TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/14 G314 2198023-1

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Veröffentlicht am 14.04.2020
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Entscheidungsdatum

14.04.2020

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §53 Abs2 Z7
VwGVG §8a

Spruch

G314 2198023-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, serbischer Staatsangehöriger, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH) gegen Spruchpunkt VI. des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX.06.2018, Zahl XXXX, wegen der Erlassung eines Einreiseverbots A) beschlossen und B) zu Recht erkannt:

A) Dem Beschwerdeführer wird gemäß § 8a VwGVG die Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Eingabegebühr bewilligt.

B) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der Spruch des

angefochtenen Bescheids dahingehend abgeändert, dass es in Spruchpunkt VI. zu lauten hat:

"Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 und Z 7 FPG wird gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen."

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) wurde am XXXX.06.2018 in Wien bei der Beschäftigung als Arbeiter auf einer Baustelle ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung betreten und festgenommen. Nach seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), unter anderem zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot, wurde über ihn mit Mandatsbescheid die Schubhaft angeordnet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.), einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 und Z 7 FPG ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Das Einreiseverbot wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der BF in Österreich bei der Ausübung einer unerlaubten Beschäftigung betreten worden sei. Da er zudem keine Existenzmittel aus legalen Quellen habe, sei ein Einreiseverbot zu erlassen. Er habe weder familiäre noch private oder berufliche Anbindungen, die seinen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden, und habe hier unangemeldet Unterkunft genommen. Ein vierjähriges Einreiseverbot sei notwendig, um die von ihm ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu verhindern. Die Dauer des Einreiseverbots werde gewählt, um sicherzustellen, dass in dieser Zeitspanne ein Gesinnungswandel eintritt und sich die finanziellen Verhältnisse des BF so weit stabilisieren, dass keine Gefahr einer neuerlichen Schwarzarbeit besteht.

Gegen das in Spruchpunkt VI. dieses Bescheids erlassene Einreiseverbot richtet sich die Beschwerde mit dem Antrag, dieses zu beheben, in eventu, die Dauer zu reduzieren. Der BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass das BFA nicht berücksichtigt habe, dass er unbescholten sei und sich im Zusammenhang mit den fremdenpolizeilichen Maßnahmen kooperativ verhalten habe. Er sei erstmals bei Schwarzarbeit betreten worden und habe sich vor dem BFA geständig gezeigt. Ein vierjähriges Einreiseverbrot sei unverhältnismäßig. Gleichzeitig beantragt der BF unter Vorlage eines Vermögensbekenntnisses die Bewilligung der Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Eingabegebühr, weil er abgesehen von Barmitteln von EUR 90 mittellos sei.

Am 07.06.2018 wurde der BF nach Serbien abgeschoben.

Das BFA legte die Beschwerde und die Verwaltungsakten dem BVwG vor.

Feststellungen:

Der BF ist serbischer Staatsangehöriger und wurde am XXXX in der Türkei geboren. Er spricht Albanisch und Serbisch; die deutsche Sprache beherrscht er nur bruchstückhaft. Er besuchte in Serbien zwölf Jahre lang die Schule, die er mit der Reifeprüfung und einer Ausbildung zum Informatiker abschloss. In Serbien lebte er zuletzt zusammen mit seiner Mutter, seinen Geschwistern und seiner Großmutter im Haus seiner Mutter in XXXX. In Österreich leben keine Angehörigen des BF, in Serbien leben neben seinen Eltern, Geschwistern und seiner Großmutter noch weitere Verwandte (Onkel, Tanten, Cousins). In Serbien arbeitete der BF nur gelegentlich privat und war zuletzt ohne Beschäftigung [Niederschrift BFA AS 22f; Reisepasskopie AS 81].

Der BF ist ledig und ohne Sorgepflichten [Niederschrift BFA AS 23].

Der BF verfügt über einen am XXXX.06.2015 ausgestellten und bis 2025 gültigen serbischen Reisepass, mit dem er am 04.04.2018 über Ungarn nach Österreich einreiste. Grund für seine Einreise war, dass er in Österreich Arbeit suchen wollte. Während seines Aufenthaltes in Österreich nahm er ohne Wohnsitzmeldung in XXXX Unterkunft. Er ging im Inland nie einer legalen Erwerbstätigkeit nach [Reisepasskopie AS 81ff; Niederschrift BFA AS 21f; Auszug aus dem Zentralen Melderegister-ZMR; Versicherungsdatenauszug AS 16].

Am XXXX.06.2018 wurde der BF von einem Beamten der Landespolizeidirektion XXXX und in der Folge von einem Organ der Finanzpolizei bei Fassadenarbeiten für die XXXX auf einer Baustelle in XXXX betreten. Er verfügte weder über eine Aufenthaltsberechtigung noch über eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung und war auch nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Der BF ist abgesehen von geringen Barmittel (EUR 90) mittellos. Er finanzierte sich seinen Aufenthalt im Bundesgebiet durch die unerlaubte Erwerbstätigkeit, die er seit Anfang April 2018 ausübte, wobei ein Monatsnettoeinkommen von EUR 1.300 vereinbart war [Anzeige AS 4ff; Personen- und Kontrollblatt der Finanzpolizei AS 7 ff; Auszug aus dem zentralen Fremdenregister-IZR; Niederschrift BFA AS 21f; Vermögensbekenntnis AS 97ff].

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er wurde in Österreich noch nie strafgerichtlich verurteilt. Er lebte bis zu seiner Einreise in das Bundesgebiet im April 2018 in Serbien und hat in Österreich weder familiäre noch andere soziale Bindungen. Er ist hier weder beruflich noch gesellschaftlich integriert [Niederschrift BFA AS 21ff Strafregisterauszug].

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten. Die Abschiebung des BF in sein Heimatland geht aus dem Abschiebeauftrag und der entsprechenden Eintragung im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) hervor.

Die Feststellungen basieren jeweils auf den in den Klammerzitaten angegebenen Beweismitteln, wobei sich die angegebenen Aktenseiten (AS) auf die Nummerierung der Verwaltungsakten beziehen.

Die Identität des BF wird durch die vorliegende Kopie aus seinem Reisepass bestätigt, aus der auch sein Geburtsort und seine Wohnanschrift in Serbien (die er bei der Einvernahme vor dem BFA und im Vermögensbekenntnis wiederholte) hervorgehen. Serbische Sprachkenntnisse sind aufgrund seiner Staatsangehörigkeit naheliegend und können auch deshalb festgestellt werden, weil eine Verständigung mit dem vom BFA beigezogenen Dolmetsch für Serbisch problemlos möglich war. Albanischkenntnisse sind plausibel, weil er vor dem BFA angab, Albaner zu sein. Dies korrespondiert mit seinem Wohnort XXXX, der hauptsächlich von Albanern bewohnt wird (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/XXXX; Zugriff am 07.04.2020), ebenso mit dem Umstand, dass er das Personenblatt der Finanzpolizei in albanische Sprache ausfüllte. Fragmentarische Kenntnisse der deutschen Sprache ergeben sich aus der Anzeige der Landespolizeidirektion XXXX (AS 4).

Der BF gab die unerlaubte Tätigkeit für die für die XXXX, bei der er laut der Anzeige der Landespolizeidirektion XXXX am XXXX.2018 betreten wurde, vor dem BFA zu. Der Umstand, dass er diese Tätigkeit seit Anfang April ausübte, ergibt sich aus seinen Angaben im Personenblatt der Finanzpolizei (AS 7). Die Feststellungen zu seinen persönlichen, familiären und finanziellen Verhältnissen basieren ebenfalls auf seiner überzeugenden Schilderung. Das Fehlen eines Aufenthaltstitels kann festgestellt werden, weil im IRZ kein Aufenthaltstitel aufscheint und auch der BF dies explizit ausschloss (AS 22).

Der BF gab an, er habe ohne Wohnsitzmeldung in der XXXX gewohnt. Im Zentralen Melderegister (ZMR) scheint damit übereinstimmend (abgesehen von der Zeit der Anhaltung im Polizeianhaltezentrum) keine Meldung in Österreich auf. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF wird durch die Einsicht in das Strafregister, in dem keine Verurteilung aufscheint, belegt. Anhaltspunkte für Erkrankungen oder gesundheitliche Einschränkungen des XXXX-jährigen BF sind nicht zutage getreten. Da er bei der Arbeit im Baugewerbe betreten wurde, ist davon auszugehen, dass er gesund und arbeitsfähig ist, zumal er nach eigener Darstellung zu Erwerbszwecken nach Österreich kam.

Es gibt keine Hinweise darauf, dass der BF über weitere finanzielle Mittel (zusätzlich zu dem Bargeld, das er bei seiner Festnahme bei sich hatte und im Vermögensbekenntnis als Barvermögen angab) verfügt. Er erwähnte insbesondere bei seiner Einvernahme selbst keine darüber hinausgehenden finanziellen Mittel.

Es sind keine Anhaltspunkte für eine Integration des BF in Österreich zutage getreten, zumal sich sein Lebensmittelpunkt bislang in seinem Herkunftsstaat befand, wo seine ganze Familie lebt. Dafür spricht auch die Absolvierung der Schulausbildung in Serbien.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Gemäß § 8a Abs 1 VwGVG ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art 6 Abs 1 EMRK oder des Art 47 GRC geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Voraussetzungen und Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe sind gemäß § 8a Abs 2 VwGVG nach den Vorschriften der ZPO zu beurteilen.

Da sich aus dem vorgelegten Vermögensbekenntnis im Einklang mit dem übrigen Akteninhalt ergibt, dass der BF abgesehen von geringen Barmitteln über keinerlei finanzielle Mittel verfügt, beeinträchtigt sogar die geringe Eingabegebühr seinen notwendigen Unterhalt, sodass ihm die Verfahrenshilfe antragsgemäß zu bewilligen ist.

Zu Spruchteil B):

Die Beschwerde richtet sich nur gegen das Einreiseverbot laut Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids.

Der BF ist als Staatsangehöriger von Serbien Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs 4 Z 10 FPG.

Gemäß § 53 FPG kann das BFA mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands), Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen, wenn dieser die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig von seinem bisherigen Verhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 53 Abs 2 FPG enthält eine demonstrative Aufzählung von Tatbeständen, deren Vorliegen eine Gefährdung öffentlicher Interessen indiziert. Dies ist demnach z.B. dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs 2 Z 6 FPG) oder wenn er bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, er hätte nach den Bestimmungen des AuslBG für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der er betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen (§ 53 Abs 2 Z 7 FPG). In diesen Fällen kann ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.

Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden, sondern steht im Ermessen der Behörde. Es soll bestimmte, mit dem Aufenthalt des betroffenen Fremden potentiell verbundene Gefährdungen öffentlicher Interessen hintanhalten. Dabei ist im Rahmen einer Interessensabwägung zu prüfen, inwiefern private und familiäre Interessen des Fremden der Verhängung des Einreiseverbots in der konkreten Dauer allenfalls entgegenstehen. Ein Einreiseverbot ist dann zu verhängen, wenn die Gefährdungsprognose eine zukünftige Gefährdung relevanter öffentlicher Interessen ergibt und eine Interessensabwägung nach Art 8 EMRK zu Lasten des betroffenen Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10 ff; vgl. auch VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).

Im Zusammenhang mit der Prüfung ausreichender Unterhaltsmittel muss der Unterhalt für die beabsichtigte Dauer des Aufenthalts gesichert sein, wobei diese Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen dürfen (VwGH 29.04.2010, 2007/21/0262). Es ist initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass der oder die Fremde nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung des Unterhalts verfügt, sondern der Unterhalt für die beabsichtigte Aufenthaltsdauer und die Rückreise gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass ein Rechtsanspruch darauf besteht und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309).

Der BF hat diesen Nachweis nicht erbracht und insbesondere keine Bescheinigungsmittel für EUR 90 übersteigende finanzielle Mittel vorgelegt. Rechtansprüche auf Geld- oder Unterhaltsleistungen wurden weder behauptet noch belegt. Die vorhandenen geringen Barmittel reichen jedenfalls nicht aus, zumal genügend Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat nachzuweisen sind. Der BF hatte keine Möglichkeit, in Österreich auf legalem Weg weitere Unterhaltsmittel zu erwerben. Er hat weder dargelegt, wie lange er noch im Gebiet der Mitgliedstaaten bleiben wollte, noch, wie er die Rückreise finanzieren wollte, und auch kein (bereits bezahltes) Ticket dafür vorgelegt, sodass die Behörde zu Recht von seiner Mittellosigkeit ausging.

Für die Erfüllung des Tatbestands des § 53 Abs 2 Z 7 FPG bedarf es der Feststellung der nach dem AuslBG nicht zulässigen Beschäftigung auf Grund einer Nachschau durch die dafür berufenen Behörden (VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311). Als Beschäftigung iSd § 2 Abs 2 AuslBG gilt (soweit hier relevant) die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis. Gemäß § 2 Abs 4 AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine solche Beschäftigung vorliegt, ausschließlich der wahre wirtschaftliche Gehalt der Tätigkeit maßgeblich. Liegt eine Verwendung in einem (persönlichen und wirtschaftlichen) Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen, der auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung unterliegt.

Hier wurde der BF am XXXX.06.2018 von Organen der Landespolizeidirektion XXXX und der Finanzpolizei bei Arbeiten auf einer Baustelle ohne die dafür erforderliche Bewilligung nach dem AuslBG (und ohne Anmeldung bei der Sozialversicherung) betreten. Da es sich um einfache manipulative Tätigkeiten handelt, deutet dies auf eine Stellung als Arbeitnehmer hin (ähnlich VwGH 24.03.2011, 2008/09/0052).

Demnach hat das BFA zu Recht die Erfüllung der Tatbestände des § 53 Abs 2 Z 6 und Z 7 FPG bejaht. Überdies verstieß der BF gegen melderechtliche Vorschriften, indem er in Österreich Unterkunft nahm, ohne sich bei der Meldebehörde anzumelden.

Die Erfüllung eines Tatbestandes nach §53 Abs 2 FPG indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des oder der Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet. Diese Gefährdungsannahme ist beim Tatbestand des §53 Abs 2 Z 7 FPG auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt. Ein unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet und eine ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung ausgeübte Erwerbstätigkeit gefährden öffentliche Interessen (siehe VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0371).

Aufgrund des persönlichen Verhaltens des BF, der mehrere Rechtsnormen missachtete, gefährdet sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Wegen seiner Beschäftigungslosigkeit und tristen finanziellen Lage ist zu befürchten, dass er dieses Verhalten auch in Zukunft fortsetzt, zumal er die Beschäftigung ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung bei seiner Betretung bereits fast zwei Monate lang ausgeübt hatte. Der Behörde ist vor diesem Hintergrund darin beizupflichten, dass für ihn keine günstige Zukunftsprognose erstellt werden kann und Wiederholungsgefahr besteht. Die mit Mittellosigkeit allgemein verbundene Gefahr der Beschaffung finanzieller Mittelaus illegalen Quellen hat sich bereits durch die unrechtmäßige Ausübung einer Erwerbstätigkeit realisiert.

Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen und an der Verhinderung von Schwarzarbeit kommt zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von Schäden für die österreichische Wirtschaft ein hoher Stellenwert zu. Dieses öffentliche Interesse überwiegt in der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung das private Interesse des BF an einem Aufenthalt in den vom Einreiseverbot umfassten Staaten, zumal sein Lebensmittelpunkt in Serbien liegt und er keine zu berücksichtigenden Bindungen in Österreich hat. Abgesehen von seiner unerlaubten Erwerbstätigkeit liegen keine Integrationsmomente vor. Seine Kernfamilie lebt in Serbien, wo er mit Sprache und Gepflogenheiten vertraut ist und seine Schulausbildung absolvierte. Allfällige Kontakte zu Freunden und Verwandten außerhalb seiner Kernfamilie, die in vom Einreiseverbot betroffenen Staaten wohnen, können auch durch Telefonate, elektronische Kommunikationsmittel (E-Mail, Internet) oder Besuche beim BF in Serbien oder in anderen Staaten, die nicht vom Einreiseverbot umfasst sind, aufrechterhalten werden.

Da dem BF (neben der Missachtung melderechtlicher Vorschriften und dem Fehlen ausreichender Existenzmittel) anzulasten ist, dass er bei einer Beschäftigung betreten wurde, für die die erforderliche Bewilligung nach dem AuslBG nicht vorlag und die auch nicht bei der Sozialversicherung angemeldet war, sind die Voraussetzungen für die Erlassung eines bis zu fünfjährigen Einreiseverbots erfüllt. Dessen Dauer ist aber - in teilweiser Stattgebung der Beschwerde - auf drei Jahre zu reduzieren, was dem Fehlverhalten des unbescholtenen und kooperativen BF und der von ihm ausgehenden Gefährdung entspricht. Dadurch bleibt auch eine Steigerung der Sanktion bei einem neuerlichen, allenfalls schwerwiegenderen Fehlverhalten möglich. Eine weitere Reduktion scheitert insbesondere daran, dass der BF zur Arbeitsaufnahme einreiste und die unzulässige Tätigkeit bereits seit geraumer Zeit ausübte, als er betreten wurde.

Zu Spruchteil C):

Erhebliche Rechtsfragen von der über den Einzelfall hinausgehenden, grundsätzlichen Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG stellen sich nicht, weshalb die Revision an das Höchstgericht nicht zuzulassen ist.

Schlagworte

Einreiseverbot, Herabsetzung, Interessenabwägung, Kooperation,
Milderungsgründe, öffentliche Interessen, Unbescholtenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G314.2198023.1.00

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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