Entscheidungsdatum
07.04.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z4Spruch
W182 2217531-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.03.2019, Zl. 732456710 - 180893905 / BMI-BFA_BGLD_RD, gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 7 Abs. 1 und Abs. 4, 8 Abs. 1 Z 2, 10 Abs. 1 Z 4, 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl I Nr. 87/2012 idgF, und §§ 52 Abs. 2 Z 3, Abs. 9, 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5, 46, Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Dauer des verhängten Einreiseverbotes auf acht Jahre herabgesetzt wird.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. I Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, gehört der tschetschenischen Volksgruppe an, reiste am 17.08.2003 im Alter von XXXX Jahren illegal mit seinen Eltern und seinem jüngeren Bruder über die Slowakei ins Bundesgebiet ein und stellte in weiterer Folge noch am selben Tag einen Asylantrag.
Der Vater des BF begründete seinen Asylantrag bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 29.09.2003 sowie am 11.05.2004 im Wesentlichen damit, dass er zwischen November 2001 und August 2003 vier Mal von russischen Spezialeinheiten (FSB) festgenommen und für mehrere Tage angehalten worden sei, weil er seit 2001 mit einem Lkw Warentransporte für XXXX , dessen Sippe ( XXXX ") er angehöre, durchgeführt habe. Da der Vater des BF sich immer bereit erklärt habe, mit dem FSB zusammenzuarbeiten, sei er freigelassen worden. Auf Ratschlag seiner Eltern habe er die Möglichkeit zur Flucht genutzt, weshalb er nunmehr im Falle seiner Rückkehr mit den schlimmsten Folgen bis hin zu einer Ermordung rechnen müsse.
Die gesetzliche Vertreterin und Mutter des BF verwies vollinhaltlich auf die Fluchtgründe ihres Gatten; die beiden minderjährigen Söhne selbst hätten demgegenüber keinerlei Probleme gehabt, sondern seien lediglich gemeinsam mit ihren Eltern ins Bundesgebiet gereist.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.08.2004, Zl. 03 24.567/1-BAE, wurde der Asylantrag des BF gemäß § 7 AsylG1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002, abgewiesen (Spruchpunkt I.), die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. für zulässig (Spruchpunkte II.) erklärt und der BF unter einem gemäß § 8 Abs. 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt III.).
1.2. In Erledigung einer dagegen erhobenen Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.11.2005 mit rechtskräftigem Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 04.05.2006, Zl. 242.238/1-IX/25/04, dem BF - wie im Übrigen mit zeitgleichen Entscheidungen auch seinen Eltern und seinem jüngeren Bruder - gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG), BGBl. I Nr. 1997/76 i. d.F. 2003/101 iVm § 12 leg. cit. die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.
In der Entscheidung wurde im Wesentlichen festgestellt, dass der Vater des BF glaubhaft dartun habe können, dass er ab dem Jahr 2001 Warentransporte für XXXX durchgeführt habe, seither mehrmals (3-4 Mal), zuletzt im August 2003 von föderalen Truppen festgenommen, misshandelt und teilweise mehrere Tage angehalten worden sei, wobei er auf die Zusage, für diese als Spion zu arbeiten, freigelassen worden sei und infolge das Land verlassen habe. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Vater des BF nach den getroffenen Feststellungen in das Blickfeld der russischen Behörden gelangt und davon auszugehen sei, dass er von russischer, staatlicher Seite aus politischen Gründen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit als Gegner angesehen, bzw. eine solche Gegnerschaft oder Sympathie und tatkräftige Unterstützung für solche Gegner in Verbindung mit seiner ethnischen Herkunft unterstellt würde. Die persönliche Verfolgungsgefährdung des BF - wie auch seiner Mutter bzw. seines Bruders - sei in der die gesamte Familie betreffenden Gefahr eines Übergriffes durch russische Behörden zu sehen, weil diese (über den Vater des BF) in das Blickfeld der Behörden geraten sei. Sohin werde der Asylgrund der Familie als soziale Gruppe schlagend. Dem BF wäre es wegen der gegenüber Tschetschenen praktizierten Restriktionen beim Erwerb von Zuzugsgenehmigungen praktisch unmöglich, sich außerhalb Tschetscheniens niederzulassen und sich eine Existenzgrundlage zu schaffen, zumal er auch über entsprechende Verwandtschaftsbeziehungen nicht verfüge.
1.3. Am 16.07.2015 teilte das Außenministerium dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) mit, dass der BF sich "für längere Zeit in einer Haftanstalt in der Slowakei befindet (Seite 393 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes)."
Entsprechende Erhebungen der österreichischen Behörden förderten zutage, dass der BF gegen ein zuvor seitens der Slowakei rechtskräftig verhängtes Aufenthaltsverbot verstoßen hatte. Die aktuell vollzogene Strafhaft umfasste einen Zeitrahmen von insgesamt fünf Monaten (vgl. Seiten 399 bis 409 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes).
Rechtfertigend führte der BF, der geschiedene Vater zweier Kinder, in einer handgeschriebenen Stellungnahme an die österreichische Auslandsvertretung seine Beziehung zu einer slowakischen Staatsangehörigen ins Treffen, welche er nicht nur sehr lieben würde, sondern welche von ihm auch noch im achten Monat schwanger wäre (vgl. Seite 411 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes).
1.4. Am XXXX .2017 wurde der BF vom Landesgericht für Strafsachen XXXX , Zl. XXXX , wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes gemäß §§ 15, 142 Abs. 1 und 143 Abs.1 StGB sowie der Vergehen der schweren Körperverletzung gemäß §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB, der Urkundenunterdrückung gemäß § 229 Abs. 1 StGB, des gewerbsmäßigen Betruges gemäß §§ 146, 148 erster Fall StGB, der Sachbeschädigung gemäß § 125 StGB, der Nötigung gemäß § 105 Abs. 1 StGB und des Diebstahls gemäß §§ 15 iVm 127 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von drei Jahren verurteilt.
Die zugrundeliegenden Sachverhalte gliedern sich wie folgt:
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Am XXXX 2018 hat der BF XXXX während der Vollziehung seiner Pflichten vorsätzlich am Körper verletzt, indem er diesem XXXX (Punkt I.);
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am XXXX .2016 hat der BF im Zusammenhang mit einem unbekannten Mittäter mit Gewalt gegen eine Person einem anderen eine fremde Sache unter Verwendung einer Waffe mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wegzunehmen versucht, indem er das Geschäftslokal des Opfers betrat, einen XXXX aus der Jacke nahm und in weiterer Folge mit diesen mit den Worten "Nicht bewegen, Überfall" XXXX , wobei es nur aufgrund der Gegenwehr des Opfers beim Versuch blieb (Punkt II.);
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in den Jahren 2016 und 2017 unterdrückte der BF Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, indem er insgesamt von XXXX , um sich im gewollten Zusammenwirken mit einer Mittäterin gewerbsmäßig mit dem Vorsatz sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen, nämlich indem er die Opfer zur XXXX und dadurch am Vermögen geschädigt hat (Punkte III. und IV.);
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am XXXX .2017 beschädigte der BF eine fremde Sache, indem er XXXX versuchte, eine XXXX zu öffnen, wodurch ein entsprechender Sachschaden entstand (Punkt V.);
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am XXXX .2017 nötigte der BF einen Dritten zu einer Handlung, konkret zur Freigabe des Weges, indem er XXXX (Punkt VI.);
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am XXXX .2017 versuchte der BF, sich durch die vorsätzliche Wegnahme fremder beweglicher Sachen, konkret XXXX , unrechtmäßig zu bereichern, wobei es beim Versuch blieb, da er nach dem Kassenbereich von einem Ladendetektiv angehalten werden konnte (Punkt VII.).
Zur Person des BF wurde in den Entscheidungsgründen u.a. festgestellt, dass er im Herkunftsland vier Jahre lang in die Volksschule und fünf Jahre lang in die Hauptschule gegangen sei, nach seiner Einreise nach Österreich im Jahr 2003 ein Jahr die Hauptschule besucht und dann eine Lehre zum XXXX nach einem Jahr abgebrochen habe. Zuletzt sei er ohne Beschäftigung gewesen und habe Mindestsicherung bezogen. Er besitze kein Vermögen, habe Schulden von insgesamt etwa 5.000,- € und sei außerdem sorgepflichtig für zwei Kinder im Alter von XXXX und XXXX Jahren. In Österreich sei der BF bislang gerichtlich unbescholten. In Deutschland sei er jedoch von Amtsgericht XXXX zur Zl. XXXX am XXXX 2017 (rechtskräftig seit XXXX .2017) wegen des unerlaubten Handels mit nicht ausschließlich für den persönlichen Gebrauch bestimmten Betäubungsmitteln, psychotropen Stoffen und Drogenausgangsstoffen zu einer Geldstrafe von XXXX verurteilt worden.
Hinsichtlich der Strafzumessungsgründe wurde ausgeführt:
"Besonders schwer wog bei der Strafzumessung, dass der Angeklagte einer Vielzahl von Vergehen und eines Verbrechens schuldig erkannt wurde. Die Fakten- und Deliktsvielzahl veranschaulicht eindringlich die ablehnende Haltung des Angeklagten gegenüber den allgemein akzeptierten rechtlichen Werten, körperliche Unversehrtheit, Freiheit anderer, fremdes Vermögen und die Zuverlässigkeit von Urkunden. Daher war, trotz des Umstandes, dass er in Österreich bislang unbescholten war und er bislang das Haftübel noch nicht verspürte, aus spezialpräventiven Erwägungen mit einer empfindlichen und zur Gänze unbedingten Freiheitsstrafe vorzugehen. Die Verurteilung in Deutschland wurde als einschlägig gewertet, weil es sich dabei um eine Verurteilung wegen des unerlaubten Handelns mit nicht ausschließlich für den persönlichen Gebrauch bestimmten Betäubungsmitteln, psychotropen Stoffen und Drogenausgangsstoffen handelte. Dieses Delikt richtet sich demnach gegen das Vermögen und die körperliche Unversehrtheit der Abnehmer. Beachtlich war bei der Strafbemessung auch, dass der Angeklagte über mehrere Monate hinweg sein delinquentes Verhalten fortsetzte und trotz Kenntnis des gegen ihn anhängigen Ermittlungsverfahrens keine Anstalten zeigte, sein strafbares Verhalten einzustellen. Bei der Straffindung waren die Milderungsgründe zwar zu berücksichtigen, diesen wurde aber nur eine geringe Bedeutung zugemessen. Beim Versuch blieb es nämlich nur deshalb, weil sich das Opfer einmal zur Wehr setzte und weil der Angeklagte das andere Mal auf frischer Tat betreten wurde. Ebenso erfolgte die teilweise Sicherstellung der Beute nur, weil der Angeklagte betreffend Punkt VII./ auf frischer Tat betreten wurde und die Sachen bei sich hatte. Auch das reumütige Geständnis wog nur gering, weil der Angeklagte betreffedn dieses Faktum auf frischer Tat betreten wurde und die Beweislage daher entsprechend erdrückend war. Angesichts der Vielzahl an Fakten und Delikten, wegen denen der Angeklagte schuldig erkannt wurde, war auch aus generalpräventiven Erwägungen mit einer mehrjährigen und unbedingten Freiheitsstrafe vorzugehen, um der Bevölkerung zu signalisieren, dass bei einer derartigen Abneigung gegenüber gesellschaftlich anerkannten Werten, mit entsprechend empfindlichen Strafen vorgegangen und ein derartiges Verhalten nicht bagatellisiert wird. Die Strafe konnte dennoch im untersten Bereich des anzuwendenden Strafrahmens ausgemessen werden, weil besonders das Strafsatz bestimmende Delikt nicht vollendet werden konnte - wenn auch aufgrund der Gegenwehr des Opfers - und die Möglichkeit einer Bedachtnahme auf die Verurteilung in Deutschland nur wegen des vergleichsweise unbedeutenden Punkt VII./ ausgeschlossen war" (vgl. As 509 -510).
Eine Berufung des BF wurde mit Urteil vom XXXX .2018, Zl. XXXX , des Oberlandesgerichtes XXXX in sämtlichen Punkten abgewiesen; demgegenüber wurde jener der Staatsanwaltschaft Folge gegeben und die verhängte Freiheitsstrafe auf vier Jahre erhöht.
