Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1991 §6 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Robl,
Dr. Rosenmayr, Dr. Baur und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Oberdorfer, über die Beschwerde des XP (geboren am 22. März 1971) in T, vertreten durch Dr. Ferdinand Gross, Rechtsanwalt in 8605 Kapfenberg, Grazerstraße 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 22. Juli 1997, Zl. FR 254/4-1996, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) wurde der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsbürger, gemäß § 17 Abs. 1 i.V.m. § 19 des Fremdengesetzes (FrG) ausgewiesen.
Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer am 13. September 1995 illegal in einem PKW über die ungarisch-österreichische Grenze in das Bundesgebiet gelangt sei, ohne im Besitz eines nationalen gültigen Reisedokuments zu sein. In der Folge habe er um Gewährung des Asylrechts angesucht. Das Asylverfahren sei mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 10. Jänner 1996, rechtswirksam erlassen am 15. Jänner 1995, negativ in zweiter Instanz abgeschlossen worden.
Es treffe zwar zu, daß der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 2. Dezember 1996 der vom Beschwerdeführer gegen den im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Jänner 1996, betreffend die Abweisung des Asylantrages erhobenen Beschwerde, die aufschiebende Wirkung im Umfang der Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 zuerkannt habe. Dies habe allerdings nicht ohne weiteres zur Folge, daß dem Beschwerdeführer für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine Aufenthaltsberechtigung zukomme. Mangelte es ihm schon bis zur Erlassung des oben zitierten Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Dezember 1996 an einer Aufenthaltsberechtigung, so ändere sich an dieser rechtlichen Situation durch die in Rede stehende Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nichts. Er sei demnach weiterhin nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt.
Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße, die Ausweisung sei demnach zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Beachtung durch die Normadressaten komme aus Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu.
Wenngleich die ho. Behörde auch Verständnis für den Wunsch des Beschwerdeführers, sich in Österreich aufhalten zu dürfen, habe, müsse doch auf die ausdrückliche zwingende Regelung des § 17 Abs. 1 FrG verwiesen werden, wonach Fremde, welche sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, auszuweisen seien. Auch Art. 31 der Genfer Flüchtlingskonvention komme nicht zum Tragen.
Die Ausweisung stelle keine Strafe, sondern eine administrativ-rechtliche Maßnahme dar. Nachdem der Beschwerdeführer einen Antrag gemäß § 54 FrG gestellt habe, werde von der Berufungsbehörde weiters festgehalten, daß die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen "unsicheren Drittstaat", also die Frage, ob auch in bezug auf einen solchen Staat das Refoulementverbot zum Tragen komme, sich ausschließlich im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG i.V.m. § 37 FrG, nicht jedoch im Rahmen eines Ausweisungsverfahrens gemäß § 17 leg. cit. stelle. Eine Ausweisung ziehe bloß die Verpflichtung zur Ausreise des Fremden nach sich. Im Gegensatz zu einem Aufenthaltsverbot gemäß § 18 FrG sei die Ausweisung nicht mit dem Verbot verbunden, das Bundesgebiet - unter Einhaltung der entsprechenden Vorschriften - wieder zu betreten. Es bestehe lediglich die Verpflichtung, es zu verlassen. Daß der Beschwerdeführer bei einer Abschiebung in die Türkei (sic) dort im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG bedroht wäre, stehe der Erlassung einer Ausweisung gegen ihn nicht entgegen. Auch brauche die Behörde den Ausgang des Verfahrens nach § 54 FrG nicht abzuwarten. Die rechtliche Zulässigkeit einer Ausweisung nach § 17 Abs. 1 FrG sei unabhängig davon, ob der Fremde für die Einreise in ein anderes Land eines Sichtvermerks bedürfe oder nicht.
Was die gebotene Bedachtnahme auf § 19 FrG 1992 anlange, so bewirke die Tatsache, daß die gesamte Familie des Beschwerdeführers sowie seine Ehegattin und seine Töchter nach wie vor in Jugoslawien aufhältig seien, und er im Bundesgebiet keine Nahebeziehung zu sonstigen Verwandten nachzuweisen imstande sei, daß kein relevanter Eingriff in sein Privat- und Familienleben durch die gegenständliche Ausweisung bewirkt werde. Denn einerseits befinde er sich seit seiner illegalen Einreise am 13. September 1995 illegal im Bundesgebiet und andererseits verhindere die Ausweisung nicht die Kontakte zu seinen im Ausland lebenden Familienangehörigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien unter Eingriffen im Sinne des § 19 FrG 1992 nur solche zu verstehen, die sich auf das in Österreich geführte Privat- und Familienleben des Fremden und nicht auf Umstände erstreckten, die künftig in einem (bestimmten) anderen Land das Privat- und Familienleben der betreffenden Fremden beeinträchtigen könnten. Würde man dies auch im vorliegenden Fall bejahen, so wäre die Ausweisung nach der Bestimmung des § 19 FrG konkret dennoch zulässig, da sie zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen, nämlich zum Schutz der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens), als dringend geboten anzusehen sei, wobei diese Notwendigkeit durch den mehrjährigen unerlaubten Aufenthalt des Beschwerdeführers, somit aufgrund der damit verbundenen Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, noch unterstrichen werde.
Die BH Bruck an der Mur habe ordnungsgemäß eine Interessenabwägung im Sinne des § 19 FrG 1992 im vorliegenden Fall durchgeführt und sich mit dem Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auseinandergesetzt. Die erstinstanzliche Behörde sei jedoch zu Recht zur Ansicht gelangt, daß trotz des bereits seit längerem bestehenden Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet dieser Umstand nicht zu seinen Gunsten bewertet werden könne, zumal er es nicht geschafft habe, hier im Bundesgebiet eine entsprechende Integration nachzuweisen, weiters seinen Lebensunterhalt aus eigenen finanziellen Mitteln abzusichern und seinen unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet "bis zum Zeitpunkt des 29. Jänner 1997" zu legalisieren. Der Berufungseinwand, daß beim Verwaltungsgerichtshof eine Beschwerde in bezug auf die Asylangelegenheit eingebracht worden sei, führe nicht zum Erfolg, da dem Beschwerdeführer für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht die rechtliche Möglichkeit zustehe, eine Bewilligung nach dem Asylgesetz 1991 vorzuweisen. Aufgrund der rechtlich ins Kalkül zu ziehenden Aspekte, die ausschließlich das Privat- und Familienleben im Bundesgebiet beträfen, sei somit die BH Bruck an der Mur zu Recht zur Ansicht gekommen, daß die öffentlichen Interessen an der Erlassung der Ausweisung gegen den Beschwerdeführer verhältnismäßig schwerer wögen als der begrenzte Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Bundesgebiet.
Die Berufungsbehörde lege dem Beschwerdeführer nahe, von einer Antragstellung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Ausland aus Gebrauch zu machen, zumal er anderweitig seinen Aufenthalt hier nicht legalisieren könne, was jedoch für alle anderen Fremden auch unumgänglich sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde bleiben die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde unbestritten. Der Beschwerdeführer hält sich deswegen zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt, weil demjenigen, der anläßlich der Einreise in das Bundesgebiet die Absicht erkennen lasse, einen Asylantrag zu stellen, eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Asylgesetz 1991 zustehe. Mit dieser Auffassung kann sich der Beschwerdeführer aber nicht mit Erfolg auf das Gesetz berufen, weil die Stellung eines Asylantrages allein noch nicht zum Erwerb eines vorläufigen Aufenthaltsrechtes nach dem Asylgesetz 1991 führt. Dies ist nur bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 der Fall. Im Fall des Beschwerdeführers durfte die Behörde die Bestimmungen des § 17 FrG auf ihn anwenden, weil sie zu Recht das Vorliegen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 1991 verneinte. Nach den unbestrittenen Feststellungen gelangte der Beschwerdeführer nämlich weder "direkt" aus einem Gebiet, wo sein Leben oder seine Freiheit im Sinne des Art. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention bedroht war (Art. 31 Z. 1 der Kovention), noch "direkt" aus dem Staat, in dem er behauptete, insoweit Verfolgung befürchten zu müssen (§ 6 Abs. 1 AsylG 1991), nach Österreich; ferner liegt kein Anhaltspunkt für die Annahme vor, der Beschwerdeführer hätte gemäß § 37 FrG wegen Vorliegens der dort genannten Gründe nicht in den Staat, aus dem er direkt einreiste, zurückgewiesen werden dürfen und es wäre ihm deshalb die Einreise gestattet worden oder zu gestatten gewesen (§ 6 Abs. 2 zweiter Fall AsylG 1991). Der fristgerechte Asylantrag konnte daher dem Beschwerdeführer keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 verschaffen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 2. Oktober 1996, Zl. 96/21/0599). Der Beschwerdeführer leitet seine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 allein aus dem behaupteten Umstand ab, daß seiner Beschwerde gegen den seinen Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesministers für Inneres vom Verwaltungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei. Dabei verkennt der Beschwerdeführer jedoch, daß er aus einem derartigen Beschluß nicht eine Rechtsstellung ableiten kann, welche ihm vorher nicht zugekommen war (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1997, Zl. 97/21/0644). Da dem Beschwerdeführer somit weder eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 zukam noch ihm sonst von der Behörde eine Aufenthaltsberechtigung für das Bundesgebiet erteilt wurde, durfte die belangte Behörde davon ausgehen, daß er sich seit seiner Einreise unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt.
Die belangte Behörde hat im Hinblick auf die Tatsache, daß die gesamte Familie sowie die Ehegattin und die Töchter des Beschwerdeführers nach wie vor in der Bundesrepublik Jugoslawien aufhältig seien und der Beschwerdeführer im Bundesgebiet keine Nahebeziehung zu sonstigen Verwandten habe, keinen relevanten Eingriff in die von § 19 FrG geschützten familiären Interessen angenommen. Gegen diese von der belangten Behörde vertretene Ansicht bestehen keine Bedenken. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zu. Der Beschwerdeführer hat dieses maßgebliche öffentliche Interesse durch seine gesetzwidrige Einreise und den zur Gänze unberechtigten Aufenthalt gravierend beeinträchtigt. Anderseits kann der Beschwerdeführer auf keine schützenswerten privaten Interessen verweisen. Die Behörde ist daher zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß die Ausweisung des Beschwerdeführers - wenn sie überhaupt einen Eingriff in relevante private oder familiäre Beziehungen bewirkte - zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Bereich der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen dringend erforderlich und somit im Sinne des § 19 FrG zulässig ist.
Soweit die Beschwerde einen Verfahrensfehler darin erblickt, daß die belangte Behörde im Verfahren ihre Manuduktionspflicht unterlasse habe, ist dem Beschwerdeführer zunächst zu erwidern, daß inhaltliche Anleitungen von Parteien nicht Gegenstand der Manuduktionspflicht im Sinne des § 13a AVG sind, im übrigen mangelt es diesem Vorbringen auch an Relevanz, weil nicht erkennbar ist, welche für den Beschwerdeführer günstigeren Feststellungen die belangte Behörde im Falle der "Rechtsbelehrung" des Asyl- bzw. Berufungswerbers bei dessen Einvernahmen hätte treffen können.
Nach dem Gesagten liegt die behauptete Rechtsverletzung nicht vor, was bereits die Beschwerde erkennen läßt. Deshalb war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997210761.X00Im RIS seit
20.11.2000