TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/21 W270 2181163-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.10.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

21.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W270 2181163-1/38E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Günther GRASSL über die Beschwerde des XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX , StA. AFGHANISTAN, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.11.2017, Zl. XXXX , betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und FPG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (in Folge: "Beschwerdeführer") stellte am 02.06.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am selben Tag gab er bei seiner Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes befragt zu seinen Fluchtgründen an, dass in seiner Heimat Krieg herrsche und seine Heimatstadt die Hochburg der Taliban sei. Diese hätten auch seine Verwandten ermordet und hätten auch den Beschwerdeführer töten wollen. Er habe jedoch rechtzeitig fliehen können. Ansonsten hätte er von den Taliban den Auftrag erhalten, sich als Selbstmordattentäter selbst zu töten. Dies habe er verweigert. Seine Mutter sei von den Taliban geschlagen worden, bis sie schließlich an einem Herzinfarkt gestorben sei.

3. Bei seiner ersten Einvernahme vor der belangten Behörde am 22.07.2019 gab der Beschwerdeführer betreffend die Zuständigkeit des Staates Ungarn für sein Asylverfahren an, dass es ihm in Ungarn schlecht gegangen sei. Er habe in einem Zelt wohnen müssen und kein Essen gehabt. Dazu sei er geschlagen worden.

4. Am 26.08.2016 wurde ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers erstattet. In diesem wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer an einer Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Reaktion einer leichtgradigen, vermutlich angeborenen Intelligenzminderung leide. Der Beschwerdeführer sei jedoch zeitlich, örtlich und situativ derart orientiert, dass er in der Lage sei, schlüssige und widerspruchsfreie Angaben zu tätigen. Von einer dauerhaften Behandlungsbedürftigkeit des Krankheitsbildes sei nicht auszugehen.

5. Bei seiner zweiten Einvernahme vor der belangten Behörde am 02.09.2016 wurde dem Beschwerdeführer das neurologisch-psychiatrische Gutachten zur Kenntnis gebracht. Beantragt wurde der Selbsteintritt Österreich in das Asylverfahren des Beschwerdeführers.

6. Die belangte Behörde wies den gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 mit Bescheid vom 03.10.2016 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Ungarn gemäß Art. 13 Abs. 1 (Anmerkung: richtigerweise Art. 18 Abs. 1 lit. b) der Dublin III-VO für die Prüfung des Antrags des Beschwerdeführers zuständig ist (Spruchpunkt I.). Die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers wurde gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Ungarn zulässig ist (Spruchpunkt II.).

7. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde vom 17.10.2016 monierte der Beschwerdeführer die Verletzung von Verfahrensvorschriften, Feststellungsmängel insbesondere betreffend die dem Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen, eine mangelhafte Beweiswürdigung sowie eine unrichtige rechtliche Beurteilung.

8. Mit Erkenntnis vom 02.02.2017 sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zugelassen wird und behob den bekämpften Bescheid der belangten Behörde, weil, obwohl die Zuständigkeit Ungarns zur Führung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers unzweifelhaft vorlag, die Überstellung des Beschwerdeführers nicht innerhalb der in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO festgelegten Frist von sechs Monaten erfolgte.

9. Bei seiner dritten Einvernahme vor der belangten Behörde am 15.11.2017 gab der Beschwerdeführer zu den Gründen für seine Asylantragstellung befragt im Wesentlichen an, dass eines nachts die Taliban zu seinem Haus gekommen seien. Sie hätten die Frauen und Männer getrennt und auch die Jungen von diesen separiert. Die Bewohner des gesamten Dorfes seien so getrennt worden. Die Taliban hätten dann die Waffen auf die Frauen gerichtet und gedroht diese zu töten, wenn sie sich nicht den Taliban anschließen würden. Im Anschluss hätten die Taliban den Jungen die Augen verbunden und diese in ein Auto gebracht. Sie seien zu einem Gebäude ähnlich einer Moschee gebracht worden. Auch andere junge Männer seien dort gewesen. Nach jedem Gebet seien sie von den Taliban über Religion insbesondere auch über das Paradies unterrichtet worden. Auch seien sie von den Taliban grundlos geschlagen worden. Die Taliban hätten auch manchmal gefeiert und gesagt, dass die Jungen ins Paradies kommen würden. Der Beschwerdeführer sei vom Kommandanten der Taliban auch gelobt worden, weil er Englisch spräche und sie hätten ihm gesagt, dass er irgendwann ein großer, mächtiger Taliban werde. Zweimal wöchentlich seien die jungen Männer im Umgang mit Waffen unterwiesen worden. Nachts hätten die Taliban immer wieder Tee gekocht, den die Jungen trinken hätten müssen. Am nächsten Tag seien sie aufgewacht und hätten bemerkt, dass sie keine Hosen mehr tragen würden und einer der Taliban sei neben ihnen gelegen. Eines nachts sei das Militär gekommen und der Beschwerdeführer sei von einem Soldaten festgenommen worden. Er sei zu einer Polizeistation gebracht worden, weil die Soldaten in ihm ein Mitglied der Taliban gesehen hätten. Drei Nächte habe er auf der Polizeistation verbringen müssen und sei dabei auch geschlagen worden. Ein Soldat habe ihn dann abgeholt und gesagt, dass der Beschwerdeführer seine Mutter begraben müsse, weil diese von den Taliban ermordet worden sei. Während des Begräbnisses hätten wiederum Kämpfe zwischen dem Militär und den Taliban stattgefunden und alle seien weggelaufen, so auch der Beschwerdeführer. Er sei zu einem Freund seines Vaters gegangen. Dieser habe ihn nach Kandahar gebracht und Geld gegeben und der Beschwerdeführer sei aus Afghanistan ausgereist.

10. Die belangte Behörde wies den gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m.

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) mit Bescheid vom 17.11.2017 ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 i.V.m. § 9 BFA-VG, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist und dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt III. bis VI.).

Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer eine asylrelevante Verfolgung bezogen auf seinen Heimatstaat Afghanistan nicht glaubhaft machen konnte. Da der Beschwerdeführer jung, gesund und arbeitsfähig sei, sei ihm eine Rückkehr nach Kabul auch zumutbar.

11. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde insbesondere ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren, mangelhafte Länderberichte, mangelhafte Feststellungen und eine mangelhafte Beweiswürdigung sowie eine unrichtige rechtliche Beurteilung gerügt. Darüber hinaus wurden weitere Beweismittel zur Lage in Afghanistan sowie zu den Risikoprofilen des Beschwerdeführers vorgelegt.

12. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 15.05.2018 (rechtskräftig am 15.05.2018), GZ 6 Hv 43/18z wurde der Beschwerdeführer nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall, 27 Abs. 2 SMG, §§ 27 Abs. 2a zweiter Fall, 27 Abs. 3 dritter Fall SMG und nach § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall SMG unter Bedachtnahme auf § 28 StGB und § 19 JGG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, wobei ein Teil der Strafe in der Dauer von sechs Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

13. Mit Bescheid vom 29.11.2018 sprach die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 Z. 1 AsylG 2005 das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 15.05.2018 verloren hat.

14. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 19.06.2018 (rechtskräftig am 14.11.2018), GZ 19 Hv 33/18z wurde der Beschwerdeführer nach §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB und §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 Abs. 1 StGB und §§ 31, 40 StGB zu einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verurteilt, wobei gemäß § 43 Abs. 1 StGB der Vollzug der Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

15. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 10.01.2019 (rechtskräftig am 10.01.2019 GZ 191 Hv 43/18k wurde der Beschwerdeführer nach §27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall SMG und nach §§ 27 Abs. 2a zweiter Fall und 27 Abs. 3 dritter Fall SMG unter Bedachtnahme auf § 28 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt und die Probezeit gemäß § 494a Abs. 6 StPO auf fünf Jahre verlängert.

16. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.05.2019 wurde das Asylverfahren des Beschwerdeführers gemäß § 24 AsylG 2005 eingestellt, weil der aktuelle Aufenthaltsort des Beschwerdeführers weder bekannt gegeben wurde, noch durch das erkennende Gericht leicht feststellbar war, der Beschwerdeführer sich dem Verfahren sohin entzogen hatte und für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes die persönliche Mitwirkung des Beschwerdeführers erforderlich gewesen wäre.

17. Am 17.06.2019 stellte die belangte Behörde den Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens und führte aus, dass sich der Beschwerdeführer derzeit in Schubhaft befinde.

18. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.06.2019 wurde das Asylverfahren des Beschwerdeführers fortgesetzt.

19. Gemeinsam mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurden dem Beschwerdeführer das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation sowie weitere länderkundliche und sonstige Informationen im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht.

20. Am 10.09.2019 fand am Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, in deren Rahmen der Beschwerdeführer nochmals zu den geltend gemachten Fluchtgründen, einer möglichen Rückkehr in seinen Herkunftsstaat sowie seinem Leben in Österreich einvernommen wurde. Von Seiten des erkennenden Gerichtes wurden weitere länderkundliche und sonstige Informationen in das Verfahren eingeführt und dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.

21. Mit Stellungnahme vom 19.09.2019 wies der Beschwerdeführer nochmals auf seine im Herkunftsstaat bestehenden Risikoprofile hin.

II. Feststellungen:

1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1. Identität, Herkunft und Sprachkenntnisse:

1.1.1. Der Beschwerdeführer trägt den Namen " XXXX " und ist Staatsbürger der Islamischen Republik Afghanistan. Er wurde am XXXX in der Provinz Helmand, im Distrikt XXXX im Stadtteil XXXX geboren und ist dort auch aufgewachsen.

1.1.2. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Paschtu. Neben dieser hat er noch Kenntnisse der Sprachen Deutsch, Englisch und Farsi.

1.2. Volksgruppe und Religion:

Der Beschwerdeführer gehört der afghanischen Volksgruppe der Paschtunen an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam.

1.3. Familiäre Situation und wirtschaftliche Lage:

1.3.1. Die Eltern des Beschwerdeführers sind bereits verstorben.

1.3.2. Eine Schwester sowie entfernte Verwandte der Mutter des Beschwerdeführers leben noch in Afghanistan, in Lashkargah. Der Beschwerdeführer hat jedoch keinen Kontakt zu diesen.

1.3.3. Auch zu dem Freund seines Vaters, welcher die Ausreise des Beschwerdeführers aus Afghanistan organisierte und finanzierte, hat der Beschwerdeführer seit seiner Ausreise keinen Kontakt mehr.

1.4. Ausbildung und Berufserfahrung:

1.4.1. Der Beschwerdeführer verfügt über eine mindestens siebenjährige schulische Bildung in Afghanistan.

1.4.2. Der Beschwerdeführer verfügt über Berufserfahrung in der Landwirtschaft.

1.5. Gesundheitszustand:

1.5.1. Der Beschwerdeführer leidet an Schlafstörungen und Stress, gegen welche er von ihm nicht näher bezeichnete Tabletten einnimmt.

1.5.2. Ansonsten ist der Beschwerdeführer gesund und leidet weder an schweren physischen noch psychischen Erkrankungen oder Gebrechen.

1.6. Ausreise aus Afghanistan bzw. dem Iran und Antragstellung in Österreich:

Der Beschwerdeführer reiste ungefähr im Jänner 2016 aus Afghanistan aus und stellte schließlich am 02.06.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Zum individuellen Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

2.1. Der Beschwerdeführer wurde weder von den Taliban noch von sonstigen Personen bedroht oder sonstige Handlungen oder Maßnahmen gegen diesen gesetzt wurden. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von den Taliban zu Rekrutierungszwecken entführt wurde und drei Jahre in einem Ausbildungslager der Taliban verbrachte.

2.2. Nicht festzustellen ist, dass der Beschwerdeführer von der afghanischen Regierung bzw. deren Sicherheitskräften für ein Mitglied der Taliban gehalten worden ist und deswegen drei Tage in Haft verbrachte.

2.3. Der Beschwerdeführer hatte in seinem Herkunftsstaat weder Probleme mit den Behörden noch wurde er wegen seiner Nationalität, seinem Geschlecht, seiner sexuellen Orientierung oder seinem Bekenntnis zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam, seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Paschtunen oder wegen einer Zugehörigkeit zu einer anderen gesellschaftlichen Gruppe bedroht oder wurde sonst eine Handlung oder Maßnahme aus diesen Gründen gegen ihn gesetzt.

3. Zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

3.1. Der Beschwerdeführer befindet sich derzeit in Schubhaft im XXXX

.

3.2. In Österreich leben weder Verwandte noch sonstige nahe Angehörige des Beschwerdeführers. Er selbst ist ledig.

3.3. Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2016 die Musikmittelschule XXXX besucht. Der Beschwerdeführer ist in der Lage auf dem Deutschsprachniveau A2 nach dem gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen zu kommunizieren.

3.4. Der Beschwerdeführer ist weder Mitglied eines Vereins noch betätigt er sich in einem solchen.

3.5. In seiner Freizeit spielte der Beschwerdeführer Fußball.

3.6. Seine österreichischen Kontaktpersonen sind " XXXX " und " XXXX

".

3.7. Sein soziales Umfeld beschreibt den Beschwerdeführer als bemüht und freundlich.

3.8. Der Beschwerdeführer ist in Österreich weder erwerbstätig noch selbsterhaltungsfähig.

3.9. Folgende strafgerichtliche Verurteilungen gegen den Beschwerdeführer liegen vor:

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 15.05.2018 (rechtskräftig am 15.05.2018), GZ XXXX wurde der Beschwerdeführer nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall, 27 Abs. 2 SMG, §§ 27 Abs. 2a zweiter Fall, 27 Abs. 3 dritter Fall SMG und nach § 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall SMG unter Bedachtnahme auf § 28 StGB und § 19 JGG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, wobei ein Teil der Strafe in der Dauer von sechs Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 19.06.2018 (rechtskräftig am 14.11.2018), GZ XXXX wurde der Beschwerdeführer nach §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB und §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 Abs. 1 StGB und §§ 31, 40 StGB zu einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verurteilt, wobei gemäß § 43 Abs. 1 StGB der Vollzug der Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 10.01.2019 (rechtskräftig am 10.01.2019 GZ XXXX wurde der Beschwerdeführer nach §27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall SMG und nach §§ 27 Abs. 2a zweiter Fall und 27 Abs. 3 dritter Fall SMG unter Bedachtnahme auf § 28 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt und die Probezeit gemäß § 494a Abs. 6 StPO auf fünf Jahre verlängert.

4. Zur persönliche Situation des Beschwerdeführers bei Rückkehr nach

Afghanistan:

Für den Beschwerdeführer besteht die Möglichkeit, staatliche

Rückkehrhilfe zu beziehen:

Von 1. Jänner 2017 bis 31. Dezember 2019 implementiert die Internationale Organisation für Migration (IOM), Landesbüro für Österreich, das Projekt "RESTART II - Reintegrations-unterstützung für Freiwillige Rückkehrer/innen nach Afghanistan und Iran". Das Projekt wird durch den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der Europäischen Union und das Österreichische Bundesministerium für Inneres kofinanziert.

Im Rahmen des Projekts können Drittstaatsangehörige bei ihrer freiwilligen Rückkehr in die Islamische Republiken Afghanistan und Iran sowie bei ihrer nachhaltigen Reintegration im jeweiligen Herkunftsland unterstützt werden.

Das Projekt sieht die Teilnahme von 490 Personen vor. Pro Haushalt kann nur eine Person teilnehmen.

Die Maßnahmen, die die Rückkehrer/innen bei ihren Reintegrationsbemühungen unterstützen, werden gemeinsam mit den Teilnehmer/innen erarbeitet und sind auf deren individuelle Bedürfnisse und Fähigkeiten abgestimmt.

IOM setzt im Rahmen des Projekts folgende Maßnahmen um:

Rückkehrunterstützung

* Informationsgespräche vor der Abreise in Österreich;

* Möglichkeit der Erhebung der familiären Situation im Rückkehrland im Falle der Rückkehr von unbegleiteten Minderjährigen;

* Logistische Organisation der Reise (inklusive Kauf des Flugtickets);

* Unterstützung bei der Abreise am Flughafen Wien Schwechat;

* Empfang und Unterstützung bei der Ankunft sowie Organisation der Weiterreise zum endgültigen Zielort in Afghanistan und der Islamischen Republik Iran;

* Temporäre Unterkunft nach der Ankunft im Rückkehrland.

Reintegrationsunterstützung

* Beratung der Projektteilnehmer/innen nach der Rückkehr bezüglich ihrer Möglichkeiten unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten, ihres Ausbildungs- und beruflichen Hintergrunds und ihrer persönlichen Lebenssituation;

* Finanzielle Unterstützung in Form von Bargeld: EUR 500,- für jede/n Projektteilnehmer/in, um die dringendsten Bedürfnisse direkt nach der freiwilligen Rückkehr in das Herkunftsland abzudecken;

* Unterstützung in Form von Sachleistungen wie

* Unterstützung bei Gründung von oder Beteiligung an einem Unternehmen (z.B. Kauf von Ausstattung, Waren);

* Aus- und Weiterbildung;

* Unterkunft;

* Unterstützung für Kinder;

* Medizinische Unterstützung

* Leitfaden zur Unternehmensgründung und Weitervermittlung zu kostenlosen Business Trainings.

5. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

5.1. Zur allgemeinen Lage in Afghanistan:

5.1.1. Sicherheitslage:

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil.

Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren.

Die Provinz Kabul verzeichnete die höchste Zahl ziviler Opfer - speziell in der Hauptstadt Kabul: von den 1.612 registrierten zivilen Opfer (440 Tote und 1.172 Verletzte). Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von IEDs und gezielte Tötungen.

Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielten Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht. Östliche Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen. Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden.

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF; diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu.

(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018 letzte Kurzinformation eingefügt am 04.06.2019 [in Folge: "LIB"], Abschnitt 3. "Sicherheitslage")

5.1.2. Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Allgemeines

Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden:

das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus.

Im August 2017 wurde berichtet, dass regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen - insbesondere die Taliban - ihre Aktivitäten landesweit verstärkt haben, trotz des Drucks der afghanischen Sicherheitskräfte und der internationalen Gemeinschaft, ihren Aktivitäten ein Ende zu setzen. Auch sind die Kämpfe mit den Taliban eskaliert, da sich der Aufstand vom Süden in den sonst friedlichen Norden des Landes verlagert hat, wo die Taliban auch Jugendliche rekrutieren. Ab dem Jahr 2008 expandierten die Taliban im Norden des Landes. Diese neue Phase ihrer Kampfgeschichte war die Folge des Regierungsaufbaus und Konsolidierungsprozess in den südlichen Regionen des Landes. Darüber hinaus haben die Taliban hauptsächlich in Faryab und Sar-i-Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht-paschtunische Kämpfer geöffnet.

Teil der neuen Strategie der Regierung und der internationalen Kräfte im Kampf gegen die Taliban ist es, die Luftangriffe der afghanischen und internationalen Kräfte in jenen Gegenden zu verstärken, die am stärksten von Vorfällen betroffen sind. Dazu gehören u.a. die östlichen und südlichen Regionen, in denen ein Großteil der Vorfälle registriert wurde. Eine weitere Strategie der Behörden, um gegen Taliban und das Haqqani-Netzwerk vorzugehen, ist die Reduzierung des Einkommens selbiger, indem mit Luftangriffen gegen ihre Opium-Produktion vorgegangen wird.

Außerdem haben Militäroperationen der pakistanischen Regierung einige Zufluchtsorte Aufständischer zerstört. Jedoch genießen bestimmte Gruppierungen, wie die Taliban und das Haqqani-Netzwerk Bewegungsfreiheit in Pakistan. Die Gründe dafür sind verschiedene:

das Fehlen einer Regierung, das permissive Verhalten der pakistanischen Sicherheitsbehörden, die gemeinsamen kommunalen Bindungen über die Grenze und die zahlreichen illegalen Netzwerke, die den Aufständischen Schutz bieten.

Taliban

Die Taliban führten auch ihre Offensive "Mansouri" weiter; diese Offensive konzentrierte sich auf den Aufbau einer "Regierungsführung" der Taliban (Engl. "governance") bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Gewalt gegen die afghanische Regierung, die ANDSF und ausländische Streitkräfte. Nichtsdestotrotz erreichten die Taliban, die Hauptziele dieser "Kampfsaison" laut US-Verteidigungsministerium nicht. Operation Mansouri sollte eine Mischung aus konventioneller Kriegsführung, Guerilla-Angriffen und Selbstmordattentaten auf afghanische und ausländische Streitkräfte werden. Auch wollten sich die Taliban auf jene Gegenden konzentrieren, die vom Feind befreit worden waren. Laut NATO Mission Resolute Support kann das Scheitern der Taliban-Pläne für 2017 auf aggressive ANDSF-Operationen zurückgeführt, aber auch auf den Umstand, dass die Taliban den IS und die ANDSF gleichzeitig bekämpfen müssen.

Im Jahr 2017 wurden den Taliban insgesamt 4.385 zivile Opfer (1.574 Tote und 2.811 Verletzte zugeschrieben. Die Taliban bekannten sich nur zu 1.166 zivilen Opfern. Im Vergleich zum Vorjahreswert bedeutet dies einen Rückgang um 12% bei der Anzahl ziviler Opfer, die den Taliban zugeschrieben werden. Aufgrund der Komplexität der in Selbstmord- und komplexen Anschlägen involvierten Akteure hat die UNAMA oft Schwierigkeiten, die daraus resultierenden zivilen Opfer spezifischen regierungsfreundlichen Gruppierungen zuzuschreiben, wenn keine Erklärungen zur Verantwortungsübernahme abgegeben wurde. Im Jahr 2017 haben sich die Taliban zu 67 willkürlichen Angriffen auf Zivilist/innen bekannt; dies führte zu 214 zivilen Opfern (113 Toten und 101 Verletzten). Auch wenn sich die Taliban insgesamt zu weniger Angriffen gegen Zivilist/innen bekannten, so haben sie dennoch die Angriffe gegen zivile Regierungsmitarbeiter/innen erhöht - es entspricht der Linie der Taliban, Regierungsinstitutionen anzugreifen.

Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans. Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten. Die Taliban halten auch weiterhin großes Territorium in den nördlichen und südlichen Gegenden der Provinz Helmand. Die ANDSF haben, unterstützt durch US-amerikanische Truppen, in den ersten Monaten des Jahres 2018 an Boden gewonnen, wenngleich die Taliban nach wie vor die Hälfte der Provinz Helmand unter Kontrolle halten. Helmand war lange Zeit ein Hauptschlachtfeld - insbesondere in der Gegend rund um den Distrikt Sangin, der als Kernstück des Taliban-Aufstands erachtet wird (JD News 12.3.2018; vgl. Reuters 30.3.2018). Die Taliban haben unerwarteten Druck aus ihrer eigenen Hochburg in Helmand erhalten:

Parallel zu der Ende März 2018 abgehaltenen Friedens-Konferenz in Uzbekistan sind hunderte Menschen auf die Straße gegangen, haben eine Sitzblockade abgehalten und geschworen, einen langen Marsch in der von den Taliban kontrollierten Stadt Musa Qala zu abzuhalten, um die Friedensgespräche einzufordern. Unter den protestierenden Menschen befanden sich auch Frauen, die in dieser konservativen Region Afghanistans selten außer Hauses gesehen werden.

Die Taliban geben im Kurznachrichtendienst Twitter Angaben zu ihren Opfern oder Angriffen. Ihre Angaben sind allerdings oft übertrieben. Auch ist es sehr schwierig Ansprüche und Bekennermeldungen zu verifizieren - dies gilt sowohl für Taliban als auch für den IS.

IS/ISIS/ISIL/ISKP/ISIL-K/Daesh - Islamischer Staat

Höchst umstritten ist von Expert/innen die Größe und die Gefahr, die vom IS ausgeht. So wird von US-amerikanischen Sicherheitsbeamten und weiteren Länderexpert/innen die Anzahl der IS-Kämpfer in Afghanistan mit zwischen 500 und 5.000 Kämpfern beziffert. Jeglicher Versuch die tatsächliche Stärke einzuschätzen, wird durch den Umstand erschwert, dass sich die Loyalität der bewaffneten radikalen Islamisten oftmals monatlich oder gar wöchentlich ändert, je nach ideologischer Wende, Finanzierung und Kampfsituation. Auch wurde die afghanische Regierung bezichtigt, die Anzahl der IS-Kämpfer in Afghanistan aufzublasen. Zusätzlich ist wenig über die Gruppierung und deren Kapazität, komplexe Angriffe auszuführen, bekannt. Viele afghanische und westliche Sicherheitsbeamte bezweifeln, dass die Gruppierung alleine arbeitet.

Die Fähigkeiten und der Einfluss des IS sind seit seiner Erscheinung im Jahr 2015 zurückgegangen. Operationen durch die ANDSF und die US-Amerikaner, Druck durch die Taliban und Schwierigkeiten die Unterstützung der lokalen Bevölkerung zu gewinnen, störten das Wachstum des IS und verringerten dessen Operationskapazitäten. Trotz erheblicher Verluste von Territorium, Kämpfern und hochrangigen Führern, bleibt der IS nach wie vor eine Gefährdung für die Sicherheit in Afghanistan und in der Region. Er ist dazu in der Lage, öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen (HPA) in städtischen Zentren zu verüben. Der IS hat sich nämlich in den vergangenen Monaten zu einer Anzahl tödlicher Angriffe in unterschiedlichen Teilen des Landes bekannt - inklusive der Hauptstadt. Dies schürte die Angst, der IS könne an Kraft gewinnen. Auch haben örtliche IS-Gruppen die Verantwortung für Angriffe auf Schiiten im ganzen Land übernommen.

Im Jahr 2017 wurden dem IS 1.000 zivile Opfer (399 Tote und 601 Verletzte) zugeschrieben sowie die Entführung von 81 Personen; er war damit laut UNAMA für 10% aller zivilen Opfer im Jahr 2017 verantwortlich - eine Zunahme von insgesamt 11% im Vergleich zum Jahr 2016. Im Jahr 2017 hat sich der IS zu insgesamt 18 willkürlichen Angriffen auf Zivilist/innen oder zivile Objekte bekannt; er agiert wahllos - greift Einrichtungen der afghanischen Regierung und der Koalitionskräfte an, aber auch ausländische Botschaften. Fast ein Drittel der Angriffe des IS zielen auf schiitische Muslime ab - sechs Angriffe waren auf schiitische Glaubensstätte. Der IS begründet seine Angriffe auf die schiitische Gemeinschaft damit, dass deren Mitglieder im Kampf gegen den IS im Mittleren Osten involviert sind.

Zusätzlich dokumentierte die UNAMA im Jahr 2017 27 zivile Opfer (24 Tote und drei Verletzte) sowie die Entführung von 41 Zivilist/innen, die von selbsternannten IS-Anhängern in Ghor, Jawzjan und Sar-e Pul ausgeführt wurden. Diese Anhänger haben keine offensichtliche Verbindung zu dem IS in der Provinz Nangarhar.

Der IS rekrutierte auf niedriger Ebene und verteilte Propagandamaterial in vielen Provinzen Afghanistans. Führung, Kontrolle und Finanzierung des Kern-IS aus dem Irak und Syrien ist eingeschränkt, wenngleich der IS in Afghanistan nachhaltig auf externe Finanzierung angewiesen ist, sowie Schwierigkeiten hat, Finanzierungsströme in Afghanistan zu finden. Dieses Ressourcenproblem hat den IS in einen Konflikt mit den Taliban und anderen Gruppierungen gebracht, die um den Gewinn von illegalen Kontrollpunkten und den Handel mit illegalen Waren wetteifern. Der IS bezieht auch weiterhin seine Mitglieder aus unzufriedenen TTP-Kämpfern (Tehreek-e Taliban in Pakistan - TTP), ehemaligen afghanischen Taliban und anderen Aufständischen, die meinen, der Anschluss an den IS und ihm die Treue zu schwören, würde ihre Interessen vorantreiben.

Auch ist der IS nicht länger der wirtschaftliche Magnet für arbeitslose und arme Jugendliche in Ostafghanistan, der er einst war. Die Tötungen von IS-Führern im letzten Jahr (2017) durch die afghanischen und internationalen Kräfte haben dem IS einen harten Schlag versetzt, auch um Zugang zu finanziellen Mitteln im Mittleren Osten zu erhalten. Finanziell angeschlagen und mit wenigen Ressourcen, ist der IS in Afghanistan nun auf der Suche nach anderen Möglichkeiten des finanziellen Überlebens.

(Auszüge aus dem LIB, Abschnitt. 3. "Sicherheitslage")

5.1.3. Grundversorgungs- und Wirtschaftslage:

Im Jahr 2015 belegte Afghanistan auf dem Human Development Index (HDI) Rang 169 von 188. Seit 2002 hat Afghanistan mit Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft wichtige Fortschritte beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft erzielt. Nichtsdestotrotz bleiben bedeutende Herausforderungen bestehen, da das Land weiterhin von Konflikten betroffen, arm und von Hilfeleistungen abhängig ist. Während auf nationaler Ebene die Armutsrate in den letzten Jahren etwas gesunken ist, stieg sie in Nordostafghanistan in sehr hohem Maße. Im Norden und im Westen des Landes konnte sie hingegen reduziert werden. Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut weiterhin zu.

Die Verbraucherpreisinflation bleibt mäßig und wurde für 2018 mit durchschnittlich 6% prognostiziert. Der wirtschaftliche Aufschwung erfolgt langsam, da die andauernde Unsicherheit die privaten Investitionen und die Verbrauchernachfrage einschränkt. Während der Agrarsektor wegen der ungünstigen klimatischen Bedingungen im Jahr 2017 nur einen Anstieg von ungefähr 1.4% aufwies, wuchsen der Dienstleistungs- und Industriesektor um 3.4% bzw. 1.8%. Das Handelsbilanzdefizit stieg im ersten Halbjahr 2017, da die Exporte um 3% zurückgingen und die Importe um 8% stiegen.

(Auszug bzw. Zusammenfassung aus dem LIB, Abschnitt 21. "Grundversorgung und Wirtschaft")

5.1.4. Rechtsschutz und Justizwesen in Afghanistan:

Im Bereich des Rechtsschutzes und des Justizwesens in Afghanistan gibt es legislative Fortschritte; dennoch gibt es keine einheitliche und korrekte Anwendung der verschiedenen Rechtsquellen und werden Dispute überwiegend außerhalb des formellen Justizsystems gelöst. Das formale Justizsystem ist in den städtischen Zentren relativ stark verankert, in den ländlichen Gebieten aber schwächer ausgeprägt. Dem Justizsystem mangelt es an Leistungsfähigkeit, teils mangels qualifizierten Personals (insbesondere in ländlichen Gebieten), teils wegen der eingeschränkten Zugänglichkeit von Gesetzestexten; die Situation bessert sich jedoch. Innerhalb des Gerichtswesens ist auch Korruption vorhanden und sind Richterinnen und Richter und Anwältinnen und Anwälte oftmals Ziel von Bedrohung oder Bestechung durch lokale Anführer oder bewaffnete Gruppen.

(Zusammenfassung aus dem LIB, Abschnitt 4. "Rechtsschutz/Justizwesen")

5.1.5. Sicherheitsbehörden in Afghanistan:

Im Zeitraum 2011 - 2014 wurde die Verantwortung für die Sicherheitsoperationen in Afghanistan schrittweise auf die afghanischen Sicherheitskräfte (ANSF) übertragen. Die ANSF setzt sich aus staatlichen Sicherheitskräften zusammen, darunter die afghanische Nationalarmee (ANA), die afghanische Luftwaffe (AAF), die afghanische Nationalpolizei (ANP), die afghanische lokale Polizei (ALP) und das National Directorate for Security (NDS), welches als Geheimdienst fungiert.

Die Wirksamkeit der afghanischen Streitkräfte hängt nach wie vor von der internationalen Unterstützung ab, um die Kontrolle über das Territorium zu sichern und zu behalten und die operative Kapazität zu unterstützen.

Die Polizeipräsenz ist auch in den Städten stärker und die Polizeibeamten sind verpflichtet, Richtlinien wie den ANP-Verhaltenskodex und die Richtlinien zum Einsatz von Gewalt einzuhalten. Die Reaktion der Polizei wird jedoch als unzuverlässig und inkonsistent bezeichnet, die Polizei hat eine schwache Ermittlungskapazität, es fehlt an forensischer Ausbildung und technischem Wissen. Der Polizei wird auch weit verbreitete Korruption, Gönnerschaft und Machtmissbrauch vorgeworfen:

Einzelpersonen in den Institutionen können ihre Machtposition missbrauchen und Erpressung zur Ergänzung ihres niedrigen Einkommens einsetzen. Es kam weiterhin zu willkürlichen Verhaftungen und Inhaftierungen durch die Polizei, und Folter ist bei der Polizei endemisch. Untätigkeit, Inkompetenz, Straffreiheit und Korruption führen zu Leistungsschwächen.

(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus dem Country Guidance: Afghanistan, Juni 2019 [in Folge:

"EASO-Länderleitfaden Afghanistan"], des European Asylum Support Office [in Folge: "EASO"], abrufbar https://www.easo.europa.eu/country-guidance, abgerufen 16.10.2019, S. 122 mit Verweis auf weitere Quellen)

5.1.6. Folter und unmenschliche Behandlung:

Laut den Artikeln 29 und 30 der afghanischen Verfassung ist Folter verboten. Aussagen und Geständnisse, die durch Zwang erlangt wurden, sind ungültig. Auch ist Afghanistan Vertragsstaat der vier Genfer Abkommen von 1949, des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) sowie des römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC). Am 22. April 2017 genehmigte die afghanische Regierung ein neues Anti-Folter-Gesetz und erweiterte das im ursprünglichen Strafgesetzbuch enthaltene Folterverbot. Das neue Gesetz bezieht sich jedoch nur auf Folterungen, die im Rahmen des Strafrechtssystems erfolgt sind, und nicht eindeutig auf Misshandlungen, die von militärischen sowie anderen Sicherheitskräften verübt werden. Fehlende Regelungen zur Entschädigung von Folteropfern wurden im August 2017 durch ein entsprechendes Addendum ergänzt.

Trotz dieser Vorgaben gibt es zahlreiche Berichte über Misshandlungen durch Regierungsbeamte, Sicherheitskräfte, Gefängnispersonal und Polizei. Quellen zufolge wenden die Sicherheitskräfte weiterhin exzessive Gewalt an, einschließlich Folter und Gewalt gegen Zivilisten. Personen, die im Rahmen des bewaffneten Konflikts festgenommen wurden, werden insbesondere während des ersten Verhörs gefoltert, um Geständnisse zu erhalten.

Im Zuge einer Befragung gaben für den Zeitraum 1.1.2015 - 31.12.2016 181 (39%) von 469 befragten Personen an, von den afghanischen nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräften (ANDSF) gefoltert worden zu sein. Auch 38 (45%) von 85 befragten Kinder gaben an im Berichtszeitraum Opfer von Folter oder Missbräuchen geworden zu sein. Die meisten Misshandlungen fanden unter der Obhut des National Directorate of Security (NDS) und der afghanischen Nationalpolizei statt (ANP).

Zwei Jahre nach der Verlautbarung des Nationalplans von 2015 zur Eliminierung der Folter durch die afghanische Regierung, hat diese einige dauerhafte Fortschritte gemacht, insbesondere auf der Gesetzesebene. Zahlreiche im Nationalplan eingegangene Hauptverpflichtungen wurden jedoch nur teilweise verwirklicht

(Zusammenfassung aus dem LIB, Abschnitt 6. "Folter und unmenschliche Behandlung durch den afghanischen Staat")

5.1.7. Binnenflüchtlinge:

Zwischen 1.1.2018 und 15.5.2018 wurden 101.000 IDPs registriert. 23% davon sind erwachsene Männer, 21% erwachsene Frauen und 55% minderjährige Kinder.

Größtenteils stammen IDPs aus unsicheren ländlichen Gebieten und kleinen Städten und suchen relativ bessere Bedingungen in größeren Gemeinden und Städten innerhalb derselben Provinz. Mit Stand Dezember 2017 lebten 54% der Binnenvertriebenen in den afghanischen Provinzhauptstädten, was zu weiterem Druck auf bereits überlastete Dienstleistungen und Infrastrukturen führt.

Die Binnenflüchtlinge leben mehrheitlich in prekären Bedingungen, der Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und wirtschaftlicher Teilhabe ist stark eingeschränkt. Ein Großteil ist auf humanitäre Hilfe angewiesen, für welche es jedoch lediglich einen begrenzten Zugang gibt. Aufgrund des Mangels an landwirtschaftlichem Besitz und Vermögen brauchen mehr als 80% der Binnenvertriebenen Nahrungsmittelhilfe. Die afghanische Regierung kooperierte mit dem UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um den Betroffenen Schutz und Unterstützung zu bieten.

(Auszug bzw. Zusammenfassung aus dem LIB, Abschnitt 20. "Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge")

5.1.8. Zu den Rückkehrern nach Afghanistan:

Als Rückkehrer/innen werden jene afghanische Staatsbürger/innen bezeichnet, die nach Afghanistan zurückgekehrt sind, nachdem sie mindestens sechs Monate im Ausland verbracht haben. Dazu zählen sowohl im Ausland registrierte Afghan/innen, die dann die freiwillige Rückkehr über UNHCR angetreten haben, als auch nicht-registrierte Personen, die nicht über UNHCR zurückgekehrt sind, sondern zwangsweise rückgeführt wurden. Insgesamt sind in den Jahren 2012-2017 1.821.011 Personen nach Afghanistan zurückgekehrt und war Nangarhar jene Provinz, die die meisten Rückkehrer/innen zu verzeichnen hatte (499.194); zweimal so viel wie Kabul (256.145). Im Jahr 2017 kehrten IOM zufolge insgesamt 98.191 Personen aus Pakistan und 462.361 Personen aus Iran zurück (sowohl freiwillig, als auch zwangsweise) (IOM 2.2018). Im Jahr 2018 kehrten mit Stand 21.3. 1.052 Personen aus angrenzenden Ländern und nicht-angrenzenden Ländern zurück (759 davon kamen aus Pakistan). Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück.

Die afghanische Regierung kooperierte mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten.

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung.

Unterschiedliche Organisationen sind für Rückkehrer/innen unterstützend tätig:

IOM (internationale Organisation für Migration) bietet ein Programm zur unterstützten, freiwilligen Rückkehr und Reintegration in Afghanistan an (Assisted Voluntary Return and Reintegration - AVRR). In Österreich wird das Projekt Restart II seit 1.1.2017 vom österreichischen IOM-Landesbüro implementiert, welches vom österreichischen Bundesministerium für Inneres und AMIF (dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU) mitfinanziert wird. Im Zuge dieses Projektes können freiwillige Rückkehrer/innen nach Afghanistan und in den Iran, nachhaltig bei der Reintegration in ihr Herkunftsland unterstützt werden. In Kooperation mit Partnerinstitutionen des European Reintegration Network (ERIN) wird im Rahmen des ERIN Specific Action Program, nachhaltige Rückkehr und Reintegration freiwillig bzw. zwangsweise rückgeführter Drittstaatangehöriger in ihr Herkunftsland implementiert. IRARA (International Returns & Reintegration Assistance) eine gemeinnützige Organisation bietet durch Reintegrationsdienste nachhaltige Rückkehr an. ACE (Afghanistan Centre for Excellence) ist eine afghanische Organisation, die Schulungen und Arbeitsplatzvermittlung anbietet. AKAH (Aga Khan Agency for Habitat) ist in mehreren Bereichen tätig, zu denen auch die Unterstützung von Rückkehrer/innen zählt. Sowohl ACE als auch AKAH sind Organisationen, die im Rahmen von ERIN Specific Action Program in Afghanistan tätig sind. AMASO (Afghanistan Migrants Advice & Support Organisation) bietet zwangsweise zurückgekehrten Personen aus Europa und Australien Beratung und Unterstützung an. Unter anderem betreibt AMASO ein Schutzhaus, welches von privaten Spendern finanziert wird.

UNHCR ist bei der Ankunft von Rückkehrer/innen anwesend, begleitet die Ankunft und verweist Personen welche einen Rechtsbeistand benötigen an die AIHRC (Afghanistan Independent Human Rights Commission). UNHCR und die Weltbank haben im November 2017 ein Abkommen zur gemeinsamen Datennutzung unterzeichnet, um die Reintegration afghanischer Rückkehrer/innen zu stärken. UNHCR leitet Initiativen, um nachhaltige Lösungen in den Provinzen Herat und Nangarhar zu erzielen, indem mit nationalen Behörden/Ministerien und internationalen Organisationen (UNICEF, WHO, IOM, UNDP, UN Habitat, WFP und FAO) zusammengearbeitet wird. Diese Initiativen setzen nationale Pläne in gemeinsame Programme in jenen Regionen um, die eine hohe Anzahl an Rückkehrer/innen und Binnenvertriebenen vorzuweisen haben.

Psychologische Unterstützung von Rückkehrer/innen wird über die Organisation IPSO betrieben - alle Leistungen sind kostenfrei. Diejenigen, die es benötigen und in abgelegene Provinzen zurückkehren, erhalten bis zu fünf Skype-Sitzungen von IPSO. Für psychologische Unterstützung könnte auch ein Krankenhaus aufgesucht werden.

Unterstützung von Rückkehrer/innen durch die afghanische Regierung

Hilfeleistungen für Rückkehrer/innen durch die afghanische Regierung konzentrieren sich auf Rechtsbeistand, Arbeitsplatzvermittlung, Land und Unterkunft. Seit 2016 erhalten die Rückkehr/innen nur Hilfeleistungen in Form einer zweiwöchigen Unterkunft (siehe Jangalak-Aufnahmezentrum). Neue politische Rahmenbedingungen für Rückkehrer/innen und IDPs wurden von unterschiedlichen afghanischen Behörden, dem Ministerium für Flüchtlinge und Repatriierung (MoRR) und internationalen Organisationen geschaffen und sind im Dezember 2016 in Kraft getreten. Diese Rahmenbedingungen gelten sowohl für Rückkehrer/innen aus der Region (Iran und Pakistan), als auch für jene, die aus Europa zurückkommen oder IDPs sind. Soweit dies möglich ist, sieht dieser mehrdimensionale Ansatz der Integration unter anderem auch die individuelle finanzielle Unterstützung als einen Ansatz der "whole of community" vor. Demnach sollen Unterstützungen nicht nur Einzelnen zugutekommen, sondern auch den Gemeinschaften, in denen sie sich niederlassen.

Die Rolle unterschiedlicher Netzwerke für Rückkehrer/innen

Die Großfamilie ist die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migrant/innen in Afghanistan dar. Quellen zufolge haben aber alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können.

Quellen zufolge halten Familien in Afghanistan in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen.

Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere, wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z. B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen "professionellen" Netzwerken (Kolleg/innen, Kommilitonen etc.) sowie politische Netzwerke usw. Die unterschiedlichen Netzwerke haben verschiedene Aufgaben und unterschiedliche Einflüsse - auch unterscheidet sich die Rolle der Netzwerke zwischen den ländlichen und städtischen Gebieten. Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer/innen dar, was möglicherweise zu einem neuerlichen Verlassen des Landes führen könnte. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden.

(Auszug bzw. Zusammenfassung entscheidungsrelevanter Passagen aus dem LIB, Abschnitt 23. "Rückkehr")

5.2. Lage in der Heimatprovinz bzw. dem Heimatdistrikt des Beschwerdeführers:

5.2.1. Allgemeines:

Die Provinz Helmand hat eine Fläche von 36.402 km2 und ist damit die größte Provinz Afghanistans. Helmand hat, inklusive der Hauptstadt Lashkargah City, folgende administrative Einheiten: Nadali, Marja, Garmsir, Khanshin, Disho, Nava, Greshk, Sangin, Kajaki, Musa Qala, Baghran, Noorzad und Washir. Im Osten grenzt sie an die Provinz Kandahar, im Norden an Uruzgan, Daikundi und Ghor; im Westen grenzt sie an die Provinzen Farah und Nimroz, und im Osten an die Durandlinie. In der Provinz Helmand befinden sich ein regionaler und zwei militärische Flughäfen.

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 955.970 geschätzt.

Helmand ist eine der landwirtschaftlich fruchtbarsten Provinzen Afghanistans. Der Fluss Helmand fließt in einem relativ gut organisierten Kanalsystem durch die Provinz und bewässert somit Agrarflächen. Die Provinz ist ein großes Zentrum der Opiumproduktion, welches in hohem Maßen die Finanzen der Taliban unterstützt und Korruption unter Politikern fördert. Schätzungen Regierungsbeamter zufolge haben die Taliban Anfang des Jahres 2017 85% der mohnanbauenden Provinz Helmand kontrolliert. Das Klima in der Provinz eignet sich zum Anbau eines großen Spektrums an Kulturpflanzen. Beamten zufolge bauen immer mehr Bauern in den zentralen, südlichen und nördlichen Distrikten von Helmand Mohn an. Helmand war im Jahr 2017 die Provinz mit der höchsten Opium-Produktion.

5.2.2. Allgemeine Information zur Sicherheitslage:

Berichten zufolge wurde die Provinz Helmand in den ersten drei Monaten des Jahres 2018 zu den volatilen Provinzen des Südens gezählt, in welcher aufständische Gruppierungen in einer Anzahl von Distrikten aktiv waren und Angriffe ausführten. Im Februar 2018 wurde verlautbart, dass die afghanischen Kräfte, unterstützt von US amerikanischen Truppen, in den vorangegangen Monaten an Boden gewinnen konnten, wenngleich die Taliban rund die Hälfte der Provinz kontrollierten.

Sangorian, eine regierungsnahe Milliz mit etwa 500 - 1.000 Kämpfern, wurde durch den afghanischen Geheimdienst (NDS - Directorate of National Security) gegründet, um die Aufständischen Gruppierungen zu unterlaufen und sie intern zu bekämpfen. Die Sangorian sehen sich selbst dafür verantwortlich, Versuche der Taliban, die Provinzhauptstadt Lashkar Gah einnehmen zu wollen, zu vereiteln. Im Berichtszeitraum der Vereinten Nationen (UN) (15.12.2017-15.2.2018) haben regierungsfeindliche Elemente auch weiterhin Druck auf die afghanischen Sicherheitskräfte ausgeübt, indem koordinierte Angriffe auf Kontrollpunkte der afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte in den Provinzen Helmand, Kandahar, Nimroz, Kunduz, Ghazni und Farah verübt wurden.

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 329 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im Jahr 2017 war Helmand die Provinz mit der dritthöchsten Anzahl registrierter Anschläge.

Im gesamten Jahr 2017 wurden in Helmand 991 zivile Opfer (386 getötete Zivilisten und 605 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von IEDs und Blindgängern/Landminen. Dies bedeutet eine Steigerung von 10% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. So machte im Jahr 2017 die Anzahl ziviler Opfer, die aus Luftangriffen resultierten, im Distrikt Sangin der Provinz Helmand, im Distrikt Chahar Dara der Provinz Kunduz und im Distrikt Deh Bala der Provinz Nangarhar 50% der zivilen Opfer durch internationale Luftangriffe in Afghanistan insgesamt aus und war damit vergleichsweise hoch.

5.2.3. Militärische Operationen in Helmand:

In der Provinz werden regelmäßig militärische Operationen durchgeführt; dabei wurden u.a. Gefangene der Taliban befreit. Auch kommt es zu Luftangriffen, bei denen Aufständische teils schwere Verluste hinneh

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten