Entscheidungsdatum
06.05.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W226 2204763-1/11E
W226 2204765-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX und 2.) XXXX , geb. XXXX , StA. Usbekistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.08.2018, 1.) Zl. 1073098210-150659412 und 2.) 1128593809-161214629, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerden wurden als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Erstbeschwerdeführerin (in der Folge BF1), eine Staatsangehörige Usbekistans, stellte am 11.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Im Zuge der Erstbefragung vom 13.06.2015 schilderte die BF1, dass sie verheiratet sei, sie stamme aus XXXX , habe dort die Grundschule und ein College absolviert. Ihr Ehemann und die Tochter, weiters ihre Eltern und Geschwister würden unverändert im Heimatort leben (wobei die BF aus demselben Bezirk des Herkunftsstaates, nämlich XXXX , Region XXXX , stammen wie praktisch alle anderen Asylsuchenden aus Usbekistan in Österreich).
Die BF1 schilderte, im Juni 2015 mit dem Zug von XXXX nach Moskau gereist zu sein, der Reisepass würde sich zu Hause in XXXX befinden, sie sei alleine ohne Dokumente nach Moskau gereist. Ein Freund des Vaters habe sie dann in die Ukraine gebracht, von dort sei sie über unbekannte Länder mit einem Taxifahrer bis Österreich gekommen.
Der Fluchtgrund wurde von der BF1 damals dahingehend beschrieben, dass ihr Ehegatte ein Kartenspieler sei, dieser habe sie beim Kartenspielen "verloren" und die Gegenspieler beim Kartenspiel hätten die BF nach XXXX bringen wollen. Was man mit ihr vorgehabt habe, dass wisse sie nicht, sie habe sich dann drei Tage lang bei der Mutter versteckt und sei dann "geflüchtet". Sie habe also Angst, dass die Kartenspieler sie nach XXXX schicken würden.
Die BF1 legte jeweils eine Kopie einer Seite der Reisepässe diverser naher Angehöriger (Eltern und zwei Geschwister) vor, nicht jedoch einen Nachweis der eigenen Person.
Am 05.09.2016 wurde nunmehr auch für die BF2 ein Antrag auf internationalen Schutz durch die BF1 gestellt. Die BF1 schilderte, dass sie die Reise für die Tochter (BF2) organisiert habe, sie seien durch Russland und die Ukraine, dann durch unbekannte Länder nach Österreich gelangt.
Die BF1 schilderte, sie sei am XXXX legal mit einem Flugzeug von XXXX nach XXXX in Usbekistan geflogen, von dort sei sie mit einem Taxi nach XXXX gereist und sei dort bis 29.08.2016 geblieben. Danach sei sie mit der Tochter mit einem Zug nach Moskau gereist, von dort mit einem Taxi in die Ukraine und dann in einem PKW über unbekannte Länder bis Österreich. Sie habe im März 2016 von den Eltern einen usbekischen Reisepass geschickt bekommen, mit diesem sei sie von XXXX nach XXXX gereist. Mit diesem Reisepass sie sie dann auch wieder aus Usbekistan über Russland in die Ukraine gefahren, diesen Reisepass habe sie auf dem Weg von Russland in die Ukraine verloren.
Am 08.03.2018 erfolgte nunmehr die niederschriftliche Einvernahme vor der belangten Behörde. Die BF1 schilderte, mittlerweile geschieden zu sein, zu Hause hätte sie eine Scheidungsurkunde und den Obsorgebeschluss. Den Reisepass und den Obsorgebeschluss für das Kind und andere Dokumente, hätte sie - ebenso wie den Reisepass der BF2 - an der Grenze zwischen der Ukraine und einem anderen Staat verloren. Seit dem Jahr 2015 sei sie geschieden, genauer wisse sie es nicht, sie sei hier in Österreich gewesen, als der Ehemann die Scheidung eingereicht habe. Am XXXX sei sie wieder nach Usbekistan gereist, habe sich dort etwa fünf oder sechs Monate aufgehalten und sei dann in die Ukraine gereist. Von dort habe sie sich nach einem Monat Aufenthalt mit der Tochter nach Österreich begeben, dies sei im September 2016 passiert. Sie habe zuletzt in XXXX , Bezirk XXXX , in einem näher genannten Dorf gelebt. Sie habe in Usbekistan niemals strafbare Handlungen begangen, habe auch keine Probleme mit den Behörden gehabt, habe sich niemals politisch betätigt und habe sich niemals an die Polizei oder an ein Gericht wenden müssen. Die Tochter habe keine eigenen Gründe, die Tochter könne aber nicht von ihr getrennt werden, sie könnten auch nicht zurück, da sonst der Vater von BF2 die Obsorge hätte.
Erneut schilderte BF1 - verkürzt wiedergegeben - ihre Ausreisegründe dahingehend, dass der geschiedene Mann spielsüchtig gewesen sei, er habe die BF1 beim Spiel "verloren". Der Vater von BF1 habe ich davon erfahren, er habe sie dann - ebenso wie die BF2 - ins Elternhaus zurückgebracht. Die Männer, die BF1 beim Spielen gewonnen hätten, hätten davon erfahren und hätten im Elternhaus nach BF1 gefragt. Daraufhin habe der Vater von BF1 für die BF1 eine Wohnung in XXXX gemietet, die Kartenspieler hätten den Vater beobachtet und so die neue Wohnung gefunden. Sie hätten auch an der Wohnungstür geklopft, aber BF1 hätte nicht aufgemacht. Aus Angst vor einer möglichen Entführung, habe der Vater von BF1 dann sich entschlossen, die BF1 wegzuschicken, er habe ihr ein Zugticket nach Moskau gekauft und zur Flucht verholfen. BF2 sei bei der Mutter von BF1 geblieben.
Die BF1 führte aus, dass ihr Vater von der Spielsucht des geschiedenen Gatten erfahren habe, er habe die beiden BF dann plötzlich von zu Hause mitgenommen. Auf die Frage, wie der Vater von der Spielsucht des geschiedenen Gatten erfahren habe, vermeinte BF1, dass ein Bekannter des Vaters den Ex-Mann beim Spielen beobachtet habe. Dieser Bekannte des Vaters habe dem Vater dann davon erzählt. Auf die Frage, warum sie sich wegen dieser unbekannten Männer nicht an die Polizei gewandt habe, vermeinte die BF1, dass sich der Vater deshalb geschämt hätte, Spielsucht sei eine Schande. Die Spielsucht des Ex-Gatten sei auch eine Schande für den Vater gewesen, außerdem sei die Polizei immer auf der Seite der Starken und Reichen. Auf die Frage, wer jetzt die Obsorge für die BF2 habe, sagte die BF1: "Ich".
Die BF1 führte weiters aus, dass sie in XXXX gefälschte Dokumente organisiert hätte. Sie selbst sei bei der Scheidung nicht in Usbekistan gewesen, ihre Mutter habe bei den Verhandlungen teilgenommen. Das Gericht habe die Obsorge dem Ex-Mann zuerkannt, sie sei dann nach Usbekistan zurückgekehrt, sei nach XXXX in die Hauptstadt gegangen und habe beim "Höchsten Gericht" einen Antrag auf Obsorge gestellt. Diese höchste Instanz hätte beschlossen, dass die BF1 obsorgeberechtigt sei. Der Ex-Mann dürfe die BF2 einmal die Woche sehen.
