TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/12 W179 2177743-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.02.2020
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Entscheidungsdatum

12.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W179 2177743-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. iur. Eduard Hartwig PAULUS als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , StA. XXXX , vertreten durch Mag. Dr. Ralf Heinrich HÖFLER, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Untere Viaduktgasse 6/6, gegen den vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am XXXX zu der Geschäftszahl XXXX ausgefertigten Bescheid, betreffend einen Antrag auf Internationalen Schutz, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung,

SPRUCH

A) beschlossen:

Das Ermittlungsverfahren wird geschlossen.

B) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

C) Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in die Republik Österreich am XXXX einen Antrag auf Internationalen Schutz.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten und eines subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte ihm nicht einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, sondern erließ vielmehr gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte die Zulässigkeit seiner Abschiebung fest (Spruchpunkt III.), sowie sprach aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die erhobene Beschwerde in vollem Umfange wegen "inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften"; dies mit dem Begehren, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den angefochtenen Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt I. zu beheben und dem Beschwerdeführer Asyl zu gewähren, allenfalls den Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt II. zu beheben und dem Beschwerdeführer subsidiären Schutz zu erteilen, allenfalls festzustellen, dass die Abschiebung nach Afghanistan auf Dauer unzulässig ist und die erlassene Rückkehrentscheidung ersatzlos zu beheben, und allenfalls den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und die Rechtsache zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

4. Die belangte Behörde legt ihren Verwaltungsakt vor, erstattet keine Gegenschrift und beantragt die Beschwerdeabweisung.

5. In der Folge führt das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des rechtsanwaltlich vertretenen Rechtsmittelwerbers und der belangten Behörde eine mündliche Beschwerdeverhandlung ab. Der Beschwerdeführer wird mittels Dolmetscher eingehend einvernommen. Am Ende der Verhandlung geben die Parteien an, dass keine weiteren Beweisanträge gestellt werden und wird das Ermittlungsverfahren geschlossen.

6. Mit verfahrensleitendem Beschluss setzt das Bundesverwaltungsgericht das Ermittlungsverfahren von Amts wegen fort und räumt den Parteien rechtliches Gehör zum aktuellen Länderinformationsblatt Afghanistan vom 13. November 2019 ein, woraufhin sich alle Parteien verschweigen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

a) Zur Person des Beschwerdeführers:

1. Der Beschwerdeführer heißt zum Zwecke dieses Verfahrens XXXX .

XXXX .

XXXX .

XXXX .

XXXX .

XXXX XXXX.

XXXX .

b) Zur Verfolgung der Beschwerdeführer:

3. Der Beschwerdeführer stellte am XXXX nach illegaler Einreise nach Österreich einen Antrag auf Internationalen Schutz.

4. Als der Beschwerdeführer ca XXXX alt war ist sein XXXX verstorben und er daraufhin nach einem XXXX Aufenthalt in XXXX bei seinem XXXX ab dem XXXX aufgewachsen.

5. Der Beschwerdeführer wurde im Heimatland nie persönlich verfolgt oder angegriffen, insbesondere nicht wegen seiner Volkszugehörigkeit zu den XXXX und auch nicht wegen seiner Religionszugehörigkeit als

XXXX .

6. Das Vorliegen anderer asylrelevante GFK-Gründe werden vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Hinsichtlich des Vorbringens eines Rückkehres aus dem Westen ist auf den nachstehenden eigenen Punkt c) zu verweisen.

c) Zur Rückkehr des Beschwerdeführers:

7. Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr in seine Heimatprovinz XXXX kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit. Die Provinz XXXX ist relativ sicher. Der Beschwerdeführer, gesund und arbeitsfähig, kann bei seinem XXXX , wie es der Beschwerdeführer bereits seit seinem ca XXXX tat, wohnen und/oder von diesem - zumindest vorrübergehend - finanziell oder durch die Vermittlung von Arbeit oder Wohnraum unterstützt werden. Zumal der Beschwerdeführer auch bereits früher in XXXX in der Lage war, sich zu erhalten und er seit seinem XXXX dort als XXXX gearbeitet hat.

Der Beschwerdeführer kann Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich, nach anfänglichen Schwierigkeiten in der Provinz XXXX Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

d) Feststellungen zum Herkunftsstaat/Drittstaat:

8. Es werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers getroffen:

XXXX XXXX 2. Beweiswürdigung:

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Bestimmung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts Einsicht genommen in den vorgelegten Behördenakt und den Gerichtsakt sowie die darin enthaltenen Unterlagen - insbesondere in den angefochtenen Bescheid, die dagegen erhobene Beschwerde und die dem Gericht vorgelegten Beweismittel - und hat eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt.

Weiters ist im Detail zu beweiswürdigen:

a) Zur Person des Beschwerdeführers:

2. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

3. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinem Lebenslauf (das Aufwachsen sowie seiner familiären Situation in Afghanistan, seine fehlende schulische Bildung und seiner Berufsausbildung) gründen sich auf seine diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren im Wesentlichen gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

4. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung sowie auf dem Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist. Insbesondere legte der Beschwerdeführer keine Befunde, Atteste oder sonstigen Bestätigungen für schwerwiegende, lebensbedrohliche Krankheiten vor.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer arbeitsfähig ist, ergibt sich daraus, dass im Verfahren keine Umstände hervorgekommen sind, die gegen eine Arbeitsfähigkeit sprechen und der Beschwerdeführer bereits im Herkunftsland als XXXX gearbeitet hat und sich auch in Österreich als XXXX engagierte.

5. