TE Bvwg Beschluss 2020/4/2 G301 2230057-1

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Veröffentlicht am 02.04.2020
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Entscheidungsdatum

02.04.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76

Spruch

G301 2230057-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter MMag. Dr. René BRUCKNER in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Volksrepublik China, BFA-Zl. XXXX:

A)

Die Vorlage der Verwaltungsakten zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird wegen Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Steiermark, vom 20.12.2019 zu der im Spruch angeführten Geschäftszahl, vom BF persönlich übernommen am 20.12.2019 um 12:05 Uhr, wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm. § 57 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Der BF befindet sich seitdem in Schubhaft, die derzeit im XXXX der Landespolizeidirektion (LPD) XXXX vollzogen wird.

Am 31.03.2020 langten beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Steiermark, zum Zweck der amtswegigen Überprüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG der seit 20.12.2019 andauernden Anhaltung in Schubhaft des im gegenständlichen Verfahren betroffenen Fremden (im Folgenden: BF) vorgelegten Verwaltungsakten unter Anschluss einer diesbezüglichen Stellungnahme der belangten Behörde (datiert mit 30.03.2020) zu den Gründen für die Aufrechterhaltung der Anhaltung in Schubhaft ein.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zurückweisung der Beschwerde wegen Unzuständigkeit (Spruchpunkt A.):

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Gemäß § 80 Abs. 6 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung, hat das BFA von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

Im gegenständlichen Fall beruht die andauernde Anhaltung in Schubhaft auf dem Schubhaftbescheid des BFA vom 20.12.2019, wobei die angeordnete Schubhaft seit der persönlichen Ausfolgung des Schubhaftbescheides an den BF am selben Tag um 12:05 Uhr vollstreckt wird.

Unter Zugrundelegung des Beginns der Anhaltung in Schubhaft am 20.12.2019 hatte das BFA eine Überprüfung der Verhältnismäßigkeit gemäß § 80 Abs. 6 FPG "längstens alle vier Wochen", somit spätestens bis zum 17.01.2020, 14.02.2020 und 13.03.2020 durchzuführen.

Die belangte Behörde hat tatsächlich am 07.01.2020, 11.02.2020 und zuletzt am 12.03.2020 jeweils eine amtswegige Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft gemäß § 80 Abs. 6 FPG durchgeführt.

Unter Berücksichtigung der letzten durchgeführten amtswegigen Überprüfung des BFA am 12.03.2020 hätte die nächstfolgende Überprüfung durch das BFA bis längstens vier Wochen später, also bis 09.04.2020 zu erfolgen.

Das BVwG hat eine erstmalige Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, durchzuführen. Unter Berücksichtigung des Beginns der Anhaltung in Schubhaft am 20.12.2019 ist der 21.04.2020 jener Tag, mit dessen Beginn das vierte Monat bereits überschritten wurde. Nach diesem Tag, somit am 22.04.2020, hat gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG eine erste Überprüfung der Verhältnismäßigkeit durch das BVwG zu erfolgen, wobei das BFA die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen hat, dass dem BVwG eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Eine Aktenvorlage des BFA an das BVwG wäre im vorliegenden Fall jedenfalls rechtzeitig, wenn diese bis zum 15.04.2020 erfolgt.

Tatsächlich wurden im gegenständlichen Fall die Verwaltungsakten dem BVwG am 31.03.2020 vorgelegt. Die Aktenvorlage erfolgte somit zwar vor dem letzten Vorlagetermin 15.04.2020, allerdings auch zehn Tage vor dem 09.04.2020, also jenem Tag, an dem spätestens nach Ablauf von vier weiteren Wochen eine neuerliche amtswegige Überprüfung gemäß § 80 Abs. 6 FPG durch das BFA erfolgen müsste.

Das erkennende Gericht sieht sich allerdings für eine erstmalige gerichtliche Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Anhaltung eines in Schubhaft befindlichen Fremden gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG erst dann für zuständig, wenn der Termin für die nächstfolgende eigene amtswegige Überprüfung durch das BFA gemäß § 80 Abs. 6 FPG in jenen Zeitraum fallen würde, der mit dem letzten Tag einer noch rechtzeitigen Aktenvorlage an das BVwG gemäß § 22a Abs. 4 zweiter Satz BFA-VG beginnt.

Mit anderen Worten bedeutet das: Wenn das BFA die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung das nächstfolgende Mal in der Zeit nach dem Tag überprüfen müsste, der eine Woche vor dem Entscheidungstermin des BVwG nach § 22a Abs. 4 erster Satz BFA-VG liegt, dann hat eine Aktenvorlage an das BVwG zur ersten gerichtlichen Überprüfung der Anhaltung zu erfolgen.

Eine Zuständigkeit des BVwG im gegenständlichen Fall wäre demnach erst dann gegeben, wenn der nächste Überprüfungstermin gemäß § 80 Abs. 6 FPG in die Zeit ab dem 15.04.2020 fallen würde.

Da im gegenständlichen Fall die nächstfolgende amtswegige Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des BF gemäß § 80 Abs. 6 FPG spätestens bis zum 09.04.2020 erfolgen müsste, dieser Termin allerdings nicht in den ab dem letztmöglichen Aktenvorlagetermin am 15.04.2020 beginnenden Zeitraum fällt (eine Woche vor dem Entscheidungstermin 22.04.2020), ist eine Zuständigkeit des BVwG zur Entscheidung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG nicht gegeben.

Da das BVwG für die Behandlung der gegenständlichen Rechtssache unzuständig ist, war die Vorlage der Verwaltungsakten zur Überprüfung der Anhaltung der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG mit Beschluss gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückzuweisen.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da die Beschwerde zurückzuweisen war, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG eine Verhandlung entfallen.

3.3. Zulässigkeit der ordentlichen Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die (ordentliche) Revision gegen die gegenständliche Entscheidung erweist sich nach Ansicht des erkennenden Gerichts gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG als zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt und es an einer Rechtsprechung des VwGH zu dieser Rechtsfrage fehlt.

Der VwGH hat sich zwar bereits in seiner Rechtsprechung mit der Bestimmung des § 22a Abs. 4 BFA-VG in einzelnen Aspekten auseinandergesetzt (siehe vor allem VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0181; auch 30.08.2018, Ra 2018/21/0111), allerdings sich bislang im Zusammenhang mit § 22a Abs. 4 BFA-VG nicht dahingehend ausgesprochen, welche Rechtsnatur den darin angeführten Terminen und Fristen für eine - erstmalige und danach periodisch erfolgende - Aktenvorlage bzw. für die Entscheidung durch das BVwG zukommt, wie der Lauf der betreffenden Fristen jeweils zu berechnen ist und welche Rechtsfolgen für die Nichteinhaltung dieser Fristen oder eine divergierende Auslegung über die Berechnung der maßgeblichen Fristen bestehen. Überdies liegt auch keine Rechtsprechung des VwGH zum Verhältnis des § 22a Abs. 4 BFA-VG mit dem in der gegenständlichen Rechtssache jedoch auch maßgeblichen § 80 Abs. 6 FPG und der Zuständigkeit des BVwG und des BFA zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der andauernden Anhaltung eines Fremden in Schubhaft vor, insbesondere ob eine sachliche Überprüfungskompetenz des BVwG und des BFA jedenfalls immer nur getrennt voneinander besteht oder allenfalls auch - für gewisse Zeiträume - zeitlich überschneidend.

Schlagworte

Revision zulässig, Unzuständigkeit, Unzuständigkeit BVwG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G301.2230057.1.00

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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