TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/14 G302 2225712-1

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Veröffentlicht am 14.04.2020
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Entscheidungsdatum

14.04.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6

Spruch

G302 2225712-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Manfred ENZI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Albanien, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl - Regionaldirektion XXXX - vom 11.11.2019, Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer

des Einreiseverbots auf zwei Jahre herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde), vom 11.11.2019, Zl. XXXX wurde XXXX, geb. XXXX (im Folgenden: BF) ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Albanien zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

Der BF erhob durch seine rechtliche Vertretung fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des im Spruch genannten Bescheides.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (XXXX) und ist albanischer Staatsangehöriger. Er ist ledig und hat keine Kinder.

Der BF reiste mit seinem albanischen biometrischen Reisepass von XXXX (Albanien) mit der Fähre nach XXXX (Italien) und von dort über Ungarn am 26.10.2019 in Österreich ein.

Der BF wurde beim Versuch, am 27.10.2019 vom Flughafen XXXX mit einem gefälschten italienischen Dokument nach London zu reisen, von Organen der XXXX kontrolliert und festgenommen. Seinen biometrischen albanischen Reisepass hatte er zuvor am Flughafen weggeworfen. Ziel der Reise war, in London Arbeit zu finden.

Der Aufenthalt des BF in Österreich erwies sich als unrechtmäßig.

Der BF verfügte über Barmittel in Höhe von EUR 200,-.

Das Strafverfahren gegen den BF wurde mittels Diversion von Seiten der Staatsanwaltschaft XXXX erledigt und erweist sich der BF in strafrechtlicher Hinsicht als unbescholten.

Mit am 12.11.2019 in Rechtskraft erwachsener Strafverfügung, der LPD XXXX, vom 28.10.2019, wurde der BF wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich gemäß §§ 120 Abs. 1a iVm 31 Abs. 1a, 31 Abs. 1 FPG mit einer Geldstrafe in Höhe EUR 500,- belangt.

Der BF wurde am 28.10.2019 zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen.

Am 15.11.2019 wurde der BF aufgrund der bevorstehenden freiwilligen Rückkehr nach Albanien aus der Schubhaft entlassen.

Der BF reiste am 15.11.2019 im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr von Österreich nach Albanien.

Er verfügt in Österreich über keine Wohnsitzmeldung und keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Feststellungen zur Reisebewegung, dem Vorhaben des BF in London und seinen finanziellen Verhältnissen ergeben sich aus der niederschriftlichen Befragung des BF am 28.10.2019 bei der belangten Behörde. Insbesondere legte der BF keine Nachweise für finanzielle Mittel vor.

Dass der BF ein gefälschtes italienisches Reisedokument besorgte und benutzte, beruhen auf den Angaben des BF im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde.

Die verwaltungsstrafrechtliche Belangung des BF beruht auf einer Ausfertigung der oben zitierten Strafverfügung und ergibt sich die Rechtskraft derselben aus einem Schreiben des Polizeikommissariats XXXX, vom 15.11.2019.

Die Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet ergibt sich aus der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung des BF, welche vom BF nicht angefochten wurde. Darüber hinaus wurde in der Beschwerdeschrift ausgeführt, dass sich der BF illegal in Österreich aufhielt.

Die Betretung des BF sowie dessen Anzeige beruhen auf einem Aktenvermerk der LPD XXXX vom 27.10.2019. Daraus ergibt sich auch die diversionelle Erledigung des Strafverfahrens gegen den BF.

Die Feststellung zur Schubhaft beruht auf einer Ausfertigung des Schubhaftbescheides der belangten Behörde vom 28.10.2019.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit beruht auf einem aktuellen Auszug aus dem Strafregister.

Die freiwillige Rückreise des BF beruht auf der Ausreisebestätigung von IOM vom 18.11.2019.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchteil A):

3.2. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gegenständlich richtet sich die Beschwerde lediglich gegen Spruchpunkt III. des im Spruch genannten Bescheides.

Spruchpunkte I., II. und IV. des angefochtenen Bescheides wurden somit nicht angefochten und sind in Rechtskraft erwachsen.

3.3. Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

3.3.1. Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(...)

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 Abs. 2 BFA-VG lautet:

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

In Bezug auf die für ein Einreiseverbot zu treffende Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist - abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Revisionswerbers - darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist. Diese Prognose ist nachvollziehbar zu begründen (VwGH 16.05.2019, Ra 2019/21/0104).

Der VwGH hat in seiner bisherigen Rechtsprechung keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass die Bestimmung des § 53 Abs. 2 Z 6 FrPolG 2005 als verfassungsrechtlich bedenklich einzustufen wäre (VwGH 12.08.2019, Ra 2018/20/0514).

Es trifft nicht zu, dass dem in § 53 Abs. 2 Z 6 FrPolG 2005 enthaltenen Tatbestand kein eigenständiger Bedeutungsgehalt beizumessen wäre. So hat der VwGH im Erkenntnis vom 20. September 2018, Ra 2018/20/0349, ausgeführt, dass aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft resultiert, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung iSd § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 gerechtfertigt ist (VwGH 12.07.2019, Ra 2018/14/0282).

Bei der Bemessung des Einreiseverbotes, kann sich die Behörde nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern ist insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen zu Österreich einzubeziehen (VwGH 07.11.2012, 2012/18/0057).

3.3.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Die belangte Behörde stützte das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 6 FPG, da der BF bei seinem Aufgriff am Flughafen über Bargeld in Höhe von nur EUR 200,- verfügte.

Da der BF den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermochte, ist eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch seinen Aufenthalt gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FPG indiziert, zumal aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft resultiert (VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309).

Zu den Voraussetzungen für Einreise und Aufenthalt laut Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex (Verordnung [EU] 2016/399 ABl. Nr. L 77 vom 9.3.2016 idgF) und Art 5 Abs. 1 SDÜ (Schengener Durchführungsübereinkommen; vgl § 2 Abs. 4 Z 6 FPG) gehört unter anderem, dass er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben (Art 6 Abs. 1 lit c Schengener Grenzkodex; Art 5 Abs. 1 lit c SDÜ). Gemäß Art 6 Abs. 4 Schengener Grenzkodex werden die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem betreffenden Mitgliedstaat nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden. Die Feststellung ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts kann anhand von Bargeld, Reiseschecks und Kreditkarten erfolgen, die sich im Besitz des Drittstaatsangehörigen befinden. Sofern in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen, können auch Verpflichtungserklärungen und - im Falle des Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen bei einem Gastgeber - Bürgschaften von Gastgebern im Sinne des nationalen Rechts Nachweise für das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellen.

Basierend auf diesen Grundsätzen ist der Einschätzung der belangten Behörde, der BF habe das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts nicht nachgewiesen, da der BF lediglich im Besitz von Euro 200,- war, zu folgen. Zudem gab der BF im Rahmen seiner niederschriftlichen Befragung an, in Albanien nur gelegentlich Arbeit als DJ gehabt zu haben und es ein "Kampf ums Überleben" gewesen sei.

Die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit wird gegenständlich durch den Umstand erhöht, dass sich der BF in XXXX seines albanischen Reisepasses entledigte und versuchte, mit einem gefälschten italienischen Reisedokument nach London zu reisen.

Darüber hinaus erfüllt der BF den Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 3 FPG, da gegen ihn mit rechtskräftiger Strafverfügung, der LPD XXXX vom 28.10.2019 wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich gemäß §§ 120 Abs. 1a iVm. 31 Abs. 1a, 31 Abs. 1 FPG eine Geldstrafe in Höhe EUR 500,- verhängt wurde.

Auch wenn der BF seine Reue in der Beschwerdeschrift beteuerte, kann daraus allein keine positive Gefährdungsprognose des BF prognostiziert werden. Der Einwand in der Beschwerde, dass er über Ersparnisse verfüge und auf die finanzielle Unterstützung seiner Eltern zurückgreifen könne, stellen keine geeigneten Nachweise für den Wegfall der Gefährdung dar. Auch die Ausführung in der Beschwerdeschrift, wonach der BF nun versuchen werde, auf legalem Weg nach London zu reisen, war unsubstantiiert und nicht geeignet, die vom BF ausgehende Gefährdung zu beseitigen.

Der Umstand, dass der BF freiwillig aus dem Bundesgebiet in sein Herkunftsland zurückkehrte war insofern relativierend anzusehen, als sich der BF dadurch der weiteren Anhaltung in Schubhaft entziehen konnte.

Aufgrund obiger Ausführungen war auszusprechen, dass der Aufenthalt des BF die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

Bei Erlassung eines Einreiseverbots ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Wird durch ein Einreiseverbot in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung demnach nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).

Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen kommt zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von Schäden für die österreichische Wirtschaft ein hoher Stellenwert zu. Dieses öffentliche Interesse überwiegt in der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung das private Interesse des BF an einem Aufenthalt in den vom Einreiseverbot umfassten Staaten, zumal sich sein Lebensmittelpunkt in Albanien befindet und der BF in Österreich über keine familiären oder sonstigen sozialen Anknüpfungspunkte verfügt, sondern sich nur zur Durchreise im Bundesgebiet aufhielt.

Das Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 3 und 6 FPG erweist sich somit dem Grunde nach als gerechtfertigt, weshalb eine gänzliche Aufhebung des Einreiseverbotes nicht in Betracht kam.

3.3.3. Im gegenständlichen Fall erweist sich allerdings die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbots als nicht angemessen:

Gemäß § 53 Abs. 2 FPG kann ein Einreiseverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.

Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) oder das Unterbleiben eines Einreiseverbotes kommt nur in Betracht, wenn vom betroffenen Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht und sein Fehlverhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit nur geringfügig beeinträchtigt (VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207).

Die belangte Behörde hat das angefochtene Einreiseverbotsverbot auf drei Jahre befristet. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kann trotz dem BF anhaftender die Rechtsordnung negierender Verhaltensweisen keine derartige Gefährdung im geforderten Ausmaß erkannt werden, die eine Verhängung eines Einreiseverbotes für die Dauer von drei Jahren rechtfertigen würde. Im Hinblick auf seine strafgerichtliche Unbescholtenheit, seiner geständigen Aussagen vor der belangten Behörde und der Tatsache, dass er nachweislich nach Albanien ausgereist ist, ist die von der belangten Behörde ausgesprochene Einreiseverbotsdauer von 3 Jahren nicht aufrecht zu erhalten.

Insofern war gegenständlich die Dauer des Einreiseverbotes zu reduzieren und konnte mit einer Befristung von zwei Jahren das Auslangen gefunden werden.

Das Einreiseverbot laut Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides ist daher in teilweiser Stattgebung der Beschwerde auf zwei Jahre herabzusetzen.

Im Übrigen war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchpunkt B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Schlagworte

Einreiseverbot, Herabsetzung, Interessenabwägung, Milderungsgründe,
öffentliche Interessen, Resozialisierung, Rückkehrentscheidung,
Unbescholtenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G302.2225712.1.00

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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