TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/19 W167 2207398-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.04.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

19.04.2020

Norm

ASVG §18b
ASVG §225
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W167 2207398-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daria MACA-DAASE als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX gegen den zweiten Spruchpunkt des Bescheids der Pensionsversicherungsanstalt vom XXXX , dass für die Zeit vom XXXX die Berechtigung zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nicht gegeben ist, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dass 1. ein Anspruch des Beschwerdeführers für Zeiten der Pflege der nahen Angehörigen ab dem XXXX anerkannt wird und die monatliche Beitragsgrundlage und der monatliche Beitrag zur Selbstversicherung festgestellt wurde und 2. für die beantragte Zeit davor die Berechtigung zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nicht gegeben ist. Als Ablehnungsgrund gab sie an, Beiträge zur Selbstversicherung könnten nur für Beitragszeiträume entrichtet werden, welche nicht mehr als zwölf Monate vor der Antragstellung liegen.

2. Gegen Spruchpunkt 2 dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Die Ursache für das Versäumnis, den Antrag nicht fristgerecht, d.h. bis XXXX gestellt zu haben, bestehe in der Fehlinformation, die ihm bei einer Vorsprache bei der belangten Behörde im Jahr XXXX erteilt wurde. Damals sei ihm fälschlich beschieden worden, dass ein solcher Anspruch nur ab der Pflegestufe 4 des nahen Angehörigen bestehe. Er habe diese Information damals einfach akzeptiert in vollem Vertrauen auf deren Zuverlässigkeit. Im Jahr XXXX sei er darauf aufmerksam gemacht worden, dass dieser Anspruch auf Selbstversicherung schon ab Pflegestufe 3 bestehe. Es sei ihm geraten worden, im Nachhinein den betreffenden Antrag bei der belangten Behörde zu stellen, was er auch umgehend getan habe. Der Beschwerdeführer ersuche um Prüfung der Sachlage und eine Entscheidung zu seinen Gunsten, eventuell auch in Form einer Kulanzlösung.

3. Die belangte Behörde legte Beschwerde und Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor. In der Stellungnahme gab die belangte Behörde an, dass keine Vorsprache des Beschwerdeführers im Jahr XXXX aktenkundig sei. In rechtlicher Hinsicht führte sie zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass selbst eine allfällige Verletzung einer Nebenpflicht (Auskunfts-, Aufklärungs-, Informations- und Beratungspflichten) zu keinem sozialversicherungsrechtlichen Leistungsanspruch des Versicherten führen könne (vgl RIS-Justiz RS0111538) und selbst eine unterlassene oder unrichtige Auskunft bzw. Beratung durch einen Sozialversicherungsträger daher keinen Leistungsanspruch begründe (vgl zB 10 ObS 51/15w). Die Fiktion eines tatsächlich nicht gestellten Antrags lasse sich auch aus der sozialen Rechtsanwendung nicht ableiten (RIS-Justiz RS0086446[T1]). Darüber hinaus führte sie betreffend den Antrag gemäß § 18b ASVG insbesondere aus, aus § 225 Absatz 1 Ziffer 1 ergebe sich, dass als frühester Beginn-Zeitpunkt der dem Antragszeitpunkt vorangehende Monatserste des Vorjahres gewählt werden könne (vgl. VwGH 2011/08/0012). Da der Bescheid sohin der Sach- und Rechtslage entsprechend ergangen sei, werde die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer beantragte am XXXX die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege einer nahen Angehörigen (Mutter) ab XXXX .

Der Beschwerdeführer lebte mit dieser nahen Angehörigen im beschwerdegegenständlichen Zeitraum ( XXXX ) im gemeinsamen Haushalt. Die nahe Angehörige hatte in diesem Zeitraum ein Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 3.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich unbestritten aus dem Verwaltungsakt.

Feststellungen dazu, ob seinerzeit eine Vorsprache des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde erfolgte oder nicht bzw. was Gegenstand einer allfälligen Vorsprache war, sind für die rechtliche Beurteilung nicht erforderlich und unterbleiben daher.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Maßgebliche Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG)

Gemäß § 18b Absatz 1 können sich Personen, die einen nahen Angehörigen oder eine nahe Angehörige mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze unter erheblicher Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, können sich, solange sie während des Zeitraumes dieser Pflegetätigkeit ihren Wohnsitz im Inland haben, in der Pensionsversicherung selbstversichern. Je Pflegefall kann nur eine Person selbstversichert sein. Die Pflege in häuslicher Umgebung wird durch einen zeitweiligen stationären Pflegeaufenthalt der pflegebedürftigen Person nicht unterbrochen.

Gemäß § 18b Absatz 2 ASVG beginnt die Selbstversicherung mit dem Zeitpunkt, den die pflegende Person wählt, frühestens mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Pflege aufgenommen wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der dem Tag der Antragstellung folgt.

Gemäß § 225 Absatz 1 Ziffer 3 ASVG sind als Beitragszeiten aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1955 anzusehen: Zeiten einer freiwilligen Versicherung, wenn die Beiträge innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des Beitragszeitraumes, für den sie gelten sollen, oder auf Grund einer nachträglichen Selbstversicherung nach § 18 oder § 18a in Verbindung mit § 669 Abs. 3 wirksam (§ 230) entrichtet worden sind.

3.2. Maßgebliche Judikatur betreffend die rückwirkende Selbstversicherung gemäß § 18b ASVG

Auch wenn der Versicherte als Zeitpunkt des Beginns der freiwilligen Versicherung auch einen bereits verstrichenen Zeitpunkt wählen kann, ergibt sich aus § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG, dass als frühester Beginnzeitpunkt der dem Antragszeitpunkt vorangehende Monatserste des Vorjahres gewählt werden kann (vgl. das zu § 18a ASVG idF vor der 52. Novelle, BGBl. Nr. 20/1994, ergangene hg. Erkenntnis vom 22. November 1994, Zl. 93/08/0226, sowie das zu § 17 Abs. 7 ASVG ergangene hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2013, Zl. 2011/08/0012). (VwGH 04.11.2015, Ro 2015/08/0022)

Mit den Ausführungen im Erkenntnis vom 4. November 2015, Ro 2015/08/0022, hat der Verwaltungsgerichtshof die Anwendung des § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG auf die Selbstversicherung nach § 18b ASVG bejaht und die damit verbundene zeitliche Begrenzung einer rückwirkenden Anerkennung von Versicherungszeiten - im Sinn der allgemeinen Regel - auf zwölf Monate (frühestmöglicher Beginn ist somit der vor der Antragstellung liegende Monatserste des Vorjahres) klargestellt. Weiters hat der Gerichtshof mit seinen Aussagen (implizit) auch zum Ausdruck gebracht, dass die im § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG enthaltene Sonderregelung für die Fälle des § 18 bzw. § 18a iVm. § 669 Abs. 3 ASVG auf die Selbstversicherung nach § 18b ASVG nicht anzuwenden ist. Gegen diese Beurteilung bestehen auch insofern keine Bedenken, als in der unterschiedlichen Behandlung der Selbstversicherung nach § 18a und § 18b im § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG keine planwidrige Lücke zu erkennen ist, besteht doch kein Anhaltspunkt, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Sonderregelung für § 18a iVm. § 669 Abs. 3 ASVG durch BGBl. I Nr. 3/2013 die Bestimmung des § 18b ASVG etwa übersehen hätte. (VwGH 07.04.2016, Ro 2014/08/0085)

3.3. Für den Beschwerdefall bedeutet das:

Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen und der zitierten Judikatur ist bei Beantragung einer Selbstversicherung gemäß § 18b ASVG als frühester Beginnzeitpunkt der dem Antragszeitpunkt vorangehende Monatserste des Vorjahres möglich.

Somit hat die belangte Behörde zu Recht ausgesprochen, dass im beschwerdegegenständlichen Zeitraum keine Berechtigung zur Selbstversicherung gegeben ist.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Eine Verhandlung konnte entfallen, da der entscheidungserhebliche Sachverhalt unstrittig feststand.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung stützt sich auf die Bestimmungen der §§ 18b und 225 ASVG sowie die einschlägige Rechtsprechung des VwGH (siehe oben 3.2.), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Antragszeitpunkt, Pensionsversicherung, Selbstversicherung,
Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W167.2207398.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten