TE Bvwg Beschluss 2020/2/10 W191 2174129-2

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Veröffentlicht am 10.02.2020
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Entscheidungsdatum

10.02.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W191 2174129-2/5Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.02.2020, Zahl 1132683809-200100067, erfolgte Aufhebung des Abschiebeschutzes betreffend Herrn XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, folgenden Beschluss:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-Verfahrensgesetz rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

1. Verfahrensgang:

1.1. Vorverfahren:

1.1.1. Der Asylwerber (in der Folge AW), ein Staatsangehöriger von Afghanistan, reiste irregulär und schlepperunterstützt in das Bundesgebiet ein und stellte am 19.10.2016 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).

1.1.2. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 20.10.2016 gab der AW an, er habe in Afghanistan sieben Jahre die Grundschule besucht und in den Jahren 2013 bis 2015 in Kabul als Tischler gearbeitet. In Afghanistan lebten seine Eltern und mehrere Geschwister.

Als Geburtsdatum wurde nach den Angaben des AW zu seinem Alter der XXXX festgehalten.

Als Fluchtgrund gab der AW an, dass er im Iran geboren, aber mit sechs Jahren nach Afghanistan gezogen sei. Dort sei das Leben sehr schwierig und unsicher. Sogar in der Hauptstadt Kabul gebe es keine Sicherheit. Seine Eltern hätten sich immer um ihn Sorgen gemacht und hätten nicht erlaubt, dass er weiter in die Schule gehe. Sie hätten Angst gehabt, dass er unterwegs umgebracht werden könnte. So habe er entschieden, Afghanistan zu verlassen.

1.1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) führte aufgrund der Angaben des AW über seine Reiseroute Konsultationen mit dem Mitgliedstaat Ungarn gemäß Dublin-Übereinkommen bezüglich der Zuständigkeit für das Asylverfahren des AW, die negativ verliefen.

1.1.4. Das BFA hatte offenbar Zweifel an dem vom AW angegebenen Alter und veranlasste eine sachverständige multifaktorielle medizinische Altersschätzung. Dem Gutachten nach Untersuchung vom 26.01.2017 folgend wurde mit Verfahrensanordnung vom 16.02.2017 das spätestmögliche Geburtsdatum des AW fiktiv mit XXXX festgestellt. Das vom AW angegebene Alter war mit diesem Gutachten nicht vereinbar.

1.1.5. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 24.07.2017 im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Dari gab der AW an, er habe psychische Probleme und stehe in ärztlicher Behandlung. Zum Einvernahmezeitpunkt fühle er sich jedoch gut und könne sich konzentrieren.

Er legte ärztliche Belege vor, wonach Verdacht auf F43.1 (Posttraumatische Belastungsstörung) und F98.0 (Einnässen, eine Störung mit Beginn in Kindheit und Jugend) bestehe. Untersuchungen ergaben keine organischen Störungen, Medikamente wurden verordnet.

Der AW machte Angaben zu seiner Reise und zu seinen Lebensumständen in Afghanistan. Er sei in Afghanistan sieben Jahre zur Schule gegangen und habe sodann als Lehrling gearbeitet. Nach seiner Flucht habe er acht Monate im Iran gelebt.

Der AW gab nun an, dass er vor vier Jahren vergewaltigt worden sei. Seine Eltern hätten ihm vorgeworfen, dass er ihren Namen und Ehre verletzt habe. Er sei sodann drei Tage in seinem Zimmer eingesperrt worden und hätte danach Haus und Hof nicht verlassen dürfen. Einige Tage später hätte er sein Haus heimlich verlassen und sei zu einem Freund gegangen. Er habe dann eine Arbeit in einer Tischlerei aufgenommen und eine Zeit lang dort gearbeitet. In der Folge sei er dann gemeinsam mit dem Freund in den Iran gegangen und hätte dort in einer Tischlerei eines Verwandten gearbeitet. Ein Onkel habe schließlich die Schlepperkosten für ihn bezahlt.

1.1.6. Mit Bescheid vom 27.09.2017 wurde der Antrag des AW auf internationalen Schutz vom 19.10.2016 gemäß §§ 3 und 8 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bzw. des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs.1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG gegen den AW eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG) erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des AW gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise des AW betrage gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des AW, zu seinem Fluchtgrund, zur Situation im Falle seiner Rückkehr und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Der AW habe keine Verfolgung glaubhaft machen können und es habe keine glaubhafte Gefährdungslage festgestellt werden können. Ihm könne eine Rückkehr nach Afghanistan zugemutet werden.

1.1.7. Gegen diesen Bescheid vom 27.09.2017 brachte der AW mit Schreiben seines zur Vertretung bevollmächtigten Rechtsberaters vom 16.10.2017 das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) ein.

1.1.8. Das BVwG führte am 07.02.2018 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch. Der AW wurde abschließend "gebeten", "allfällige medizinische Unterlagen inklusive einer Zusammenfassung einer allfälligen Behandlungsnotwendigkeit binnen einer Frist von acht Wochen zu erbringen."

1.1.9. Mit Schreiben der Landespolizeidirektion Burgenland vom 17.02.2018 wurde berichtet, dass der AW gemeinsam mit anderen afghanischen Asylwerbern im Rahmen einer Feier unter Alkoholeinfluss wegen Sachbeschädigung, Ordnungsstörung, aggressiven Verhaltens und Missachtung der Wohnsitzbeschränkung festgenommen worden sei.

1.1.10. Mit Eingabe seines Vertreters vom 06.04.2018 übermittelte der AW einen Bericht des Psychosozialen Dienstes Burgenland, worin dem Antragsteller eine posttraumatische Belastungsstörung attestiert wurde; damit einhergehend eine Medikamentierung. Mit Eingabe vom 27.04.2018 wurden zwei weitere Ambulanzbefunde des Landesklinikums Baden-Mödling vorgelegt.

1.1.11. Mit Schreiben des BVwG vom 17.09.2018 wurde dem AW "die aktuelle Lageentwicklung in Afghanistan" zur Kenntnis gebracht.

1.1.12. Mit Schreiben vom 02.10.2018 erstattete der AW eine Stellungnahme, in welcher auf seine gesundheitliche Situation eingegangen wurde. So habe sich seine gesundheitliche Situation und somit auch seine psychische Erkrankung in der letzten Zeit verschlechtert. Sein Quartier sei geschlossen worden, er habe die gewohnte Umgebung verlassen müssen, befinde sich weiterhin in medizinischer und psychologischer Behandlung und nehme regelmäßig Medikamente.

Schon der VwGH verlange in seiner Judikatur, dass das Vorhandensein konkreter exzeptioneller Umstände - wie auch das Vorliegen einer Posttraumatischen Belastungsstörung mit einhergehendem nächtlichen Einnässen - Berücksichtigung finde. Das nächtliche Einnässen des AW habe sich nicht gebessert. Es sei medizinisch belegt, dass aus psychiatrischer Sicht nach entscheidenden Lebensveränderungen und nach belastenden Lebensereignissen massive Anpassungsstörungen entstehen können. Weiters sei bekannt und bestätigt, dass psychische Erkrankungen zu einer Verfolgung in Afghanistan führen können. Da die notwendige Behandlung des AW per Rückkehr nicht fortgeführt werden könne und der Zugang zur erforderlichen Medikation nicht sichergestellt sei, wäre dieser in Afghanistan einer Verfolgung ausgesetzt. Es wurde auf mehrere Entscheidungen verwiesen, bei welchen ebenso psychische Erkrankungen oder Belastungen vorlagen.

Schließlich wurde auf die Lage im Land eingegangen und aus diversen Berichten zitiert. Eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif bestehe mangels Zumutbarkeit nicht.

1.1.13. Mit Erkenntnis vom 15.11.2018, Zahl W105 2174129-1/18E, wies das BVwG die Beschwerde des AW gegen den Bescheid vom 27.09.2017 "gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF" als unbegründet ab.

In der Erkenntnisbegründung wurde ausgeführt, dass eine asylrelevante Verfolgung des AW sowie eine existenzbedrohende Gefahrenlage für den AW nicht vorliege. Eine Rückkehr nach Kabul sei ihm möglich, darüber hinaus sei ihm eine innerstaatliche Fluchtalternative in Herat oder Mazar-e Sharif möglich und zumutbar.

Der AW sei im Rahmen des "Beschwerderechtsgespräches" imstande gewesen, die an ihn gerichteten Fragen zu beantworten, und habe diesbezüglich einen unbelasteten Eindruck vermittelt. Er leide an keiner psychischen Beeinträchtigung in Form einer Anpassungsstörung und sei medikamentös kompensiert. Er leide an keiner akut lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Krankheit oder Beeinträchtigung. Es sei ihm "jedenfalls" möglich und zumutbar, sich in seinem Herkunftsstaat allenfalls in seiner Herkunftsstadt Kabul in adäquate ärztliche Behandlung zu begeben. In Österreich sei er nicht in stationärer medizinischer oder psychiatrischer Behandlung gewesen.

Zur Integration des AW in Österreich wurde ausgeführt, er habe keine Verwandten in Österreich und führe keine Lebensgemeinschaft. Er habe mehrere Deutschkurse besucht. Anhaltspunkte, die auf eine fortgeschrittene Integration hindeuteten, bestünden nicht.

Diese negative Entscheidung erwuchs mit 20.11.2018 in Rechtskraft. Ein Gerichtshof des öffentlichen Rechts wurde dagegen nicht angerufen.

Der AW verließ Österreich nach Abschluss seines Vorverfahrens und war von 18.01.2019 bis 10.09.2019 in Frankreich und von 10.09.2019 bis 08.01.2020 in Deutschland aufhältig.

1.2. Gegenständliches - aktuelles - Verfahren:

1.2.1. Der AW wurde nach Rückübernahme von den deutschen Behörden gemäß Dublin-Übereinkommen am 08.01.2020 vorläufig festgenommen. Der AW stellte gegenständlichen Folgeantrag (zweiten Antrag) auf internationalen Schutz.

In seiner Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sagte der AW zu seinen Fluchtgründen befragt:

"Ich habe Österreich verlassen, nachdem ich hier einen negativen Asylbescheid erhalten habe. Damals als ich hier in Österreich meinen Asylantrag einbrachte, habe ich alle meine Gründe angegeben. Seit diesem Zeitpunkt hat sich an der Sachlage nichts mehr verändert. Ich habe in Afghanistan immer noch dieselben Probleme, wegen denen ich im Jahre 2016 meine Heimat verlassen habe. [...] In Afghanistan habe ich nur mehr zu meiner Mutter telefonisch Kontakt. Meine fünf Brüder und zwei Schwestern, sowie mein Vater und meine Mutter leben immer noch in Afghanistan [...]".

1.2.2. Mit Verfahrensanordnung ohne Datum, dem AW nachweislich am 09.01.2020 übergeben, wurde dem AW aufgetragen, bis auf weiteres in einer Unterkunft in der Betreuungsstelle West Unterkunft zu nehmen.

1.2.3. Laut Vorfallsmeldung vom 13.01.2020 verhielt sich der AW beim Frühstück im Speisesaal einer Mitarbeiterin der Betreuungsstelle gegenüber aggressiv, beschimpfte alle anwesenden Mitarbeiter und verließ den Speisesaal sehr aufgeregt. Das BFA wurde verständigt.

Am selben Tag wurde ein anderer Asylwerber - offenbar nach Erhalt eines negativen Bescheides und Medikamentenabusus - bewusstlos in seinem Zimmer in seinem Bett liegend aufgefunden.

Der AW war am Gang anwesend, leistete Aufforderungen der Polizei, sich in die Zimmer zurückzuziehen, nicht Folge, schrie einen Polizisten an, schlug sich selbst ins Gesicht und lief gegen einen Feuerlöschkasten. Er wurde von vier Polizisten auf den Boden gelegt, ihm wurden Handschellen und ein Gurt angelegt. Er wurde vom Arzt zwangsweise in das Krankenhaus eingewiesen.

Beide Asylwerber wurden - nacheinander - per Notarzt ins Krankenhaus eingeliefert und dort stationär aufgenommen.

