TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/16 W266 2163477-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.04.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

16.04.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
AVG §74
BBG §42
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W266 2163477-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan WAGNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Ulrike SCHERZ sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Rudolf HALBAUER, Bakk. Phil. als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch RA Dr. Herbert POCHIESER, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 19.5.2017, OB: XXXX , betreffend den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in nicht öffentlicher Sitzung

A)

I. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. beschlossen:

Das Kostenersatzbegehren wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG (jeweils) nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (= belangte Behörde) vom 19.5.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 17.3.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nach Durchführung eines ärztlichen Begutachtungsverfahrens abgewiesen.

Zur Erhebung der Beschwerde stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verfahrenshilfe gemäß § 8a VwGVG, welcher vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 18.10.2017, XXXX , abgewiesen und die ordentliche Revision zugelassen wurde.

Zur Erhebung der Rechtsmittel an die Höchstgerichte stellte der Beschwerdeführer erneut einen Verfahrenshilfeantrag, welchem mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 5.12.2017, XXXX stattgegeben wurde.

Die Behandlung der daraufhin erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde mit Beschluss vom 24.9.2018, XXXX , abgelehnt und in weiterer Folge an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 19.5.2017 erhob der Beschwerdeführer durch seinen später für die Höchstgerichtsverfahren bestellten Verfahrenshilfevertreter fristgerecht Beschwerde.

Die Beschwerde wurde unter Anschluss des Verwaltungsakts am 6.7.2017 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Zur Überprüfung des Beschwerdevorbringens wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

Mit Schreiben vom 19.2.2020 wurde das eingeholte Gutachten dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde zur allfälligen Stellungnahme binnen zweier Wochen übermittelt. Weder der Beschwerdeführer noch die belangte Behörde haben sich innerhalb der Frist dazu geäußert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Nach Einsicht in den behördlichen Verwaltungsakt, insbesondere in die im erstinstanzlichen Verfahren und im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeholten allgemeinmedizinischen Gutachten, die im Akt erliegenden Befunde und Einholung eines aktuellen Auszugs aus dem zentralen Melderegister steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger, am XXXX geboren und an der Adresse 1070 Wien, XXXX obdachlos gemeldet. Er ist Inhaber eines Behindertenpasses.

Hinsichtlich des Gesundheitszustands wird folgendes festgestellt:

Allgemeinzustand: gut, Ernährungszustand: gut, Größe: 165 cm,

Gewicht: 71,5 kg.

Caput/Hals: unauffällig, keine Lippenzyanose, Sprache unauffällig, keine Halsvenenstauung, Schilddrüse schluckverschieblich.

Cor: leise, reine Herztöne, Blutdruck: 115/75.

Pulmo: V.A. beidseits, vereinzelt Entfaltungsknistern beidseits, sonorer Klopfschall, Basen atemverschieblich, keine Kurzatmigkeit beim Sprechen, keine maßgebliche Kurzatmigkeit bei Bewegungsprüfung im Untersuchungszimmer.

Abdomen: unauffällig, weich, keine Druckpunkte, keine pathologischen Resistenzen palpabel, Leber am Ribo palpabel, Milz nicht palpabel, Darmgeräusche normal und unauffällig, Nierenlager beidseits frei.

HWS: Kopfdrehung und -seitneigung: nach rechts und links frei, Inkl. und Reklination frei.

BWS: gerade.

LWS: Rumpfdrehung und -seitneigung frei.

Extremitäten:

obere Extremitäten:

Schultergelenk rechts: frei beweglich, Nackengriff frei,

Schürzengriff frei, Schultergelenk links: frei beweglich, Nackengriff frei, Schürzengriff frei, Ellenbogengelenk rechts frei beweglich, Ellenbogengelenk links: frei beweglich, Handgelenke frei beweglich, Fingergelenke beidseits frei, Daumengelenke beidseits frei, Faustschluss beidseits durchführbar, Zangengriff beidseits durchführbar, Greif- und Haltefunktion beidseits unauffällig.

Untere Extremitäten:

Hüftgelenk rechts: Beweglichkeit frei, Beugung 120°, Hüftgelenk links: Beweglichkeit frei, Beugung 120°, Kniegelenke frei beweglich, bandstabil, Sprunggelenke beidseits frei, Fußheben und -senken frei, Zehenbeweglichkeit unauffällig, Hocke mit Anhalten durchführbar, beide unteren Extremitäten können gut von der Unterlage abgehoben werden (80°), Beinpulse beidseits tastbar, Fußpulse beidseits tastbar, Temperatur beider unteren Extremitäten seitengleich unauffällig, Venen: Varikosis mit verstärkter Venenzeichnung beidseits, Ödeme: keine.

Derma: einige Kratzspuren an den oberen Extremitäten.

Neuro: Kraft der oberen und unteren Extremitäten seitengleich unauffällig und normal.

Psychisch: Anamneseerhebung und Kommunikation unauffällig und gut möglich. BF ist klar, wach, in allen Qualitäten orientiert. Stimmung subdepressiv wirkend. Denkziel wird erreicht.

Gang: ohne Hilfsmittelverwendung gering verlangsamtes, unauffälliges, flüssiges und sicheres Gangbild. Keine Gangunsicherheit, keine Sturzneigung. Aufstehen aus sitzender und liegender Körperhaltung selbstständig unauffällig und gut möglich. Freies Stehen sicher und gut möglich. Konfektionssportschuhe.

Funktionseinschränkungen:

1. Koronare Herzerkrankung bei Zustand nach Infarktgeschehen mit Zustand nach aortocoronarer Bypassoperation 2011 sowie Zustand nach Stenting 2018, Vorhofflimmern unter oraler Antikoagulation.

2. Arterielle Hypertonie

3. Chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung

4. Diabetes mellitus II bei laufender Insulintherapie

Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der oberen und unteren Extremitäten, keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit und auch keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. Funktionen vor. Weiters liegen beim Beschwerdeführer auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems und keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor.

Das Zurücklegen einer Gehstrecke von ca. 300 bis 400m ist möglich, ebenso das Überwinden von Niveauunterschieden, wie zum Beispiel beim Ein- und Aussteigen in bzw. aus öffentlichen Verkehrsmittel, weiters sind das sichere Bewegen und das Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln möglich.

Es bestehen beim Beschwerdeführer keine höhergradigen Schmerzzustände, welche sich konkret auf das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel auswirken und es erheblich erschweren.

Eine ärztliche Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen beruhen betreffend Geburtsdatum, Staatsbürgerschaft und Meldeadresse auf den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers am Antragsformular, auf den übereinstimmenden Unterlagen im Verwaltungsakt und dem eingehholten Auszug aus dem zentralen Melderegister.

Hinsichtlich des Gesundheitszustands bzw. den Funktionsstörungen beruhen die Feststellungen auf dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin, welches auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers basiert. Dieses ist in sich schlüssig, nachvollziehbar und vollständig. Es wird darin vollständig und in nachvollziehbarer Art und Weise auf alle vom Beschwerdeführer vorgebrachten Leidenszustände unter Berücksichtigung der vorgelegten Befunde eingegangen.

Der vom Bundesverwaltungsgericht herangezogene Sachverständige setzt sich in seinem Gutachten mit allen Aspekten der Frage, ob dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Lichte seiner Funktionseinschränkungen zumutbar ist, ausreichend und nachvollziehbar auseinander.

So führt er nachvollziehbar aus, dass keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vorliegen, da sich im Rahmen der klinischen Untersuchung keine maßgeblichen funktionellen Einschränkungen der Hüftgelenke, der Kniegelenke, der Sprunggelenke bzw. der Gelenke im Fußbereich beidseits objektivieren ließen.

Auch hinsichtlich der oberen Extremitäten führt der Sachverständige in Zusammenschau mit dem erhobenen Befund schlüssig aus, dass deren Funktion nicht beeinträchtigt ist und somit die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auch in dieser Hinsicht nicht beeinträchtigt ist.

Ebenso verständlich schildert er, dass keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vorliegen. Dazu führt er aus, dass bei koronarer Herzerkrankung im Rahmen der klinischen Untersuchung keine maßgeblichen Dekompensationszeichen und auch keine ausgeprägte Herzinsuffizienz objektiviert werden konnten. Erhebliche Funktionseinschränkungen des Herzens konnten laut den Ausführungen des Sachverständigen bei Fehlen von Stauungszeichen grobklinisch nicht erhoben werden. Trotz Vorliegens einer chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung bei auskultatorisch insgesamt unauffälliger Lunge ließen sich im Rahmen der Untersuchung durch den Sachverständigen grobklinisch keine erheblichen Funktionseinschränkungen der Lunge objektivieren. Eine erheblich ausgeprägte arterielle Verschlusskrankheit an den unteren Extremitäten ließ sich bei gut tastbaren Beinpulsen ebenfalls nicht erheben. Dasselbe gilt laut den Ausführungen des Sachverständigen auch hinsichtlich einer möglichen linksventrikulären Auswurffraktion unter 30 % oder einer hochgradigen Rechtsherzinsuffizienz. Des Weiteren stellt der Sachverständige nachvollziehbar fest, dass eine Lungengerüsterkrankung oder ein Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie beim Beschwerdeführer nicht vorliegen und ein mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff nicht benützt werden muss. Eine chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung im Stadium IV ist befundmäßig nicht dokumentiert, es liegt lediglich Stadium III beim Beschwerdeführer vor.

Zum Vorliegen erheblicher Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. Funktionen ist festzuhalten, dass solche befundmäßig nicht dokumentiert sind und sich nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen auch im Rahmen der klinischen Untersuchung nicht objektivieren ließen. Selbiges gilt auch hinsichtlich einer etwaigen schweren anhaltenden Erkrankung des Immunsystems bzw. einer hochgradigen Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit.

Zur Frage von vorliegenden Schmerzzuständen, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen und deren Benützung erheblich einschränken oder verunmöglichen würden, erläutert der Sachverständige nachvollziehbar, dass solche nicht vorliegen würden, für Schmerzen im Allgemeinen ist beim Beschwerdeführer eine medikamentöse Schmerztherapie nicht etabliert und es bestehen noch Therapiereserven, eben durch Etablierung einer medikamentösen Schmerztherapie oder durch Behandlung in einer Schmerzambulanz.

Der vom Bundesverwaltungsgericht herangezogene Sachverständige begründet auch schlüssig, dass in Anbetracht dessen, dass beim Beschwerdeführer weder erhebliche Einschränkungen der Gelenksfunktionen der unteren Extremitäten, noch erhebliche Einschränkungen der Wirbelsäulenfunktion vorliegen, weiters auch keine erhebliche funktionelle Einschränkungen der Gelenke der oberen Extremitäten oder erheblich ausgeprägte neurologischer Defizite wie Lähmungserscheinungen gegeben sind, ebenso auch keine erheblichen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit oder eine erheblich ausgeprägte peripheren arteriellen Verschlusserkrankung der unteren Extremitäten vorliegen, das Zurücklegen einer Gehstrecke von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300 - 400 m möglich, das Überwinden von Niveauunterschieden, wie zum Beispiel beim Ein- und Aussteigen in bzw. aus öffentlichen Verkehrsmitteln sowie das sichere Bewegen und das Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln möglich ist.

