RS Vfgh 2020/6/9 E3487/2019

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Veröffentlicht am 09.06.2020
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

AsylG 2005 §7, §8, §10, §57
BFA-VG §9
FremdenpolizeiG 2005 §52
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten an eine Staatenlose aus dem Libanon; keine Auseinandersetzung mit den einschlägigen Länderfeststellungen zu Frauen und Staatenlosen

Rechtssatz

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) gibt auszugsweise Länderfeststellungen wieder: einerseits zu Frauen (Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen sind ein verbreitetes Problem; grobe Verstöße gegen kulturelle Normen werden im Namen der "Familienehre", der Tradition oder gar der Religion sanktioniert, was den Betroffenen in Extremfällen das Leben kosten kann; teilweise starke Diskriminierung von Frauen durch die

15 unterschiedlichen Personenstandsgesetze; Ungleichbehandlung der Frau im Ehe-, Scheidungs- und Eigentumsrecht sowie in Sorgerechts- und Erbschaftsfragen) und anderseits zu Staatenlosen (keine offizielle Ausweispapieren, die es ihnen ermöglichen würden, ins Ausland zu reisen; ohne Ausweispapiere könnten Schwierigkeiten bei internen Reisen auftreten bzw besteht die Gefahr der Inhaftierung; begrenzter Zugang zum regulären Arbeitsmarkt und kein Zugang zu vielen Berufen; kein Besuch von öffentlichen Schulen oder Gesundheitseinrichtungen; keine Registrierung von Ehen oder Geburten; kein Besitz oder Erben von Eigentum). Das Gericht setzt sich nicht damit auseinander, welche Konsequenzen diese Länderfeststellungen für den vorliegenden Fall einer staatenlosen Einschreiterin haben, deren Familie (Ehemann, zwei Kinder, Eltern, Geschwister und Schwiegereltern) in Österreich lebt und die zwar über Verwandte im Libanon verfügt, zu denen sie allerdings keinen Kontakt hat. Es kommt zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin keinem Personenkreis angehöre, von dem anzunehmen sei, dass sie sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstelle als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen könne.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:E3487.2019

Zuletzt aktualisiert am

07.07.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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