1.2.4. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 20.01.2020 vor dem BFA, Erstaufnahmestelle West, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Dari, beantwortete der AW zahlreiche Fragen zu seiner Person, zu seinen Lebensumständen in Afghanistan und zu seinem Aufenthalt in Europa.

1.2.5. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 27.01.2020 vor dem BFA, Erstaufnahmestelle (EAST) West, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Dari, gab der AW an, er habe psychische Probleme. Dies hätte er bereits im Vorverfahren angegeben. In Frankreich hätte er medizinische Unterlagen gehabt, diese dort aber, da er auf der Straße leben hätte müssen, verloren.

Auf die Frage, warum er einen neuerlichen Antrag stelle, sagte der AW (Schreibfehler korrigiert): "Ich habe in Österreich eine negative Asylentscheidung erhalten. Ich habe verstanden, dass man mich hier nicht will, und ich habe das Land verlassen. Ich habe aber in Frankreich und auch in Deutschland von der Behörde gehört, dass Österreich mich zurückverlangt hat. Wenn Sie das machen, dann müssen Sie mir einen Aufenthaltstitel geben."

Nach Frankreich sei er gereist, weil er nach der negativen Entscheidung keine andere Wahl gehabt hätte.

Auf die Frage: "Wie konnten Sie sich in Frankreich den Lebensunterhalt finanzieren?" antwortete der AW: "Mit dem Messer."

Weiter aus der Niederschrift: " - Woher hatten Sie das Geld für die Reise nach Deutschland? - Ebenfalls - Warum sind Sie von Frankreich nach Deutschland gereist? - Weil das Leben dort extrem schwer war, alles musste man mit dem Messer erreichen. Ich habe bei mir gedacht, ist hier Europa oder Afghanistan."

In Österreich habe er einige Freunde aus Afghanistan, einige seien abgeschoben worden.

Der AW verzichtete auf die Einsicht in Länderberichte.

Auf die Frage, ob er freiwillig in den Herkunftsstaat zurückkehren wolle, sagte der AW: "Nein. Wenn ich sowas vorhätte, warum bin ich dann nach Frankreich weitergereist. Vielleicht hätte ich das früher akzeptiert."

1.2.6. Mit Verfahrensanordnung ohne Datum, dem AW am 27.01.2020 nachweislich übergeben, teilte das BFA dem AW gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mit, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege. Zudem sei beabsichtigt, den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben (§ 12a Abs. 2 AsylG).

1.2.7. Mit schriftlicher Einverständniserklärung des AW nahm das BFA Einsicht in einen Arztbrief der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin des Salzkammergut Klinikum vom 14.01.2020 über dessen stationären Aufenthalt vom 13.01. bis 14.01.20120 im geschlossenen Bereich, in dem u.a. ausgeführt wurde:

"[...] Aufnahmegrund: Aggressive Verhaltensstörung

Diagnose bei Entlassung: Aggressive Verhaltensstörung im Rahmen einer aktuten Belastungssituation F43.2, V[erdacht] a[uf] Cannabismissbrauch F12.1

Empfohlene Medikation: Keine fachspezifische Dauermed. [...]"

Empfohlen wurden Drogenkarenz, Suchtberatung, regelmäßige Gesundenuntersuchung beim niedergelassenen Hausarzt.

1.2.8. Am 03.02.2020 wurde der AW vor dem BFA, EAST West, im Beisein eines Rechtsberaters nach erfolgter Rechtsberatung neuerlich einvernommen.

Nach einer ergänzenden Befragung wurde mit mündlich verkündetem Bescheid des BFA vom 03.02.2020 der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG in Anwendung des § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben.

Begründend traf das BFA Feststellungen zur Person des AW und zu seinem Herkunftsstaat.

Nach einer Zusammenfassung des Verfahrensganges stellte das BFA im Wesentlichen fest, dass der AW im gegenständlichen Folgeantragsverfahren dieselben Fluchtgründe wie im Vorverfahren angegeben habe. Sein Vorbringen sei als unglaubhaft beurteilt worden und sein Antrag auf internationalen Schutz sei im Vorverfahren mit Bescheid des BFA vom 27.09.2017 sowie mit Erkenntnis des BVwG vom 15.11.2018, rechtskräftig am 20.11.2018, abgewiesen worden.

Im gegenständlichen Verfahren habe der AW keine neuen Fluchtgründe vorgebracht und sich lediglich auf sein bereits im Vorverfahren erstattetes Vorbringen gestützt.

Der AW habe damit keinen neuen Sachverhalt vorgebracht und sich auf bereits rechtskräftig als unglaubhaft beurteilte Fluchtgründe bezogen. Da sich die allgemeine Lage wie auch seine persönlichen Verhältnisse seit der letzten Entscheidung des BFA nicht entscheidungswesentlich geändert hätten, könne davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung in seinen Herkunftsstaat für den AW zu keiner Bedrohung der angeführten Rechte nach der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) führen werde.

Es habe sich kein neuer objektiver Sachverhalt (gegenüber dem bereits rechtskräftig entschiedenen) ergeben.

1.2.9. Der Verwaltungsakt (samt Vorakt) langte am 04.02.2020 beim BVwG ein.

1.2.10. Mit Aktenvermerk vom 04.02.2020, Zahl W191 2174129-2/4, hielt das BVwG fest, dass nach dem Ergebnis einer unverzüglichen Prüfung seitens des BVwG aus heutiger Sicht nicht zu entscheiden gewesen wäre, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtmäßig gewesen wäre.

Es sei aus ho. derzeitiger Sicht (auf Basis der aktuell vorliegenden Aktenlage) nicht anzunehmen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des AW nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Ein diesbezügliches Vorbringen sei - nach dem Ergebnis einer Grobprüfung - nicht glaubhaft erstattet worden.

2. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):

Folgende Feststellungen werden aufgrund des glaubhaft gemachten Sachverhaltes getroffen:

2.1. Der AW führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist Staatsangehöriger der islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er spricht Dari und auch etwas Paschtu, Urdu, Englisch und Deutsch.

Der AW stammt aus Kabul, wo er mehrere Jahre lang die Schule besucht und bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan gelebt hat. Er ist erwerbsfähig.

In Kabul leben die Eltern und mehrere Geschwister des AW.

2.2. Der AW hat in Österreich Deutschkurse besucht und Sport betrieben.

2.3. Der AW stellte im Bundesgebiet bereits einmal einen Antrag auf internationalen Schutz, der rechtskräftig mit Erkenntnis des BVwG vom 15.11.2018 negativ beschieden wurde. Der AW verließ Österreich nach Abschluss seines Vorverfahrens und war von 18.01.2019 bis 10.09.2019 in Frankreich und von 10.09.2019 bis 08.01.2020 in Deutschland aufhältig.

2.4. Er stellte nach seiner Rücküberstellung aus Deutschland am 08.01.2020 gegenständlichen Folgeantrag (zweiten Antrag) auf internationalen Schutz. Im gegenständlichen Verfahren bezieht sich der AW ausschließlich auf Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des vorangegangenen vom AW initiierten Asylverfahrens bestanden haben.

2.5. In Bezug auf den AW besteht kein hinreichend schützenswertes Privat- und/oder Familienleben im Bundesgebiet.

Es bestehen keine Hinweise, dass beim AW schwerwiegende physische bzw. psychische Erkrankungen vorlägen, die einer Rückkehr nach Afghanistan entgegenstehen würden.

Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des AW nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Es liegen keine Umstände vor, welche seiner Außerlandesbringung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

2.6. Der AW verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

2.7. Eine entscheidungswesentliche Änderung der persönlichen Situation des AW sowie der Ländersituation im Herkunftsstaat ist seit der Entscheidung über den vorhergehenden Antrag des AW auf internationalen Schutz nicht eingetreten.

Der Folgeantrag wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

3. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des BFA und des BVwG.

3.1. Zur Person des AW:

Die Feststellungen zu Staatsangehörigkeit, Name und Geburtsdatum des AW ergeben sich aus seinen Angaben im Verfahren und im Vorverfahren, aus der vorgelegten Kopie der Tazkira des AW sowie aus dem Ergebnis einer sachverständigen multifaktoriellen medizinischen Altersschätzung vom 26.01.2017.

Das Vorliegen eines erheblichen schützenswerten Privat- oder Familienlebens in Österreich wurde im Verfahren nicht hinreichend dargelegt. Hinweise auf für das Verfahren erhebliche gesundheitliche Probleme liegen nicht vor.

3.2. Zu den Fluchtgründen des AW:

Im gegenständlichen (zweiten) Asylverfahren brachte der AW keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor. Sein Fluchtvorbringen wurde bereits im Vorverfahren als unglaubhaft beurteilt.

Im vorliegenden Fall ist somit der Beurteilung der Behörde nicht entgegenzutreten, dass von einer entschiedenen Sache auszugehen sein wird.

Dass sich seit der Erlassung der rechtskräftigen Entscheidung im Vorverfahren bezüglich der Person des AW sowie der Lage in Afghanistan allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine erhebliche Lageveränderung ergeben hätte, kann nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens verneint werden.

4. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

4.2.1. Anzuwendendes Recht:

Der mit "Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen" betitelte § 12a AsylG in der geltenden Fassung lautet:

"§ 12a.

(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt und

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist und

3. darüber hinaus

a) sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;

b) gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder

c) der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG in Verbindung mit § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.

Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.

(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn

1) der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder

2) sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.

Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.

(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG und Ausweisungen gemäß § 66 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht."

Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG in der geltenden Fassung ergehen Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

Der mit "Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes" betitelte § 22 BFA-VG lautet:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakte bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

4.2.2. Rechtlich folgt daraus:

4.2.2.1. Aufrechte Rückkehrentscheidung:

Der AW hat Österreich nach seiner negativen Asylentscheidung mit Rückkehrentscheidung verlassen und war von 18.01.2019 bis 10.09.2019 in Frankreich und von 10.09.2019 bis 08.01.2020 in Deutschland aufhältig.

Gegen den AW liegt eine rechtskräftige aufrechte Rückkehrentscheidung vor.

4.2.2.2. Res iudicata (entschiedene Sache):

Der AW hat im gegenständlichen zweiten Asylverfahren anlässlich seiner niederschriftlichen Befragung bzw. Einvernahme vor dem BFA erklärt, aus den im Wesentlichen gleichen Gründen wie schon in den vorangegangenen Asylverfahren erneut einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher, wie auch in der Sachverhaltsdarstellung und der Beweiswürdigung aufgezeigt, kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.

Auch die für den AW maßgebliche Ländersituation ist seit dem Erkenntnis des BVwG vom 15.11.2018, Zahl W105 2174129-1/18E, im Wesentlichen gleichgeblieben.

4.2.2.3. Prüfung der Verletzung von Rechten nach der EMRK:

Im vorangegangenen Verfahren haben das BFA sowie das BVwG ausgesprochen, dass der AW bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehe (§ 50 FPG).

Auch im gegenständlichen zweiten Asylverfahren sind - im Lichte der eben getroffenen Erwägungen - keine Risiken für den AW im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen in der Person des AW liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des AW wurde kein entsprechendes konkretes Vorbringen hiezu getätigt oder Belege hiefür vorgelegt. Auch die vom BFA eingeholten Belege (Arztbrief der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin des Salzkammergut Klinikum vom 14.01.2020 über den stationären Aufenthalt des AW vom 13.01. bis 14.01.20120 im geschlossenen Bereich) sind nicht geeignet, eine gesundheitliche Beeinträchtigung in erheblichem Ausmaß zu belegen.

Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des AW in seinen Herkunftsstaat stellt für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

4.2.2.4. Rechtmäßiges Verfahren:

Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG durch das BFA ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist.

Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt, dem AW wurde wiederholt Parteiengehör eingeräumt, und er wurde nach seiner am 08.01.2020 erfolgten Erstbefragung am 20.01., 27.01. und 03.02.2020 vom BFA niederschriftlich einvernommen.

4.2.3. Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH zum Themenbereich res iudicata (entschiedene Sache) sowie Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, entschiedene Sache, faktischer
Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W191.2174129.2.00

Zuletzt aktualisiert am

29.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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