Zudem beschäftigt sich der bestellte medizinische Sachverständige auch eingehend mit den im Akt aufliegenden bzw. vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunden und Einwendungen. In diesem Zusammenhang führt der Sachverständige insbesondere nachvollziehbar aus, dass er dem Beschwerdevorbringen, wonach das erstinstanzliche Gutachten nicht schlüssig sei, nicht folgen könne, da dieses Gutachten ebenfalls auf einer persönlichen Untersuchung beruhte und sich auch der erstinstanzliche Sachverständige mit allen Vorbringen und Befunden auseinandergesetzt hat und erscheint auch für den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Sachverständigen die dortige Beurteilung hinsichtlich des Vorliegens der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel als nachvollziehbar.

Weiters begründet der Sachverständige auch schlüssig, weshalb aus seiner Sicht keine Veränderungen zum von der belangten Behörde eingeholten Gutachten in Bezug auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel objektivierbar waren.

Die vorgelegten und im Gutachten berücksichtigten Befunde stehen gemeinsam mit dem Ergebnis der am 11.11.2019 durchgeführten persönlichen Untersuchung im Einklang mit den Ausführungen des vom Bundesverwaltungsgericht bestellten medizinischen Sachverständigen.

Ein Beschwerdevorbringen, das geeignet wäre, die im Rahmen der persönlichen Untersuchung durch den Sachverständigen getroffenen Einschätzungen zu entkräften, wurde nicht erstattet. Der Beschwerdeführer, dem es im Übrigen freigestanden wäre, durch Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl die getroffene Einschätzung des herangezogenen Sachverständigen zu entkräften, ist dem gegenständlichen Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und hat sich im Rahmen des gewährten Parteiengehörs dazu auch nicht mehr geäußert.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichts bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 10.2.2020. Dieser Sachverständigenbeweis wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A) I. Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 1 Abs. 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

* erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

* erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

* erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

* eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

* eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Bundessozialamtes. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

In den Erläuterungen zur oben genannten Verordnung wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:

"Zu § 1 Abs. 2 (auszugsweise):

Abs. 2 unterscheidet zwei Arten von Eintragungen; solche, die die Art der Behinderung des Passinhabers/der Passinhaberin betreffen und jene, die Feststellungen über Erfordernisse des Menschen mit Behinderung im täglichen Leben treffen, etwa die behinderungsbedingte Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel."

"Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensations-möglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-

arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-

Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-

hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-

Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-

COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-

Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-

mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden."

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.5.2012, Zl. 2008/11/0128 und die dort angeführte Vorjudikatur sowie VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242 und 27.1.2015, Zl. 2012/11/0186).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242).

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH vom 14.5.2009, Zl. 2007/11/0080).

Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht. (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.5.2014).

Daraus folgt:

Das gegenständliche Sachverständigengutachten entspricht den formalen und inhaltlichen Voraussetzungen der Einschätzungsverordnung und wird, aus den in der Beweiswürdigung näher ausgeführten Gründen der Entscheidung zugrunde gelegt.

Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

* erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

* erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

* erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

* eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

* eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

Beim Beschwerdeführer liegen keine der genannten oder diesen entsprechende Einschränkungen oder Erkrankungen vor und ist das Erreichen, ein gesichertes Ein- und Aussteigen und ein gesicherter Transport im öffentlichen Verkehrsmittel möglich.

Unter Verweis auf die zuvor wiedergegebenen Ausführungen in den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen sowie der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, ist dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gegenwärtig zumutbar.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Hinweis:

Wenn eine entsprechende Verschlechterung eingetreten ist, dann kann aufgrund dieser ein neuer Antrag eingebracht werden.

Zu A) II. Zurückweisung des Kostenersatzbegehrens:

Das VwGVG sieht den Ersatz von Verfahrenskosten nur in den besonderen Fällen der Maßnahme- oder Verhaltensbeschwerde vor (§§ 35, 53 VwGVG). Das in Ermangelung sonstiger Regelungen des VwGVG zum Kostenersatz anzuwendende AVG (§ 17 VwGVG) normiert als Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat (§ 74 Abs. 1 AVG). Dieser Grundsatz gilt für sämtliche Parteienkosten, also etwa Anwaltskosten, Kosten für Privatgutachten etc. (VwSlg. 16.636 A/2005 mwN). Von diesem Grundsatz abweichende Regelungen können in den Verwaltungsvorschriften zwar vorgesehen sein (§ 74 Abs. 2 AVG), sind aber für die im Beschwerdefall anzuwendende Rechtsmaterie nicht vorhanden. Hinsichtlich des in der Beschwerde erwähnten Judikats des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.11.2014, W117 2013311-1, ist einerseits auszuführen, dass der erkennende Senat aufgrund der klaren gesetzlichen Bestimmung keinen Anlass für eine Revisionszulassung sieht und andererseits, dass das zitierte Erkenntnis gegenständlich auch nicht einschlägig ist, da es sich bei dieser Entscheidung um eine solche in einer Angelegenheit einer Schubhaftbeschwerde handelt, welche noch eher mit einer Maßnahmenbeschwerde zu vergleichen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 EMRK (Art. 47 GRC) führte der Verwaltungsgerichtshof zur Frage der Durchführung einer beantragten mündlichen Verhandlung im Erkenntnis vom 16.12.2013, 2011/11/0180 (mit Hinweis auf EGMR 13.10.2011, Fexler gg. Schweden, Beschw. Nr. 36.801/06) aus, dass eine solche unterbleiben kann, wenn der Ausgang des Verfahrens vor allem vom Ergebnis der Gutachten medizinischer Sachverständiger abhängt und der Beschwerdeführer auch nicht behauptet, dass er den von der Behörde eingeholten Gutachten entgegentritt.

In diesem Zusammenhang wird auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) verwiesen, die im Bereich von Entscheidungen, die eher technischer Natur ("rather technical in nature") sind und deren Ausgang von schriftlichen medizinischen Sachverständigengutachten abhängt ("the outcome depended on the written medical opinions") unter Rücksichtnahme u.a. auf die genannten Umstände von der Zulässigkeit des Absehens einer mündlichen Verhandlung ausgeht, dies nicht nur im Verfahren vor dem jeweils zuständigen Höchstgericht, sondern auch in Verfahren vor dem als erste gerichtliche Tatsacheninstanz zuständigen (Verwaltungs-)Gericht, dem die nachprüfende Kontrolle verwaltungsbehördlicher Entscheidungen zukommt (vgl. etwa EGMR [Unzulässigkeitsentscheidung] 22.05.2012, Osorio gg. Schweden, Beschw. Nr. 21.660/09, sowie VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221, mit Hinweis auf EGMR 18.07.2013, Beschw. Nr. 56.422/09, Schädler-Eberle gg. Liechtenstein; EGMR 10.05.2007, Beschw. Nr. 7401/04, Hofbauer gg. Österreich Nr. 2; EGMR 03.05.2007, Beschw. Nr. 17.912/05, Bösch gg. Österreich).

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem eingeholten - vom erkennenden Gericht als schlüssig erachteten - Gutachten eines medizinischen Sachverständigen für Allgemeinmedizin, dem weder die belangte Behörde noch der Beschwerdeführer widersprochen haben. Die strittigen Tatsachenfragen gehören ausschließlich dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung, trotz deren Beantragung in der Beschwerde, im gegenständlichen Fall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hinsichtlich beider Spruchpunkte nicht zulässig, weil zum einen die Entscheidung in der Sache nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung im Gegenstand von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Auch hinsichtlich der Zurückweisung des Kostenersatzbegehrens ist für den erkennenden Senat keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ersichtlich, zumal die erwähnten gesetzlichen Bestimmungen des VwGVG und des AVG diesbezüglich eindeutig sind.

Schlagworte

Behindertenpass, Kostenersatz, Sachverständigengutachten,
Zumutbarkeit, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W266.2163477.2.00

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten