TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/9 97/10/0238

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Veröffentlicht am 09.03.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
82/04 Apotheken Arzneimittel;

Norm

ApG 1907 §10 Abs2;
ApG 1907 §19a Abs2;
ApG 1907 §48 Abs2;
AVG §8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde des Mag.pharm. R in W, vertreten durch Dr. Markus Purtscher, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 42/2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 20. Juni 1997, Zl. Vd-San-5234/52/Ra, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom 19. Dezember 1995 hatte der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz dem Mag.pharm.Dr. P. die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke in W. mit einem näher umschriebenen Standort erteilt.

Gegen diesen Bescheid hatte u.a. der Beschwerdeführer, der Inhaber einer öffentlichen Apotheke in W., Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Mit Erkenntnis vom 16. Dezember 1996, Zl. 96/10/0015, hatte der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid vom 19. Dezember 1995 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Mit Bescheid der BH I. vom 24. April 1997 wurde Mag.pharm.Dr. P. gemäß § 19a Abs. 2 ApG mit der Fortführung des Betriebes der öffentlichen Apotheke in W. bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Konzessionsantrag betraut.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er machte u.a. geltend, § 19a Abs. 2 ApG betreffe nur Fälle, in denen ein Konzessionsbescheid vom Verwaltungsgerichtshof wegen mehr oder weniger geringfügiger Verfahrensmängel aufgehoben worden sei; im vorliegenden Fall sei der Verfahrensmangel, der zur Aufhebung des Bescheides vom 19. Dezember 1995 geführt habe, nicht geringfügig. Bei der Erlassung des bekämpften Bescheides wäre - so wie im Verfahren nach § 10 ApG - der Bedarf der Bevölkerung zu prüfen gewesen. Dieser Anforderung sei nicht entsprochen worden. Der Beschwerdeführer könne seiner Betriebspflicht nur mit deutlich erhöhtem Einsatz und reduziertem Personal nachkommen, weil der Umsatz merklich zurückgegangen sei.

Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid mangels Parteistellung als unzulässig zurück. Begründend vertrat sie nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage die Auffassung, § 19a Abs. 2 ApG stelle auf den Bedarf der Bevölkerung ab; dabei verweise die Vorschrift nicht auf § 10 Abs. 2 leg. cit. Es sei daher im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen, ob die Bedarfsvoraussetzungen im Sinne des § 10 ApG vorlägen; dies würde umfassende Erhebungen wie in einem Konzessionsverfahren verlangen und sei nicht im Sinne einer Vorschrift, die nur die befristete Einsetzung eines Leiters betreffe. Auf die Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte, die in § 10 Abs. 2 ApG begründet lägen, käme es daher nicht an. Im erstinstanzlichen Verfahren seien Stellungnahmen der Apothekerkammer und der Arbeiterkammer eingeholt worden; diese hätten sich für die Fortführung des Betriebes ausgesprochen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser trat die Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung mit dem Beschluß vom 30. September 1997, Zl. B 2123/97, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerde geltend, der angefochtene Bescheid verletze den Beschwerdeführer im Recht auf Sachentscheidung über seine Berufung sowie im Recht, daß die Betrauung eines verantwortlichen Leiters mit der Fortführung des Betriebes in W. nach § 19a ApG nur mit Rücksicht auf den nach § 10 ApG zu beurteilenden Bedarf der Bevölkerung erfolge.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ob eine Person Partei eines Verwaltungsverfahrens ist, kann nicht an Hand des § 8 AVG allein - wonach Personen, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien sind -, sondern muß im Zusammenhang mit dem Inhalt der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschriften beurteilt werden (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 29. März 1995, Zl. 95/10/0030 mwN).

Die im vorliegenden Zusammenhang in Betracht kommende Vorschrift ist § 19a Abs. 2 ApG. Danach kann die Behörde, falls die Aufrechterhaltung des Betriebes einer ohne Konzession betriebenen Apotheke mit Rücksicht auf den Bedarf der Bevölkerung erforderlich ist, den Inhaber dieser Apotheke oder auf dessen Rechnung einen verantwortlichen Leiter mit der Fortführung des Betriebes für einen angemessenen Zeitraum betrauen.

Das ApG enthält keine ausdrückliche Regelung des Kreises jener Personen, denen in einem zur Betrauung eines Leiters nach § 19a Abs. 2 ApG führenden Verfahren Parteistellung zukommt. Es ist daher maßgeblich, ob das Gesetz dem Beschwerdeführer - dem Inhaber einer öffentlichen Apotheke, der im Konzessionsverfahren den Bedarf an der neuen Apotheke im Sinne des § 48 Abs. 2 ApG als nicht gegeben erachtete - im Verfahren nach § 19a Abs. 2 ApG eine rechtliche Position zuweist, die einen Rechtsanspruch bzw. ein rechtliches Interesse am Unterbleiben der Betrauung eines Leiters mit der Fortführung der ohne Konzession betriebenen neuen Apotheke in sich schließt. Dabei ist vorweg die Frage zu klären, ob - der Auffassung der Beschwerde folgend - der Begriff "Bedarf der Bevölkerung" in § 19a Abs. 2 ApG auf den Begriff "Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke" in § 10 Abs. 1 Z. 2, Abs. 2 ApG verweist. Wäre dies der Fall, müßte ein Rechtsanspruch auf Unterbleiben der Betrauung nach § 19a Abs. 2 ApG jedenfalls bei Vorliegen der negativen Bedarfsvoraussetzungen nach § 10 Abs. 2 Z. 2 und 3 ApG bejaht werden, weil die letztgenannten Vorschriften dem Inhaber der betreffenden öffentlichen Apotheke einen Rechtsanspruch auf Wahrung der dort normierten Voraussetzungen seiner Existenzfähigkeit einräumen.

Der Auffassung der Beschwerde ist indes aus den schon vom angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegten Gründen nicht zu folgen. Wäre die Betrauung eines verantwortlichen Leiters mit der Fortführung der ohne Konzession betriebenen Apotheke von der Ermittlung und Feststellung der in § 10 Abs. 2 ApG normierten Bedarfsvoraussetzungen abhängig, wäre die Vorschrift gerade in jenen Fällen faktisch unanwendbar, für die sie - den Darlegungen der Gesetzesmaterialien zufolge - geschaffen wurde. Danach (vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 395 Blg. NR XVI. GP, 15) sollte durch die Regelung vorgesorgt werden, "daß im Bedarfsfall der Betrieb mit einem behördlich bestellten Leiter für einen angemessenen Zeitraum weitergeführt werden kann, welche Möglichkeit derzeit z.B. in jenen Fällen, in denen ein rechtskräftiger Bewilligungsbescheid für eine öffentliche Apotheke vom Verwaltungsgerichtshof zufolge eines mehr oder weniger gerinfügigen Verfahrensmangels aufgehoben wird, nicht besteht". Wollte man in einem solchen Fall der Behörde im Verfahren nach § 19a Abs. 2 ApG die Ermittlung der Bedarfsvoraussetzungen nach § 10 Abs. 2 ApG auferlegen, würde die Vorschrift ihren Zweck, die Weiterführung der Apotheke gegebenenfalls unmittelbar nach Aufhebung des Konzessionsbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof zu ermöglichen, schon im Hinblick auf die Dauer des Ermittlungsverfahrens verfehlen; denn der Bescheid nach § 19a Abs. 2 ApG könnte im Hinblick auf den Umfang der Ermittlungsaufgabe nicht früher ergehen als der Ersatzbescheid im Konzessionsverfahren. Dies erweist, daß der Begriff "mit Rücksicht auf den Bedarf der Bevölkerung erforderlich" in § 19a Abs. 2 ApG der Behörde eine Prüfung der Bedarfsvoraussetzungen nach dem Schema des § 10 Abs. 2 ApG nicht aufträgt.

Daraus folgt weiters, daß § 19a Abs. 2 ApG - anders als § 10 ApG, wo der Bedarfsbegriff die Existenzsicherung der konkurrierenden Apothekenunternehmen umfaßt - ausschließlich auf den Bedarf der Bevölkerung abstellt; die im vorliegenden Zusammenhang maßgebenden Vorschriften räumen den Inhabern öffentlicher Apotheken somit kein rechtliches Interesse am Unterbleiben der Betrauung eines Leiters mit der Fortführung einer ohne Konzession betriebenen Apotheke nach § 19a Abs. 2 ApG ein. Die belangte Behörde hat die Parteistellung des Beschwerdeführers daher zu Recht verneint.

Da somit schon die Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997100238.X00

Im RIS seit

18.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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