Begründend führte die Berufungsinstanz in diesem Kontext aus, wonach zu jenen bereits vom Erstgericht angeführten noch weitere Erschwernisgründe wie die Tatbegehung eines Raubes in Gesellschaft, die Verletzung des Raubopfers, der längere Tatzeitraum zu den Fakten III. und IV. sowie im Hinblick auf das Faktum VII. der rasche Rückfall nach der in Deutschland erfolgten Strafverurteilung zu berücksichtigen gewesen seien. Demgegenüber sei bei der Strafbemessung auf den Verfall Rücksicht zu nehmen gewesen.
Abschließend wurde ausgeführt:
"Unter Heranziehung dieser zum Nachteil korrigierten Strafzumessungslage, unter Berücksichtigung, dass der schwere Raub nur an der Gegenwehr des Opfers und der Diebstahl bloß an der Betretung des Angeklagten scheiterte und unter Beachtung generalpräventiver Erwägungen - es gilt potentiellen Tätern mit ähnlich geringer Hemmschwelle zur Begehung schwerer Vermögensdelinquenz (Faktum II., IV.) im Milieu und Lebenskreis des Angeklagten das Missverhältnis zwischen der erwarteten schnellen Beute sowie der staatlichen Reaktion darauf im Fall der Betretung aufzuzeigen und sie von der Begehung solcher vermögensdeliktischer Umtriebe verlässlich abzuhalten - erweist sich bei einem Strafrahmen von einem bis zu 15 Jahren Freiheitstrafe die vom Erstgericht ausgesprochene dreijährige Unrechtsfolge weder als tat- noch als schuld-angemessen und war auf das spruchgemäße Ausmaß zu erhöhen" (vgl. As 523).
2.1. Am 20.03.2019 niederschriftlich zu dem am 20.09.2018 amtswegig von der belangten Behörde initiierten Aberkennungsverfahren zum Status des Asylberechtigten einvernommen, gab der BF an, im Jahr XXXX seine Lebensgefährtin und Mutter seiner beiden minderjährigen Kinder traditionell nach islamischem Recht geehelicht zu haben. Sowohl er selbst, als auch seine Gattin und die gemeinsamen Kinder würden allesamt zwar noch immer über die russische Staatsangehörigkeit verfügen, aber strebe die Familie aktiv die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an. Seiner Frau und den Kindern komme in Österreich der Asylstatus zu. Während seines Strafhaftaufenthalts werde er nicht nur von den eben erwähnten Kernfamilienmitgliedern regelmäßig im Gefängnis besucht, sondern darüber hinaus auch von den ebenfalls im Bundesgebiet lebenden Eltern und seinem jüngeren Bruder. In Tschetschenien verfüge der BF noch immer über zahlreiche Cousins, mit denen er auch ab und zu Kontakt habe. In der Ukraine habe er Verwandte besucht, im Herkunftsland sei er seit seiner Ausreise nicht mehr gewesen. Vor seiner Inhaftierung hätte er zunächst in einer XXXX und später dann für einen XXXX gearbeitet, sei dann aber arbeitslos geworden, zumal er es vorgezogen habe, seinen kranken Sohn im Krankenhaus zu besuchen anstatt seinen Dienst in gewohnter Weise weiter zu verrichten. Zwar hätte er vor seiner Festnahme stets zusammen mit seiner Ehefrau gelebt, offiziell aber getrennte Wohnsitze angegeben, um auf diese Weise einen höheren Betrag an Unterstützungsgeldern lukrieren zu können. Aktuell nehme der BF regelmäßig Medikamente ein, um auf diese Weise besser schlafen zu können; in einer ärztlichen Behandlung befinde er sich aber nicht.
In seinem Herkunftsland wäre die Situation mittlerweile noch viel schlimmer als zu jener Zeit, in der seine Eltern mit ihm und seinem Bruder ausgereist seien. Konkret verfüge Kadyrov über "stärkere und größere Männer, die sind viel schlimmer als die Russen von früher (vgl. erstinstanzliches Protokoll vom 20.03.2019, S. 4)." Er kenne Menschen, die freiwillig zurückgegangen und nach zwei Monaten wieder gekommen seien und gebettelt hätten, nicht mehr "zurück zu müssen". Würden die seinerzeit im ursprünglichen Asylverfahren präsentierten Gründe nicht vorliegen, könnte der BF "natürlich" wieder nach Hause zurückkehren. Mittlerweile wäre die Lage aber noch schwieriger als jemals zuvor. Auf den Vorhalt seitens des Bundesamtes, dass sein Vater wegen Unterstützung des tschetschenischen Widerstandes in Form von Warentransporten für den XXXX von russischen Einheiten festgenommen und geschlagen worden sei, der damals herrschende Krieg inzwischen aber längst beendet und die frühere "russische Besatzung" vorbei sei, erwiderte der BF, dass unter Kadyrow noch immer unschuldige Menschen des Terrorismus bezichtigt und ermordet werden würden. Der BF ziehe es stattdessen vor, lieber im Bundesgebiet zu bleiben; er wolle in Österreich ein gutes Leben führen, er wolle auch keine Sozialleistungen, er wolle arbeiten und seine Familie versorgen. Im Herkunftsland befürchte er auch Verfolgung wegen seines Familiennamens. Sein XXXX liege gleich neben XXXX und ihre Stämme hätten schon immer gegeneinander gekämpft.
Den Vorhalt seiner schwerwiegenden strafrechtlichen Verfehlungen nahm der BF zu Kenntnis, bestritt allerdings ein Aufenthaltsverbot in der Slowakei, ein solches sei lediglich in Ungarn gegen ihn verhängt worden, wobei er freigesprochen worden wäre. Er dürfe jedoch bis 2020 nicht nach Ungarn einreisen. In der Slowakei sei er nicht gewesen, vielmehr habe sich ein irakischer Kurde seiner Identitätsdaten, seines Autos sowie seines Führerscheins bedient, während er selbst nichts ahnend im Krankenhaus gewesen sei.
Einen triftigen Grund zurück in sein Herkunftsland zu gehen, könne er nicht erkennen, seine gesamte Familie sei in Österreich. Unter Vorhalt, dass es ihm möglich sei, frei überall in Russland seinen Wohnsitz zu nehmen, gab der BF an, dass seine Frau und seine Kinder nicht nach Russland gehen könnten, da sie in Österreich Asyl haben. Ohne seine Familie gehe er nirgendwo hin. Auf Vorhalt, dass aufgrund seiner mehrfachen Straftaten keine günstige Prognose getroffen werden könne, gab er an, garantieren zu können, sich künftig wohl zu verhalten. Alleine wegen seiner Kinder würde er nichts mehr machen. Er wolle nur noch eine Chance, wenn er diese "zweite Chance kaputt mache", dann könnten sie ihn aus Österreich "rausschmeißen". Eine Rückkehr nach Tschetschenien würde seinen sicheren Tod bedeuten. In Bezug auf die behördlich beabsichtigte Verhängung eines zehnjährigen Einreiseverbots nehme er diese faktisch zur Kenntnis. Er sei durch falsche Freunde auf den falschen Weg geraten, ihm sei als Familienvater nunmehr aber klar geworden, dass er nicht mehr straffällig werden wolle.
Zu den in der Einvernahme zur Einsichtnahme angebotenen vom Bundesamt herangezogenen aktuellen Länderberichten (LIB zur Russischen Föderation, Stand 31.08.2018, letzte Kurzinformation 28.02.2019), zu welchen dem BF auch die Gelegenheit einer schriftlichen Stellungnahe eingeräumt wurde, gab dieser an: "Ich möchte das nicht und auch keine schriftliche Stellungnahme einbringen. Das ist alles falsch und Propaganda."
2.2. Mit Bescheid vom 29.03.2019, Zl. 732456710 - 180893905 / BMI-BFA_BGLD_RD, erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem BF den mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 04.05.2006, Zl. 242.238/1-IX/25/04, zuerkannten Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ab und stellte gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 fest, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Weiters erkannte das Bundesamt dem BF gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG 2005 ebensowenig erteilt (Spruchpunkt III.), sondern stattdessen gegen diesen gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA- VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt V.). Unter einem wurde dem BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung zur freiwilligen Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG idgF wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten wurde festgestellt, dass ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten am 20.09.2018 eingeleitet worden sei. Die Umstände, auf Grund derer er als Flüchtling anerkannt worden sei, seien weggefallen und könne er es nicht mehr ablehnen, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitze. Der Status des Asylberechtigten sei Ihm vor mehr als fünf Jahren zuerkannt worden. Er sei straffällig geworden, da er wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes falle, rechtskräftig verurteilt worden sei. Die Voraussetzungen, die zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten geführt haben, würden nicht mehr vorvorliegen. Zu den Gründen für die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die Situation des BF im Fall der Rückkehr wurde festgestellt, dass nicht festgestellt werden könne, dass er in seinem Herkunftsstaat von solchen Verhältnissen betroffen sei, die dazu führen, dass er wenn er sich dort aufhalte, einem realem Risiko unterworfen wäre, einer Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Gefahr ausgesetzt zu sein oder einer dem 6. oder 13. Zusatzprotokoll zur EMRK widerstreitenden Behandlung unterworfen zu werden. Er verfüge über enge familiäre Anbindungen in der Russischen Föderation. Er sei gesund und arbeitsfähig und habe berufliche Erfahrungen. Er verfüge über eine Unterkunftsmöglichkeit im Herkunftsstaat. Zum Privat- und Familienleben des BF wurde festgestellt, dass eine zwingende Rückkehr in den Herkunftsstaat das private Interesse des BF am Verbleib in Österreich überwiege. Er habe vor seiner jetzigen Haft bei seiner Frau und seinen Kindern in XXXX gelebt, sei aber seit 2015 mit Unterbrechungen ebenso inhaftiert gewesen. Seine Frau und seine Kinder würden ihn in der Haft besuchen. Gegen seine Frau und seine Kinder, die auch einen Asylstatus innehaben, sei ebenfalls ein Aberkennungsverfahren eingeleitet worden. Außerhalb seiner Kernfamilie leben noch seine Eltern und sein jüngerer Bruder in XXXX . Gegen diese Familienmitglieder sei ebenfalls ein Aberkennungsverfahren beim Bundesamt anhängig. Der BF sei in Österreich sonst nicht verfestigt oder verankert. Er habe angegeben, 2005 in einer XXXX , danach neun Jahre lang für XXXX gearbeitet zu haben. Danach sei er dann arbeitslos gewesen. Derzeit gehe er in Österreich keiner Beschäftigung nach. Er habe kein eigenes Einkommen. Er spreche gut Deutsch. Er habe angegeben, in Österreich aufgewachsen und zwei Jahre die Hauptschule besucht zu haben. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX 2017 (rechtskräftig seit Jänner 2018), sei er wegen §§ 125, 146, 148 1. Fall. 229 (1), 105 (1), 15, 142 (1), 143 (1) 2. Fall, 15, 127, 83 (1) und 84 (2) StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Weiters wurden Feststellungen zur Situation im Herkunftsland getroffen.
