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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
LMG 1975 §26 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde des D in Wien, vertreten durch
Schönherr Barfuss Torggler & Partner, Rechtsanwälte in 1014 Wien, Tuchlauben 13, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 30. März 1993, Zl. MA 63-S 1/93/Str, betreffend Übertretungen des Lebensmittelgesetzes 1975, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Darstellung des Sachverhaltes auf die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom 30. September 1992, Zlen. 92/10/0095, 0112, verwiesen.
In dem genannten Erkenntnis hat der Gerichtshof unter anderem die Auffassung vertreten, daß die Angabe "für gesunde Haut" geeignet ist, bei flüchtigem Lesen bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der Interessenten den Eindruck zu erwecken, die Verwendung des kosmetischen Mittels "Sanex Dusch-Bad" diene der Gesunderhaltung der Haut. Damit liege ein Hinweis auf gesunderhaltende Wirkungen vor, der jedoch unabhängig davon, ob er nun - wie die belangte Behörde meinte - allgemein gehalten ist, jedenfalls eine Unterform der pharmakologischen Wirkungen zum Inhalt hat. Ein solcher Hinweis ist jedoch - unter der Voraussetzung, daß er nicht irreführend ist - nach § 26 Abs. 2 des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG 1975) zulässig. Die belangte Behörde habe sich allerdings mit dieser Frage aufgrund ihrer verfehlten Rechtsansicht, es handle sich um einen verbotenen allgemein gehaltenen Hinweis auf gesunderhaltende Wirkungen, der ohne Einschränkung unter das Verbot des § 9 Abs. 1 lit. a LMG 1975 falle, mit der Irreführungseignung dieser Angabe nicht weiter auseinandergesetzt. Der (damals) angefochtene Bescheid wurde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz)Bescheid wurde der Beschwerdeführer (neuerlich) schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung der T. GmbH in Wien VI, ..., nach außen Berufener im Sinne des § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 2. Februar 1990 sowie am 7. August 1990 kosmetische Mittel mit einem irreführenden Hinweis auf pharmakologische Wirkungen, nämlich 12 Kartons 500 ml-Flaschen "Sanex Dusch-Bad" mit der auf der Außenseite aufscheinenden Angabe "für gesunde Haut" und 12 Kartons 350 ml-Flaschen "Sanex Dusch-Bad" mit der auf den Etiketten aufscheinenden Angabe "für gesunde Haut", durch Auslieferung an das Zentrallager der dm-Drogeriemarkt GmbH in Enns, ..., bzw. die Betriebsstätte der SPAR Österreichische Warenhandels-AG in Marchtrenk, ..., in Verkehr gebracht habe.
Der Beschwerdeführer habe dadurch § 74 Abs. 5 Z. 3 in Verbindung mit § 26 Abs. 2 LMG 1975 verletzt. Über den Beschwerdeführer wurde jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden) verhängt.
In der Begründung ihrer Entscheidung berief sich die belangte Behörde im wesentlichen auf ein Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vom 18. Februar 1993, aus dem hervorgehe, daß das inkriminierte kosmetische Mittel einzig der Reinigung und Pflege der Haut diene. Es werde beim Duschvorgang zum allergrößten Teil wieder von der Haut abgewaschen. Zurück blieben lediglich sehr geringe Mengen eines rückfallenden (gemeint wohl: rückfettenden) Stoffes, der bei weitem nicht in der Lage sei, schädigende Einflüsse von der Haut fernzuhalten. Aufgrund dieses Gutachtens vertrat die belangte Behörde daher die Auffassung, daß die Anpreisung "für gesunde Haut" für den Konsumenten Erwartungen einer gesunderhaltenden Wirkung erwecke, die dem Mittel nicht zukomme. Die Anpreisung erweise sich daher als irreführend und nach § 26 Abs. 2 LMG 1975 nicht zulässig.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 9. September 1996, Zl. A 45/96, gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, den Abs. 2 des VStG-Übergangsrechts 1991, Anlage 2 der Wiederverlautbarungskundmachung, BGBl. Nr. 52/1991, als verfassungswidrig aufzuheben, bzw. in eventu auszusprechen, daß die Verweisung "26 Abs. 2" in § 74 Abs. 5 Z. 3 LMG 1975 bis zum Ablauf des 31. Dezember 1990 verfassungswidrig war oder diese Bestimmung als verfassungswidrig aufzuheben.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 2. Dezember 1997, G 217/96 u.a., diesem Antrag keine Folge gegeben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird unter anderem geltend gemacht, daß nach § 31 Abs. 1 VStG bezüglich der angelasteten Verwaltungsübertretungen Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Eine Verfolgungshandlung, die den Ausschluß der Verfolgungsverjährung bewirke, müsse nach der genannten Bestimmung gegen eine bestimmte Person und wegen einer bestimmten Tat erfolgen; sie müsse sich dabei auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente beziehen. Nach Ablauf der Verjährungsfrist sei es der Behörde verwehrt, erstmals im Spruch des Bescheides den Tatvorwurf gegen den Beschuldigten entsprechend den gesetzlichen Erfordernissen zu ergänzen. Die Irreführungseignung des Hinweises "für gesunde Haut" sei erstmals im angefochtenen Bescheid, somit lange nach Ablauf der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist des § 74 Abs. 6 LMG 1975, vertreten worden. Keiner der vorangegangenen Verfolgungshandlungen sei zu entnehmen gewesen, daß dem Beschwerdeführer eine irreführende Angabe zur Last gelegt worden bzw. worin die Irreführungseignung zu erblicken sei.
Schon diese Ausführungen erweisen sich als zutreffend.
Nach § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist.
Gemäß § 32 Abs. 2 VStG ist die Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügungen udgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreichte oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.
Innerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist des § 74 Abs. 6 LMG 1975 wurden gegenüber dem Beschwerdeführer zwar entsprechende behördliche Akte gesetzt, die als Verfolgungshandlung in Betracht kommen (Ladungsbescheide bzw. Strafverfügung), diese enthielten allerdings lediglich den Wortlaut des inkriminierten Hinweises, mit denen die kosmetischen Mittel in Verkehr gebracht worden sind, und ihre Qualifizierung als verbotene gesundheitsbezogene Angabe. Daß es sich dabei um einen irreführenden Hinweis auf pharmakologische Wirkungen handelt und worin die Irreführungseignung des Hinweises besteht, ist allerdings erst dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen. Die Wiedergabe des Hinweises kann für sich alleine allerdings nicht den Tatbestand des § 74 Abs. 1 LMG 1975 iVm den §§ 26 Abs. 2 und 9 Abs. 1 lit. a leg. cit. erfüllen (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 26. April 1993, Zl. 92/10/0003). Eine Verfolgungshandlung unterbricht nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Oktober 1978, VwSlg. 9664/A, und das Erkenntnis vom 9. Juli 1992, Zl. 92/10/0004).
Einer Bestrafung des Beschwerdeführers steht daher Verfolgungsverjährung entgegen.
Aufgrund dieser Erwägungen war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998100002.X00Im RIS seit
20.11.2000