TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/10 W164 2214819-1

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Veröffentlicht am 10.04.2020
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Entscheidungsdatum

10.04.2020

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
ASVG §5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W164 2214819-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch RA Dr. Roland GERLACH, Wien, gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse, nun Österreichische Gesundheitskasse, vom 10.01.2019, Zl. VA-VR/ XXXX XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die Rechtsvorgängerin der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Wien, die Wiener Gebietskrankenkasse (im Folgenden: WGKK), fest, dass die Beschwerdeführerin (im Folgenden BF), vertreten durch RA Dr. Roland GERLACH, Wien, aufgrund ihrer Beschäftigung bei der XXXX AG, Wien (im Folgenden U-AG), vertreten durch Freshfields Bruckhaus Derninger LLP, Wien, ab 01.03.2016 der Vollversicherungspflicht nach § 4 Abs 1 Z 1 und Abs 2 ASVG sowie § 1 Abs 1 lit a AlVG unterliege.

Zur Begründung führte die WGKK aus, die BF habe durch ihren Rechtsvertreter am 02.03.2016 einen Bescheidantrag gestellt. Als Beilage habe sie 1) eine zwischen der XXXX AG (der Rechtsvorgängerin der U-AG) und dem Zentralbetriebsrat der XXXX AG (der Rechtsvorgängerin der U-AG) abgeschlossene Betriebsvereinbarung über die Leistung eines XXXX ASVG-Pensionsäquivalentes in der Fassung 2007 und 2) eine zwischen der U-AG und dem Zentralbetriebsrat der U-AG geschlossene Betriebsvereinbarung vom 14.12.2015, präzisiert am 25.2.2016, über Beendigung der unter (1) genannten Betriebsvereinbarung, Übertragung der DienstnehmerInnen in das gesetzliche System der ASVG-Vollversicherung und damit verbundene Abfederungsmechanismen angeschlossen.

Die BF habe folgendes ausgeführt:

Sie sei Dienstnehmerin der U-AG, FN XXXX des Handelsgerichts Wien. Ihr Dienstverhältnis sei auf Grundlage des Dienstrechts der U-GmbH unkündbar. Sie sei gleichsam "pragmatisiert". Die BF habe aufgrund dieses Dienstverhältnisses Anspruch auf Ruhe- und Versorgungsgenüsse, die den Leistungen der betreffenden Unfall- und Pensionsversicherung nach dem ASVG gleichwertig seien.

Die mit der eingangs zweitgenannten Betriebsvereinbarung angestrebte Übertragung der BF in die gesetzliche Pensionsversicherung nach dem ASVG sei unionsrechtswidrig gewesen. Das gleiche gelte für den von der U-AG im Zuge dieser Übertragung gemäß § 311 Abs 5 ASVG geleisteten Überweisungsbetrag.

Die BF sei weiters Pflichtmitglied der Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien, KFA, und habe im Erkrankungsfall Anspruch auf Weiterzahlung der Dienstbezüge durch mindestens 6 Monate. Die Pflichtmitgliedschaft der BF zur KFA habe zunächst auf der eingangs erstgenannten Betriebsvereinbarung beruht. Seit einem im Jahr 2005 erfolgten Verbands- und Kollektivvertragswechsel beruhe die Pflichtmitgliedschaft der BF zur KFA auf einzelvertraglicher Basis. Der Einzelvertrag enthalte unter Punkt A "zusätzliche Sonderbestimmungen für Angestellte, die vom ASVG ausgenommen sind (Vorbereitungsdienst, Warteliste, Definitive)". Damit sei diesen MitarbeiterInnen (somit auch der BF) zugesagt worden, dass sie anstelle in der gesetzlichen Krankenversicherung bei der KFA versichert sein würden.

Die WGKK hätte die BF unter Berücksichtigung des § 5 Abs 1 ASVG nicht in die Pflichtversicherung nach ASVG (weder in die Vollversicherung nach § 4 Abs 1 Z 1 und Abs 2 noch in die Teilversicherung in der Krankenversicherung nach § 5 Abs 1 Z 3 lit a ASVG) einbeziehen dürfen. Die BF sei vielmehr im Rahmen ihres Dienstverhältnisses zur U-AG gem. § 5 Abs 1 Z 3 lit a ASVG von der Vollversicherungspflicht gem. § 4 ASVG ausgenommen und unterliege auch nicht der Teilversicherung in der Krankenversicherung. Die BF beantragte eine diesbezügliche bescheidmäßige Feststellung.

Die WGKK stützte sich im Rahmen der angefochtenen Entscheidung auf den Gesetzeswortlaut des § 5 Abs 1 ASVG in seiner seit 01.03.2016 geltenden Fassung. Der Verfassungsgerichtshof habe mit seinem Erkenntnis vom 12.10.2017, G132/2017-30, die im diesbezüglichen Verfahren behauptete Verfassungswidrigkeit der hier gegenständlichen Gesetzesnovellen (betreffend die §§ 308, 311, 311a, 312 und 696 Abs. 1 und Abs. 5 ASVG) nicht aufgegriffen und habe die diesbezüglichen Anträge ab- bzw. zurückgewiesen. Die in § 5 Abs. 1 Z. 3 ASVG (in der vor dem 01.03.2016 geltenden Fassung) normierte Ausnahme von der Pflichtversicherung nach dem ASVG für Dienstnehmer der U-AG sei entfallen. Die BF habe mit der U-AG keine Vereinbarung im Sinn des § 696 Abs. 2 ASVG getroffen. Das gegenständliche Dienstverhältnis unterliege seit 1.3.2016 daher der Vollversicherung nach dem ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht nach dem AlVG, da seit diesem Zeitpunkt keine gesetzliche Grundlage für eine Ausnahme von der Vollversicherungspflicht bestehe.

Eine Prüfung der in § 5 Abs. 1 Z. 3 lita ASVG in der Fassung vom 29.2.2016 genannten Voraussetzung habe aufgrund des Entfalls dieser Bestimmung unterbleiben können. Auch eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der BF zu einem möglichen Verstoß der gesetzlichen Regelungen betreffend den Überweisungsbetrag gegen das EU-Beihilfenrecht könne unterbleiben, da der Überweisungsbetrag durch Gesetzesänderung angehoben worden und von der U-AG in der angehobenen Höhe bezahlt worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung Ra 2018/08/0091 vom 04.06.2016, mit welcher er die Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, W151 2161437-1/21E plus Folgezahlen, zurückgewiesen habe, festgestellt, dass durch die genannte Novelle in Bezug auf die revisionswerbenden Parteien jedenfalls das Ende der Pensionsversicherungsfreiheit bewirkt wurde.

Eine von der BF behauptete auf Einzelvertrag beruhende Pflichtmitgliedschaft bei der KFA könne bei Vorliegen aller Kriterien eines Dienstverhältnisses eine Pflichtversicherung nach dem ASVG nicht ausschließen. Die Entscheidung über eine Krankenversicherung bei der KFA obliege nicht der WGKK.

Gegen diesen Bescheid erhob die BF durch ihre Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde, begehrte die Feststellung, gemäß § 5 Abs 1 Z 3 lit a, sublit aa und bb ASVG im Rahmen ihres Dienstverhältnisses zur U-AG von der Vollversicherungspflicht nach § 4 ASVG ausgenommen zu sein, da ihr aus ihrem Dienstverhältnis zur U-AG auch über den 1.3.2016 hinaus eine Anwartschaft auf Ruhe und Versorgungsgenüsse zustehe, die den Leistungen der Unfall-und Pensionsversicherung nach dem ASVG gleichwertig seien sowie den Bescheid dahingehend abzuändern, dass festgestellt werde, dass die Beschwerdeführerin nicht nach dem ASVG sondern als Pflichtmitglied der KFA nach der Satzung der Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien in ihrer jeweils geltenden Fassung krankenversichert sei. Es wurde eine mündliche Verhandlung beantragt. Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

Die Beschwerdeführerin sei Dienstnehmerin der U-AG. Ihr Dienstverhältnis sei unkündbar. Die Definitivstellung sei zunächst aufgrund einer Betriebsvereinbarung nach § 2 Sparkassenkollektivvertrag (§ 14 der DO "BV69") erfolgt. Nach dem Austritt der Rechtsvorgängerin der U-AG aus dem Sparkassenkollektivvertrag (2004) sei diese Betriebsvereinbarungsermächtigung weggefallen. Die Unkündbarkeit sei 2005 zum Inhalt des Einzelvertrages geworden.

