Index
L70300 Buchmacher Totalisateur WettenNorm
ABGB §1002Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revisionen 1. des A in S, 2. der W GmbH in W, beide vertreten durch Dr. Maria Brandstetter, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Stephansplatz 4/Stiege VIII, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 7. Jänner 2016, Zlen. VGW-002/V/032/14078/2015-5 und VGW-002/V/032/14560/2015, betreffend Übertretung des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Landespolizeidirektion Wien), den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Erstrevisionswerber als Geschäftsführer der zweitrevisionswerbenden Partei einer Übertretung des § 2 Abs. 1 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens (GTBW-G) schuldig erkannt. Er habe es als zur Vertretung nach außen Berufener der zweitrevisionswerbenden Partei zu verantworten, dass durch diese Gesellschaft am 18. August 2015 um 11.00 Uhr an einem näher genannten Standort in Wien 11 im dort etablierten Wettlokal ohne Bewilligung der Landesregierung Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen gewerbsmäßig abgeschlossen worden seien, indem durch die zweitrevisionswerbende Partei via Datenleitung und 2 Wettautomaten sowie einen Wettannahmeschalter Sportwetten angeboten worden seien, welche es interessierten Wettkunden ermöglicht hätten, im Lokal Wetten auszuwählen und abzuschließen.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Erstrevisionswerber eine Geldstrafe in der Höhe von € 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Tage, 13 Stunden) verhängt. Die zweitrevisionswerbende Partei hafte gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand. Weiters wurden näher bezeichnete Betriebsmittel und Wetteinsätze für verfallen erklärt.
Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
2 Das Verwaltungsgericht stellte unter anderem fest, dass die Landespolizeidirektion Wien am 18. August 2015 ab 11 Uhr eine Kontrolle in diesem Wettbüro durchgeführt habe. Dabei habe sie näher bezeichnete Wettautomaten samt Zubehör betriebsbereit vorgefunden. Das Geschäftslokal werde von der zweitrevisionswerbenden Partei betrieben. Mit den Wettautomaten sei es den Kunden des Lokals am Tag der Kontrolle möglich gewesen, gegen Geldeinsatz Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen abzuschließen. Dabei seien den Kunden auf den Wettgeräten Wettangebote präsentiert worden, die sie durch eine entsprechende Eingabe in den Wettautomaten bzw. durch Erklärung an einen Filialmitarbeiter unter Leistung des Wetteinsatzes angenommen hätten. Zur Bestätigung sei den Kunden im Geschäftslokal ein Wettticket ausgedruckt und übergeben worden.
Der zweitrevisionswerbenden Partei sei mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. April 1999 die „Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluß von Wetten aus Anlaß von sportlichen Veranstaltungen in einer weiteren Betriebsstätte in Wien 14, X Straße 99“ erteilt worden. Mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 15. Mai 2000 sei der zweitrevisionswerbenden Partei die Bewilligung zur Verlegung des Standorts Wien 14, X Straße 99, nach Wien 3, Y-Straße 104/5 erteilt worden. Mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. September 2005 sei der zweitrevisionswerbenden Partei die Bewilligung zur Verlegung des Standorts von Wien 3, Y-Straße 104/5, nach Wien 3, Z-Straße 22/1A/3. OG, erteilt worden.
3 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht - hier zusammengefasst - aus, dass die bescheidmäßige Bewilligung für den gewerbsmäßigen Abschluss von Wetten aus Anlass von sportlichen Veranstaltungen der zweitrevisionswerbenden Partei eine Berechtigung nur für den darin genannten Standort in Wien 3 vermittle. Damit könne eine am Standort in Wien 11 ausgeübte Wetttätigkeit nicht von der Bewilligung umfasst sein. Die Ansicht der revisionswerbenden Parteien, wonach die Wetten ohnehin ausschließlich am Standort in Wien 3 abgeschlossen und vom Standort in Wien 11 nur dorthin vermittelt würden, werde vom Verwaltungsgericht nicht geteilt. Es sei davon auszugehen, dass das GTBW-G beim Bewilligungserfordernis für den Abschluss von Wetten an jenen Ort anknüpft, an dem mittels vom Wettanbieter entsprechend bereitgestellter Infrastruktur vom Wettkunden ein Wettanbot wahrgenommen, der Wetteinsatz geleistet, dem Wettkunden die Bestätigung über die Wette ausgehändigt und ihm ein allfälliger Wettgewinn ausbezahlt werde (das Verwaltungsgericht verweist dazu auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Ort der Ausspielungen mit Glücksspielgeräten nach dem Glücksspielgesetz, zB das Erkenntnis vom 14. Dezember 2011, Zl. 2011/17/0155). Ob es sich dabei auch um jenen Ort handle, an dem der Wettvertrag zivilrechtlich zustande komme, sei für die Beurteilung, wo eine Tätigkeit im Sinne des GTBW-G ausgeübt werde, hingegen nicht von Belang.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts kostenpflichtig aufzuheben.
