TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/27 96/19/3119

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Veröffentlicht am 27.02.1998
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §2 Abs3 Z4 idF 1995/351;
AufG 1992 §3 Abs1 idF 1995/351;
AufG 1992 §6 Abs2 idF 1995/351;
MRK Art8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1974 geborenen H T, vertreten durch Dr. Günther Romauch und Dr. Thomas Romauch, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Juni 1996, Zl. 116.668/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte auf dem Postweg einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, der am 23. Jänner 1995 bei der österreichischen Botschaft in Preßburg und am 30. Jänner 1995 beim Magistrat der Stadt Wien einlangte. Auf dem Briefkuvert scheint eine Adresse in Preßburg auf. Als Aufenthaltszweck gab der Beschwerdeführer "Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft" mit seiner Ehegattin, einer österreichischen Staatsbürgerin, an. Als besonders zu berücksichtigenden Grund für die Familienzusammenführung hob der Beschwerdeführer auf dem Antragsformular hervor, daß er mit seiner Frau in Österreich lebe.

Der Landeshauptmann von Wien wies den Antrag mit Bescheid vom 11. April 1995 mangels einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus gemäß § 6 Abs. 2 AufG ab.

Die dagegen erhobene Berufung, in der der Beschwerdeführer ausdrücklich hervorhob, seinen Antrag im Ausland gestellt zu haben, wurde vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 10. Juni 1996 gemäß § 6 Abs. 2 AufG und § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) abgewiesen. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, der Beschwerdeführer habe nach der Aktenlage seinen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung postalisch bei der österreichischen Botschaft in Preßburg eingereicht. Er habe sich zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten. Laut einer Meldeauskunft des Zentralmeldeamtes Wien sei er seit dem 9. August 1994 im 12. Wiener Gemeindebezirk gemeldet. Er habe sich somit zum Zeitpunkt der Antragstellung eindeutig im Bundesgebiet aufgehalten und dadurch das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vom Ausland aus nicht erfüllt. Diese Vorgangsweise widerspreche dem Willen des Gesetzgebers, wonach Ausländer den Ausgang ihrer Verfahren grundsätzlich vom Ausland aus abzuwarten hätten. Da sich der Beschwerdeführer überdies unerlaubt noch immer im Bundesgebiet aufhalte, stelle dies eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG dar.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Nachdem dieser mit Beschluß vom 2. Oktober 1996, B 2572/96, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hatte, wurde sie vom Beschwerdeführer ergänzt. Er erachtet sich in seinem Recht auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verletzt und rügt, daß die belangte Behörde seine Ehe mit einer österreichischen Staasbürgerin nicht berücksichtigt habe, aufgrund derer ihm ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 3 AufG zukomme.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (die Zustellung erfolgte am 1. Juli 1996) ist für die Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof § 6 Abs. 2 AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/95 maßgeblich (§ 6 Abs. 2 AufG wurde durch die Novelle BGBl. Nr. 201/1996 nicht berührt):

§ 6 Abs. 2 AufG lautete in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995:

"§ 6.

...

(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, daß diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: Im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z 1; weiters in den Fällen des § 7 Abs. 2, des § 12 Abs. 4 und einer durch zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch eine Verordnung gemäß § 14 FrG ermöglichten Antragstellung nach Einreise; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden."

Da der Beschwerdeführer weder nach seinem Vorbringen noch nach der Aktenlage jemals über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte, wertete die belangte Behörde seinen Antrag zu Recht als Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, für dessen Beurteilung § 6 Abs. 2 AufG heranzuziehen war.

Gemäß § 6 Abs. 2 erster Satz AufG ist der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Mit "der Einreise nach Österreich" im Sinne dieser Bestimmung ist die Einreise des Antragstellers gemeint (vgl. ua. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1996, Zl. 95/19/1168, mwN).

Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen konnte, daß der Beschwerdeführer seinen Antrag nicht vor der Einreise in das Bundesgebiet gestellt hatte. Nach dem ua. aus den Gesetzesmaterialien erschließbaren Normzweck des § 6 Abs. 2 AufG wird für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nämlich nicht nur vorausgesetzt, daß der Antrag vor der Einreise in das Bundesgebiet gestellt wird, sondern auch, daß die Entscheidung über den Antrag vom Ausland aus abgewartet wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/1703, mwN). Das im § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierte Erfordernis, einen Bewilligungsantrag vom Ausland aus zu stellen und die Entscheidung über den Antrag vom Ausland aus abzuwarten, ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als bloße Formvorschrift zu werten, sondern als Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010 sowie Zl. 95/19/0895).

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid enthaltene Feststellung, er halte sich im Zeitpunkt der Entscheidung im Bundesgebiet auf. Im Hinblick auf diese unbestrittene Bescheidfeststellung kann nach dem bisher Gesagten die Abweisung seines Antrages durch die belangte Behörde nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, es stehe ihm gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 AufG im Hinblick auf seine aufrechte Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu, verkennt er, daß ein Rechtsanspruch nach der genannten Bestimmung nur soweit besteht, als sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, im vorliegenden Fall auch das Abwarten der Entscheidung vom Ausland aus, erfüllt sind.

Dieses Ergebnis erweist sich entgegen dem Beschwerdevorbringen auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK nicht als rechtswidrig, weil der Gesetzgeber der Novelle zum Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 351/1995, bereits mit den Bestimmungen des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG und des § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG sowie der darin enthaltenen und von der Bundesregierung auch genützten Verordnungsermächtigung, jedenfalls in Ansehung von Angehörigen von österreichischen Staatsbürgern, auf die durch Art. 8 MRK geschützten Rechtsgüter Bedacht genommen hat. Eine weitere Bedachtnahme auf Art. 8 durch die Behörde, wie dies der Beschwerdeführer für geboten hält, kommt daher nicht in Betracht. Bedenken, daß die Umschreibung des durch diese Vorschriften erfaßten Personenkreises, für den auch eine Antragstellung im Inland in Frage kommt, zu eng wäre und Art. 8 MRK nicht entspräche, sind beim Verwaltungsgerichtshof auch im vorliegenden Fall nicht entstanden. Der Fall des Beschwerdeführers, der nach der Aktenlage noch niemals über eine Aufenthaltsbewilligung, sondern nur über einen Touristensichtvermerk verfügt hatte, ist auch nicht vergleichbar mit jenen Fällen, in denen nach der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts aufgrund einer verfassungskonformen Interpretation des § 6 Abs. 2 AufG eine analoge Anwendung der Bestimmungen über die Verlängerung von Aufenthaltsbewilligungen geboten wäre (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16.-Juni 1995, Slg. Nr. 14.148, sowie das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 95/19/1475).

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, der angefochtene Bescheid greife auch in unzulässiger Weise in das durch Art. 8 MRK geschützte Recht seiner Ehefrau auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens ein, ist ihm entgegenzuhalten, daß eine solche (behauptete) Rechtsverletzung nicht vom Beschwerdeführer anläßlich seiner Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid geltend gemacht werden kann.

Da somit die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996193119.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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