In der Beweiswürdigung wurde dazu ausgeführt:
"Ihnen wurde mit früherer rechtskräftiger Erkenntnis des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 29.11.2005, Zahl:
242.238/10-IX/25/05 internationaler Schutz ausschließlich wegen wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung wegen unterstellter politischer Gesinnung in Verbindung mit Ihrer ethnischen Zugehörigkeit bzw. Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe (in Ihrem Fall die soziale Gruppe der Familie) - Ihr Vater gab an, an Kampfhandlungen gegen die Russen teilgenommen zu haben und für den XXXX Warentransporte durchgeführt zu haben und deswegen von russischen Einheiten festgenommen und geschlagen worden zu sein - zuerkannt worden ist. Da Sie zufolge der Feststellungen wegen mehrerer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlungen, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt, rechtskräftig verurteilt worden sind, wurden Sie straffällig, weshalb die unwiderlegliche Vermutung der sozialen Verfestigung auf Sie nicht anwendbar ist. Da sich die Lage im Herkunftsland zwischenzeitlich derart nachhaltig geändert hat, geht das Bundesamt davon aus, dass Ihnen keine Verfolgung mehr drohen kann und auch soweit beständig nicht drohen wird. Vor allem zufolge der aktuellen Länderfeststellungen sind die Umstände, die zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten geführt haben, nicht mehr gegeben. Russische Streitkräfte befinden sich schon lange nicht mehr in Tschetschenien, Säuberungsaktionen von deren Seite finden nicht mehr statt, ehemalige Widerstandskämpfer sind hochdekoriert, hochverehrt und es sitzen sogar einige dieser alten Kämpfer in der gegenwärtigen Regierung. Sohin können Sie wenn sie nach Wegfall der Umstände, auf Grund derer Sie als Flüchtling anerkannt worden sind, es nicht mehr ablehnen, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen. Siehe dazu auch Punkt E). Diese Umstände wurden Ihnen im Zuge der Einvernahme vorgehalten und Sie nannten keine glaubhaft begründeten eigenen, eventuell nachträglich eingetretenen Befürchtungen bzw. waren pauschal geäußerte Befürchtungen alleine schon angesichts der herangezogenen Länderfeststellungen nicht glaubhaft. Ihre bloß pauschalen und oberflächlichen Angaben entbehren auch jeglicher Grundlage und nannten Sie auch keine dahingehenden Quellen, somit sind diese Aussagen völlig spekulativ sind und keinen Beweiswert haben. Sollten Sie wegen Ihres Namens - das brachten Sie in der Einvernahme vom 20.03.2019 zumindest vor - fürchten in Ihr Heimatdorf in Tschetschenien zurückzukehren, steht Ihnen die gesamte russische Föderation für eine Existenzgründung für Sich und Ihre Familie offen. Die Feststellungen zu Ihrem Herkunftsland basieren auf einer Zusammenstellung des BFA. Diese ist gemäß § 5 BFA-VG zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszugehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen. Zur Aktualität der Quellen, die für die Feststellungen herangezogen wurden, wird angeführt, dass diese, soweit sich die erkennende Behörde auf Quellen älteren Datums bezieht, aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können. Aus den Ländererkenntnissen und den Feststellungen zu Ihren persönlichen Umständen ergibt sich bei Berücksichtigung des sohin verbleibenden Sachverhaltes zudem, dass weder eine Gewalt somit glaubhaft willkürlich oder schwer ist, noch stellt dies zwingend und wahrscheinlich eine ernsthafte und glaubhafte Bedrohung für Ihre Person dar. Ihre Niederlassung im, sowie eine Einreise und Hinreise in den Herkunftsstaat (somit auch in jedem Teil des Gesamtstaates) mit oder ohne Ihre Familie ist somit reell möglich, ebenso wie eine Existenzgründung. Sie sind arbeitsfähig und vermögen sich jedenfalls unter Berücksichtigung Ihrer persönlichen Umstände Ihre Existenz im Falle der Rückkehr sichern. Sie verfügen über eine Unterkunftsmöglichkeit, weil laut Ihren Angaben mehrere Cousins im Herkunftsstaat leben, diese Ihnen auch allfällige finanzielle Unterstützung aufgrund der traditionellen Gepflogenheiten zukommen lassen werden um Ihnen so bei einer Existenzgründung behilflich zu sein. Es steht Ihnen frei mit diesen jederzeit Kontakt aufzunehmen, sollten Sie sich entscheiden wieder in Tschetschenien wohnhaft zu werden. Aus den Erkenntnisquellen muss zudem der Schluss gezogen werden, dass Ihnen, durchaus auch eine alternative Aufenthaltsmöglichkeit in der Russischen Föderation zur Verfügung steht. Es steht Ihnen frei, sich gemeinsam mit Ihrer Familie an einem anderen Ort anzusiedeln, sollten Sie sich dafür entscheiden. Es steht Ihnen wie vielen anderen russischen Staatsbürgern frei, sich an einem anderen Ort anzusiedeln, etwa in den Erdöl bzw.- Erdgas- und bodenschatzreichen Regionen Sibiriens, um damit Vorteile im Zuge der Arbeitsaufnahme (etwa Unterkunft oder soziale Wohlfahrt-vgl. Länderfeststellungen) lukrieren können, sollten Sie Sie sich dafür entscheiden nicht mehr nach Tschetschenien (zu den Angehörigen) zu ziehen.
Zur Interessensabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wurde insbesondere auf die strafgerichtliche Verurteilung unter detaillierter Darstellung der Straftaten verwiesen und weiter ausgeführt: "Aus diesen angeführten Fakten ergibt sich, dass trotz familiärer Beziehungen in Österreich keine Hinweise vorliegen, welche den Schluss zulassen, dass durch eine zwingende Rückkehr auf sonstige Weise unzulässigerweise in Ihr Privat- oder Familienleben eingegriffen wird. Sie führten zwar Ihre Beziehung zu einer tschetschenischen Frau und Ihren gemeinsamen Kindern in Österreich mit Flüchtlingsstatus ins Treffen, allerdings beruht Ihr Kontakt zu diesen seit Ihren Inhaftierungen lediglich auf Besuche in den diversen Haftanstalten. Ein unauflösliches Abhängigkeitsverhältnis ist somit nicht hervorgekommen. Letztlich sei auch darauf hingewiesen, dass es durchaus nicht dem Kindeswohl entspricht, wenn sie als massiv kriminelle Person auf diese Einfluss nehmen. Hypothetisch ist auch darauf hinzuweisen, dass weder Ihre Kinder noch Exfrau österr. Staatsbürger sind und es steht diesen fei mit Ihnen nach Russland zu ziehen, wen diese das wollen. Ein Aberkennungsverfahren zu Ihrer Ehefrau und Ihren Kindern ist ebenso anhängig. Sie besuchten zwar hierzulande zwei Jahre lang die Hauptschule, haben ein paar Jahre lang gearbeitet, haben Kontakt zu verschiedenen Freunden, sind aber aufgrund Ihrer offenkundigen Missachtung der Österr. Rechtsordnung nicht besonders integriert. Eine sonstige Teilnahme am sozialen Leben führten Sie ebenso nicht ins Treffen. Sie verfügen auch mangels Arbeit über kein Einkommen und können daher Ihren Unterhalt aus eigenem nicht bestreiten; Sie sind auf Sozialunterstützung angewiesen. Aufgrund ihres Lebenswandels ist auch damit zu rechnen, dass Sie einer Gebietskörperschaft finanziell zur Last fallen werden. Eine besondere Bindung zu Österreich -aus welchen Gründen auch immerkonnte zufolge den obigen Überlegungen nicht festgestellt werden und es ergibt sich dass das Interesse an einer zwingenden Rückkehr allfällig entwickelten Bindungen überwiegt. Da Ihrer Ehefrau und Ihren beiden Kindern zeitgleich mit Ihnen der Asylstatus aberkannt wird, bestehen keine Zweifel, dass die Rückkehr sohin zulässig ist."
