TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/2 W103 2202666-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.04.2019
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Entscheidungsdatum

02.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W103 2202669-1/6E

W103 2202668-1/6E

W103 2202666-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.06.2018, Zl. 800505601-161200296, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, §§ 57 und 55, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2, und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.06.2018, Zl. 1049716303-161375495, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, §§ 57 und 55, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2, und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.06.2018, Zl. 1049715306-161375517, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, §§ 57 und 55, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2, und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Ukraine, der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und Eltern und gesetzliche Vertreter des minderjährigen Drittbeschwerdeführers. Am 01.09.2019 stellte der BF1 seinen "vierten" die diesem Verfahren zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er zuvor illegal in das Bundesgebiet gelangt waren. Die BF2 und der BF3 stellten am 05.10.2016 (Zweitantrag) die diesem Verfahren zugrundeliegenden Anträge auf internationalen Schutz, nachdem sie zuvor illegal in das Bundesgebiet gelangt waren

Anlässlich seiner niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 19.06.2015 gab der Erstbeschwerdeführer nach seinen Ausreisegründen befragt an, seine alten Fluchtgründe blieben aufrecht, in der Ukraine herrsche Krieg.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab anlässlich ihrer Erstbefragung auf die Frage nach ihren Ausreisegründen an, keine eigenen zu haben, sondern sich auf die Fluchtgründe des Ehemannes zu beziehen. Die gelte auch für den mj. Sohn.

Der Erstbeschwerdeführer konnte keine Identitätsdokumente vorlegen, die Zweitbeschwerdeführerin legten die Kopie einen ukrainischen Personalausweis als Nachweis ihrer Identität vor.

Nach Zulassung ihres Verfahrens wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin am 19.06.2018 jeweils im Beisein einer Dolmetscherin für die russische Sprache niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen.

Die Befragung des Erstbeschwerdeführers nahm dabei den folgenden Verlauf:

"(...)

F: Sind Sie gesund?

A: Ja.

F: Können Sie Beweismittel, bzw. Dokumente wie z.B. den Reisepass, einen Führerschein oder sonstiges vorlegen?

A:. Ich habe keine Dokumente.

Anmerkung: Die soeben genannten, vom AW vorgelegten Dokumente, werden in Kopie zum Akt genommen und nach der niederschriftlichen Einvernahme dem AW retourniert. Der AW bestätigt die Übernahme der oben genannten Dokumente mit seiner Unterschrift am Ende der Niederschrift.

F: Wo ist ihr Reisepass? A: Ich weiß nicht wo mein Reisepass ist. Ich hatte nie einen Reisepass.

F: Stimmen die Angaben, die Sie in der Erstbefragung des gegenständlichen Asylverfahrens gemacht haben?

A: Ja.

F: Wie heißen Sie, wann und wo sind Sie geboren?

A: Ich heiße XXXX und bin am XXXX , Ukraine geboren.

F: Wo waren Sie zuletzt wohnhaft im Herkunftsstaat?

A: In XXXX , Ukraine.

F: Haben Sie auch an einem anderen Ort im Herkunftsstaat gelebt?

A: Nein.

F: Machen Sie Angaben zu Ihren Familienangehörigen in Ihrem Herkunftsstaat.

-Vater: XXXX , Ukraine.

-Mutter: XXXX , Ukraine.

-

Bruder: XXXX , Ukraine.

-

Bruder: XXXX , bei den Eltern.

F: Haben Sie Kontakt mit Ihrer Familie?

A: Ja, aber nicht oft.

F: Wie gestaltet Ihre Familie ihren Alltag?

A: Mein Vater und meine Mutter sind in der Pension. Mein Vater ist krank.

F: Wie ist das Verhältnis zu Ihrer Familie?

A: Gut.

F: Haben Sie bislang eine Ehe geschlossen?

A: Ja, mit Frau XXXX , geb. am XXXX . (IFA: 1049716303)

F: Gibt es bezüglich Ihrer Heirat eine Urkunde, Fotos oder andere Unterlagen?

A: Ja, meine Frau wird diese morgen nachreichen.

F: Sind Sie traditionell oder standesamtlich verheiratet?

A: Standesamtlich.

F: Seit wann sind Sie verheiratet? A: XXXX .

F: Haben Sie Kinder?

A: Ja,

XXXX , geb. am XXXX (IFA: 1049715306), er ist wie ich Asylwerber in Österreich. ich habe noch eine Tochter aus erster Ehe namens XXXX , ca. XXXX Jahre alt, whft. In Ternopil, Ukraine.

F: Haben Sie in Ihrem Heimatland derzeit noch sonstige Angehörige, wenn ja, geben Sie eine Erklärung dazu ab, in welchem Verwandtschaftsgrad Sie zu diesen Personen stehen?

A: Nein.

F: Haben Sie noch Freunde oder Bekannte in der Heimat?

A: Nein.

F: Haben Sie Verwandte bzw. Familienangehörige in Österreich?

A: Nur mein Kind und meine Ehegattin.

F: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?

A: Ich bin Ukrainer.

F: Welche Religion haben Sie?

A: Ich bin Christ, orthodox.

F: Welche Sprachen sprechen Sie?

A: Meine Muttersprache ist Ukrainisch. Ich spreche auch noch Russisch und bisschen Deutsch.

F: Machen Sie Angaben zu Ihrer schulischen und beruflichen Ausbildung.

A: Ich habe acht Jahre die Grundschule besucht. Danach habe ich vier Jahre eine Berufsschule besucht.

F: Machen Sie Angaben zu ihrem beruflichen Werdegang!

A: ich hab in der Ukraine als Landwirt gearbeitet.

F: Wie haben Sie bislang Ihren Lebensunterhalt finanziert?

A: Durch meine Arbeit.

F: Bis zu welchem Zeitpunkt haben Sie gearbeitet?

A: Bis 2000 oder 2001.

F: Sie wurden bereits zu Ihrem Fluchtweg befragt, waren die gemachten Angaben wahrheitsgemäß?

A: Ja.

F: Was hat die Schleppung gekostet?

A: 2000 Euro für eine Schleppung.

F: Wo hatten Sie das Geld her?

A: Ich habe die Reise selbst finanziert.

F: Wann haben Sie definitiv die Heimat verlassen und wann sind Sie in Österreich eingereist?

A: Ich habe die Ukraine im September 2016 verlassen und bin im selben Monat illegal in Österreich eingereist.

F: Nennen Sie Ihre Fluchtroute!

A: Ukraine - ich weiß nicht mehr durch welche Länder ich durchgereist bin.

F: Das Ziel war von Anfang an Österreich? A: ja richtig.

F: Wieso wollen Sie ausgerechnet nach Österreich reisen? A: Weil ich da schon war.

F: Sie stellten bereits drei Mal zuvor einen Asylantrag, weshalb reisten Sie erneut in das österreichische Bundesgebiet ein? A: Der erste negative Bescheid war wegen der politischen Probleme. Ich bin dann wieder in die Ukraine gereist. Beim zweiten Mal habe ich gesagt, dass es um den Krieg geht.

F: Was ist Ihr neuerlicher Fluchtgrund? A: Wegen den Krieg zwischen Russland und der Ukraine.

F: Haben Sie in einem anderen Land schon einmal einen Asylantrag gestellt?

A: Nein.

F: Sind Sie in Österreich straffällig geworden? A: Nein.

F: Waren Sie seither nochmals in Ihrem Heimatland?

A: Nein.

F: Schildern Sie die Gründe, warum sie Ihr Heimatland verlassen und einen Asylantrag gestellt haben, von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß.

Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können.

A: Die alten Fluchtgründe sind noch immer aufrecht. Ich bin wegen des Kriegs zwischen Russland und Ukraine geflohen. Ich bin wegen der allgemeinen Lage geflüchtet. Deswegen bin ich 2016 wieder in Österreich eingereist.

F: Haben sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert?

A: Ja.

F: Wurden Sie persönlich verfolgt oder bedroht?

A: Ich habe bei meiner letzten Asylantragstellung bereits geschildert, dass ich mehrmals einberufen wurde. Ich bin von einer rechten Partei bedroht worden, die die Leute abwerben wollten. Ich habe alles bereits vorgebracht. Das Ganze hat sich 1991 ereignet.

F: Dass heißt man kann sagen dass Sie die Ukraine wegen der allgemeinen Lage verlassen haben? A: Ja.

Vorhalt: Die Ukraine ist ein sicherer Herkunftsstaat. Der Staat ist schutzwürdig und schutzwillig. Was sagen Sie dazu?

A: Der Krieg ist noch nicht vorbei, auch wenn es im Internet steht. Die ganze Welt weiß was in der Ukraine passiert ist.

F: Sind Sie in Ihrer Heimat vorbestraft?

A: Nein.

F: Sind Sie in einem anderen Land vorbestraft?

A: Nein.

F: Werden Sie in der Heimat von der Polizei, einer Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder einer sonstigen Behörde gesucht?

A: Nein.

F: Waren Sie in Ihrer Heimat jemals Mitglied einer politischen Gruppierung oder Partei?

A: Ja, aber das ist schon sehr lange her. 2004. Darüber wurde schon seitens der österreichischen Behörde mittels negativen Bescheid entschieden.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer politischen Gesinnung, oder Ihrer Religion verfolgt?

A: Nein.

F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit verfolgt?

A: Nein.

F: Sind Sie seit Ihrer Einreise nach Österreich einer legalen Beschäftigung nachgegangen?

A: Nein.

F: Von welchen finanziellen Mitteln leben Sie hier in Österreich?

A: Ich bin in der Grundversorgung.

F: Sind Sie gegenüber jemandem unterhaltspflichtig?

A: Nein.

F: Warum stellten Sie gerade in Österreich einen Asylantrag, nachdem Sie andere sichere Drittstaaten durchquert haben?

A: Weil ich schon mal hier war, ich kenne das Land und kann Deutsch. Österreich ist ein sehr gutes Land. Es ist sicher hier, es gibt keine Konflikte. Österreich ist ein Rechtsstaat.

F: Woher wissen Sie, dass der Lebensstandard in Österreich besser ist als in beispielweise Polen oder Ungarn?

A: Das weiß ich von anderen Leuten und dem Internet. Das ist allgemein bekannt.

F: Haben Sie in Österreich eine Schule, Kurse oder sonstige Ausbildungen absolviert?

A: Nein. Ich habe einmal einen Deutschkurs besucht, aber das ist schon so lange her.

F: Sind Sie in einem Verein oder in einer Organisation als Mitglied tätig?

A: Nein.

F: Haben Sie Freunde oder Bekannte in Österreich?

A: Ja, ich habe Bekannten. Nachbarn zB. und ich lerne durch mein Kind die Leute kennen.

F: Wie sieht Ihr Alltag in Österreich aus?

A: Ich bringe mein Kind in den Kindergarten. Während meine Frau im Deutschkurs ist kümmere ich mich um das Kind.

F: Die Befragung wird hiermit beendet. Wollen Sie zu Ihrem Asylverfahren sonst noch etwas vorbringen, was Ihnen von Bedeutung erscheint?

A: Nein.

F: Hatten Sie die Gelegenheit alles zu sagen, was Sie wollten?

A: Ja, das hatte ich.

Anmerkung: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in die Länderfeststellungen des BFA zu der Ukraine Einsicht und Stellung zu nehmen. Die Feststellungsunterlagen werden Ihnen gegebenenfalls vom Dolmetscher vorgelesen! Möchten Sie das?

A: Nein, brauche ich nicht.

F: Haben Sie die Dolmetscherin einwandfrei verstanden?

A: Ja, sehr gut.

(...)"

Die Zweitbeschwerdeführerin gab anlässlich ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen an, an keinen schwerwiegenden Krankheiten zu leiden, sie habe im Zuge ihrer Erstbefragung wahrheitsgemäße Angaben erstattet, welche korrekt rückübersetzt worden seien.

Zu den Fluchtgründen befragt gab diese an, keine eigenen zu haben, sondern sich auf die Fluchtgründe des Ehemannes zu beziehen. Die gelte auch für den mj. Sohn.

2. Mit den im Spruch angeführten Bescheiden vom 27.06.2018 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und die Anträge gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die beschwerdeführenden Parteien eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der beschwerdeführenden Parteien in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der beschwerdeführenden Parteien zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Der Erstbeschwerdeführer konnte keine Identitätsdokumente vorlegen, weshalb die Identität nicht festgestellt werden konnte, die Zweitbeschwerdeführerin legten die Kopie einen ukrainischen Personalausweis als Nachweis ihrer Identität vor.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf umfassende Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat der BeschwerdeführerInnen.

Im Verfahren betreffend den Erstbeschwerdeführer wurden im Einzelnen die folgenden Feststellungen und beweiswürdigenden Erwägungen getroffen:

"(...)

Der Entscheidung werden folgende Feststellungen zugrunde gelegt:

? zu Ihrer Person:

Ihre Identität steht aufgrund der Nicht-Vorlage von Personendokumenten nicht fest. Sie gaben an, ukrainischer Staatsangehöriger, christlichen Glaubens und Angehöriger der Volksgruppe der Ukrainer zu sein.

Sie führen in Österreich ein Familienleben mit Ihrer Ehegattin XXXX (IFA: 1049716303) und Ihrem gemeinsamen Sohn, XXXX (IFA: 1049715306), die ebenfalls um Asyl ansuchen.

Sie brachten vor Ihrer neuerlichen Asylantragsstellung vom 01.09.2016 bereits drei Asylanträge in Österreich ein. Ihr erster und zweiter Asylantrag wurde rechtskräftig negativ entschieden.

Sie wurden nach der dritten Asylantragsstellung vom 09.01.2015 in weiterer Folge am 17.08.2016 nach Polen überstellt. Sie reisten unmittelbar erneut in das österreichische

Bundesgebiet ein. Sie gaben zu Ihren Fluchtgründen an, dass keine neuen Gründe vorliegen und Sie nur wegen der allgemeinen Lage ausgereist sind.

Sie sind in Österreich nicht straffällig geworden.

Sie sind gesund. Es konnte keine lebensbedrohliche Erkrankung festgestellt werden.

? zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftslandes:

Als Grund für Ihre neuerliche Antragstellung haben Sie beim BFA angegeben, dass die alten Fluchtgründe noch aufrecht sind und Sie wegen der allgemeinen Lage geflüchtet sind.

Über Ihre Fluchtgründe wurde bereits mittels Bescheid negativ entschieden. Beide Asylverfahren erwuchsen in Rechtskraft. Bei Ihrer dritten Asylantragsstellung wurde die Zuständigkeit Polens festgestellt und wurden Sie am 17.08.2016 nach Polen überstellt. Für die ho. Behörde machte es den Eindruck, dass Sie ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen erneut nach Österreich reisen.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie in Ukraine asylrelevanter Verfolgung oder Gefährdung durch staatliche Organe oder Privatpersonen ausgesetzt waren bzw. sind oder Sie pro futuro asylrelevante Verfolgung in der Ukraine ausgesetzt sein werden.

Es können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass Sie Gefahr liefen, in Ukraine einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

? zu Ihrer Situation im Fall der Rückkehr:

Sie sind im arbeitsfähigen Alter. Sie haben acht Jahre die Grundschule besucht und danach vier Jahre eine Berufsschule aufgesucht. Danach sind Sie bis 2000 oder 2001 der Tätigkeit als Landwirt nachgegangen.

Sie verfügen in der Ukraine über Familienangehörige. Ihre Eltern, zwei Brüder und eine Tochter aus erster Ehe sind noch immer in der Ukraine aufhältig. Sie stehen noch in Kontakt zu Ihrer Familie.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie im Falle Ihrer Rückkehr in die Ukraine in eine die Existenz bedrohende Notlage geraten würden. Im Falle Ihrer Rückkehr sind Sie keinen asylrelevanten Schwierigkeiten ausgesetzt. Es ist Ihnen zuzumuten, dass Sie sich in der Ukraine den Lebensunterhalt durch eigene Arbeit und durch familiäre Unterstützung sichern.

Während Ihres Aufenthaltes in der Ukraine waren Sie immer selbsterhaltungsfähig.

Festgestellt wird, dass im Entscheidungszeitpunkt Ihre Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung in die Ukraine keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für Sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen könnte.

? zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie sind mit Frau XXXX standesamtlich verheiratet und legten hierfür die Heiratsurkunde in Kopie vor. Sie haben ein gemeinsames Kind, XXXX . Ihre Familienangehörigen brachten ebenfalls am 01.09.2015 einen Asylantrag ein.

Sie sind kein Mitglied eines Vereines oder einer anderen Organisation. Sie haben in Österreich nie einen Deutschkurs oder einen Integrationskurs besucht. Sie sprechen ein wenig Deutsch. Sie sind in Österreich keiner legalen Beschäftigung nachgegangen. Sie konnten keine vertiefenden Formen der Integration für sich geltend machen.

? zur Lage in Ihrem Herkunftsland:

Aus der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines Sachverhalts erkannt werden, der gegen Ihre Abschiebung in Ihren Herkunftsstaat, nämlich Ukraine, stünde. Die Ukraine ist seit Februar 2018 ein sicherer Herkunftsstaat gemäß Herkunftsstaatenverordnung.

Beweiswürdigung:

Mangels Vorlage von heimatlichen Personendokumenten steht Ihre Identität nicht fest. Sie gaben an, dass Sie nicht wüssten wo ihr Reisepass ist und gaben dann wiedersprüchig an, dass Sie nie einen Reisepass besessen haben.

Sofern Sie im gegenständlichen Bescheid namentlich angesprochen werden, so handelt es sich dabei um einer Verfahrensidentität i.S.d.

AVG.

Die Feststellungen zu Ihrer Herkunftsregion, Familienstand, Staatsangehörigkeit, Glaubens- und Volksgruppenzugehörigkeit und Ihrem schulischen Werdegang beruhen auf Ihren diesbezüglich glaubhaften Aussagen und diversen vorgelegten Dokumenten.

Die Feststellung hinsichtlich der illegalen Einreise in das Bundesgebiet ergibt sich daraus, da kein gültiger Einreisetitel in den Schengenraum vorliegt. Sie reisten erstmals im Jahr 2004 unter umgehen der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet und brachten am 15.01.2004 einen Asylantrag ein. Ihr Asylverfahren wurde mit Bescheid vom 15.05.2006 negativ entschieden und eine Rückkehrentscheidung in die Ukraine angeordnet. Am 12.10.2006 erwuchs das Verfahren in Rechtskraft 2. Instanz. In weiterer Folge reisten Sie erneut in das Bundesgebiet ein und stellten am 11.06.2010 einen Asylantrag der ebenfalls mit Bescheid vom 28.10.2010 negativ entschieden wurde und eine Rückkehrentscheidung verhängt wurde. Ihr Asylverfahren erwuchs mit 15.03.2011 in Rechtskraft 1. Instanz.

Im Jahr 2015 reisten Sie erneut illegal, zusammen mit Ihrer Ehegattin und Ihren Sohn in das Bundesgebiet ein und stellten am 09.01.2015 einen Asylantrag. Es wurde die Zuständigkeit Polens festgestellt und wurde gegen Ihre Familie und Sie ein Dublin-Out Verfahren eingeleitet. Ihre Überstellung nach Polen erfolgte am 17.08.2016.

Unmittelbar danach reisten Sie erneut nach Österreich und brachten am 01.09.2016 Ihren neuerlichen Asylantrag ein. Sie gaben an, keine neuen Fluchtgründe zu haben.

Die Feststellung, dass Sie im Bundesgebiet nicht straffällig geworden sind, ergibt sich aus Ihrem Strafregisterauszug.

Die Feststellung zu Ihrem Gesundheitszustand ergibt sich aus Ihrer Einvernahme. Sie sind gesund und leiden an keinerlei Krankheiten.

? betreffend die Feststellungen der Gründe für das Verlassen des Herkunftslandes:

Sie gaben an, dass Sie nach wie vor dieselben Fluchtgründe hätten und es keine anderen Fluchtgründe gegeben würde. Sie fügten nur hinzu, dass Sie wegen der allgemeinen Lage in der Ukraine geflüchtet sind.

Zusammengefasst kann man also sagen, dass Sie am 01.09.2016 erneut wegen der allgemeinen Lage einen Asylantrag einbrachten. Sie schilderten keine persönlich Verfolgung gegen Sie.

Zu Ihren Vorverfahren ist anzuführen:

Sie reisten erstmals 2004 unter Umgehung der österreichischen Grenzen in das Bundesgebiet ein. Ihre erste Asylantragsstellung erfolgte am 15.01.2004. Bei Ihrer ersten Antragsstellung gaben Sie an, dass Sie in der Ukraine eine politische Verfolgung zu befürchten hätten. Gegen Sie wurde ein mit negativer Asylbescheid in Verbindung mit einer Rückkehrentscheidung in die Ukraine erlassen. Das Verfahren erwuchs mit 12.10.2006 in Rechtskraft 2. Instanz. Sie reisten daraufhin in die Ukraine zurück.

Im 11.06.2010 reisten Sie erneut illegal in das österreichische Bundesgebiet und gaben bei Ihrer zweiten Asylantragsstellung vom 11.06.2010 nun an, wegen dem Krieg zwischen der Ukraine und Russland geflohen zu sein. Seitens der Behörde wurde Ihnen die Glaubwürdigkeit abgesprochen und eine neuerliche negative Entscheidung gegen Sie erlassen. Ihr Verfahren erwuchs mit 15.03.2011 in Rechtskraft 1. Instanz. Sie kehrten in die Ukraine zurück und heirateten standesamtlich Frau XXXX . Am XXXX wurde der gemeinsame Sohn geboren.

Anfang Jänner 2015 reisten Sie erneut widerrechtlich in das österreichische Bundesgebiet ein. Diesmal erfolgte die illegale Einreise zusammen mit Ihrer Ehegattin und Ihrem gemeinsamen Sohn. Festgestellt wurde die Zuständigkeit Polens und es wurde gegen Sie und Ihre Familie ein Dublin-Out Verfahren eingeleitet. Am 17.08.2016 wurden Sie nach Polen überstellt.

