TE Vwgh Beschluss 2020/6/9 Ra 2019/08/0135

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Veröffentlicht am 09.06.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
40/01 Verwaltungsverfahren
62 Arbeitsmarktverwaltung
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze

Norm

AlVG 1977 §56 Abs1
B-VG Art130 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs6 Z2
VwGVG 2014 §9 Abs2
VwGVG 2014 §9 Abs2 Z1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Dr. Strohmayer und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision des Arbeitsmarktservice Salzburg in 5020 Salzburg, Auerspergstraße 67, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juli 2019, L511 2216905-1/4E, betreffend Verlust des Arbeitslosengeldes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Hallein; mitbeteiligte Partei: J H in H), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 12. Februar 2019 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Hallein aus, dass der Mitbeteiligte gemäß § 10 AlVG den Anspruch auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum von 28. Jänner 2019 bis 10. März 2019 verloren habe. Eine Nachsicht werde nicht erteilt. Eine gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde des Mitbeteiligten wies die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Hallein mit Beschwerdevorentscheidung vom 18. März 2019 als unbegründet ab. Der Mitbeteiligte stellte einen Vorlageantrag.

2        Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde des Mitbeteiligten Folge und sprach aus, dass gemäß § 10 Abs. 3 AlVG dem Mitbeteiligten eine gänzliche Nachsicht des Verlustes des Arbeitslosengeldes im Zeitraum von 28. Jänner 2019 bis 10. März 2019 gewährt werde. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Bundesverwaltungsgericht für nicht zulässig.

3        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision des „Arbeitsmarktservice Salzburg“.

4        Nach § 1 Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG) ist das Arbeitsmarktservice in eine Bundesorganisation, in Landesorganisationen für jedes Bundesland und innerhalb der Bundesländer in regionale Organisationen gegliedert (Abs. 1). Die Landesorganisationen führen die Bezeichnung „Arbeitsmarktservice“ unter Hinzufügung des Namens des jeweiligen Bundeslandes (Abs. 2) und die regionalen Organisationen die Bezeichnung „Arbeitsmarktservice“ unter Hinzufügung des Namens der Gemeinde (erforderlichenfalls mit einem der Unterscheidbarkeit dienendem Zusatz), in der sie eingerichtet sind (Abs. 3).

5        Als Hilfsapparat der Organe der Landesorganisation des Arbeitsmarktservice bei der Erfüllung ihrer Aufgaben werden nach § 17 Abs. 1 AMSG Landesgeschäftsstellen und gemäß § 23 Abs. 1 AMSG als Hilfsapparat der Organe der regionalen Organisationen des Arbeitsmarktservice bei der Erfüllung ihrer Aufgaben am Sitz der regionalen Organisationen regionale Geschäftsstellen eingerichtet.

6        Nach § 24 AMSG hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales für die Besorgung behördlicher Aufgaben des Arbeitsmarktservice durch Verordnung Zuständigkeitssprengel festzulegen (Abs. 1). Die Ausübung behördlicher Funktionen kommt hinsichtlich der regionalen Geschäftsstellen deren Leiter (Abs. 2) und hinsichtlich der Landesgeschäftsstellen dem Landesgeschäftsführer (Abs. 3) zu.

7        Das Arbeitsmarktservice Salzburg Landesgeschäftsstelle ist nach § 2 Z 5 Arbeitsmarktsprengelverordnung, BGBl. Nr. 928/1994, in der Stadt Salzburg für das Bundesland Salzburg zuständig. § 3 Z 5 Arbeitsmarktsprengelverordnung legt hinsichtlich der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice im Bereich der Landesgeschäftsstelle Salzburg insbesondere eine Zuständigkeit des Arbeitsmarktservice Hallein in Hallein für den politischen Bezirk Hallein (lit. b) und des Arbeitsmarktservice Salzburg in Salzburg für die Stadt Salzburg und den politischen Bezirk Salzburg-Umgebung (lit. c) fest.

8        Nach § 56 Abs. 1 AlVG entscheidet die regionale Geschäftsstelle über Ansprüche auf Leistungen und die Landesgeschäftsstelle über die Anerkennung von Maßnahmen gemäß § 18 Abs. 6 AlVG. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich gemäß § 44 Abs. 1 Z 2 AlVG, soweit Rechte und Pflichten der arbeitslosen, beschäftigten oder karenzierten Person betroffen sind, nach deren Wohnsitz, mangels eines solchen nach deren gewöhnlichem Aufenthaltsort.

9        Gemäß Art. 133 Abs. 6 B-VG kann gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben, wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet (Z 1), die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht (Z 2) sowie der zuständige Bundesminister in den im Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG genannten Rechtssachen (Z 3). Wer in anderen als den in Art. 133 Abs. 6 B-VG genannten Fällen wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben kann, bestimmen die Bundes- oder Landesgesetze (Art. 133 Abs. 8 B-VG).

10       Wer belangte Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ist, regelt die Verfassung nicht. Maßgeblich ist daher § 9 Abs. 2 VwGVG. Nach Z 1 dieser Bestimmung ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit) jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat (VwGH 30.4.2019, Ro 2018/12/0012; 22.10.2019, Ra 2019/10/0025; jeweils mwN).

11       Im vorliegenden Fall hat die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Hallein im Sinn des § 56 Abs. 1 AlVG mit Bescheid vom 12. Februar 2019 über den Anspruch des Mitbeteiligten auf Arbeitslosengeld entschieden, wogegen sich die Beschwerde des Mitbeteiligten gerichtet hat. Im nach Beschwerdevorentscheidung und Vorlageantrag des Mitbeteiligten eingeleiteten Verfahren des Bundesverwaltungsgerichtes kam somit der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Hallein die Stellung als belangte Behörde zu, woraus sich die Legitimation nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG zur Erhebung einer Revision gegen das in diesem Verfahren ergangene Erkenntnis ergibt (vgl. Müller in AlV-Komm § 56 AlVG Rz 38 [20. Lfg]).

12       Die nunmehr erhobene Revision bezeichnet die revisionswerbende Partei als „Arbeitsmarktservice Salzburg“. Dies ist insofern mehrdeutig, als sich nicht mit der erforderlichen Klarheit ergibt, ob die Landesgeschäftsstelle der Landesorganisation des Arbeitsmarktservice des Bundeslandes Salzburg oder die regionale Geschäftsstelle der regionalen Organisation des Arbeitsmarktservice in der Stadt Salzburg einschreitet. Letztlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben, weil zweifellos keine Revision der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Hallein vorliegt und weder der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Salzburgnoch der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Salzburg (Stadt) durch Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG oder durch eine gesetzliche Regelung im Sinn des Art. 133 Abs. 8 B-VG die Legitimation zur Erhebung einer Revision zukommt. Eine Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) wird in der Revision nicht behauptet und kommt auch nicht in Betracht.

13       Die vorliegende Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG aufgrund des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Wien, am 4. Juni 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019080135.L00

Im RIS seit

22.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.07.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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