TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/8 G307 2227173-5

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Veröffentlicht am 08.04.2020
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Entscheidungsdatum

08.04.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76

Spruch

G307 2227173-5/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des XXXX, geb.XXXX, StA.:

Pakistan, zu Recht erkannt:

A) Es wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die

für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der betroffene Fremde (im Folgenden: BF) reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und beabsichtigte, am 15.09.2019 gemeinsam mit seinen 3 Cousins nach Italien auszureisen.

2. Im Zuge einer Personenkontrolle durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes wurde der BF festgenommen und gegen ihn - in weiterer Folge - durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten (im Folgenden: BFA) mit Bescheid vom XXXX2019 die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nach Pakistan verhängt.

3. Mit Bescheid des BFA vom XXXX2019 wurden gegen den BF unter anderem eine Rückkehrentscheidung und ein auf 18 Monate befristetes Einreiseverbot erlassen, welcher bereits in Rechtskraft erwuchs.

4. Der am 13.11.2019 seitens des BF gestellte Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes wurde mit Bescheid des BFA vom 04.12.2019 ebenso wie die dagegen an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) erhobene Beschwerde mit dessen Erkenntnis vom 19.12.2019 als unbegründet abgewiesen. Auch diese Entscheidung ist mittlerweile in Rechtskraft.

5. Alle - mittlerweile 4 - vor dem erkennenden Gericht geführten amtswegigen Prüfungen hatten die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Ergebnis.

6. Am 03.04.2020 erfolgte die jüngste, nunmehr 5. Aktenvorlage.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist pakistanischer Staatsangehöriger und wurde am XXXX2019 von Beamten der Polizeiinspektion XXXX im Zuge einer fremdenrechtlichen Kontrolle festgenommen.

1.2. Der BF befindet sich seit XXXX2019 in Schubhaft. Er verfügt in Österreich weder über familiäre, gesellschaftliche, berufliche noch sonstige Bindungen und auch über keine private, gesicherte Unterkunft.

1.3. Der vom BF gestellte Antrag auf internationalen Schutz wurde rechtskräftig negativ beschieden und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung wie ein auf 18 Monate befristetes Einreiseverbot erlassen, welche ebenso in Rechtskraft erwuchsen.

1.4 Das am 17.09.2019 mit der pakistanischen Botschaft eingeleitete Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats (HRZ) wird von Seiten des Bundesamtes intensiv betrieben und zuletzt am 19.03.2020 urgiert.

1.5. Der BF ist derzeit im Besitz von € 50,05, ging in Österreich bis dato keiner Beschäftigung nach und hat kein Einkommen.

1.6. Der Cousin des BF, namens XXXX, lebt in XXXX im XXXX und hält er mit diesem regelmäßig Kontakt.

1.7. Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

1.8. Derzeit finden keine Flüge nach Pakistan statt, einer Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat innerhalb der höchst zulässigen Schubhaftdauer steht aus aktueller Sicht kein Hindernis entgegen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Aufgriff des BF, dessen Staatsangehörigkeit, zu den Barmitteln des BF und dessen Höhe, die bisher geführten fremden- und asylrechtlichen Verfahren, deren Ausgang, seine Festnahme durch die Polizei und die fehlenden Bindungen zum Bundesgebiet ergeben sich aus den Vorakten zur amtswegigen Überprüfung, dem Inhalt des auf den Namen des BF lautenden Auszuges aus dem Zentralen Fremdenregister (ZFR) sowie dem Inhalt der zuletzt im gegenständlichen Fall durchgeführten Verhandlung vor dem BVwG am 13.03.2020, Zahl G307 2227173-4/5Z.

In den Effekten des BF fand sich eine Zugkarte vom Wiener Hauptbahnhof nach Verona. Daraus wie aus den Angaben des BF vor dem BFA und dem BVwG ergibt sich dessen Absicht, ursprünglich nach Italien reisen zu wollen. Dabei wurden auch seine Cousins angehalten.

Der die Person des BF betreffende Sozialversicherungsdatenauszug weist keine Beschäftigng des BF aus.

Im Zuge der letzten Verhandlung gab der BF an, mit seinem unter I.1.6.erwähnten Cousin XXXX Kontakt zu haben und gab auch dessen Telefonnummer bekannt.

Dass der BF bisher über keinen ordentlichen Wohnsitz verfügt hat, ist aus dem Inhalt des auf den Namen des BF lautenden Auszuges aus dem Zentralen Fremdenregister (ZMR) ersichtlich.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit folgt dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

Die Einleitung des HRZ-Verfahrens, dessen Betreibung wie die Urgenz sind aus der Aktenvorlage vom 03.04.2020 ersichtlich und mit dem Inhalt des den BF betreffenden ZFR-Auszuges in Einklang zu bringen.

Dass derzeit keine Flüge nach Pakistan stattfinden, ist amtsbekannt und findet in der Aktenvorlage Niederschlag. Aufgrund der immer stärker zurückgehenden Zahl von Corona-infizierten Personen und der - auch in den Medien seitens des Bundeskanzleramtes und Außenministeriums - in Aussicht gestellten zeitnahen Wiederaufnahme des Flugbetriebes ist von einer zeitlich absehbaren Abschiebung des BF in dessen Herkunftsstaat auszugehen.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Zuständigkeit:

Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a Abs. 4 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, idF BGBl. I Nr. 70/2015, lautet:

"§ 22a. (...)

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(...)."

Seit Vorlage des Verwaltungsaktes beim BVwG am 03.04.2020 gilt die gegenständliche Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen BF als eingebracht. Das BVwG hat nunmehr zu prüfen, ob zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist, und dies gegebenenfalls festzustellen.

3.2. Relevante Rechtsvorschriften und Judikatur:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005

(FPG),

lautet:

"§ 76. (...).

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. (...),

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

(...).

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes."

Als "Fluchtgefahr" nach Art. 2 lit. n Dublin-VO gilt das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven - vom nationalen Gesetzgeber - gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zur Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte. Die in diesem Sinne gesetzlich festgelegten Kriterien des Vorliegens von Fluchtgefahr finden sich in § 76 Abs. 3

FPG.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist oder wenn die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-VO vorliegen (§ 76 Abs. 2 FPG). Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Der mit "Dauer der Schubhaft" betitelte § 80 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG),

lautet:

"§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(...)

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(...)."

3.3. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Der BF ist Staatsbürger von Pakistan, demnach Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG darf die Schubhaft nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist.

Bei der Prüfung, ob Sicherungsbedarf gegeben ist, ist nach § 76 Abs. 2a FPG im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Fest steht, dass der BF nunmehr seit 15.09.2019 durchgehend in Schubhaft angehalten wird.

Am 03.04.2020 erfolgte beim BVwG die verfahrensgegenständliche Aktenvorlage durch das BFA zwecks Prüfung gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig sei.

Das Verhalten des BF ist folgenden Tatbeständen des § 76 Abs. 3 zu subsumieren:

? Gegen den BF wurden am 15.10.2019 eine Rückkehrentscheidung wie ein Einreiseverbot erlassen. Am 13.11.2019 stellte der BF einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes. Dadurch ist ist § 76 Abs. 3 Z. 5 FPG erfüllt.

? Da der BF in Österreich keine Familienangehörigen oder sonstige Bezugspersonen, keinen ordentlichen Wohnsitz bzw. niemanden hat, bei dem er längerfristig Unterkunft nehmen könnte, er ferner bis dato keiner Beschäftigung nachging und auch nur über € 50,05 verfügt, ist nicht von der gesicherten Existenz eines Wohnsitzes wie einer Sicherung seines Lebensunterhalts in Österreich auszugehen; nachweislich regelmäßige legale Erwerbseinkünfte zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes bzw. Finanzierung seines illegalen Aufenthaltes in Österreich hat der BF ebenso nicht; in Gesamtbetrachtung ist somit § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG erfüllt.

? Da der BF mit seinen Cousins nach Italien weiterreisen wollte, ist auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 6 lit c) FPG gegeben.

Vom BF geht somit jedenfalls eine erhebliche Fluchtgefahr iSv § 76 Abs. 3 FPG aus. Daher überwiegt das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des BF.

Die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft wird daher iSd § 76 Abs. 2 FPG für verhältnismäßig gehalten.

An der pakistanischen Staatsbürgerschaft des BF wie dessen regionale Herkunft bestehen keine Zweifel, sodass auch dahingehend mit keinem Hindernis zu rechnen ist.

Das BFA geht, wie mit verfahrensgegenständlicher Aktenvorlage mitgeteilt, davon aus, dass die Überstellung des Fremden nach Pakistan in zumutbarer Frist möglich, die absehbare Dauer der Schubhaft nicht unverhältnismäßig und die Durchführung der Überstellung absehbar und innerhalb der gesetzlichen Fristen möglich sein wird.

Der BF befindet sich nunmehr seit XXXX2019 in Schubhaft. Da die Identität des BF von Seiten der pakistanischen Behörden noch bestätigt werden muss, liegt ein Fall des § 80 Abs. 4 Z 1 FPG vor, weshalb die Schubhaft auch diesbezüglich weiter aufrechterhalten werden kann. Es wird vorliegend innerhalb der gesetzlichen Frist nach § 80 FPG mit der Erlangung eines HRZ für den BF ausgegangen.

Folglich wird spruchgemäß festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Fest steht, dass auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu keinem anderen Ergebnis führen würde, war doch der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage klar ersichtlich, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.

Ergänzend wird erwähnt, dass wegen der aktuellen Corona-Infektionen von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen wurde.

Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Schubhaft,
Schubhaftbeschwerde, Sicherungsbedarf, Verhältnismäßigkeit,
Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G307.2227173.5.00

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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