Dies hinderte Sie jedoch offensichtlich nicht daran, am 01.09.2016 einen neuen Asylantrag in Österreich einzubringen. In Ihrer Erstbefragung vom 01.09.2016 gaben Sie an, dass Sie keine neuen Fluchtgründe haben. Sie könnten nicht mehr in die Ukraine zurück wegen der allgemein schlechten Lage.

Neue Fluchtgründe brachten Sie nicht vor und ergaben sich während der Einvernahme auch nicht. Sie hätten nicht in Erwägung gezogen in einem anderen Land, wie zum Beispiel Polen ein Asylverfahren zu führen, da Sie gerne in Österreich bleiben wollen, weil Sie das Land kennen und die Sprache sprechen.

Seitens der ho. Behörde kann nicht davon ausgegangen werden, dass Sie zwischenzeitlich überhaupt wieder in die Ukraine eingereist sind, zumal Sie unmittelbar nach der Überstellung in Österreich eingereist sind.

Die ho. Behörde geht davon aus, dass Sie lediglich aufgrund wirtschaftlicher Gründe erneut in Österreich eingereist sind. Auch Ihre Frau und Ihr Kind machten keine asylrelevanten Angaben, sondern beziehen sich hinsichtlich der Fluchtgründe auf Ihre.

Sie wären jedenfalls der Meinung, dass die behauptete politische Verfolgung nach wie vor aufrecht wäre. Diesen Angaben kann seitens der Behörde kein Glauben geschenkt werden, zumal diese sich 2004 ereignet hätten und Sie seither mehrere Jahre problemlos in der Ukraine aufhältig waren. Zudem konnten Sie bereits in Ihrem Vorverfahren keine glaubwürdigen politischen Verfolgungen für sich geltend machen.

Eine relevante Änderung des Sachverhaltes, über den bereits in Ihrem ersten und zweiten Asylverfahren entschieden wurde, konnten Sie nicht nennen. Sie konnten im ersten, zweiten und auch in dem gegenständlichen Verfahren, keine Verfolgung vonseiten behaupteter Quellen glaubhaft vorbringen.

? betreffend die Feststellung Ihrer Situation im Falle der Rückkehr:

Es konnten keinerlei Anhaltspunkte dahingehend gefunden werden, dass Sie im Falle einer Rückkehr in die Ukraine einer Verfolgungsgefährdung i. S. d. Art. 3 EMRK ausgesetzt wären.

Entsprechend dem Akteninhalt und Ihrer Angaben sind Sie arbeitsfähig und auch arbeitswillig.

Es ist Ihnen zuzumuten sich mit Hilfe der eigenen Arbeitsleistung und der familiären Unterstützung zukünftig den Lebensunterhalt zu sichern.

Sie haben sich selbst den Lebensunterhalt in der Ukraine finanziert. Sie verfügen in der Ukraine über Familienangehörige, zumal Ihre Eltern, zwei Brüder und eine Tochter in der Ukraine aufhältig sind. Sie stehen nach wie vor im Kontakt zu Ihrer Familie.

Sie besuchten acht Jahre die Grundschule und besuchten im Anschluss vier Jahre eine Berufsschule. Danach waren Sie als Landwirt tätig. Sie sind selbst für Ihren Lebensunterhalt aufgekommen.

Im Jahr 2013 heirateten Sie standesamtlich Ihre Ehegattin XXXX . Am XXXX ist Ihr gemeinsamer Sohn XXXX geboren. Sie führten ein gemeinsames Familienleben in der Ukraine. Im Jahr 2015 reisten Sie illegal, zusammen mit Ihrer Familie, in das österreichische Bundesgebiet ein und suchten am 09.01.2015 um Asyl an. Sie wurden gemeinsam mit Ihrer Ehegattin und Ihren Sohn am 17.08.2016 nach Polen überstellt. Selbst behaupteten Sie, dann erneut in der Ukraine gewesen zu sein und erst in weiterer Folge im September 2016 in Österreich eingereist zu sein. Jedenfalls kann davon ausgegangen werden, dass Ihnen ein Familienleben in der Ukraine möglich ist, zumal gegen Ihre Ehegattin und Sohn ebenfalls eine Rückkehrentscheidung erlassen wird.

Es ist Ihnen jedenfalls zuzumuten erneut Unterkunft in der Ukraine zu nehmen.

(...)"

Die Zweitbeschwerdeführerin habe weder für sich selbst, noch als deren gesetzliche Vertreterin für den minderjährige Drittbeschwerdeführer, individuelle Fluchtgründe ins Treffen geführt und hätte das Vorliegen solcher auch von Amts wegen nicht festgestellt werden können.

In rechtlicher Hinsicht wurde von der Erstinstanz ausgeführt, eine asylrelevante Verfolgung habe von den beschwerdeführenden Parteien nicht glaubhaft gemacht werden können. Auch aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ergäben sich keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, der gemäß Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK zur Gewährung von Asyl führe. Den Angaben der beschwerdeführenden Parteien hinsichtlich ihrer Fluchtgründe hätte keine Glaubwürdigkeit beschieden werden können, da sie eine individuelle asylrelevante Gefährdungslage nicht glaubhaft machen hätten können.

Zu Spruchpunkt II. wurde nach Wiedergabe des § 8 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 AsylG 2005 ausgeführt, dass sachliche Gründe für die Annahme sprechen müssten, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen müssten, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichten nicht aus. Nach der Judikatur des EGMR obliege es der betroffenen Person, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle einer Abschiebung behaupte, so weit als möglich Informationen vorzulegen, die den innerstaatlichen Behörden und dem Gerichtshof eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlaubten (EGMR 5.7.2005, Said gg. die Niederlande). Bezüglich der Berufung auf eine allgemeine Gefahrensituation im Heimatstaat, hätte die betroffene Person auch darzulegen, dass ihre Situation schlechter sei, als jene der übrigen Bewohner des Staates (EGMR 26.7.2005, N. gg. Finnland). Dabei könne bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht seien (EGMR 6.2.2001, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.8.2001. 2000/01/0443).

Die beschwerdeführenden Parteien hätten während des gesamten Verfahrens keinerlei glaubhaften Indizien oder Anhaltspunkte aufzuzeigen vermocht, welche die Annahme hätten rechtfertigen können, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit konkret Gefahr laufen würden, im Falle ihrer Rückkehr in den Heimatsstaat, der Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder Todesstrafe unterworfen zu werden.

Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und zur ausgesprochenen Rückkehrentscheidung führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Wiedergabe der entsprechenden rechtlichen Grundlagen und auf Art. 8 EMRK bezugnehmender höchstgerichtlicher Judikatur aus, dass weder ein Eingriff in das Familienleben vorliege, noch der Eingriff in das Privatleben ungerechtfertigt wäre, zumal sie sich zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung erst seit September 2016 (BF1) bzw. Oktober 2016 (BF2 und 3) in Österreich aufgehalten hätten und sie in dieser Zeit keine nennenswerten wirtschaftlichen oder sozialen Kontakte aufgenommen hätten. Sie seien illegal eingereist und seien keine für einen Verbleib in Österreich sprechenden Gründe vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gefunden worden.

Mit Verfahrensanordnungen vom 28.06.2018 wurde den beschwerdeführenden Parteien amtswegig der Verein ARGE Rechtsberatung als Rechtsberatung für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

3. Mit für die beschwerdeführenden Parteien gleichlautendem Schriftsatz vom 27.07.2018 wurde gegen oben angeführte Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde im Rahmen des Familienverfahrens eingebracht. Die angeführten Bescheide wurden darin wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes, aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie aufgrund der Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die beschwerdeführenden Parteien ihre Heimat verlassen hätten, da eine Gefährdung durch Dritte vorliege.

Inhaltlich wurde weder zur angeblichen Gefährdung noch hinsichtlich einer eventuellen Bedrohung der Rechte gemäß Art 2 und 3 EMRK, noch hinsichtlich einer eventuellen Integration der BF etwas angeführt, sondern nur Textbausteine und Judikaturbeispiele angefügt.

4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 03.08.2018 mitsamt der bezughabenden Verwaltungsakte beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Ukraine, gehören dem christlich-orthodoxen Glauben an. Ihre Identität steht fest. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und Eltern der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin. Die beschwerdeführenden Parteien reisten im September 2016 bzw. Oktober 2016 unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und halten sich seit diesem Zeitpunkt ununterbrochen im Bundesgebiet auf. Bis zu ihrer Ausreise lebten die BeschwerdeführerInnen in einem gemeinsamen Haushalt in XXXX im Westen der Ukraine

1.2. Nicht festgestellt werden kann, dass die beschwerdeführenden Parteien in der Ukraine aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten bedroht wären. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung der BeschwerdeführerInnen in der Ukraine festgestellt werden.

Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass die BeschwerdeführerInnen im Fall ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Ukraine in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wären.

Die BeschwerdeführerInnen leiden an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, welche einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat entgegenstehen würden. Der Erstbeschwerdeführer nimmt Medikamente aufgrund zu hohen Blutdrucks ein, die Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer sind eigenen Angaben zufolge gesund. In der Ukraine besteht eine ausreichende medizinische Grundversorgung, weswegen die BeschwerdeführerInnen hinsichtlich allfälliger psychischer und physischer Leiden ausreichend behandelt werden könnten.

Die BeschwerdeführerInnen verfügen in Österreich über kein schützenswertes Privat- oder Familienleben. Sie verfügen weder über Verwandte noch über sonstige relevante familiäre oder private Bindungen in Österreich und bestreiten ihren Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung. Eine die BeschwerdeführerInnen betreffende aufenthaltsbeendende Maßnahme würde keinen ungerechtfertigten Eingriff in deren gemäß Art. 8 EMRK geschützte Rechte auf Privat- und Familienleben darstellen.

1.3. Insbesondere zur allgemeinen Situation und Sicherheitslage, zur allgemeinen Menschenrechtslage, zur medizinischen Versorgungssituation und zur Lage von Rückkehrern und Binnenflüchtlingen wird unter Heranziehung der erstinstanzlichen Länderfeststellungen Folgendes festgestellt:

(...)

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 19.12.2017, Antikorruption (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage, Abschnitt 4/Rechtsschutz/Justizwesen und Abschnitt 7/Korruption)

Die Ukraine hat seit 2014 durchaus Maßnahmen gesetzt, um die Korruption zu bekämpfen, wie die Offenlegung der Beamtenvermögen und die Gründung des Nationalen Antikorruptionsbüros (NABU). Gemeinsam mit dem ebenfalls neu geschaffenen Antikorruptionsstaatsanwalt kann das NABU viele Fälle untersuchen und hat einige aufsehenerregende Anklagen vorbereitet, u.a. wurde der Sohn des ukrainischen Innenministers festgenommen. Doch ohne ein spezialisiertes Antikorruptionsgericht läuft die Arbeit der Ermittler ins Leere, so die Annahme der Kritiker, da an normalen Gerichten die Prozesse erfahrungsgemäß eher verschleppt werden können. Das Antikorruptionsgericht sollte eigentlich bis Ende 2017 seine Arbeit aufnehmen, wurde aber noch immer nicht formell geschaffen. Präsident Poroschenko äußerte unlängst die Idee, eine auf Korruption spezialisierte Kammer am Obersten Gerichtshof sei ausreichend und schneller einzurichten. Diesen Vorschlag lehnte jedoch der Internationale Währungsfonds (IWF) ab. Daher bot Poroschenko eine Doppellösung an: Zuerst solle die Kammer eingerichtet werden, später das unabhängige Gericht. Der Zeitplan dafür ist jedoch offen (NZZ 9.11.2017).

Kritiker sehen darin ein Indiz für eine Einflussnahme auf die Justiz durch den ukrainischen Präsident Poroschenko. Mit Juri Luzenko ist außerdem Poroschenkos Trauzeuge Chef der Generalstaatsanwaltschaft, welche von Transparency International als Behörde für politische Einflussnahme bezeichnet wird. Tatsächlich berichtet die ukrainische Korruptionsstaatsanwaltschaft von Druck und Einflussnahme auf ihre Ermittler (DS 30.10.2017).

Ende November 2017 brachten Abgeordnete der Regierungskoalition zudem einen Gesetzentwurf ein, der eine "parlamentarische Kontrolle" über das NABU vorsah und heftige Kritik der westlichen Partner und der ukrainischen Zivilgesellschaft auslöste (UA 13.12.2017). Daraufhin wurde der Gesetzesentwurf wieder von der Tagesordnung genommen (DS 7.12.2017), dafür aber der Vorsitzende des Komitees der Werchowna Rada zur Korruptionsbekämpfung entlassen, welcher die Ernennung des von der Regierung bevorzugten Kandidaten für das Amt des Auditors im NABU blockiert hatte (UA 13.12.2017).

Im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt Kiew haben zuletzt mehrere Tausend Menschen für eine Amtsenthebung von Präsident Petro Poroschenko demonstriert. Die Kundgebung wurde von Micheil Saakaschwili angeführt - Ex-Staatschef Georgiens und Ex-Gouverneur des ukrainischen Odessa, der ursprünglich von Präsident Poroschenko geholt worden war, um gegen die Korruption vorzugehen. Saakaschwili wirft Poroschenko mangelndes Engagement im Kampf gegen die Korruption vor und steht seit einigen Wochen an der Spitze einer Protestbewegung gegen den ukrainischen Präsidenten. Mit seinen Protesten will er vorgezogene Neuwahlen erzwingen. Saakaschwili war Anfang Dezember, nach einer vorläufigen Festnahme, von einem Gericht freigelassen worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Organisation eines Staatsstreiches (DS 17.12.2017).

Die EU hat jüngst die Auszahlung eines Hilfskredits über 600 Mio. €

an die Ukraine gestoppt, und der Internationale Währungsfonds (IWF) ist ebenfalls nicht zur Gewährung von weiteren Hilfskrediten bereit, solange der Kampf gegen die grassierende Korruption nicht vorankommt (NZZ 18.12.2017). Der IWF hat die Ukraine aufgefordert, die Unabhängigkeit von NABU und Korruptionsstaatsanwaltschaft zu gewährleisten und rasch einen gesetzeskonformen Antikorruptionsgerichtshof im Einklang mit den Empfehlungen der Venediger Kommission des Europarats zu schaffen (UA 13.12.2017).

Quellen:

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DS - Der Standard (17.12.2017): Tausende fordern in Kiew Amtsenthebung von Poroschenko,

http://derstandard.at/2000070553927/Tausende-fordern-in-Kiew-Amtsenthebung-von-Poroschenko?ref=rec, Zugriff 19.12.2017

-

DS - Der Standard (7.12.2017): Interventionen verhindern Gesetz gegen ukrainisches Antikorruptionsbüro, http://derstandard.at/2000069775196/Ukrainischer-Antikorruptionsbehoerde-droht-Verlust-an-Unabhaengigkeit, Zugriff 19.12.2017

-

DS - Der Standard (30.10.2017): Die ukrainische Justizfassade bröckelt noch immer,

http://derstandard.at/2000066853489/Die-ukrainische-Justizfassade-broeckelt-noch-immer?ref=rec, Zugriff 19.12.2017

-

NZZ - Neue Zürcher Zeitung (18.12.2017): Das politische Risiko in der Ukraine ist zurück,

https://www.nzz.ch/finanzen/das-politische-risiko-in-der-ukraine-ist-zurueck-ld.1340458, Zugriff 19.12.2017

-

NZZ - Neue Zürcher Zeitung (9.11.2017): Der ukrainische Präsident verschleppt längst überfällige Reformen, https://www.nzz.ch/meinung/ukraine-revolution-im-rueckwaertsgang-ld.1327374, Zugriff 19.12.2017

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UA - Ukraine Analysen (13.12.2017): Ukraine Analysen Nr. 193, http://www.laender-analysen.de/ukraine/pdf/UkraineAnalysen193.pdf?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=Ukraine-Analysen+193&newsletter=Ukraine-Analysen+193, Zugriff 19.12.2017

KI vom 30.11.2017, Zeugen Jehovahs (relevant für Abschnitt 15/Religionsfreiheit)

In verschiedenen Regionen der Ukraine beklagen religiöse Minderheiten Diskriminierung durch lokale Behörden. Die ukrainischen Gesetze verbieten jedenfalls Diskriminierung aufgrund des Glaubens, und religiöse Gruppen haben auch Möglichkeiten im Gesetzgebungsprozess gehört zu werden. Ukrainische Gerichte haben an mehreren Orten Polizeistrafen aufgehoben, welche gegen Zeugen Jehovahs wegen der Verteilung ihrer Schriften an öffentlichen Orten verhängt worden waren. Es gibt Berichte von physischen Angriffen auf Zeugen Jehovahs und von Vandalenakten gegen ihre Einrichtungen. Für 2016 werden 21 Fälle von Vandalismus (davon drei Brandstiftungen) gegen Königreichhallen gezählt, während es 2015 noch 56 Fälle von Vandalismus (davon fünf Brandstiftungen) waren. Es gibt aber auch Berichte über behördliche Gegenmaßnahmen, etwa die Verurteilung von Tätern bei Körperverletzungen. 2015 hatte der Gemeinderat eines ukrainischen Dorfes im Oblast Kirovohrad alle Religionsgemeinschaften außer der lokalen orthodoxen Gemeinde verboten, darunter auch die Zeugen Jehovahs. Dieses Verbot wurde auf Intervention des Büros des Ombudsmanns zurückgenommen, was die Zeugen Jehovahs sehr begrüßten. (USDOS 15.8.2017a).

In früheren Jahren zählten die Zeugen Jehovahs 64 Körperverletzungen (2008-2014) und 190 Vandalenakte (2008-2013) bei, nach eigenen Angaben, 150.000 Mitgliedern. Sie beklagten die Passivität von Polizei und Gerichten bei der Verfolgung der Delikte (JW 28.7.2014). 2014-2016 zählten die Zeugen Jehovahs 115 Übergriffe; acht Täter wurden in diesem Zeitraum gerichtlich verurteilt. Auch beklagten sie Einmischung der Behörden bei der Errichtung von Königreichsälen (UNHRC 31.8.2017). Andererseits sehen die Zeugen Jehovahs in der Ukraine ihre Position im Land durch ein ukrainisches Gerichtsurteil gestärkt, das der Religionsgemeinschaft die Anmietung von Gebäuden erleichtert (JW 24.3.2017). Laut Bericht wurde der Tag der offenen Tür der Zeugen Jehovahs in Lemberg auch von Behördenvertretern besucht (JW 25.7.2017).

Die Zeugen Jehovas sind eine jener Religionsgemeinschaften, deren Angehörige in der Ukraine ausdrücklich für einen Wehrersatzdienst aus Gewissensgründen infrage kommen, was auch für den Mobilisierungsfall gilt, wie eindeutig gerichtlich bestätigt wurde (USDOS 10.8.2016) (siehe dazu Kap. 9.1. Wehrersatzdienst, Anm.).

Die Separatisten in den selbsternannten Volksrepubliken Donetsk (DPR) und Lugansk (LNR) sperrten unter anderem eine Reihe von Zeugen Jehovahs ein. Nachdem in der DPR ein Gesetz zum Verbot von Sekten erlassen wurde, wurden einige Königreichhallen der Zeugen Jehovas besetzt, zwei davon aber auch wieder zurückgegeben (USDOS 15.8.2017a). Auf der Krimhalbinsel wird faktisch russisches Recht umgesetzt (USDOS 15.8.2017b). Die Zeugen Jehovahs wurden auf der Krimhalbinsel im April 2017 durch Entscheidung des russischen Verfassungsgerichts für illegal erklärt, weil sie eine extremistische Organisation seien. Am 1. Juni 2017 wurden alle 22 Gemeinden dieser Religionsgemeinschaft auf der Krim (geschätzte 8.000 Mitglieder) amtlich abgemeldet. Am 9. Juni 2017 wurde einem Zeugen Jehovahs auf der Krim erklärt, er habe als solcher in der Russischen Föderation kein Recht auf einen Wehrersatzdienst aus Glaubengründen. Am 27. Juni 2017 wurde das Oberhaupt einer Gemeinde der Zeugen Jehovahs wegen unerlaubter Missionierungstätigkeit vor Gericht geladen und starb später am Tag an einer Herzattacke (OHCHR 25.9.2017).

Quellen:

? JW - Jehovahs Witnesses (24.3.2017): Oberstes Gericht der Ukraine stärkt Versammlungsfreiheit,

https://www.jw.org/de/aktuelle-meldungen/rechtliche-entwicklungen/nach-region/ukraine/high-gericht-st%C3%A4rkt-versammlungsfreiheit/, Zugriff 29.11.2017

? JW - Jehovahs Witnesses (25.7.2017): Behördenvertreter besuchen Zweigbüro von Jehovas Zeugen in der Ukraine am Tag der offenen Tür, https://www.jw.org/de/aktuelle-meldungen/pressemitteilungen/nach-region/ukraine/behoerdenvertreter-besuchen-zweigbuero-jehovas-zeugen-tag-der-offenen-tuer/, Zugriff 29.11.2017

? JW - Jehovahs Witnesses (28.7.2014): Passivität der Strafverfolgungsbehörden in der Ukraine leistet weiteren Straftaten Vorschub,

https://www.jw.org/de/aktuelle-meldungen/rechtliche-entwicklungen/nach-region/ukraine/religioes-motivierte-gewalt-bleibt-ungestraft/, Zugriff 29.11.2017

? OHCHR - UN Office of the High Commissioner for Human Rights (25.9.2017): Situation of human rights in the temporarily occupied Autonomous Republic of Crimea and the city of Sevastopol, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1506587856_crimea2014-2017-en.pdf, Zugriff 29.11.2017

? UNHRC - UN Human Rights Council (31.8.2017): Summary of Stakeholders' submissions on Ukraine; Report of the Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1510062028_g1725515.pdf, Zugriff 29.11.2017

? USDOS - US Department of State (15.8.2017a): 2016 Report on International Religious Freedom - Ukraine, http://www.ecoi.net/local_link/345317/489112_de.html, Zugriff 29.11.2017

? USDOS - US Department of State (15.8.2017b): 2016 Report on International Religious Freedom - Ukraine (Crimea), https://www.ecoi.net/local

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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