Entscheidungsdatum
04.02.2020Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W268 2226595-2/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Iris Gachowetz als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. China, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.10.2019, Zl. 1021715706-190513468, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:
"Der Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 1 FPG wird abgewiesen."
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge "BF" genannt), ein chinesischer Staatsbürger, reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 22.06.2014 nach vorheriger Festnahme im Rahmen einer fremdenpolizeilichen Kontrolle einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge "BF" genannt) vom 21.03.2017 wurde der Antrag des BF auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.) und ebenso der Antrag des BF auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat China abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 Asylgesetz 2005 wurde nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach China zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
3. Mangels Erhebung einer Beschwerde erwuchs dieser Bescheid mit 05.04.2017 in Rechtskraft.
4. Ab 16.05.2017 bis zum 03.06.2019 war der BF nicht behördlich gemeldet.
5. Mit Formularvordruck "Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK - Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens" vom 21.05.2019 beantragte der BF die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß "§ 55 Abs. 1 AsylG". Beigelegt waren dem Antrag ein Arbeitsvorvertrag eines Gastronomiebetriebs 21.05.2019, ein A2 Prüfungszeugnis vom 27.03.2015 sowie eine Teilnahmebestätigung des XXXX Chinazentrums für Sprache und Kultur vom 29.05.2019.
6. Mit Schriftsatz vom 03.07.2019 wurde der BF zur Vorlage eines gültigen Reisedokuments, einer Geburtsurkunde sowie allenfalls weiteren Dokumenten sowie zur Beantwortung diverser Fragen aufgefordert.
7. Die Stellungnahme des BF langte am 19.07.2019 beim BFA ein. In dieser wurde ua ausgeführt, dass der BF weder im Besitz eines Reisepasses noch einer Geburtsurkunde sei. Er sei jedoch am 12.07.2019 zur chinesischen Botschaft gegangen, jedoch sei ihm darüber keine Bestätigung ausgestellt worden. Er habe lediglich ein Foto vor der Botschaft gemacht und das Fahrticket nach Wien aufbewahrt, welche er der Stellungnahme beilege. Er stelle daher einen Heilungsantrag gemäß § 4 AsylG-DV. In Beantwortung der ihm gestellten Fragen führte der BF aus, dass er im Jahr 2014 nach Österreich gereist sei und einen Antrag gemäß §3 AsylG gestellt habe. Er habe keinen Anspruch auf Arbeit und lebe derzeit von der Unterstützung seiner Freundin und seinen Landsleuten. Er habe keine Kinder. Er habe eine Arbeitszusage. Er habe kein Einkommen und werde von seiner Freundin unterstützt. Er habe bis dato in Österreich kein Arbeitsverhältnis gehabt und sei nicht versichert. Er sei arbeitsfähig und arbeitswillig. Er lebe bei seiner Freundin. Er habe keine Angehörigen in Österreich und habe Kontakt mit Landsleuten. Er sei in keinem Verein oder einer sonstigen Einrichtung tätig. Er sei noch nie rechtskräftig verurteilt worden.
8. Mit Schreiben vom 19.08.2019 teilte der Verein Menschenrechte dem BFA mit, dass der BF derzeit keine Meldeadresse habe und dieser daher dem Verein Menschenrechte eine Zustellvollmacht erteilte.
9. Mit angefochtenem Bescheid vom 30.10.2019 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom 21.05.2019 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurück.
In der Bescheidbegründung traf das BFA Feststellungen zur Person des BF und zur Situation im Fall seiner Rückkehr.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass seit der mit 05.04.2017 in Rechtskraft erwachsenen abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz des BF, mit welchem auch eine Rückkehrentscheidung erlassen worden sei, keine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten sei, sodass der Antrag gemäß § 58 Abs. 10 AsylG als unzulässig zurückzuweisen sei.
9. Mit Formularvordruck " Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte nach §46a Abs. 4 FPG"" vom 13.11.2019 beantragte der BF eine Duldung gemäß § 46a Abs. 1 Z3 FPG. Begründend führte er dazu an, dass eine Ausreise nach China für ihn nicht möglich sei, da ihm die chinesische Botschaft kein HRZ ausstelle. Er sei am 12.07.2019 bei der Botschaft gewesen und es sei ihm keine Bestätigung ausgestellt worden. Er verweise diesbezüglich auf seine Angaben aus dem vorigen Verfahren.
10. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.11.2019, Zl. 1021715706-190738168, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG zurückgewiesen.
Das Bundesamt führte im Wesentlichen aus, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe und er zur Ausreise verpflichtet sei und dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei. Er sei seiner Mitwirkungspflicht nicht aktiv nachgekommen, da er sich nicht aktiv einen Reisepass besorgt habe. Darüber hinaus habe der BF auch keine Anstrengungen unternommen, mit seinen Familienangehörigen in der Heimat in Kontakt zu treten, um sich Urkunden oder andere Nachweise übermitteln zu lassen, welche seine Identität bestätigen könnten.
9. In der am 27.11.2019 gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde führte der BF aus, dass schon in der Stellungnahme vom 19.07.2019 darauf verwiesen worden sei, dass sich der BF bemüht habe, einen Reisepass bzw. eine Geburtsurkunde bei der chinesischen Botschaft zu erlangen. Er sei dort am 12.07.2019 gewesen, wobei ihm weder ein Identitätsdokument noch eine Bestätigung ausgestellt worden sei. Er habe als Nachweis seiner Bemühungen und Mitwirkungspflicht die Fahrtickets nach Wien sowie Fotos, die bei der Botschaft aufgenommen worden seien, der Stellungnahme beigelegt. Die Abschiebung aus Österreich nach China sei bisher de facto nicht möglich gewesen. Der BF habe weder seine Identität verschleiert noch einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokuments nicht befolgt und auch nicht an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments notwendigen Schritten nicht mitgewirkt oder diese vereitelt.
10. Die Beschwerdevorlage langte am 19.12.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BF.
2. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
Gemäß § 9 Abs. 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Der mit "Duldung" überschriebene § 46a FPG idgF lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange
...
3. deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder
...
(2) ...
(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen jedenfalls vor, wenn er
1. seine Identität verschleiert,
2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzdokumentes nicht befolgt oder
3. an den zur Erlangung eines Heimreisedokumentes notwenigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.
(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen "Republik Österreich" und "Karte für Geduldete", weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.
..."
Gemäß § 46 Abs. 1 FPG können Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn
1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,
2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,
3. aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder
4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.
Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat gemäß § 46 Abs. 2 FPG - vorbehaltlich des Abs.
2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem
ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.
Das Bundesamt ist gemäß § 46 Abs. 2a FPG jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.
Das Gesetz setzt es somit als Regelfall voraus, dass der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig, also aus eigenem Antrieb und ohne begleitende Zwangsmaßnahme seitens des Bundesamtes bzw. - in dessen Auftrag - der Landespolizeidirektion (§ 5 BVA-VG), nachkommt. Dies folgt aus § 46 Abs. 1 FPG, wonach eine Abschiebung nur unter den darin genannten (alternativen) Voraussetzungen in Betracht kommt, sowie aus den Bestimmungen über die Ausreisefrist (§§ 55, 56) und den Durchsetzungsaufschub (§§ 70 Abs. 3 und 4, 71). Liegen nun im Einzelfall bestimmte faktische Ausreisehindernisse vor, wie sie insbesondere im Fehlen eines für die Ausreise erforderlichen Reisedokumentes bestehen können, so ist es auch Teil einer freiwilligen Erfüllung der Ausreiseverpflichtung, sich aus Eigenem um die Beseitigung dieser Ausreisehindernisse zu kümmern, im Falle eines nicht (mehr) vorhandenen Reisedokumentes also z.B. dessen Neuausstellung bei der zuständigen ausländischen (Vertretungs-) Behörde zu beantragen. Dies ergibt sich aus § 46 Abs. 2 FPG, wonach ein zur Ausreise verpflichteter Fremder grundsätzlich angehalten ist, das im Fehlen eines Reisedokumentes regelmäßig gelegene Ausreisehindernis im Rahmen seiner Möglichkeiten selbst zu beseitigen.
Die Pflicht des Fremden nach Abs. 2 umfasst unter anderem die Antragstellung auf Ausstellung eines Reisedokumentes bei der dafür zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat) sowie die Erstattung sämtlicher dazu erforderlicher Angaben, insbesondere die wahrheitsgemäße Angabe der Identität und die Bekanntgabe allfälliger sonstiger erkennungsdienstlicher Daten. Satz 2 dieser Bestimmung sieht vor, dass der Fremde die Erfüllung seiner Pflichten dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen hat. Die eigenständige Beschaffung eines Reisedokumentes und die Erstattung der dazu erforderlichen Angaben gemäß Abs. 2 erfolgt im Zusammenwirken zwischen dem Fremden und der zuständigen ausländischen Behörde (Botschaft oder Konsulat), also ohne direkte Einbeziehung des Bundesamtes. Das Bundesamt hat daher ein Interesse daran, über die diesbezüglichen Maßnahmen des Fremden und deren Erfolg unterrichtet zu sein, zumal die Nichterfüllung der Verpflichtung gemäß Abs. 2 nicht nur zur Verhängung von Zwangsstrafen nach dem VVG, einschließlich der Beugehaft, führen kann, sondern auch für die Prüfung der Zulässigkeit einer (späteren) Anordnung der Schubhaft zu berücksichtigen ist (insoweit ist auf die Erläuterungen zu § 76 Abs. 3 Z 1a zu verweisen).
Zum vorliegenden Fall:
Zugestimmt muss dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl insofern werden, als dass der BF an den notwendigen Schritten zur Erlangung eines (Ersatz-) Reisedokumentes nicht mit der gebotenen Ernsthaftigkeit mitgewirkt hat. Der BF hat im gegenständlichen Verfahren keinen einschlägigen Nachweis darüber erbracht, dass er aus eigenem Antrieb zwecks Ausstellung eines Reisedokumentes auf elektronischem oder postalischem Weg mit der chinesischen Botschaft Kontakt aufgenommen hat oder er sich in sonstiger Art und Weise um ein Identitätsdokument bemüht hat.
Der BF hat zwar in seiner Stellungnahme vom 19.07.2019 ausgeführt, dass er einmal bei der chinesischen Botschaft gewesen sei, ihm aber kein Reisedokument ausgestellt worden sei. Als "Nachweis" hierfür legte er Fotos von sich vor der Botschaft sowie das Zugfahrticket nach Wien vor. Diese vom BF als "Beweis" zu seinem Erscheinen bei der chinesischen Botschaft vorgelegten Nachweise können jedoch nicht als tatsächlicher Beweis dafür angesehen werden, dass dieser wirklich persönlich bei der Botschaft vorstellig wurde und sich dort um die Ausstellung eines Identitätsdokuments bemüht hat, zumal ein Foto vor der Botschaft diesbezüglich keine Aussagekraft hat.
Da der BF im Verfahren sohin keine Bestätigung vorgelegt hat, dass er bei der chinesischen Botschaft war und sich um die Ausstellung eines Reisedokumentes bemüht hat bzw. nicht nachvollziehbar erklären konnte, warum ihm von der chinesischen Botschaft keine Bestätigung bezüglich der Antragstellung auf Ausstellung eines Reisepasses ausgestellt wurde, geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass sich der BF gar nicht um die Ausstellung eines Reisedokumentes bemüht hat, weshalb das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete zurecht abgewiesen hat.
Unter Zugrundelegung der Aktenlage ist es aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts dem BF möglich und zumutbar, an weitere Dokumente zu gelangen. Angelastet muss dem BF werden, dass sein Asylverfahren im Jahr 2017 rechtskräftig abgeschlossen wurde und der BF seit diesem Zeitpunkt verpflichtet gewesen wäre, sich um seine Ausreise zu bemühen. Der BF hat keinen Nachweis darüber vorgelegt, dass er mit seiner Familie in China Kontakt aufgenommen hat, um sich entsprechende Dokumente und Unterlagen auf postalischem Wege schicken zu lassen bzw. hat er im Verfahren nicht nachvollziehbar dargelegt, warum es ihm nicht möglich sein soll, sich entsprechende Dokumente aus China zu beschaffen.
Der BF ist im gegenständlichen Fall nicht seiner Pflicht nachgekommen, bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument zu beantragen und die Erfüllung dieser Pflicht dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen und er hat offensichtlich auch keine Anstrengungen unternommen, mit seiner Familie, seinen Bekannten und Freunden in China Kontakt aufzunehmen, um sich entsprechende Unterlagen schicken zu lassen. In Ermangelung der Mitwirkung an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten, muss eine Duldung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen, ausgeschlossen werden. Die Beschwerde war spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
Da der BF sohin im gegenständlichen Fall nicht seiner Pflicht nachgekommen ist, bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und die Erfüllung dieser Pflicht dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen, war die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
Da im gegenständlichen Fall der BF keinen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides über die tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung, sondern lediglich einen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete stellte, war der diesbezügliche Spruch des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl entsprechend abzuändern. Nur der Vollständigkeit halber sei zu erwähnen, dass ein vom BF gestellter Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides nach der geltenden Rechtslage vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht ab-, sondern zurückzuweisen gewesen wäre (vgl. VwGH 30.6.2016, Ra 2016/21/0078).
Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, im gegenständlichen Fall erfüllt. Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung reicht aber bei sonstigem Vorliegen der Voraussetzung des § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht aus, um eine Verhandlungspflicht zu begründen (vgl. VwGH 22.11.2006, Zl. 2005/20/0406 und viele andere).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
Schlagworte
Duldung, Karte für Geduldete, Mitwirkungspflicht, ReisedokumentEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W268.2226595.2.00Zuletzt aktualisiert am
29.06.2020