Die BF unterliege nicht der Vollversicherung nach dem ASVG sondern einer privatrechtlich organisierten Form der betrieblichen Alters- und Unfallvorsorge. Die Basis dieser Versorgung sei die eingangs erstgenannte, von der Rechtsvorgängerin der U-AG mit ihrem Betriebsrat getroffene Betriebsvereinbarung über das ASVG-Äquivalent gewesen. Art II Abs 1 des Sparkassenkollektivvertrages habe die Rechtsvorgängerin der U-AG ermächtigt, u.a. die Pensionsordnung in Form einer Betriebsvereinbarung zu regeln. Durch den Austritt der Rechtsvorgängerin der U-AG aus dem Sparkassenkollektivvertrag und Übertritt in den Banken-Kollektivvertrag sei die Betriebsvereinbarung mangels einer kollektivvertraglichen Ermächtigung weggefallen. Ihr Inhalt sei Bestandteil der Einzelverträge geworden und hätte nur mit Zustimmung der einzelnen DienstnehmerInnen abgeändert werden können.

Dessen ungeachtet habe die U-AG durch eine mit ihrem - nicht dafür zuständigen - Betriebsrat getroffene Betriebsvereinbarung vom 14.12.2015 diese Form der Alters- Unfall und Krankenfürsorge zum 29.02.2016 beendet und alle betroffenen MitarbeiterInnen zum 01.03.2016 in das Vollversicherungssystem des ASVG übertragen.

§ 696 Abs 4 ASVG regle zwar, dass Betriebsvereinbarungen, die in den in § 5 Abs 1 Z 3 lit a ASVG genannten Angelegenheiten sowie für Maßnahmen zur Milderung der Folgen von Änderungen bei den angeführten Angelegenheiten für die im Abs 3 genannten Dienstnehmer bereits abgeschlossen wurden, Betriebsvereinbarungen sind. Jedoch könne sich die auf diese Bestimmung bezogene Betriebsvereinbarungskompetenz lediglich auf Betriebsvereinbarungen beziehen, die nach dem 01.03.2016 geschlossen wurden. Die Annahme, § 696 Abs 4 ASVG würde rückwirkend gelten, würde zu dessen Verfassungswidrigkeit führen. Der Verfassungsgerichtshof habe die Frage, ob eine gültige Betriebsvereinbarung vorliege, in seinem Erkenntnis G132/2017 ausdrücklich offen gelassen.

Unter Bezugnahme auf die im Bescheidantrag vertretene Rechtsansicht dass die BF anstelle in der gesetzlichen Krankenversicherung bei der KFA versichert sei, hätte die WGKK ferner die Pflichtmitgliedschaft der BF bei der KFA festzustellen gehabt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Hinsichtlich der Feststellungen des Sachverhaltes wird auf die in Punkt I. (Verfahrensgang) gemachten Ausführungen verwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Der Sachverhalt ist soweit hier wesentlich unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 grundsätzlich durch EinzelrichterInnen und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Der hier vorliegende Fall ist von dieser Bestimmung erfasst; die BF hat keinen Antrag auf Senatsentscheidung gestellt. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

3.1. Sache des Beschwerdeverfahrens:

Sache des Beschwerdeverfahrens ist die Frage der Vollversicherungspflicht der BF nach § 4 Abs 1 Z 1 und Abs 2 ASVG sowie § 1 abs 1 lit a AlVG aufgrund ihrer Beschäftigung bei der U-AG ab 01.03.2016.

Wie der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis 2002/08/0283 vom 17.11.2004 ausgesprochen hat, gilt dann, wenn die Feststellung der Versicherungspflicht einen für die Zukunft offenen Abspruch bildet, dass dieser Abspruch für jenen Zeitraum, in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren haben, das Meritum des Verwaltungsverfahrens und damit auch die Sache im Sinne des § 66 Abs 4 AVG ist.

Diese auf (bis 01.01.2014 in Verwaltungssachen der Sozialversicherung gesetzlich vorgesehene) Berufungsverfahren nach dem AVG abstellende höchstgerichtliche Judikatur ist auch für die hier zu treffende Entscheidung heranzuziehen.

Sache dieses Beschwerdeverfahrens bildet daher die Frage der Vollversicherung der BF nach § 4 Abs 1 Z 1 und Abs 2 ASVG ab 01.03.2016 für jenen Zeitraum, in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren haben.

Es ist zu prüfen, ob die BF im oben genannten Zeitraum gemäß § 5 Abs 1 Z 3 lit a ASVG von der Vollversicherung ausgenommen war/ist. Nur bei Zutreffen der letztgenannten Rechtsfrage wäre auch die Frage einer (von der BF ebenfalls verneinten) Teilversicherungspflicht in der Krankenversicherung zu prüfen.

Da die BF weiters eine bescheidmäßige Feststellung ihrer Pflichtmitgliedschaft bei der Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien, KFA, beantragt hatte, und deren Unterbleiben im angefochtenen Bescheid in ihrer Beschwerde kritisiert, ist auch diese Frage Sache des Beschwerdeverfahrens.

3.2. In der Sache:

3.2.1. Zur Frage der Ausnahme von der Vollversicherungspflicht:

Gemäß § 5 Abs 1 Z 3 lit a ASVG in der anzuwendenden Fassung sind von der Vollversicherung nach § 4 - unbeschadet einer nach § 7 oder nach § 8 eintretenden Teilversicherung - ausgenommen:

Dienstnehmer hinsichtlich einer Beschäftigung in einem öffentlich-rechtlichen oder unkündbaren privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, zu einem Bundesland, einem Bezirk oder einer Gemeinde sowie zu von diesen Körperschaften verwalteten Betrieben, Anstalten, Stiftungen oder Fonds, ferner die dauernd angestellten Dienstnehmer der gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften und die dauernd angestellten Dienstnehmer und die Vorstandsmitglieder der Salzburger Sparkasse sowie deren Rechtsnachfolger, alle diese, wenn

aa) ihnen aus ihrem Dienstverhältnis die Anwartschaft auf Ruhe- und Versorgungsgenüsse, die den Leistungen der betreffenden Unfall- und Pensionsversicherung gleichwertig sind - im Falle des Vorbereitungsdienstes spätestens mit Ablauf dieses Dienstes - zusteht und

bb) sie im Erkrankungsfalle Anspruch auf Weiterzahlung ihrer Dienstbezüge durch mindestens sechs Monate haben.

§ 5 Abs 1 Z 3 lit a ASVG knüpft die Ausnahme von der Vollversicherungspflicht nach ASVG somit einerseits an die ausdrückliche Nennung des Dienstgebers und andererseits an bestimmte Merkmale der Dienstverhältnisse der bei diesem Dienstgeber angestellten Dienstnehmer.

Die (Rechtsvorgängerin der) U-AG ist in der genannten Bestimmung nicht (mehr) als Dienstgeberin von dauernd angestellten DienstnehmerInnen und die Vorstandsmitgliedern aufgezählt. Mit BGBl I 18/2016, kundgemacht mit 13.04.2016, wurde der Entfall ihrer (bis dahin bestehenden) ausdrücklichen Nennung in § 5 Abs 1 Z 3 lit a ASVG normiert. § 5 Abs 1 Z 3 lit a in der Fassung BGBl I 18/2016 trat zufolge § 696 Abs 1 ASVG mit 01.03.2016 in Kraft.

§ 696 Abs 2 ASVG sah für von der genannten Änderung betroffene DienstnehmerInnen, deren Dienstverhältnis längstens mit dem 31.12.2016 endete, die Möglichkeit einer Ausnahmevereinbarung vor. Die BF hat eine solche Vereinbarung unstrittig nicht getroffen.

Den zu BGBl I 18/2016 ergangenen erläuternden Bemerkungen, 1027 der Beilagen XXV.GP, ist zu entnehmen, dass mit der genannten Novelle die (bis dahin in Geltung gestandene) Ausnahmeregelung für den Personenkreis der dauernd angestellten DienstnehmerInnen und Vorstandsmitglieder der U-AG im § 5 Abs. 1 Z 3 lit. a ASVG aufgehoben werde, zumal für diesen Personenkreis eine Beendigung der Pensionsversicherungsfreiheit vorgesehen sei, ohne dass sie aus dem einschlägigen Dienstverhältnis ausscheiden.

Die erläuternden Bemerkungen zu BGBl I 18/2016 lassen somit erkennen, dass der genannte Personenkreis durch den Wegfall der ausdrücklichen Nennung der Rechtsvorgängerin der U-AG aus § 5 Abs 1 Z 3 lit a ASVG in die Vollversicherungspflicht nach dem ASVG einbezogen wurde, da dieser Personenkreis die Voraussetzungen des § 5 Abs 1 Z 3 lit a sublit aa und sulit bb ASVG ab dem 01.03.2016 ohnehin nicht mehr erfüllt hätte.

Die von der BF vertretene Auffassung, sie müsse unabhängig von der ausdrücklichen Nennung ihrer Dienstgeberin in § 5 Abs 1 Z 3 lit a ASVG weiterhin von der Vollversicherung nach ASVG ausgenommen sein, solange sie die Voraussetzungen der § 5 Abs 1 Z 3 lit a sublit aa und sulit bb ASVG erfüllen würde, kann daraus aber nicht abgeleitet werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis Ra 2018/08/0091 vom 04.06.2018 mit jener Argumentation befasst, welche die BF auch im hier vorliegenden Verfahren einsetzt, nämlich, die eingangs zweitgenannte Betriebsvereinbarung sei nichtig, da der Wegfall des Pensionsäquivalents nur mit individueller Zustimmung (statt durch Betriebsvereinbarung) hätte erfolgen dürfen. Der Verwaltungsgerichtshof hat klargestellt, dass der für die Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer der U-AG in Bezug auf die Pensionsversicherung geltende Ausnahmetatbestand nach § 5 Abs. 1 Z 3 lit. a ASVG mit der Novelle BGBl. I Nr. 18/2016 unabhängig vom allfälligen Weiterbestehen eines Anspruchs auf ein Pensionsäquivalent beseitigt wurde.

Daraus ist für den vorliegenden Fall folgendes abzuleiten:

Die hier zu treffende Entscheidung hat sich auf die auf die seit dem 01.03.2016 anzuwendende Gesetzeslage zu stützen. § 5 Abs 2 Z 3 lit a ASVG in der so anzuwendenden Fassung normiert eindeutig, dass für den Personenkreis, dem die BF angehört, keine Ausnahme von der Vollversicherungspflicht nach dem ASVG besteht.

Da im angefochtenen Bescheid zu Recht die Vollversicherungspflicht festgestellt wurde, kann die Prüfung einer allfälligen Teilversicherungspflicht in der Krankenversicherung entfallen.

Die Frage, ob eine gültige, dem Unionsrecht entsprechende, Betriebsvereinbarung gegeben ist, muss im vorliegenden Fall daher nicht geprüft werden. Eine Auseinandersetzung mit der rechtlichen Wirkung des § 696 Abs 4 ASVG kann unterbleiben. Auch der Einwand der BF, § 311 ASVG sei verfassungs- und unionsrechtswidrig, betrifft nicht den Gegenstand dieses Verfahrens und war daher nicht aufzugreifen. Verwiesen wird auf VfGH G132/2017 vom 12.10.2017.

3.2.2. Zur Frage der fehlenden Entscheidung über eine Pflichtmitgliedschaft bei der KFA:

Soweit die BF behauptet, sie sei seit dem 01.03.2016 weiterhin Pflichtmitglied der KFA, dies hätte im Spruch des angefochtenen Bescheides festgestellt werden müssen, so hat die WGKK (nun ÖGK) diesbezüglich zurecht ihre Zuständigkeit verneint:

Die Zuständigkeit der Versicherungsträger zur bescheidmäßigen Feststellung der Versicherungspflicht ergibt sich aus den §§ 409 ff ASVG. Danach ist grundsätzlich der Bereich örtlichen und sachlichen Zuständigkeit zur Behandlung der Verwaltungssachen ausschlaggebend. Den Krankenversicherungsträger trifft im Besonderen die Zuständigkeit Behandlung der Verwaltungssachen, welche die Versicherungspflicht sowie den Beginn und das Ende der Versicherung von Vollversicherten, von in der Kranken- und Unfallversicherung Teilversicherten (§ 7 Z 1 ASVG und § 8 Abs. 1 Z 4 ASVG) und von in der Unfall- und Pensionsversicherung Teilversicherten (§ 7 Z 2 ASVG) und von in der Unfallversicherung Teilversicherten (§ 7 Z 3 lit. a ASVG). Eine Zuständigkeit der ÖGK, über die Mitgliedschaft zu einem nach Gemeinderecht eingerichteten Sozialversicherungsinstitut eine bescheidmäßige Entscheidung zu treffen ergibt sich weder aus dem ASVG noch aus den für die KFA maßgeblichen gemeinderechtlichen Bestimmungen. Die WGKK (nun ÖGK) hat sich mit der angefochtenen Entscheidung daher zu Recht auf die Feststellung der Vollversicherungspflicht nach dem ASVG beschränkt.

3.3. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Die BF hat einen Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gestellt. Im gegenständlichen Fall ließe eine mündliche Erörterung lässt keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten, zumal es sich um keine Tatfrage, sondern um eine reine Rechtsfrage handelte. Der Sachverhalt war somit iSd § 24 Abs. 4 VwGVG entscheidungsreif.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ausnahmebestimmung, Betriebsvereinbarung, Rechtslage,
Versicherungspflicht, Vollversicherung, Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W164.2214819.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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