Mit Verfahrensanordnung vom 01.04.2019 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater zugewiesen.
2.3. Gegen diese Entscheidung wurde binnen offener Frist eine Beschwerde eingebracht.
Inhaltlich wurden im Wesentlichen die regelmäßigen Gefängnisbesuche der Eltern sowie seiner Lebensgefährtin und zugleich Mutter der gemeinsamen Kinder betont, welche auf das Bestehen eines tatsächlichen Familienlebens hindeuten würden - es bestehe dadurch "ein inniger Kontakt." Angesichts des aktenmäßig belegten zweijährigen Hauptschulbesuchs des BF in Kombination mit dessen Deutschkenntnissen sei dessen "Grad der Integration sehr hoch."
Insgesamt wäre ihm im Bundesgebiet vor diesem Hintergrund "ein normales Erwerbsleben durchaus zumutbar und in seinem konkreten Fall auch konkret vorstellbar." Die familiären Bindungen zum Heimatland, wo er sich seit 16 Jahren nicht mehr aufgehalten habe, seien demgegenüber nur mehr sehr schwach ausgeprägt; zudem verhalte sich der BF in seiner Strafhaft ausgesprochen vorbildlich, bereue sein strafrechtswidriges Vorleben von ganzem Herzen und plane nach seiner Entlassung die Fortführung seines Lebens in geordneten Bahnen. Weiters wurde ausgeführt, dass der BF in Österreich durchgehend gearbeitet habe bis sein Sohn erkrankt sei und er sich mit diesem nur im Krankenhaus aufgehalten habe. Dazu wurde ein Versicherungsdatenauszug des BF beigelegt, demzufolge der BF von Anfang 2007 bis Mai 2009 mit kleinen Unterbrechungen erwerbstätig gewesen ist, seither aber - bis auf Zeiten von zusammengerechnet etwa vier Monaten - keiner dauerhaften Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen ist. Zur Höhe des ausgesprochenen Einreiseverbots wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass dieses zu hoch bemessen sei. Ohne die vom BF begangenen Taten verharmlosen zu wollen, sei in seinem Fall nicht die Schwere und Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu erkennen, die automatisch eine Erlassung eines Einreiseverbotes in dieser Höhe verhältnismäßig erscheinen lassen. Auch müssten die familiären Verbindungen Österreich bei der Bewertung mit berücksichtigt werden. Es dürfe zudem nicht außer Acht gelassen werden, dass von § 53 Abs. 3 FPG auch kriminelle Handlungen von höherem Unrechtsgehalt erfasst seien und würde die Erlassung eines Einreiseverbotes in der Dauer von zehn Jahren im gegenständlichen Fall somit in jenen Fällen keinen Spielraum mehr lassen, in denen eine Person eine noch größere und schwerwiegendere Anzahl von Delikten begehe, es sich um zu schützende Rechtsgüter noch höheren Ranges handle oder in Fällen organisierter Kriminalität. Vielmehr wären (beispielsweise) drei Jahre bereits als ausreichend anzusehen, um einen nachhaltigen Gesinnungswandel annehmen zu können.
2.4. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht vom heutigen Tag, Zl. W182 2219855-1, wurde die Beschwerde des Vaters des BF gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 13.05.2019, Zl. 732456503 - 190036759 / BMI-BFA_BGLD_RD, mit dem u.a. der ihm mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 04.05.2006, Zl. 242.242/1-IX/25/04, zuerkannten Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot erlassen wurde, abgewiesen.
Darin wurde u.a. festgestellt, dass der Vater des BF nicht glaubhaft dartun habe können, in der Russischen Föderation wegen der logistischen Unterstützung des tschetschenischen Widerstandes bzw. von XXXX bis zum Jahr 2003 oder sonstiger Gründe aktuell mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt zu sein.
Mit im Wesentlichen gleichen Ergebnis wurde durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, Zlen. W182 2217531-1, die Beschwerde des Bruders des BF gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 29.03.2019, Zl. 732456710 - 180893905 / BMI-BFA_BGLD_RD, als unbegründet abgewiesen.
Der Lebensgefährtin des BF wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 04.10.2019, Zl. 780488803 - 190292194 / BMI-BFA_BGLD_RD, der ihr mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.01.2009, Zl. 08 04.888-BAE, zuerkannte Status einer Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt und ihr der Status einer subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 nicht zuerkannt und auch kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 erteilt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 FPG gemäß § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG unzulässig ist, wobei ihr eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 erteilt wurde. Der Bescheid wurde mit 05.11.2019 rechtskräftig. Im Bescheid wurde u.a. festgestellt, dass sie die "geschiedene Gattin" des BF wäre.
2.5. Der BF befindet sich seit Juli 2017 in Justizhaft.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Zur Person des BF
Der BF ist russischer Staatsangehöriger, gehört der tschetschenischen Volksgruppe an, ist muslimischen Glaubens, ist im August 2003 im Alter von XXXX Jahren illegal mit seiner Familie nach Österreich eingereist und hat mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 04.05.2006 den Status eines Asylberechtigten zuerkannt erhalten. Dies wurde im Wesentlichen mit einer Gefährdung des BF wegen der Fluchtgründe seines Vaters begründet, wobei eine inländische Fluchtalternative aufgrund der allgemeinen Verhältnisse im Herkunftsland außerhalb Tschetscheniens verneint wurde.
Der BF, welcher seither zumindest auch in Deutschland strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, wurde am XXXX .2018 rechtskräftig durch ein Landesgericht bzw. Oberlandesgericht wegen des Verbrechens des schweren Raubes gemäß §§ 15, 142 Abs. 1 und 143 Abs.1 StGB sowie der Vergehen der schweren Körperverletzung gemäß §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB, der Urkundenunterdrückung gemäß § 229 Abs. 1 StGB, des gewerbsmäßigen Betruges gemäß §§ 146, 148 erster Fall StGB, der Sachbeschädigung gemäß § 125 StGB, der Nötigung gemäß § 105 Abs. 1 StGB und des Diebstahls gemäß §§ 15 iVm 127 Abs. 1 StGB rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von vier Jahren verurteilt. Der BF befindet sich aktuell in Strafhaft.
