TE Bvwg Beschluss 2020/4/21 W217 2213026-1

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Veröffentlicht am 21.04.2020
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Entscheidungsdatum

21.04.2020

Norm

APG §4
AVG §38
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §17

Spruch

W217 2213026-1/2Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch XXXX , diese vertreten durch Lippitsch Neumann Hammerschlag Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Pensionsservice, vom 14.11.2018, Zl. XXXX , beschlossen:

I.

Das gegenständliche Beschwerdeverfahren wird gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren zur Zahl W201 2213025-1 ausgesetzt.

II.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Mit Bescheid vom 14.11.2018 stellte die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Pensionsservice (in der Folge BVA) fest, dass Frau XXXX (in der Folge BF) nach ihrem am 11.05.2018 verstorbenen Vater Inspektor XXXX , vom 1. Juni 2018 an als Halbwaise bis zum Ende des Monats, indem sie das 18. Lebensjahr vollende, das sei bis 31. Dezember 2031, eine Waisenpension von monatlich brutto EUR 333,29 gebühre. Für den Zeitraum 12. Mai 2018 bis 31. Mai 2018 würden brutto EUR 222,18 zur Auszahlung gelangen.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde und brachte vor, der Bescheid sei mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet,

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als die belangte Behörde die Bemessungsgrundlage für die Waisenpension, nämlich die nach § 7 Z 1 APG zu ermittelnde Hinterbliebenenpension, unter unrichtiger Anwendung von § 5 Abs. 2 APG und § 6 Abs. 1 letzter Halbsatz APG berechnet habe, folglich einen 13,8 %igen Abschlag von der fiktiven Pension des Verstorbenen vornehme, weil der Vater der BF vor dem Regelpensionsalter von 65 Jahren verschieden sei und

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ein Dividend gemäß § 6 Abs. 2 letzter Absatz APG von 469 statt 476 herangezogen worden sei und

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eine Zusammenrechnung der nach §§ 5 und 6 berechneten Pension zur Ermittlung der fiktiven Pension als Bemessungsgrundlage unterblieben sei.

Die belangte Behörde verkenne den Regelungszweck der Bestimmung des § 7 iVm § 5 Abs. 2 APG und § 6 APG im besonderen Fall, dass der versicherte Vater noch keinen Pensionsanspruch gehabt habe, als er am 11.05.2018 verstarb. Die Bemessungsgrundlage der Waisenpension sei so berechnet worden, als habe er vorzeitig die Pension angetreten. Eine derartige Berechnung der Waisenpension sei weder mit dem Wortlaut des Gesetzes noch mit dem Zweck der Waisenpension zu vereinbaren. Die Behörde habe auch einen unrichtigen Dividenden herangezogen - 469 statt 476 Monate - und daher eine zu geringe Vervielfachung der Alterspension vorgenommen. Vor allem aber sei die Kürzung der Alterspension nach § 5 Abs. 2 APG zum Zweck der Berechnung der Hinterbliebenenpension unzulässig.

Durch die Einführung des Allgemeinen Pensionsgesetzes, BGBl I 142/2004, sollte einerseits ein frühzeitiger Pensionsantritt vor dem Regelpensionsalter ermöglicht werden, andererseits die Erwerbsbeteiligung der älteren Arbeitnehmer erhöht werden. Um einen Anreiz zu schaffen, länger im Erwerbsleben zu bleiben, sei der Korridorabschlag eingeführt worden. Bei einem Pensionsantritt vor Erreichen des Regelpensionsalters vermindere sich daher gemäß § 5 Abs. 2 APG die monatliche Alterspension um 0,35 % für jeden Monat des früheren Pensionsantrittes (sogar 0,425 % im Fall der Korridorpension nach § 4 Abs. 2 APG; im Falle der Schwerarbeiterpension nur 0,15 %), wobei eine Begrenzung des Gesamtabschlages mit 15 % bestimmt sei. Demgegenüber sehe § 5 Abs. 4 APG vor, dass sich bei Antritt der Pension nach Erreichen des Regelpensionsalters die Bruttoleistung um 0,35 % pro Monat des späteren Pensionsantrittes erhöhe. Diese Regelungen sollten demnach insgesamt einen Anreiz für den späteren Pensionsantritt schaffen und denjenigen bestrafen, der die vorzeitige Pensionierung wähle. Selbstredend rechtfertige dieser Gesetzeszweck nicht die Minderung der Waisenpension für den Fall, dass der Vater vor dem Regelpensionsalters verstirbt. Abschläge seien gemäß § 7 APG, welcher auf § 5 Abs. 2 APG verweise, ausdrücklich bei früherem Pensionsantritt vorzunehmen; der Verstorbene habe eine Pension aber noch nicht angetreten, er sei vor dem Regelpensionsalter verstorben, was keinen Fall des § 5 Abs. 2 APG darstelle.

Die Berechnung sei vielmehr wie folgt vorzunehmen:

Die Leistung nach § 5 Abs. 1 APG betrage das 14tel aus der bis zum Todestag ermittelten Gesamtgutschrift:

EUR 11.397,20 / 14 = EUR 814,08

Dieser Betrag sei gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 APG iVm § 6 Abs. 2 Z 2 APG zu vervielfachen, nämlich mit der Summe aus den Versicherungs- und Zurechnungsmonaten, konkret mit dem gesetzlichen Maximum von 476 Monaten, geteilt durch die Anzahl der erworbenen Versicherungsmonate des Verstorbenen (d.s. 237 Versicherungsmonate bis zum Stichtag nach § 223 Abs. 2 ASVG):

EUR 814,08 x 476 / 237 = EUR 1.635,03

§ 7 APG bestimme in Z 1, dass zur Ermittlung der Leistung die Invaliditäts-, Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeitspension nach § 6 APG und die Alterspension nach § 5 zu berechnen sei; die Bestimmung verlange folglich die Zusammenrechnung beider Pensionen:

EUR 814,08 + EUR 1.635,03 = EUR 2.449,11 (fiktive Bruttopension)

Hiervon sei sodann das Ausmaß der Waisenpension gemäß § 266 ASVG zu ermitteln, d.s. 40 % einer nach dem verstorbenen Elternteil mit dem Hundertsatz 60 ermittelten Witwenpension:

EUR 2.449,11 x 60 % x 40 % = EUR 587,78

Folglich betrage die Waisenrente der BF ab 01.06.2018 monatlich EUR 587,78 und im Schrumpfmonat Mai EUR 379,21.

3. Die gegenständliche Beschwerde und der maßgebliche Verwaltungsakt langten am 15.01.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchpunkt I.):

§ 38 AVG normiert zur Frage der Beurteilung von Vorfragen Folgendes:

Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung dem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit dem Ausmaß der Waisenpension der BF auseinanderzusetzen. Diese richtet sich gemäß § 266 ASVG nach der gemäß § 264 Abs. 1 ASVG ermittelten Witwenpension. Somit ist zunächst die Witwenpension gemäß § 264 Abs. 1 zu ermitteln.

Gegen den in diesem Zusammenhang ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 14.11.2018 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 20.12.2018 wurde Beschwerde durch die Witwe, Frau XXXX , erhoben. Dieses Beschwerdeverfahren ist nach wie vor beim Bundesverwaltungsgericht zu W201 2213025-1 anhängig.

Da die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu W201 2213025-1 eine Vorfrage für das gegenständliche Beschwerdeverfahren darstellt, ist diese und allenfalls jene des VwGH abzuwarten.

Der Ausgang dieses Verfahrens ist wesentlich für das gegenständliche Beschwerdeverfahren.

Da die Voraussetzungen des § 38 AVG zur Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Vorfrage gegeben sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II.)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Aussetzung, Vorfrage, Waisenrente

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W217.2213026.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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