BF1 führte aus, dass für die Ausreise von BF2 eine Erklärung betreffend Einverständnis des geschiedenen Mannes benötigt worden wäre, dies habe der Ex-Mann nicht wollen, weshalb sie dessen Unterschrift gefälscht habe. Der Vater habe einen Notar gefunden, aber die Erklärung sei gefälscht. Während der Zeit in Usbekistan sei sie immer nur in XXXX gewesen. Niemand habe davon gewusst, dass sie in XXXX gewesen sei, erst nach dem Beschluss hätten die anderen davon erfahren, dass sie wieder in Usbekistan gewesen sei. Sie seien nach XXXX gekommen, aber da sei die BF1 schon in einer anderen Wohnung gewesen und eine Woche später sei sie auf der Flucht gewesen.
Auf die Frage, woher sie gewusst habe, dass sie von den Männern wieder gesucht werde, führte die BF1 aus wie folgt:
"An meiner ersten Wohnung wurde geklopft und sie haben nach mir gefragt. Ich hatte dort ein Zimmer bei einer alten Frau."
Im Fall der Rückkehr befürchte sie also, dass man ihr die Tochter wegnehmen würde und zweitens würden auch die unbekannten Männer weiter nach ihr suchen. Bei Gericht sei bei den Verhandlungen den Aussagen der Eltern nicht geglaubt worden. Nach ihrer zweiten Ausreise habe sich der Ex-Mann zudem bei den Behörden beklagt, dass BF1 die BF2 illegal aus dem Land mitgenommen habe, deshalb würde sie jetzt international gesucht werden. Das alles habe sie nur gehört, sie wisse nicht, ob sie die Obsorge verloren habe oder nicht.
2. Mit den angefochtenen Bescheiden wurden jeweils der Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen, der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Usbekistan zulässig ist.
Die belangte Behörde stellte die Identität der BF1 nicht fest, ging auf Grund der vorgelegten Geburtsurkunde der BF2 davon aus, dass diese die Tochter von BF1 sei. BF1 sei in Österreich bereits einmal straffällig geworden, lebe von der Grundversorgung und gehe keiner Beschäftigung nach. Im Rahmen der Beweiswürdigung beurteilte die belangte Behörde das Vorbringen der BF1 im Asylverfahren aus näher dargestellten Gründen als nicht glaubhaft. So habe die BF1 im Zuge der Erstbefragung wiederholt von einer möglichen Entführung nach XXXX gesprochen, dies jedoch in weiterer Folge nicht mehr erwähnt. BF1 habe in der Erstbefragung angegeben, sich drei Tage lang bei der Mutter versteckt zu haben, dann geflüchtet zu sein, wohingegen sie bei der Einvernahme vor der belangten Behörde dann gemeint habe, dass der Vater einfach gekommen wäre und sie zu sich geholt hätte.
Den Zeitraum vor der Flucht habe sie zudem mit zwei Monaten (Aufenthalt im Elternhaus) angegeben, zudem sei nach einem weiteren Umzug ein weiterer Aufenthalt von einem Monat gelegen. Die belangte vermeint auch, dass es nicht logisch sei, dass der Vater keine Anzeige erstatten wolle, weil er sich geschämt habe, zumal die Information über die Spielsucht ohnehin nicht mehr geheim gewesen sei. BF1 habe auch einmal von einer Scheidungsurkunde gesprochen, später gemeint, dass sie zur Scheidung gar nichts Genaues wüsste, da der geschiedene Mann die Scheidung eingereicht habe. Die belangte Behörde nahm weiters darauf Bezug, dass die BF1 im März 2016 wieder freiwillig nach Usbekistan zurückgereist sei, sie sei dort mindestens fünf Monate geblieben, ohne dass ihr etwas zugestoßen wäre. BF2 sei zudem 14 Monate länger in Usbekistan bei den Eltern von BF1 geblieben, ohne dass der geschiedene Mann von BF1 irgendwelche Schritte unternommen hätte, zu denen er - laut Angaben von BF1 - das Recht gehabt hätte.
In rechtlicher Hinsicht vermeinte die belangte Behörde somit, dass es nicht gelungen sei, asylrelevante Gründe glaubhaft zu machen, es sei auch kein Hinweis gegeben, dass BF1 und BF2 in Usbekistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder Todesstrafe ausgesetzt wären. Die Rückkehrentscheidung wurde letztlich dahingehend begründet, dass die beiden BF durch Grundversorgung den Aufenthalt finanzieren, BF1 sei zudem von einem Bezirksgericht wegen einer Straftat verurteilt worden, ein schützenswertes Privatleben in Österreich sei nicht erkennbar.
3. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, dabei wurde die Beweiswürdigung der belangten Behörde kritisiert. BF1 würde zwar von privaten Personen verfolgt werden, die Sicherheitsbehörden seien aber nicht fähig oder willig, die BF1 vor Verfolgung zu schützen.
4. Am 07.02.2019 erfolgte durch das erkennende Gericht eine nochmalige Einvernahme von BF1 im Zuge der beantragten Beschwerdeverhandlung.
BF1 legte bei dieser Gelegenheit zwei Dokumente aus Usbekistan vor, nämlich einerseits ein Schreiben eines Bezirksgerichts für Zivilsachen an die Leiterin des Standesamtes des Bezirkes XXXX betreffend Bescheid des Bezirksgerichtes XXXX für Zivilsachen vom XXXX zur Scheidung der BF1. Der Übersetzung dieses Urteils ist zu entnehmen, dass der erwähnte Kindesvater die BF1 am XXXX standesamtlich geheiratet hat, nach der Eheschließung habe das Ehepaar viele Probleme erlebt, als Folge dieser Auseinandersetzungen habe sich die BF1 drei Monate später Venen geöffnet. Es sei auch zu Streitereien zwischen der BF1 und der Mutter sowie der Schwester des geschiedenen Ehemanns gekommen. Nach einem Aufenthalt in Russland sei BF1 schwanger geworden, die Rückkehr nach Usbekistan sei erfolgt. Nachdem der geschiedene Ehegatte wieder nach Russland habe fahren wollen, sei es zu Streitereien mit BF1 gekommen, diese habe dann den gemeinsamen Haushalt verlassen und sei zu den Eltern gezogen. Die Scheidung wurde vom geschiedenen Gatten damit begründet, dass seit 2014 kein Zusammenleben mehr gegeben ist, ausdrücklich wird erwähnt, dass die BF1 die Dokumente vorbereitet und ohne den Antragsteller zu informieren Usbekistan nach Österreich verlassen hat. Das Gericht führt aus, dass die Begründung für die Scheidung darin liegt, dass das Ehepaar seit 2014 getrennt voneinander wohnt und keine Perspektiven für eine familiäre Zukunft miteinander vorliegen.
Das zweite im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vorgelegte Dokument ist ein Urteil des Landesgerichts für Zivilsachen XXXX als Berufungsgericht vom XXXX , betreffend Berufungsentscheidung gegen den Bescheid des Bezirksgerichts für Zivilsachen im Verfahren auf Entziehung der Obsorge betreffend BF2.
Das Landesgericht zweiter Instanz der Provinz XXXX führt dabei aus, dass BF1 seit Oktober 2014 auf Grund von Streitigkeiten getrennt vom Exmann lebe und "zur Zeit in Österreich wohne", das Kind habe sie bei ihren Eltern zurückgelassen. Dem Antrag des geschiedenen Gatten auf Obsorge sei vom Bezirksgericht mit Beschluss vom XXXX stattgegeben worden, gegen diesen sei - angemerkt: offensichtlich von den Eltern von BF1 - eine Beschwerde beim Gericht zweiter Instanz eingebracht worden.
Nach dem Gehör aller Aussagen und nach Einsichtnahme wurde folgendes festgestellt: "Die Eheschließung fand am XXXX statt, BF2 wurde am XXXX geboren und lebt zur Zeit bei den Großeltern. Das Ehepaar lebt getrennt seit Oktober 2014, BF1 befindet sich derzeit in Österreich und arbeitet dort. Das Gericht nimmt zur Kenntnis, die BF1 im Juli 2015 das Land verlassen hat und seitdem im Ausland lebt und arbeitet, der Vater von BF2 verfügt über ein gutes Potenzial und Eigenschaft für die Erziehung seiner Tochter. Deshalb kommt es dem Gericht sinnvoll vor, dass das Kind beim Vater bleibt."
In der Begründung wird darauf hingewiesen, dass der Kindesvater gute finanzielle Möglichkeiten habe, die Großeltern hätten wiederum an den Verhandlungen nicht teilgenommen und sei die Rückkehr der Mutter des Kindes völlig ungewiss.
Zu den vorgelegten Dokumenten konnte die BF1 in der Beschwerdeverhandlung keine konkreten Ausführungen tätigen, sie konnte einzig sagen, dass ein Gericht entschieden habe, nämlich in XXXX . Darüber hinaus führt die BF1 allgemein aus, dass sie bei einem "Höchstgericht" in XXXX gewesen sei, es würde Unterlagen geben, dass doch sie die Obsorge habe, aber sie habe die Zeit der Ausfertigung dieses Urteils des Gerichtes in XXXX nicht mehr abwarten können, sondern sei wieder ausgereist.
Darüber hinaus wurde die BF1 nochmals detailliert zu den angeblich fluchtauslösenden Ereignissen, der angeblichen freiwilligen Rückkehr nach Usbekistan und zu ihrer Integration im Bundesgebiet befragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Usbekistans. Sie stellten am 11.06.2015 und 05.09.2016 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Die Beschwerdeführer lebten in Usbekistan vor der Ausreise im Familienverband. Die Eltern der BF1 leben noch dort, ebenso der Rest der Familie. BF1 ist nach eigenen Angaben im März 2016 wieder auf dem Luftweg nach Usbekistan heimgereist, hat dort bis Ende August 2016 gelebt und ist dann gemeinsam mit BF2 erneut ausgereist.
Die Beschwerdeführer sind gesund, BF1 ist strafgerichtlich unbescholten und arbeitsfähig.
Zur Lage im Herkunftsstaat:
a) Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Usbekistan, vom 23.11.2018:
2. Politische Lage
Usbekistan ist ein Binnenstaat, der zwischen Kasachstan im Norden und Nordwesten, Kirgisistan und Tadschikistan im Nordosten und Osten, Afghanistan und Turkmenistan im Süden und Südwesten liegt. Die Fläche des Landes beträgt 448 900 km2 die Einwohnerzahl wird mit Stand 2016 auf 31,5 Millionen geschätzt. Hauptstadt ist Taschkent (GIZ 9.2018a). Das Staatsgebiet ist in die zwölf Provinzen (Viloyatlar), Andischan, Buchara, Choresm, Dschisak, Fergana, Kaschkadaria, Namangan, Navoi, Samarkand, Syrdarja, Surchandarja und Taschkent sowie die Stadtregion Taschkent und die autonome Republik Karakalpakstan gegliedert. Die Provinzen gliedern sich wiederum in Bezirke (Tuman/Rayon) (AA 3.2018; vgl. GIZ 9.2018a).
Die Republik Usbekistan erlangte 1991 ihre Unabhängigkeit und erhielt 1992 eine demokratische Verfassung (GIZ 9.2018b). Usbekistan ist eine autoritäre Präsidialrepublik mit einer dominanten Position des Präsidenten innerhalb des Machtapparates. Gewaltenteilung, Institutionen und Regeln existieren nur formal. Der Präsident gilt als Vater der Nation sowie als Garant für die Stabilität und Sicherheit des Landes und regiert dieses durch Dekrete. Er ist zugleich Vorsitzender des Ministerkabinetts, welches aus dem Ministerpräsidenten, den stellvertretenden Ministerpräsidenten, den Ministern, den Vorsitzenden der staatlichen Komitees und anderer staatlicher Organe, sowie dem Vorsitzenden des Ministerrates der Autonomen Republik Karakalpakstan, besteht. Der Präsident ernennt und entlässt den Ministerpräsidenten, die stellvertretenden Minister, die Richter des Verfassungs- und des Obersten Gerichts, den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Zentralbank sowie die Gouverneure der Gebietsverwaltungen. Er ist Oberster Befehlshaber der Streitkräfte (GIZ 9.2018b).
Am 14.12.2016 übernahm der langjährige Ministerpräsident Shavkat Mirziyoyev offiziell das Amt des Präsidenten der Republik Usbekistan. Mirziyoyev gewann die Präsidentschaftswahlen vom 04.12.2016 mit 88,61 Prozent der Stimmen. Die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen wurden angesetzt, nachdem der ehemalige Präsident Islam Karimov am 2.9.2016 gestorben war. Mirziyoyev hatte seit Anfang September 2016 das Land bereits als Interimspräsident geführt (AA 4.2018a; vgl. GIZ 9.2018b).
Seit den Parlamentswahlen im Dezember 2004 hat das Land ein Zweikammer-Parlament, bestehend aus dem Unterhaus, Olij Maschlis (Oberste Versammlung) und dem Senat. Das Unterhaus umfasst 150 Abgeordnete, von denen laut Verfassung 135 Vertreter von der wahlberechtigten Bevölkerung gewählt und 15 von der Ökologischen Bewegung Usbekistans ernannt werden. Der Senat umfasst 100 Sitze, von denen 84 aus den Provinzen sowie der Republik Karakalpakstan und der Stadt Taschkent gewählt werden, während die restlichen 16 Senatoren vom Staatspräsidenten ernannt werden (AA 32018; vgl. AA 4.2018a).
Die letzten Parlamentswahlen fanden am 21.12.2014 (Stichwahl 5.12015) statt. Alle vier im Unterhaus vertretenen Parteien stehen der Regierung nahe, andere Parteien durften nicht antreten (AA 4.2018a; vgl. GIZ 9.2018b). Das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE/ODIHR) stellte in seinem abschließenden Wahlbeobachtungsbericht fest, dass es bei den Wahlen an Wettbewerbsfähigkeit mangelte und den Wählern keine echte Auswahl an politischen Alternativen angeboten wurden.
Wahlbeobachter führten schwerwiegende Unregelmäßigkeiten auf, welche mit den nationalen Rechtsvorschriften und den OSZE-Verpflichtungen unvereinbar sind, darunter stellvertretende Stimmabgaben und Wahlfälschung durch das Auffüllen der Wahlurnen mit Stimmzetteln (USDOS 20.4.2018).
Die aus der kommunistischen Partei hervorgegangene Xalq Demokratik Partiyasi (Demokratische Volkspartei) hat die Mehrheit der Parlamentssitze inne. Die anderen Parteien im Parlament sind Adolat (Gerechtigkeit), Milliy Tiklanish (Nationale Wiedergeburt), und Fidokorlar (Die sich Aufopfernden), welche alle regierungsnah sind. Im April 2000 fusionierte die Partei Vatan Taraqiyoti (Fortschritt des Vaterlandes) mit Fidokorlar. Die jüngste Neugründung ist die Liberaldemokratische Partei Usbekistans. Die Gründung regierungsnaher Parteien soll die Fassade eines Mehrparteiensystems aufrechterhalten (GIZ 9.2018b).
Mahallas (Nachbarschaftsgemeinden) haben Funktionen der lokalen Selbstverwaltung übernommen. In Usbekistan sind sie seit 1992 als gesetzliche Organe der lokalen Selbstverwaltung in den Staatsapparat eingegliedert. Die Mahalla-Kommissionen unterliegen staatlicher Kontrolle, ihre Sekretäre und Vorsitzenden werden vom Staat bezahlt und vom jeweiligen Provinzgouverneur (Hokim) ernannt (GIZ 9.2018b).
Quellen:
Auswärtiges Amt (3.2018): Usbekistan, Überblick, https://www. Auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbeikstan-node/usbekistan/206788, Zugriff 15.10.2018
Auswärtiges Amt (4.2018a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.
Auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbeikstan-node/usbekistan/206826, Zugriff 15.10.2018
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018a): Usbekistan, Überblick, https://www.liportal.de/usbeki$tan/ueberblick/, Zugriff 22.10.2018
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.neUde/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018
3. Sicherheitslage
Es ist in Usbekistan von einer latenten Gefährdung durch radikale Gruppen auszugehen, die in Teilen Zentralasiens operieren (GIZ 8.2018b). Radikaler politischer Islamismus scheint sich vor allem im Ferganatal zu konzentrieren (GIZ 9.2018c). Landesweit herrscht die Gefahr von Terroranschlägen durch islamistische Gruppen (BMEIA 13.11.2018). Die seit den neunziger Jahren aktive "Islamische Bewegung Usbekistans" (IBU) ist eine der aktivsten Extremisten-Gruppen in Zentralasien. Die IBU unterstützte lange die Taliban im Nachbarland Afghanistan und war auch in Pakistan aktiv. 2015 legte sie den Treueeid auf den Islamischen Staat (IS) ab (SD 8.4.2017).
Usbekistan und Kirgisistan haben sich 2017 darauf geeinigt, einen jahrzehntelangen Grenzstreit über Enklaven im Ferganatal lösen zu wollen, welcher in vorangegangenen Jahren zu Schusswechseln und anderen Formen der Gewalt geführt hat. Insbesondere in der 350 km2 großen Enklave Sokh, in der über 50.000 Usbeken leben, sind mehrfach Konflikte zwischen Grenzschutzbeamten und Einheimischen aufgeflammt. Dies führt oft zu Grenz- und Straßensperren durch kirgisische Beamte, was einen Gütermangel zur Folge hatte, der wiederum oft zu neuerlichen Aufständen und Gewalt führte. Neben dem usbekischen Sokh geht es auch um die kirgisische Enklave Barak und die usbekischen Enklaven Shohimardan, Jani-Ayil und Chon Qora/Qalacha (RFE/RL 14.12.2017). Im August 2018 haben sich beide Länder im Fall der Enklave Barak auf einen Gebietstausch gegen Ländereien im Gebiet um das usbekische Grenzdorf Birleshken geeinigt, welcher bis zu zwei Jahre dauern könnte (RFE/RL 15.8.2018).
Quellen:
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018c): Usbekistan, Gesellschaft, https://www.liportal.de/usbekistan/gesellschaft/, Zugriff 22.10.2018
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (8.2018b): Usbekistan, Alltag,
https:/(www.liportal.de/usbekistan/alltag/, Zugriff 22.10.2018
BMEIA Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (13.112018): Reiseinformation Usbekistan - Sicherheit & Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/ reise-aufenthalt/reiseinformation/land/ usbekistan/, Zugriff 13.11.2018
Novastan (9.4.2018): Usbekistans innere und äußere Bedohungen, https://www.novastan.org/de/usbekistan/innere-und-ausere-bedrohungen-usbekistans/, Zugriff 12.11.2018
RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (14.12.2017): Tug-Of-War:
Uzbekistan, Kyrgyzstan Look To Finally Settle Decades-Old Border Dispute,
https://www.rferl.org/a/uzbekistan-kyrgyzstan-resolving-decades-old-border-dispute/28918059.html, Zugriff 12.11.2018
RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (15.8.2018): Kyrgyzstan, Uzbekistan Agree To Work On Land Swap Near Border, https://www.rferl.org/a/kyrgyzstan-uzbekistan-agree-towork-on-land-swap-near-border/ 29435146. html, Zugriff 12.112018
SD - Süddeutsche Zeitung (8.4.2017): Islamische Bewegung Usbekistans rekrutiert in Deutschland,
https://www.sueddeutsche.de/politik/anschlag-in-stockholm-usbekistan-rueckt-ins-zentrum-des-terrors -3457183-2, Zugriff 12.112018
4. Rechtsschutz / Justizwesen
Obwohl die Verfassung eine unabhängige Justiz vorsieht, gibt es einige Fälle in denen die Justiz nicht mit völliger Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gearbeitet hat (USDOS 20.4.2018).
Alle Richter werden vom Präsidenten für eine verlängerbare Amtszeit von fünf Jahren ernannt. Die Absetzung von Richtern des Obersten Gerichtshofs muss vom Parlament bestätigt werden, welches im Allgemeinen den Wünschen des Präsidenten nachkommt (USDOS 20.4.2018). Die Rechtsanwaltskammer, eine Aufsichtsbehörde mit Pflichtmitgliedschaft, dient als Instrument der staatlichen Kontrolle über den Rechtsberuf (FH 12018).
Die Garantien für ein ordnungsgemäßes Verfahren sind nach wie vor äußerst schwach. Die Strafverfolgungsbehörden haben die Verhaftung von Personen, welche des religiösen Extremismus verdächtigt werden, routinemäßig gerechtfertigt, indem sie Konterbande platzierten, zweifelhafte Anklagen wegen finanzieller Verfehlungen erhoben oder Zeugenaussagen erfanden (FH 1.2018). Obwohl laut dem usbekischen Strafgesetzbuch die Unschuldsvermutung gilt, haben sich die Empfehlungen eines Staatsanwalts im Allgemeinen durchgesetzt. Beklagte haben das Recht, an Gerichtsverfahren teilzunehmen, Zeugen zu befragen und Beweise vorzulegen. Richter lehnten Anträge der Verteidigung jedoch ab, zusätzliche Zeugen vorzuladen oder Beweise, die den Beklagten unterstützen, in die Akte aufzunehmen. Angeklagte haben das Recht auf Vertretung durch einen Anwalt. Bei Bedarf wird ein Rechtsbeistand, und wenn nötig auch ein Dolmetscher, kostenlos zur Verfügung gestellt. Glaubwürdigen Berichten zufolge handelten staatlich bestellte Verteidiger jedoch routinemäßig im Interesse der Regierung und nicht ihrer Mandanten (USDOS 20.4.2018).
Die überwiegende Mehrheit der Strafverfahren endeten mit einem Schulspruch. Mitglieder der Justiz sollen Entscheidungen auf Wunsch der Exekutive, der Generalstaatsanwaltschaft oder anderer Strafverfolgungsbehörden, gefällt haben. Gerichte stützen ihre Urteile oft ausschließlich auf Geständnissen oder Zeugenaussagen, die durch Misshandlung, Bedrohung von Familienangehörigen oder anderer Formen von Gewaltanwendung gewonnen wurden. Verteidiger haben Richter gelegentlich aufgefordert Geständnisse abzulehnen und Folterbehauptungen zu untersuchen. Solche Forderungen wurden häufig aber als unbegründet abgelehnt. Foltervorwürfe wurden nicht richtig untersucht und in Gerichtsurteilen wird oft festgehalten, dass Foltervorwürfe dazu dienen würden, sich der strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen. Es gibt ein Recht auf Berufung, wobei diese selten zu einer Aufhebung der Verurteilung führt, in einigen Fällen jedoch zu einer Verringerung oder Aussetzung von Strafen (USDOS 20.4.2018).
Bürger können bei Zivilgerichten wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen durch Beamte, mit Ausnahme von Ermittlern, Staatsanwälten und Richtern, Klage erheben. Es wird berichtet, dass Bestechungsgelder für Richter Entscheidungen von Zivilgerichten beeinflussen (USDOS 20.4.2018).
Im Februar 2017 verabschiedete Usbekistan eine Handlungsstrategie für die Jahre 2017 bis 2021 die Reformen im Justizbereich vorsieht. Dazu gehören neben der Verbesserung der Verwaltungs-, Straf-, Zivil- und Handelsgerichtsbarkeit auch präventive Maßnahmen zur Bekämpfung von Kriminalität und eine verbesserte juristische Ausbildung (AA 4.2018a).
Usbekistan hat die Kompetenz zum Ausstellen von Haftbefehlen von der Staatsanwaltschaft auf die Gerichte übertragen ("Habeas-Corpus-Prinzip"). Die Umsetzung dieser Maßnahme ist aber nach wie vor nicht abgeschlossen (AA 4.2018a).
Quellen:
Auswärtiges Amt (4.2018a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826, Zugriff 15.10.2018
FH - Freedom House (12018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1442529.html. Zugriff 22.10.2018
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.htmI, Zugriff 15.102018
5. Sicherheitsbehörden
Die zivilen Behörden behielten im Allgemeinen eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte bei, jedoch sind die zivilen Strukturen von den Sicherheitsdiensten durchdrungen (USDOS 20.4.2018).
Usbekistan verfügt über drei Institutionen zur Bekämpfung krimineller Aktivitäten. Für Strafverfolgung, die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Untersuchung allgemeiner Verbrechen ist die dem Innenministerium unterstellte Polizei zuständig. Die Generalstaatsanwaltschaft untersucht Gewalttaten wie Mord, außerdem Korruption und Machtmissbrauch durch Beamte. Der Nationale Sicherheitsdienst (SNB), welches über seinen Vorsitzenden direkt dem Präsidenten unterstellt ist, befasst sich mit Fragen der nationalen Sicherheit und der Spionage, welche auch die Bereiche Terrorismus, Korruption, organisierte Kriminalität, Grenzkontrolle und Drogen umfassen (USDOS 20.4.2018).
Der Nationale Sicherheitsdienst (SNB) wird für die Verhaftung und Folterung von Hunderten von Bürgern sowie Aktivisten und religiösen Persönlichkeiten verantwortlich gemacht (IWPR 4.4.2018).
Es gibt mehrere Berichte, dass die Regierung oder deren Agenten, willkürliche oder rechtswidrige Tötungen - auch durch Folter - begangen haben. Straffreiheit ist ein allgegenwärtiges Problem. Offiziell wird das Innenministerium mit der Untersuchung und Disziplinierung von Beamten beauftragt, die wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt sind. Es gibt keine Fälle in denen es zur Bestrafung kam. Auch das dem Parlament angegliederte Büro des Bürgerbeauftragten für Menschenrechte hat - obwohl seine Entscheidungen nicht verbindlich sind - eine Befugnis zur Untersuchung von Fällen (USDOS 20.4.2018).
Ende März verabschiedete das usbekische Oberhaus das Gesetz "Über den Staatlichen Sicherheitsdienst" und formuliert damit erstmals seit der Unabhängigkeit des Landes einen rechtlichen Rahmen für die Arbeit des Sicherheitsdienstes. Nach dem neuen Gesetz gehört zu den Aufgaben des Sicherheitsdienstes der Schutz der Verfassung, der Souveränität und der territorialen Integrität vor äußeren wie inneren Gefahren. Er ist direkt Präsident Mirziyoyev rechenschaftspflichtig (Novastan 9.4.2018). Am 1.4.2018 hat Präsident Mirziyoyev per Dekret eine umfassende Reorganisation des Nationale Sicherheitsdienstes (SNB) eingeleitet, mit der die bisherige, umfassende Autorität des SNB, beendet wird. Einige Aufgabenbereiche, wie die Sicherung staatlicher Institutionen werden dem Innenministerium unterstellt, andere, wie der Bau und die Instandhaltung von Sicherheitseinrichtungen wurden dem Verteidigungsministerium übertragen. Der SNB wurde im Zuge dessen in Staatssicherheitsdienst (GSB) umbenannt (IWPR 4.4.2018).
Der OSZE-Projektkoordinator in Usbekistan unterstützt die usbekische Polizeiakademie bei ihrem Aus- und Weiterbildungsprogramm durch internationale Austauschbesuche und das Einbringen von internationalem Fachwissen in den Ausbildungsplan. Für Mitarbeiter der Abteilung für Menschenrechte und Rechtsschutz des Innenministeriums werden auch Kurse zur Menschenrechtslehre, den Rechten von Jugendlichen und zu Korruption organisiert (OSZE 2018).
Im Oktober 2018 fand in Taschkent eine vom OSZE-Projektkoordinator organisierte Schulung für Polizeibeamte statt. Der Fokus der Schulung lag auf der Einhaltung der nationalen und internationalen Menschenrechtsstandards im Polizeidienst, wie die Wahrung der Unschuldsvermutung, das Verbot von Folter und repressiven Praktiken und den Schutz von Würde und Achtung von Zeugen und Verdächtigen in allen Phasen des Ermittlungsprozesses (OSZE 6.11.2018). Im Mai 2018 fand der erste Teil einer Reihe von Kursen zur Erkennung und Untersuchung von Fällen von Menschenhandel statt. Die Schulung ist Teil eines langjährigen Engagements des OSZE-Projektkoordinators in Usbekistan zur Unterstützung des Landes bei der Bekämpfung des Menschenhandels (OSZE 21.5.2018).
Geschätzt 12.000 Nachbarschaftskomitees (Mahalla) dienen als Informationsquelle über potenzielle "Extremisten" Diese Ausschüsse bieten verschiedene soziale Unterstützungsfunktionen an, fungieren aber auch als Informanten in der lokalen Gesellschaft für die Regierung und Strafverfolgung. Mahallas in ländlichen Gebieten waren in der Regel einflussreicher als in Städten (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
IWPR - Institute for War and Peace Reporting (4.4.2018): Uzbek President Reigns In Security Service, https://www.ecoi.net/en/documenU1429539.html, Zugriff 29.102018
Novastan (9.4.2018): Usbekistans innere und äußere Bedohungen, https://www.novastan.org/
de/usbekistan/innere-und-ausere-bedrohungen-usbekistans/, Zugriff 12.11.2018
OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (2018): OSCE Project Coordinator in Uzbekistan - Policing, https://www.osce.org/uzbekistan/106127, Zugriff 13.112018 OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (21.5.2018): Specialized anti-trafficking training course for regional branches of police in Uzbekistan held in Urgench With OSCE support,
https://www.osce.org/project-coordinator-in-uzbekistan/382117, Zugriff 13.11.2018
OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (6.11.2018): Project Coordinator in Uzbekistan conducts training course for police investigators on protecting rights of alleged victims and accused persons during preliminary investigations, https://polis.osce.org/project-çoordinator-uzbekistan-conducts-training-course-policeinvestigators-protecting-rights, Zugriff 13.112018
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018
6. Folter und unmenschliche Behandlung
Während die Verfassung und Gesetze solche Praktiken verbieten, haben Polizei- und Sicherheitsbeamte regelmäßig Häftlinge geschlagen und misshandelt, um Geständnisse oder belastende Informationen zu erhalten (USDOS 20.4.2018; vgl. Al 22.2.2018; FH 12018). Quellen berichteten, dass Folter, grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in Gefängnissen, Untersuchungseinrichtungen und örtlichen Polizei- und Sicherheitsdienststellen für Personen üblich seien, die wegen religiöser oder extremistischer Anschuldigungen verhaftet oder festgehalten werden. Foltermethoden umfassen harte Schläge, die Verweigerung von Nahrung und Toilettenbenutzung, das Fesseln der Hände und eine Ausübung von psychologischem Druck, einschließlich von Drohungen gegen Familienangehörige (USDOS 20.4.2018).
Ein Polizeigesetz aus dem Jahr 2016 verbietet Folter, und ein Präsidialdekret vom November 2017 verbietet es Gerichten Beweise zu verwenden, die durch Folter gewonnen wurden (FH 12018).
Am 1.6.2018 endete in Taschkent die erste internationale Diskussionsrunde über die Einrichtung eines Nationalen Präventionsmechanismus (NPM) Usbekistans gegen Folter. Bei der vom OSZEProjektkoordinator in Usbekistan und vom Ombudsmann organisierten Veranstaltung nahmen hochrangige Regierungsvertreter, Parlamentarier, Vertreter nationaler Menschenrechtsinstitutionen, ein Mitglied des UN-Unterausschusses zur Verhütung von Folter sowie lokale und internationale Rechtsexperten teil und besprachen die Entwicklung eines Rechtsrahmens gemäß internationaler Normen (OSZE 1.6.2018).
Quellen:
Al - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Uzbekistan, https://www.amnesty.org/en/countries/europe-andcentral-asia/uzbekistan re o -uzbekistan, Zugriff 29.10.2018
FH - Freedom House (12018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/ en/document/1442529.html, Zugriff 22.102018
OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (1.6.2018): OSCE supports establishment of National Preventive Mechanism against Torture in Uzbekistan, https://www.osce.org/project-coordinator-in-uzbekistan/383226, Zugriff 13.112018
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018
7. Korruption
Korruption ist allgegenwärtig. Bestechung, wie auch Bestechung unter Beamten niedriger und mittlerer Ebene sind üblich und manchmal sogar transparent. Die mediale Diskussion über korrupte Praktiken hat sich seit Präsident Karimovs Tod vorsichtig ausgeweitet, aber in einigen Fällen sind die beteiligten Journalisten und Kommentatoren - nicht die korrupten Beamten - unter Druck geraten (FH 1.2018).
Im Dezember 2016 wurde im Parlament ein neues Gesetz zur Korruptionsbekämpfung verabschiedet, welches die strafrechtlichen Sanktionen für Korruption von Beamten verschärft. Trotz einiger Verhaftungen auf hohen Ebenen, darunter einige Richter, bleibt Korruption endemisch. Strafrechtliche Verfolgung von Beamten durch die Regierung ist weiterhin selten, selektiv, aber oft öffentlich. Beamte sind häufig ungestraft an korrupten Praktiken beteiligt (USDOS 20.4.2018). Es gab eine Reihe von Fällen, in denen untergeordnete Amtsträger verhaftet und als "Opferlämmer" wegen angeblicher Korruption verfolgt wurden. Diese Strafverfolgung ist jedoch weder systematisch und unparteiisch, noch spiegelt sie eine entschlossene Anti-Korruptionspolitik der usbekischen Regierung und der Strafverfolgungsbehörden wider (BTl 2018).
Auf dem weltweiten Korruptionsindex wird Usbekistan 2017 im Bezug auf Korruption im öffentlichen Sektor mit 22 von 100 möglichen Punkten bewertet und liegt damit auf Rang 157 von 180 indizierten Staaten, gleichauf mit den Staaten gleichauf mit Burundi, Haiti und Zimbabwe (Tl 21.2.2018).
Quellen:
BTI Bertelsmann Stiftung (201 8): Uzbekistan Country Report, https://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/UZB/, Zugriff 15.10.2018 FH - Freedom House (12018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/ en/document/1442529.html, Zugriff 22.102018
Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017,
https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017, Zugriff 15.10.2018
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices
2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.neUde/dokument/1430385.html, Zugriff 15.102018
8. NGOs und Menschenrechtsaktivisten
Nicht registrierte Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sind mit extremen Schwierigkeiten und Belästigungen konfrontiert (FH 1.2018). In Usbekistan sind mehrere Menschenrechtsgruppen aktiv. Die Regierung versucht, die Aktivitäten von NGOs zu kontrollieren. Die Rahmenbedingungen für eine unabhängige Zivilgesellschaft, insbesondere für Menschenrechtsverteidiger, sind weiterhin restriktiv. Die meisten lokalen NGOs sind gezwungen sich einer staatlich kontrollierten NGO-Vereinigung anzuschließen, die der Regierung eine weitreichende Aufsicht über deren Finanzierung und Aktivitäten erlaubt. Für Regelverstöße werden hohe Bußgelder verhängt. Auch für internationale NGOs, sind Sanktionen vorgesehen, wenn sie Aktivitäten setzen, welche die Regierung nicht im Vorfeld genehmigt hat (USDOS 20.4.2018).
Die Regierung hat zwei einheimische Menschenrechts-NGOs, Ezgulik und die unabhängige Menschenrechtsorganisation Usbekistans, offiziell anerkannt. Vertreter von Ezgulik berichten, dass ihre Arbeit durch Schikanen, Einschüchterungen und Androhungen von Gerichtsverfahren gegen Mitarbeiter weiterhin behindert wird. Andere Menschenrechtsorganisationen, wie Human Rights Alliance, Najot, das Humanitarian Legal Center, die Human Rights Society of Usbekistan, die Expert Working Group und Mazlum (Unterdrückte), konnten sich nicht registrieren, sind aber nach wie vor aktiv. Aktivisten berichten von anhaltender staatlicher Kontrolle und Belästigung. Es gibt Berichte, dass die Polizei und andere Sicherheitskräfte ohne Haftbefehle in die Häuser von Menschenrechtsaktivisten und Mitgliedern religiöser Gruppen eingedrungen sind (USDOS 20.4.2018).1999 wurde in Usbekistan ein Gesetz zur Arbeit von NGOs verabschiedet. Von den etwa 500 (Stand 2004) registrierten Organisationen im Land, sind etwa zehn Prozent tatsächlich aktiv. Sie sind in hohem Maße von ausländischer Finanzierung abhängig (GIZ 9.2018b). Nach der gewaltsamen Niederschlagung einer Erhebung der Bevölkerung von Andischan im Ferganatal am 12./13.5.2005, bei der je nach Angaben 169 oder 500 bis 1000 Menschen ums Leben kamen, setzte eine Welle von "freiwilligen" Schließungen von NGOs ein. Zahlreiche ausländische NGOs mussten das Land verlassen. Nun kehren erste ausländische Organisationen zurück (GIZ 9.2018b). Erstmals seit sieben Jahren durfte im September 2017 eine offizielle Delegation von Human Rights Watch ihre erste Feldarbeitsbewertung in Usbekistan durchführen. Eine Reihe von internationalen Menschenrechtsbeauftragten, darunter der VIN-Hochkommissar für Menschenrechte, durften ebenfalls das Land und die im Lauf des Jahres freigelassenen politischen Gefangenen besuchen (FH 1.2018).
Der Grad, in dem NGOs in der Lage sind, zu arbeiten, ist je nach Region unterschiedlich und abhängig von der Toleranz lokaler Beamter gegenüber den Aktivitäten der NGOs (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/ en/document/1442529.html, Zugriff 22.102018
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018b): Usbekistan, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/usbekistan/geschichte-staat/, Zugriff 22.10.2018
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, tt • www4 Zugriff 15.10.2018
9. Wehrdienst und Rekrutierungen
In Usbekistan herrscht Wehrpflicht für Männer ab dem 18. Lebensjahr (CIA 26.9.2018). Die Dienstzeit beträgt zwölf Monate (Brockhaus 13.11.2018).
Usbekistan befindet sich im Übergang zu einem Berufsheer, die Wehrpflicht soll aber in irgendeiner Form beibehalten werden. Da das Militär nicht jeden aufnehmen kann, herrscht bei der Aufnahme ein Wettbewerb ähnlich dem für die Zulassung zu Universitäten (CIA 26.9.2018).
Quellen:
Brockhaus Brockhaus Enzyklopädie Online (13.1 1.2018): Usbekistan, https://brockhaus.at/ecs/permalink/ 7B601147543D1660B185A39F56101 BEA. pdf, Zugriff 13.1 1 .2018
CIA - Central Intelligence Agency (26.9.2018): The World Factbook, Central Asia: Uzbekistan,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/uz.html, Zugriff 15.102018
10. Allgemeine Menschenrechtslage
Usbekistan hat wichtige Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen ratifiziert, darunter den Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte und das Übereinkommen gegen Folter. Dem stehen aber in der Praxis Menschenrechtsverletzungen gegenüber. Es wird weiterhin von Verhaftungen unter dem Vorwurf des Terrorismus oder der Mitgliedschaft in islamistischen Organisationen bzw. Unterstützung islamischer Fundamentalisten berichtet (AA 4.2018a).
Zu den gravierendsten Menschenrechtsfragen in Usbekistan gehörten Folter und Misshandlung von Gefangenen durch Sicherheitskräfte, willkürliche Verhaftung, Isolationshaft, ausgeweitete Haft und manchmal lebensbedrohliche Haftbedingungen, Einschränkungen der Meinungs-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Religionsfreiheit sowie der Zivilgesellschaft, die Unmöglichkeit, die Regierung in freien, fairen und regelmäßigen Wahlen zu wählen, endemische Korruption, Menschenhandel, einschließlich staatlich veranlasster Zwangsarbeit, und die Inhaftierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen/Transgender und Intersexuellen (LGBTIPersonen) auf der Grundlage von Gesetzen, welche gleichgeschlechtliches Sexualverhalten kriminalisieren. Es gab keine Berichte über politisch motiviertes langfristiges Verschwinden von Personen durch oder im Auftrag von Regierungsbehörden. In ihrem Jahresbericht von 2017 stellt die in Genf ansässige Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zu erzwungenem oder unfreiwilligem Verschwinden fest, dass es sieben Fälle aus den Vorjahren gibt. Nach Angaben der Arbeitsgruppe hat die Regierung nicht auf Anfragen der Gruppe, das Land besuchen zu dürfen reagiert (USDOS 20.4.2018).
Präsident Mirziyoyev hat einige Schritte unternommen, um Usbekistans "katastrophale" Menschenrechtsbilanz zu verbessern, wie z.B. die Freilassung einiger politischer Gefangener, die Lockerung bestimmter Einschränkungen der Meinungsfreiheit, die Streichung von Bürgern von der berüchtigten "schwarzen Liste" der Sicherheitsdienste und eine stärkere Rechenschaftspflicht staatlicher Institutionen gegenüber der Bürger (HRW 18.12018; vgl. Al 22.2.2018).
Die Regierung arbeitet mit Vertretern der Vereinten Nationen (VN) sowie mit Sonderorganisationen wie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und weiteren internationalen Organisationen, welche die Menschenrechte überwachen, zusammen und erlaubt Besuche (USDOS 20.4.2018).
Das nationale Zentrum für Menschenrechte (National Human Rights Center - NHRC), eine Regierungsbehörde, ist für die Aufklärung von Öffentlichkeit und Beamtenschaft über die Grundsätze von Menschenrechten und Demokratie zuständig und soll sicherstellen, dass die Regierung ihren internationalen Verpflichtungen zur Bereitstellung von Menschenrechtsinformationen nachkommt. Das NHRC arbeitete mit der OSZE bei der Entwicklung eines nationalen Aktionsplans für Menschenrechte zusammen. (USDOS 20.4.2018).
Im Mai 2017 besuchte Zeid Ra'ad Al Hussein, Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, die Republik Usbekistan. Dies war der erste Besuch eines Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, seit dessen Etablierung im Jahr 1993. Erstmals nach sieben Jahren war es auch der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch Anfang September 2017 möglich die Republik Usbekistan zu besuchen. 2017 und auch bereits 2018 wurde eine Reihe langjähriger politischer Gefangener freigelassen. Eine zunehmende Anzahl von Strafurteilen wurde in den vergangenen Monaten überprüft und aufgehoben (AA 4.2018a).
Quellen:
Auswärtiges Amt (4.2018a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826, Zugriff 15.10.2018
Al - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Uzbekistan, https://www.amnesty.org/en/countries/europe-andcentral-asia/uzbekistan/report-uzbekistan/, Zugriff 29.102018
Human Rights Watch (18.12018): World report 2018 Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1422503.html, Zugriff 25.10.2018
USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.neUde/dokumenU1430385.html, Zugriff 15.102018
10.01 Menschenhandel
Die Regierung Usbekistans erfüllt die Mindeststandards für die Bekämpfung des Menschenhandels nicht vollständig, unternimmt diesbezüglich jedoch erhebliche Anstrengungen und hat 2017 wichtige Erfolge erzielt (USDOS 28.6.2018). Usbekistan ist Herkunfts- und Zielland für Männer, Frauen und Kinder, welche Zwangsarbeit ausgesetzt sind. Frauen und Kinder sind darüber hinaus Opfer von Sexhandel. Die systemische Mobilisierung von Kinderarbeit wurde zwar beseitigt, es gibt jedoch noch anekdotische Berichte über den Einsatz von Kinderarbeit. Die von der Regierung veranlasste Zwangsarbeit von Erwachsenen, einschließlich Mitarbeitern von Schulen und medizinischen Einrichtungen, während der Baumwollernte im Herbst sowie beim Pflanzen und Jäten im Frühjahr, wie auch in anderen Sektoren, bleibt bestehen. 2017 waren von schätzungsweise 2,6 Millionen Beschäftigten Pflückern 336.000 Zwangsarbeiter (USDOS 28.6.2018; vgl. HRW 18.1.2018).
Artikel 135 des Strafgesetzbuches straft den Arbeits- und Sexhandel und verordnet Freiheitsstrafen in der Höhe von drei bis fünf Jahren. Im vierten Jahr in Folge gingen die Ermittlungen, Strafverfolgungsmaßnahmen und Verurteilungen zurück. Die Regierung führte 609 Ermittlungen durch. Darunter waren 204 Fälle von sexueller Ausbeutung und 32 Fälle von Arbeitsausbeutung enthalten. Es wurden 314 Fälle wegen Verbrechen im Zusammenhang mit Menschenhandel abgestraft. Das Innenministerium (MOI) unterhält eine Ermittlungseinheit, die sich mit dem Thema Menschenhandel befasst. Regierungsbeamte, Polizei, Richter und Mitglieder anderer Behörden nahmen an internen Schulungen und in Zusammenarbeit mit NGOs internationalen Organisationen und ausländischen Regierungen - an Seminaren und Konferenzen zum Thema Menschenhandel teil (USDOS 28.6.2018).
Es existiert in Taschkent ein von der Regierung finanziertes Rehabilitationszentrum für Männer, Frauen und Kinder mit offiziellem Opferstatus. Dieses Zentrum bietet Unterkunft, medizinische, psychologische und rechtliche Unterstützung, sowie Hilfe bei der Arbeitsvermittlung an. 2016 wurde dort 460 Opfer unterstützt. Für das Jahr 2017 gibt es keine endgültigen Daten. Die Regierung stellt lokalen NGOs auch Mittel zur Verfügung, um Berufsausbildungen durchzuführen und Gesundheitsdienste für die Opfer zu erbringen, gewährt Steuer- vergünstigungen und die Nutzung von staatlichem Land (USDOS 28.6.2018)
Die usbekische NGO "Istiqbolli Avlod" unterstützt in Zusammenarbeit mit United States Agency for International Development (USAID), der Behörde der Vereinigten Staaten für internationale Entwicklung, Opfer von Menschenhandel bei der Reintegration (U.S. Embassy 19.12.2017). Auch IOM Usbekistan arbeitet mit der NGO "Istiqbolli Avlod" an der Umsetzung des von USAID finanzierten Programms zur Bekämpfung des Menschenhandels in Zentralasien (IOM 2.2016)
Das Programm bietet Opfern von Menschenhandel direkte Hilfe und schafft einen wirksamen Rahmen für die Unterstützung von Opfer von Menschenhandel durch ein Netzwerk von kooperativen Nichtregierungsorganisationen, wie auch internationalen und staatlichen Stellen (IOM 2.2016). Das Hilfsangebot umfasst psychologische Hilfe, medizinische Unterstützung, Rechtshilfe und Berufsausbildung für Überlebende und Frauen, welche vom Menschenhandel gefährdet sind (U.S. Embassy 19.12.2017). Weiters existiert eine Hotline für hilfsbedürftige Menschen (U.S. Embassy 19.12.2017; vgl. IOM 2.21916). Im Jahr 2015 eröffnete Istiqbolli Avlod ein Trainingszentrum für sozial schwache Frauen, welche Kurse im Bereich Kochen, Computerkenntnisse, Nähen und Kosmetik anbietet, um das Risiko der Exposition von Frauen gegenüber dem Menschenhandel zu verringern. Auch gibt es ein Schulungsangebot für Strafverfolgungsbehörden zur Identifizierung von Oper von Menschenhandel (U.S.Embassy 19.12.2017).
Quellen:
HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World report 2018 - Uzbekistan, https://www.ecci.net/en/document/ 1433503.htlm, Zugriff
25.102.18
IOM - International Organization for Migration (2.2016): Uzbekistan, https:://www.iom.int/countries/uzbekistan, Zugriff 15.11.2018
U.S. Embassy - U.S. Embassy in Uzbekistan (19.12.2017): USAID's Reintegration for Trafficking Survivors Project Successsfully Closes Out with a Conference on Human Trafficking in Tashkent, https://uz.usembassy.gov/usaids-reintegration-trafficking-survivors-profject-successfully-closses-concerence-human-trafficking-tashkent/, Zugriff 15.11.2018
USDOS - US Department of State (28.6.2018(: Trafficking in Persons Reprot 2018 - Country Narratives-Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/doikment/1437440-htlm, Zugriff 15.11.2018
11. Meinungs- und Pressefreiheit
Die Verfassung garantiert Meinungs- und Pressefreiheit, aber die Regierung respektiert diese Rechte nicht und schränkt sie ein (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018). Der Staat kontrolliert die wichtigsten Medien und die dazugehörigen Einrichtungen (FH 12018). Unabhängige Medien können aufgrund breiter staatlicher Kontrolle nicht frei arbeiten (USDOS 20.4.2018). Ein im Dezember 1997 verabschiedetes Mediengesetz regelt die Befugnisse und Pflichten von Journalisten. Obwohl die staatliche Zensur im Mai 2002 formal abgeschafft wurde, werden unabhängige Journalisten weiterhin schikaniert. Selbstzensur ist verbreitet (GIZ 9.2018b). In staatlichen Medien sind eigene Beamte für die Zensur zuständig (USDOS 20.4.2018). Print- und Rundfunkjournalisten sind bei ihrer Tätigkeit durch Polizei und Sicherheitsdienste Verhaftungen, Belästigungen wie auch Einschüchterungen und Einschränkungen ausgesetzt. Ausländische und inländische Medienunternehmen, sowie Websites müssen sich inklusive der Angaben von Namen ihrer Gründer, Chefredakteure und Mitarbeiter nach dem Mediengesetz behördlich registrieren (USDOS 20.4.2018). Mehrere ausländische Reporter erhielten 2017 Presseausweise und die British Broadcasting Corporation (BBC) kündigte Pläne an, einen Korrespondenten in Taschkent zu stationieren. Doch ist die Präsenz unabhängiger internationaler Niederlassungen sehr begrenzt. Einheimische Medien, einschließlich Nachrichten-Websites und neue Live-Fernsehprogramme, begannen 2017 vorsichtig über soziale Probleme zu diskutieren und lokale Beamte zu kritisieren, obwohl sie es weiterhin vermieden haben, die Regierung offen zu kritisieren (FH 1.2018).
Die Kritikmöglichkeit am Präsidenten und an der Regierung ist eingeschränkt. Die Straf- und Verwaltungsgesetze verhängen erhebliche Bußgelder wegen Verleumdung, Beleidigung und Diffamierung um Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und andere Personen, welche die Kritik an der Regierung übten zu bestrafen. Die öffentliche Beleidigung des Präsidenten gilt als Verbrechen, welches mit einer Strafdrohung von bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden kann (USDOS 20.4.2018).