Der BF ist laut eigener Aussage seit 2007 mit einer russischen Staatsangehörigen nach islamischen Ritus verheiratet und hat mit dieser zwei gemeinsame Kinder.
Er hat im Herkunftsland vier Jahre lang die Volksschule und fünf Jahre lang die Hauptschule besucht. In Österreich hat er gleichfalls die Hauptschule besucht und danach eine Lehre zum XXXX nach einem Jahr abgebrochen. Er verfügt über keine Berufsausbildung. Er war in Österreich zumindest von Anfang 2007 bis Mai 2009 mit kleinen Unterbrechungen erwerbstätig, ist aber seither - bis auf Zeiten von zusammengerechnet etwa vier Monaten - keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen und hat Notstandshilfe bezogen. Er ist gesund und arbeitsfähig. Er spricht Deutsch, Tschetschenisch und Russisch.
Seine Eltern, sein Bruder, seine Lebensgefährtin und seine minderjährigen Kinder halten sich im Bundesgebiet auf.
Im Herkunftsland halten sich Familienangehörige des BF - zumindest zahlreiche Cousins, zu denen auch Kontakt bestand - auf.
Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, wonach der BF aktuell bei einer Rückkehr ins Herkunftsland landesweit wegen seines Vaters oder sonstiger Gründe der Folter, einer unmenschlichen Bestrafung oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt ist, konnte nicht festgestellt werden.
Im Übrigen wird der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang der Entscheidung zugrundgelegt.
2. Zur allgemeinen Situation in der Russischen Föderation bzw. Tschetschenien werden folgende Feststellungen getroffen:
Politische Lage
Die Russische Föderation hat ca. 143 Millionen Einwohner (CIA 12.7.2018, vgl. GIZ 7.2018c). Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau. Der Präsident verfügt über weit reichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik (GIZ 7.2018a, vgl. EASO 3.2017). Er ernennt auf Vorschlag der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung, die stellvertretenden Vorsitzenden und die Minister und entlässt sie (GIZ 7.2018a). Wladimir Putin ist im März 2018, bei der Präsidentschaftswahl im Amt mit 76,7% bestätigt worden. Die Wahlbeteiligung lag der Nachrichtenagentur TASS zufolge bei knapp 67% und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration (Standard.at 19.3.2018). Putins wohl ärgster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motivierten Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018). Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2.400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, um an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin (Tagesschau.de 19.3.2018, FH 1.2018). Putin kann dem Ergebnis zufolge nach 18 Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen. Gemäß der Verfassung darf er nach dem Ende seiner sechsjährigen Amtszeit nicht erneut antreten, da es eine Beschränkung auf zwei aufeinander folgende Amtszeiten gibt (Tagesschau.de 19.3.2018, vgl. OSCE/ODIHR 18.3.2018). Die Verfassung wurde per Referendum am 12.12.1993 mit 58,4% der Stimmen angenommen. Sie garantiert die Menschen- und Bürgerrechte. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist zwar in der Verfassung verankert, jedoch verfügt der Präsident über eine Machtfülle, die ihn weitgehend unabhängig regieren lässt. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trägt die Verantwortung für die Innen- und Außenpolitik und kann die Gesetzentwürfe des Parlaments blockieren. Die Regierung ist dem Präsidenten untergeordnet, der den Premierminister mit Zustimmung der Staatsduma ernennt. Das Parlament - Staatsduma und Föderationsrat - ist in seinem Einfluss stark beschränkt. Der Föderationsrat ist als "obere Parlamentskammer" das Verfassungsorgan, das die Föderationssubjekte auf föderaler Ebene vertritt. Er besteht aus 178 Abgeordneten: Jedes Föderationssubjekt entsendet je einen Vertreter aus der Exekutive und Legislative in den Föderationsrat. Die Staatsduma mit 450 Sitzen wird für vier Jahre nach dem Verhältniswahlrecht auf der Basis von Parteilisten gewählt. Es gibt eine Siebenprozentklausel. Wichtige Parteien sind die regierungsnahen Einiges Russland (Jedinaja Rossija) mit 1,9 Millionen Mitgliedern und Gerechtes Russland (Spravedlivaja Rossija) mit 400.000 Mitgliedern. Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) mit 150.000 Mitgliedern, die die Nachfolgepartei der früheren KP ist. Die Liberaldemokratische Partei (LDPR) mit 185.000 Mitgliedern, die populistisch und nationalistisch ausgerichtet ist, die Wachstumspartei (Partija Rosta), die sich zum Neoliberalismus bekennt; Jabloko, eine demokratisch-liberale Partei mit 55.000 Mitgliedern, die Patrioten Russlands (Patrioty Rossii), linkszentristisch, mit 85.000 Mitgliedern, die Partei der Volksfreiheit (PARNAS) und die demokratisch-liberale Partei mit 58.000 Mitgliedern (GIZ 7.2018a). Die Zusammensetzung der Staatsduma nach Parteimitgliedschaft gliedert sich wie folgt: Einiges Russland (339 Sitze), Kommunistische Partei Russlands (42 Sitze), Liberaldemokratische Partei Russlands (40 Sitze), Gerechtes Russland (23 Sitze), Vaterland-Partei (1 Sitz), Bürgerplattform (1 Sitz) (AA 5.2018b). Russland ist eine Föderation, die aus 85 Föderationssubjekten (einschließlich der international umstrittenen Einordnung der Republik Krim und der Stadt föderalen Ranges, Sewastopol) mit unterschiedlichem Autonomiegrad besteht. Die Föderationssubjekte (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Gebiete, Regionen und Föderale Städte) verfügen über jeweils eine eigene Legislative und Exekutive (GIZ 7.2018a, vgl. AA 5.2018b). Die Gouverneure der Föderationssubjekte werden auf Vorschlag der jeweils stärksten Fraktion der regionalen Parlamente vom Staatspräsidenten ernannt. Dabei wählt der Präsident aus einer Liste dreier vorgeschlagener Kandidaten den Gouverneur aus (GIZ 7.2018a). Es wurden acht Föderationskreise (Nordwestrussland, Zentralrussland, Südrussland, Nordkaukasus, Wolga, Ural, Sibirien, Ferner Osten) geschaffen, denen jeweils ein Bevollmächtigter des Präsidenten vorsteht. Der Staatsrat der Gouverneure tagt unter Leitung des Präsidenten und gibt der Exekutive Empfehlungen zu aktuellen politischen Fragen und zu Gesetzesprojekten. Nach der Eingliederung der Republik Krim und der Stadt Sewastopol in die Russische Föderation wurde am 21.3.2014 der neunte Föderationskreis Krim gegründet. Die konsequente Rezentralisierung der Staatsverwaltung führt seit 2000 zu politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit der Regionen vom Zentrum. Diese Tendenzen wurden bei der Abschaffung der Direktwahl der Gouverneure in den Regionen und der erneuten Unterordnung der regionalen und kommunalen Machtorgane unter das föderale Zentrum ("exekutive Machtvertikale") deutlich (GIZ 7.2018a).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (5.2018b): Russische Föderation - Außen- und Europapolitik,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/russischefoederation-node/russischefoederation/201534, Zugriff 1.8.2018
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CIA - Central Intelligence Agency (12.7.2018): The World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rs.html, Zugriff 1.8.2018
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EASO - European Asylum Support Office (3.2017): COI-Report Russian Federation - State Actors of Protection, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1489999668_easocoi-russia-state-actors-of-protection.pdf, Zugriff 1.8.2018
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FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2017 - Russia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1428824.html, Zugriff 1.8.2018
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2018a): Russland, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/russland/geschichte-staat/#c17836, Zugriff 1.8.2018
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2018c): Russland, Gesellschaft, https://www.liportal.de/russland/gesellschaft/, Zugriff 1.8.2018
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OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights (18.3.2018): Russian Federation Presidential Election Observation Mission Final Report,
https://www.osce.org/odihr/elections/383577?download=true, Zugriff 29.8.2018
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Presse.at (19.3.2018): Putin: "Das russische Volk schließt sich um Machtzentrum
zusammen",https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5391213/Putin_Das-russische-Volk-schliesst-sich-um-Machtzentrum-zusammen, Zugriff 1.8.2018
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Standard.at (19.3.2018): Putin sichert sich vierte Amtszeit als Russlands Präsident,
https://derstandard.at/2000076383332/Putin-sichert-sich-vierte-Amtszeit-als-Praesident, Zugriff 1.8.2018
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Tagesschau.de (19.3.2018): Klarer Sieg für Putin, https://www.tagesschau.de/ausland/russland-wahl-putin-101.html, Zugriff 1.8.2018
Sicherheitslage
Wie verschiedene Anschläge mit zahlreichen Todesopfern in den letzten Jahren gezeigt haben, kann es in Russland, auch außerhalb der Kaukasus-Region, zu Anschlägen kommen. Todesopfer forderte zuletzt ein Terroranschlag in der Metro von St. Petersburg im April 2017. Die russischen Behörden halten ihre Warnung vor Anschlägen aufrecht und rufen weiterhin zu besonderer Vorsicht auf (AA 28.8.2018a, vgl. BMeiA 28.8.2018, GIZ 6.2018d). Trotz verschärfter Sicherheitsmaßnahmen kann das Risiko von Terrorakten nicht ausgeschlossen werden. Die russischen Sicherheitsbehörden weisen vor allem auf eine erhöhte Gefährdung durch Anschläge gegen öffentliche Einrichtungen und größere Menschenansammlungen hin (Untergrundbahn, Bahnhöfe und Züge, Flughäfen etc.) (EDA 28.8.2018). Russland tritt als Protagonist internationaler Terrorismusbekämpfung auf und begründet damit seinen Militäreinsatz in Syrien. Vom Beginn des zweiten Tschetschenienkriegs 1999 bis ins Jahr 2013 sah es sich mit 75 größeren Terroranschlägen auf seinem Staatsgebiet konfrontiert, die Hunderten Zivilisten das Leben kosteten. Verantwortlich dafür war eine über Tschetschenien hinausgehende Aufstandsbewegung im Nordkaukasus. Gewaltzwischenfälle am Südrand der Russischen Föderation gingen 2014 um 46% und 2015 um weitere 51% zurück. Auch im Global Terrorism Index, der die Einwirkung des Terrorismus je nach Land misst, spiegelt sich diese Entwicklung wider. Demnach stand Russland 2011 noch an neunter Stelle hinter mittelöstlichen, afrikanischen und südasiatischen Staaten, weit vor jedem westlichen Land. Im Jahr 2016 rangierte es dagegen nur noch auf Platz 30 hinter Frankreich (Platz 29), aber vor Großbritannien (Platz 34) und den USA (Platz 36). Nach der Militärintervention in Syrien Ende September 2015 erklärte der sogenannte Islamische Staat (IS) Russland den Dschihad und übernahm die Verantwortung für den Abschuss eines russischen Passagierflugzeugs über dem Sinai mit 224 Todesopfern. Seitdem ist der Kampf gegen die Terrormiliz zu einer Parole russischer Außen- und Sicherheitspolitik geworden, auch wenn der russische Militäreinsatz in Syrien gewiss nicht nur von diesem Ziel bestimmt ist, sondern die Großmachtrolle Russlands im Mittleren Osten stärken soll. Moskau appelliert beim Thema Terrorbekämpfung an die internationale Kooperation (SWP 4.2017). Nach Ansicht der Österreichischen Botschaft konnten keine Hinweise auf Verfolgung von Veteranen der Tschetschenien-Kriege nach 2011 gefunden werden. Es gibt im Internet jedoch zahlreiche Berichte neueren Datums über anti-terroristische Spezialoperationen im Nordkaukasus. (ÖB Moskau 12.7.2017). Eine weitere Tätergruppe rückt in Russland ins Zentrum der Medienaufmerksamkeit, nämlich Islamisten aus Zentralasien. Die Zahl der Zentralasiaten, die beim sogenannten IS kämpfen, wird auf einige tausend geschätzt (Deutschlandfunk 28.6.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (28.8.2018a): Russische Föderation: Reise- und Sicherheitshinweise,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/russischefoederationsicherheit/201536#content_0, Zugriff 28.8.2018