Index
E3L E05200510Norm
AVG §38Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der Landespolizeidirektion Kärnten, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Oktober 2016, W213 2001786-1/6E, betreffend Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung (mitbeteiligte Partei: RF in O, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 19/I), den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Das Revisionsverfahren wird bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union über die mit Vorlageentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2017 (C-396/17) vorgelegten Fragen ausgesetzt.
Begründung
1 Der am 10. März 1959 geborene Mitbeteiligte steht als Gruppeninspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Landespolizeidirektion Kärnten.
2 Mit Bescheid vom 20. März 2013 wies die Landespolizeidirektion Kärnten den Antrag des Mitbeteiligten auf Neufestsetzung seiner besoldungsrechtlichen Stellung nach § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7a Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54 (GehG), und auf allfällige Nachzahlung von aus diesem Anlass gebührenden Bezügen ab.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten stattgegeben und der Bescheid der Landespolizeidirektion Kärnten dahingehend abgeändert, dass dem Mitbeteiligten gemäß §§ 8, 12 und 113 Abs. 10 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2010 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 und 2, Art. 6 Abs. 1, Art. 9 und 16 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zum 1. Juli 2012 ein Gehalt der Verwendungsgruppe E2b, Gehaltsstufe 19, mit nächster Vorrückung am 1. Juli 2014 gebühre. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision.
5 Mit Vorlageentscheidung vom 30. Juni 2017 (C-396/17) hat das Bundesverwaltungsgericht dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
„1.1. Ist das Unionsrecht, insbesondere Art. 1, 2 und 6 der Richtlinie 2000/78/EG1 iVm. Art. 21 der Grundrechtecharta, dahin auszulegen, dass es einer nationalen Regelung entgegensteht, die zur Beseitigung einer Diskriminierung von Beamten im Dienststand eine Überleitungsregelung vorsieht, bei der anhand eines ‚Überleitungsbetrages‘, der zwar in Geld bemessenen wird, aber dennoch einer bestimmten, konkret zuordenbaren Einstufung entspricht, die Einreihung vom bisherigen Biennalsystem in ein neues (in sich geschlossen für neueintretende Beamte diskriminierungsfreies) Biennalsystem erfolgt und somit die Altersdiskriminierung auf Beamte im Dienststand unvermindert fortwirkt?
1.2. Ist das Unionsrecht, insbesondere Art. 17 der Richtlinie 2000/78/EG sowie Art. 47 GRC, dahin auszulegen, dass es einer nationalen Regelung entgegensteht, die verhindert, dass Beamte im Dienststand, entsprechend der vom Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 11.11.2014, C-530/13 (Schmitzer) getroffenen Auslegung zu Art. 9 und 16 der Richtlinie 2000/78, ihre besoldungsrechtliche Stellung unter Berufung auf Art. 2 der Richtlinie 2000/78 zum Zeitpunkt vor der Überleitung in das neue Besoldungssystem feststellen lassen können, indem die entsprechenden Rechtsgrundlagen rückwirkend mit dem Inkrafttreten ihres historischen Stammgesetzes für nicht mehr anwendbar erklärt werden und insbesondere ausgeschlossen wird, dass Vordienstzeiten vor dem 18. Geburtstag angerechnet werden können?
1.3. Für den Fall der Bejahung der Frage 1.2: Gebietet der im Urteil vom 22.11.2005, C-144/04 (Mangold) und weitere, postulierte Anwendungsvorrang des Unionsrechts, dass die rückwirkend außer Kraft getretenen Bestimmungen für Beamte im Dienststand zum Zeitpunkt vor der Überleitung weiterhin anzuwenden sind, sodass diese Beamten rückwirkend diskriminierungsfrei im Altsystem eingereiht werden können und sohin diskriminierungsfrei in das neue Besoldungssystem übergeleitet werden?
1.4. Ist das Unionsrecht, insbesondere Art. 1, 2 und 6 der Richtlinie 2000/78/EG iVm. Art. 21 und 47 der Grundrechtecharta, dahin auszulegen, dass es einer nationalen Regelung entgegensteht, die eine bestehende Altersdiskriminierung (in Bezug auf die Anrechnung von Vordienstzeiten vor dem 18. Lebensjahr) bloß deklarativ beseitigt, indem bestimmt wird, dass die unter der Diskriminierung real zurückgelegten Zeiten rückwirkend nicht mehr als diskriminierend anzusehen sind, obwohl die Diskriminierung faktisch unverändert fortwirkt?“
6 Der Beantwortung dieser Fragen durch den Gerichtshof der Europäischen Union könnte auch für die Behandlung der vorliegenden Revision Bedeutung zukommen. Es liegen daher die Voraussetzungen des gemäß § 62 Abs. 1 VwGG auch vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden § 38 AVG vor, weshalb das Revisionsverfahren auszusetzen war.
Wien, am 9. Mai 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2016120110.L00Im RIS seit
06.07.2020Zuletzt aktualisiert am
14.07.2020