TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/21 G304 2230057-2

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Veröffentlicht am 21.04.2020
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Entscheidungsdatum

21.04.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76

Spruch

G304 2230057-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Volksrepublik China, BFA-Zl.

XXXX zu Recht erkannt:

A) Es wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die

für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen v o r l i e g e n und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Steiermark, vom 20.12.2019 zu der im Spruch angeführten Geschäftszahl, vom BF persönlich übernommen am 20.12.2019 um 12:05 Uhr, wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm. § 57 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Der BF befindet sich seitdem in Schubhaft, die derzeit im Anhaltezentrum (AHZ) Vordernberg der Landespolizeidirektion (LPD) Steiermark vollzogen wird.

Am 14.04.2020 erfolgte Vorlage zur amtswegigen Überprüfung der Schubhaft. Das BFA brachte eine Stellungnahme in Vorlage.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Der BF ist Staatsbürger der Volkrsrepublik China. Seit 11.11.2010 besteht eine rechtskräftige Ausweisung gegen den BF. Seit 22.06.2016 verfügt in Österreich über keine aufrechte Meldeanschrift und hat sich dem Abschiebeverfahren durch Untertauchen dem Verfahren entzogen.

Die Verfahrenspartei wurde am 19.12.2019 in einem Chinarestaurant bei der Ausübung einer nicht gemeldeten Beschäftigung betreten und in weiterer Folge aufgrund Ihres nicht rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet gem. § 34 Abs 1 Z 2 BFA-VG festgenommen und in das PAZ Graz überstellt. Im Rahmen der Kontrolle hatte sich der BF zudem mit dem Aufenthaltstitel des XXXX, geb. XXXX ausgewiesen.Am 20.12.2019 wurde über den BF die gegenständliche Schubhaft erlassen und vollzogen.

In einer Einvernahme vor der belangten Behörde am 19.12.2020 gab der BF an, dass er nicht vor habe nach China zurückzukehren.

Bei einer erfolgten Botschaftsvorführung am 14.01.2020 bei der Konsularabteilung von China wurde betreffend des BF mitgeteilt, dass dieser mit seinen neu getätigten Angaben am Formblatt konfrontiert worden sei. Eine weitere Urgenz bei der Botschaft der Volksrepublik China erfolgte am 19.02.2020.

Das BFA rechnet auf Grund der guten Zusammenarbeit mit einer baldigen Rückantwort der Botschaft. So teilte die belangte Behörde mit, dass die Zusammenarbeit mit der chinesischen Botschaft gut ist. Es werden laufend Personen identifiziert und Heimreisezertifikate ausgestellt, bzw. Personen nicht als Staatsangehörige von China identifiziert. Jedenfalls ist eine Antwort nach Überprüfung im Herkunftsland zu erwarten.

Aufgrund der Vorführung am 14.01.2020 vor die chinesische Botschaft in Wien ist nach angaben der belangten Behörde mit einer Verifizierung der Identität zu rechnen. Seitens der HRZ-Abteilung/BFA ist eine Identifizierung jedenfalls als aussichtsreich anzusehen.

Die begleitete Abschiebung kann nach Angabe der belangten Behörde ins Herkunftsland kann etwa einen Monat danach stattfinden.

Der BF war bislang nicht bereit, freiwillig aus dem Bundesgebiet auszureisen Der BF hat in Österreich keine familiäre oder sonstige soziale Anbindung, keinen gesicherten Wohnsitz und keine Existenzmittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes. Der BF leidet an keinen Erkrankungen die eine Haftfähigkeit ausschließen würde. Der BF entzog sich bereits dem Verfahren, da er sich ohne aufrechte Meldeadresse in Österreich aufhielt und über mehrere Jahre für die Behörden nicht greifbar war.

Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt den vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

Der BF ist nicht bereit, in seinen Herkunftsstaat auszureisen, wie er selbst anlässlich der Einvernahme vor der belangten Behörde am 19.12.2020 angab. Der BF hat sich bei der Kontrolle am 19.12.2020 mit einem falschen Dokument ausgewiesen.

Der BF ist in Österreich nicht sozial verankert. Weder bestehen familiäre Bindungen noch hat er hier je eine legale Erwerbstätigkeit ausgeübt. Er hat auch keine gesicherte Wohnmöglichkeit im Inland und hat seit 22.06.2016 keinen aufrechten Wohnsitz in Österreich. Er verfügt - abgesehen von geringen Barmitteln - über keine finanziellen Mittel für seinen Lebensunterhalt (Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung).

In Österreich wurden vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 angeordnet, z.B. Verkehrsbeschränkungen, Versammlungs- und Betretungsverbote. Diese sind vorerst bis 30.04.2020 befristet. Der reguläre Flugverkehr zwischen China und Europa wurde vorübergehend eingestellt. Ein Landeverbot von Flugzeugen aus China in Österreich besteht nicht (siehe https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Aktuelle-Maßnahmen.html, Zugriff am 17.04.2020).

Trotz dieser Einschränkungen ist es nach wie vor wahrscheinlich, dass ein HRZ für den BF ausgestellt und seine Abschiebung nach China innerhalb des für die Anhaltung in Schubhaft vorgesehenen Zeitraumes durchgeführt werden kann. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft würde er voraussichtlich im Inland untertauchen (bisheriges Verhalten des BF).

Auf Grund des bisherigen Gesamtverhaltens tritt das erkennende Gericht im Ergebnis der Beurteilung der belangten Behörde bei, dass sich der BF bislang als nicht vertrauenswürdig erwiesen hat:

Der BF hat durch sein Verhalten (z.B. illegale Arbeitsaufnahme) sowie das Nichtnachkommen behördlicher Anordnungen (gelinderer Mittel), gezeigt, dass dieser nicht dazu bereit ist, seinen Lebenswandel dem österreichischen Recht entsprechend zu gestalten, somit seinen Unwillen, sich an österreichische Rechtsnormen zu halten und damit einhergehend die fehlende Bereitschaft zur Integration in Österreich, unter Beweis gestellt.

Name, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit des BF beruhen auf seinen konsistenten Angaben dazu. Die von ihm angegebene Muttersprache ist aufgrund seiner Herkunft plausibel.

Es sind keine Hinweise auf signifikante Erkrankungen oder Einschränkungen der Haftfähigkeit des BF aktenkundig.

Die Feststellungen zu den bisherigen, den BF betreffenden Verfahren beim BFA und beim BVwG werden anhand der entsprechenden Gerichtsakten, Niederschriften und Erkenntnisse des BVwG getroffen. In diesem Zusammenhang liegen keine relevanten Widersprüche vor, zumal die Eintragungen im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) damit gut in Einklang gebracht werden können.

Die fehlende Ausreisebereitschaft des BF ergibt sich aus den Stellungnahmen des BFA und wurde auch von ihm selbst bei der niederschriftlichen Einvernahmer vor dem BFA bekräftigt. Die Bemühungen zur Erlangung eines HRZs wurden vom BFA schlüssig, nachvollziehbar und glaubhaft.

Es liegen keine Beweisergebnisse vor, aus denen sich eine soziale Verankerung des BF in Österreich ableiten ließe. Dies wurde auch von ihm selbst bei der niederschriftlichen Einvernahmer vor dem BFA bekräftigt. Seine beschränkten finanziellen Mittel (EUR 70,36 bei Inhaftierung) stehen im Einklang mit der Bargeldaufstellung laut der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung.

Die Feststellungen zu den aktuellen Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung der Corona-Pandemie basieren auf übereinstimmenden Medienberichten und den dazu erlassenen Vorschriften. Lediglich beispielhaft wird in diesem Zusammenhang auf die angegebenen Websites verlässlicher Stellen verwiesen.

Es ist zu befürchten, dass sich der BF bei einer Enthaftung dem weiteren Verfahren voraussichtlich durch abermaliges Untertauchen entziehen würde. Dies ist angesichts seiner nicht rechtmäßigen Einreise, des unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz und der konsistenten Weigerung, nach China zurückzukehren sehr wahrscheinlich. Da die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie durchwegs vorübergehend bzw. befristet angeordnet wurden, ist dessen ungeachtet davon auszugehen, dass zeitnah, ein HRZ für ihn ausgestellt und seine Rückführung nach China bewerkstelligt werden kann.

Der BF wurde bereits am 14.01.2020 bei der Konsularabteilung der Volksrepublik China vorgeführt.

Rechtliche Beurteilung

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom BVwG zu überprüfen. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das BVwG hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

Die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft liegen weiterhin vor.

Gegen dem BF besteht eine durchsetzbare und rechtskräftige Rückkehrentscheidung. Sein Antrag auf internationalen Schutz wurde rechtskräftig abgewiesen. In Zusammenschau mit der fehlenden sozialen Verankerung und der mangelnden Rückkehrbereitschaft liegt nach wie vor Fluchtgefahr iSd § 76 Abs 3 Z 3 und 9 FPG vor. Der Zweck der Schubhaft kann auch nicht durch Anwendung eines gelinderen Mittels erreicht werden, zumal der BF mittellos ist und keine Unterkunftmöglichkeit besteht und er sich bereits seit Juni 2016 durch Untertauchen einer Abschiebung entzogen hat.

Die Schubhaft ist trotz der aktuellen Einschränkungen des internationalen Reiseverkehrs derzeit noch verhältnismäßig. Die vom BFA befürchtete Weiterreise des BF innerhalb des Schengengebiets ist zwar aufgrund der Grenzkontrollen und -schließungen an den Grenzübergängen zu Österreichs Nachbarländern, der Einreisebeschränkungen und der Einschränkungen beim grenzüberschreitenden Zug- und Busverkehr unwahrscheinlich, jedoch ist aufgrund seines bisherigen Verhaltens davon auszugehen, dass er nach seiner allfälligen Enthaftung im Inland untertauchen und sich verborgen halten würde, bis sich eine Möglichkeit zur Weiterreise bietet.

Da die Beschränkungen für Reisen derzeit vorübergehend bzw. befristet sind, ist davon auszugehen, dass nach deren Aufhebung zeitnah ein Reisedokument für den BF ausgestellt und seine Rückführung nach China durchgeführt wird. Ein aus den Maßnahmen zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung der Corona-Pandemie allenfalls resultierendes Abschiebehindernis ist daher aufgrund der zeitlichen Beschränkung dieser Maßnahmen aus heutiger Sicht noch als vorübergehend anzusehen und wird voraussichtlich in der nächsten Zeit wieder wegfallen.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da im gegenständlichen Fall der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Schubhaft,
Schubhaftbeschwerde, Sicherungsbedarf, Verhältnismäßigkeit,
Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G304.2230057.2.00

Zuletzt aktualisiert am

30.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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