5 Das Gesetz betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens, StGBl Nr. 388/1919 in der Fassung LGBl Nr. 26/2015 lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 1. (1) Die gewerbsmäßige Vermittlung und der gewerbsmäßige Abschluss von Wetten sowie die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden aus Anlass sportlicher Veranstaltungen ist nur mit Bewilligung der Landesregierung zulässig.
[...]
§ 2. (1) Wer ohne Bewilligung der Landesregierung Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen gewerbsmäßig abschließt oder vermittelt oder bei diesem Abschluss (dieser Vermittlung) mitwirkt, wer ohne Bewilligung der Landesregierung aus Anlass sportlicher Veranstaltungen Wettkundinnen und Wettkunden gewerbsmäßig vermittelt, ferner wer die ihm erteilte Bewilligung der Landesregierung überschreitet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet - mit einer Geldstrafe bis 22.000 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen.
[...]
(4) Mit der Bestrafung nach dem ersten und zweiten Absatze ist der Verfall der bei Ergreifung auf frischer Tat vorgefundenen, zur strafbaren Handlung verwendeten Betriebsmittel, Wetteinsätze und Gewinste des Übertreters zu verbinden.
(5) Zur Bestrafung ist die politische Bezirksbehörde und, wo sich eine staatliche Sicherheitsbehörde befindet, diese berufen. Die Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren betreffend die gewerbsmäßige Vermittlung von Wettkundinnen und Wettkunden obliegt dem Magistrat.“
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die revisionswerbenden Parteien bringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage, ob das GTBW-G die Beschränkung einer nach diesem Gesetz erteilten Bewilligung auf einen bestimmten Standort innerhalb des allgemeinen Geltungsbereiches (dieses Gesetzes) überhaupt zulasse. Weiters fehle Rechtsprechung zur Frage, wo eine Wette als abgeschlossen gelte und wo daher eine Bewilligung - „sollte diese gemäß GTBW-G tatsächlich standortbezogen auszulegen sein“ - ansetzen müsse.
9 Dazu ist festzuhalten, dass nach den - mit dem Inhalt der vorgelegten Verfahrensakten übereinstimmenden - Feststellungen des Verwaltungsgerichts der zweitrevisionswerbenden Partei im Jahr 1999 die Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluss von Wetten aus Anlass von sportlichen Veranstaltungen bezogen auf eine bestimmte Betriebsstätte in Wien 14 erteilt wurde (der Bescheid enthält die ausdrückliche Auflage, dass Wettgeschäfte nur in den in diesem Bescheid angeführten Betriebsstätten abgeschlossen werden dürfen); in den Jahren 2000 und 2005 wurden jeweils Bewilligungen zur Verlegung der Standortes (an näher bezeichnete Adressen in Wien 3) erteilt. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgehend zutreffend zum rechtlichen Ergebnis gekommen, dass damit eine auf einen bestimmten Standort beschränkte (rechtskräftige) Bewilligung vorlag, von der jedoch die Tätigkeit am Standort in Wien 11, an dem die Kontrolle durchgeführt wurde, nicht gedeckt war. Ob die Beschränkung der Bewilligung auf einen bestimmten Standort in dem diese Beschränkung vorsehenden Bescheid bzw. in den Bescheiden, mit denen die Verlegung des Standorts bewilligt wurde, rechtmäßig vorgenommen wurde, war vom Verwaltungsgericht auf Grund der Rechtskraft dieser Bescheide nicht mehr zu prüfen.
10 Vor diesem Hintergrund kommt es für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Revision aber nicht auf die von den revisionswerbenden Parteien als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung angeführte Frage an, ob das GTBW-G die Beschränkung einer nach diesem Gesetz erteilten Bewilligung auf einen bestimmten Standort überhaupt zulasse (vgl. im Übrigen das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1998, Zl. 97/01/1092, das - im Hinblick auf § 1 Abs. 3 GTBW-G - auch unter Berücksichtigung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1996, G 36/95, von der Zulässigkeit der Einschränkung auf bestimmte Betriebsstätten ausgeht).
11 Zur zweiten in den Ausführungen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision angesprochenen Rechtsfrage ist den revisionswerbenden Parteien einzuräumen, dass die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage des unternehmerischen Zugänglichmachens von verbotenen Ausspielungen nach dem Glücksspielgesetz auf die hier zu beantwortende Frage nach dem Ort des Abschlusses von Wetten aus Anlass von sportlichen Veranstaltungen nicht uneingeschränkt zu übertragen ist.
12 Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch - im Zusammenhang mit der gebührenrechtlichen Beurteilung von Wetten aus Anlass von sportlichen Veranstaltungen - bereits ausgesprochen, dass die Beantwortung der Frage des Ortes des Abschlusses (im dort zu entscheidenden Fall bei Vertragsparteien, die ihre rechtsgeschäftlichen Erklärungen einerseits im Inland, andererseits im Ausland abgaben), davon abhängt, an welchem Ort die Vertragserklärung, die die beiderseitige Vertragsbindung bewirkt (sohin die Annahmeerklärung), dem Empfänger zugeht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2012, Zl. 2011/16/0148).
13 Nach den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis haben die Kunden der zweitrevisionswerbenden Partei deren Wettangebote durch entsprechende Eingabe in den Wettautomaten bzw. durch Erklärung an einen Filialmitarbeiter angenommen. Mit anderen Worten wurden die Vertragserklärungen zur Annahme der von der zweitrevisionswerbenden Partei gestellten (verbindlichen) Anbote in dem von der zweitrevisionswerbenden Partei betriebenen Geschäftslokal abgegeben. Weiters wurde - den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes folgend - „zur Bestätigung“ ebenfalls im Geschäftslokal ein Wettticket ausgedruckt und übergeben.
14 Gibt ein Wettkunde seine auf die Annahme eines verbindlichen Wettanbots gerichtete Willenserklärung in einem vom Wettanbieter betriebenen Geschäftslokal ab, so kommt ein Vertrag unter Anwesenden zustande; dieses Geschäftslokal - hier also das Wettlokal in Wien 11, für das keine Bewilligung der Landesregierung vorlag - ist damit auch der Ort, an dem die Wette abgeschlossen wurde. Selbst wenn man dem Vorbringen der revisionswerbenden Partei folgt, wonach es sich bei dem vor Ort (im Wettlokal) anwesenden Personal nur um Hilfspersonen der zweitrevisionswerbenden Partei handle, die keine Befugnis hätten, „in irgendeiner Form rechtlich verbindlich“ für die zweitrevisionswerbende Partei zu handeln, so ist auch nach dem Revisionsvorbringen nicht zweifelhaft, dass diese Personen der Sphäre der zweitrevisionswerbenden Partei zuzurechnen und als deren Empfangsboten zur Empfangnahme von Erklärungen ermächtigt waren (vgl. zur Stellung von Empfangsboten das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 25. Juni 2014, 2 Ob 131/13y, mwN). Da der Zugang der Annahmeerklärung an den Empfangsboten zugleich den Zugang an den Empfänger bewirkt (vgl. etwa das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 16. Februar 2000, 7 Ob 317/99i), ändert auch die Zugrundelegung dieses Revisionsvorbringens nichts daran, dass als Ort des Abschlusses der Wetten im Revisionsfall das Geschäftslokal in Wien 11 anzusehen ist, zumal sich dies im vorliegenden Fall auch dadurch manifestiert, dass - wie bereits ausgeführt - nach erfolgter Erklärung des Wettkunden durch den Mitarbeiter des Wettlokals ein Wettticket ausgedruckt und übergeben wird.
15 Das Verwaltungsgericht ist damit - wenn auch nur im Ergebnis - nicht von der oben (RNr. 12) zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Ort des Abschlusses von Wetten abgewichen.
16 Da somit in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 13. April 2016
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016020053.L00Im RIS seit
06.07.2020Zuletzt aktualisiert am
14.07.2020