behörden das Problem, die Familie seiner Frau interessiere ihn nicht. (AS 126 f)

Betreffend seine Gattin gab er zunächst an, sie habe mit ihm zusammengewohnt (AS 115 f), danach aber, dass sie nicht im selben Haus gewohnt habe, sondern im selben Dorf (AS 117). Ferner sagte er aus, er habe sie bei der Hochzeit einer seiner Verwandten kennengelernt. Dort habe er sie 2017 gesehen und sich bei einer anderen Anwesenden erkundigt, um wen es sich der Frau handle, und sich nach der E-Mail-Adresse erkundigt, um ihr schreiben zu können (AS 124). Darauf gab er an, dass er sie auf einem USB-Datenträger gesehen habe. Schließlich damit konfrontiert, dass er nach eigenen Angaben 2017 nicht im Herkunftsstaat war, gab er an, sie bereits 2014 und 2015 gesehen und nicht gewusst zu haben, wer sie sei. (AS 125)

Aus diesen und weiteren Widersprüchen hat das BFA im bekämpften Bescheid (S 59 ff, AS 259 ff [275]) begründet geschlossen, dass das Vorbringen nicht glaubhaft ist. An der Darstellung der Dinge durch den Beschwerdeführer bestünden so gravierende Zweifel, dass von deren Richtigkeit nicht ausgegangen werden könne.

Das Gericht schließt sich dieser Würdigung zur Gänze an. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Bedrohungssituation kann mangels Glaubhaftigkeit nicht als den Tatsachen entsprechend und eine Verfolgungsgefahr im Fall der Rückkehr nicht angenommen werden.

Demgemäß waren die Feststellungen und Negativfeststellungen unter

1.2 zu treffen. Der Beschwerdeführer hat angegeben, jedenfalls nach Österreich und Asyl beantragen gewollt zu haben (AS 116 f). Ob das zutrifft oder die (näherliegende) Annahme des BFA (S. 23, AS 187), dass er nach Frankreich wollte, aber mangels Aufenthaltstitel nicht direkt dorthin konnte, worauf er es über Wien versuchte, kann unter diesen Umständen offenbleiben, weil keine Fluchtgründe feststellbar sind.

2.3 Zum Herkunftsstaat:

Die vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat entstammen dem aktuellen Länderinformationsblatt vom 24.07.2019 und ergeben sich aus den im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Das trifft somit auch auf die daraus oben auszugsweise zitierten Länderfeststellungen zu.

Bei den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen handelt es sich um eine ausgewogene Auswahl sowohl staatlichen als auch nichtstaatlichen Ursprungs, die es ermöglicht, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann.

Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des Gerichts bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogene und aktuelle.

Der Beschwerdeführer ist den Länderfeststellungen insofern entgegengetreten, dass er in der Beschwerde einen weiteren, etwa aus der gleichen Zeit stammenden Bericht zitiert hat. Widersprüche hat er dabei indes nicht aufgezeigt, sodass kein Grund besteht, am Zutreffen der Feststellungen zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1 Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I):

3.1.1 Nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht, und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.1.2 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass das Geschilderte soweit es die Bedrohung des Beschwerdeführers vor der Ausreise und die Fluchtgründe betrifft - wie es bereits das BFA sah - als unglaubwürdig, wenig wahrscheinlich und damit nicht als den Tatsachen entsprechendes Vorbringen anzusehen ist, das im Zuge des Verwaltungsverfahrens mehrfach abgewandelt, korrigiert und gesteigert wurde.

Wie die Feststellungen zeigen, hat der Beschwerdeführer damit also keine Verfolgung oder Bedrohung glaubhaft gemacht, die asylrelevante Intensität erreicht. Da auf eine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers auch sonst nichts hinweist, ist davon auszugehen, dass ihm keine Verfolgung aus in den in der GFK genannten Gründen droht.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.2 Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II):

3.2.1 Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser Antrag in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Nach § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden.

Das Beschwerdevorbringen beinhaltet die Behauptung einer Verfolgung, welcher der Beschwerdeführer nach Rückkehr ausgesetzt wäre, führte aber zu keinen einschlägigen Feststellungen im Sinn der angeführten Bestimmungen.

3.2.2 Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach erkannt, dass auch die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR betont, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174 und VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443 mwH). Nach den Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers und den Länderfeststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde.

Er spricht die Landessprache und ist arbeitsfähig, hat eine lange Schulausbildung und Berufserfahrung im Herkunftsstaat erworben, ist dort aufgewachsen und mit den Gegebenheiten vertraut. Demnach ist er zur Selbsterhaltung fähig, selbst wenn ihn die dort lebende Kernfamilie und die anderen Verwandten dort nicht unterstützen sollten.

Aufgrund all dessen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch der Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

3.3 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III):

Im Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheids sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" gemäß "§ 57 AsylG" nicht erteilt werde. Damit war nach der Begründung (S. 76, AS 293) das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemeint. Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Aus der Beschwerde und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich auch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher - von der Richtigstellung abgesehen - auch betreffend den Spruchpunkt III abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die vorliegende Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Glaubhaftmachung von Asylgründen oder zur Relevanz der Selbsterhaltungsfähigkeit bei der Prüfung einer möglichen Notlage.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist.

Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass über die Beschwerde in der zweiwöchigen Frist des § 33 Abs. 4 AsylG 2005 entschieden wird - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.

Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 mwH).

Schlagworte

Asylantragstellung, asylrechtlich relevante Verfolgung,
Asylverfahren, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz,
Aufenthaltstitel, begründete Furcht vor Verfolgung,
berücksichtigungswürdige Gründe, Fluchtgründe, Glaubhaftmachung,
Glaubwürdigkeit, real risk, reale Gefahr, subsidiärer Schutz,
Verfolgungsgefahr, Verfolgungshandlung, wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I419.2228846.1.00

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten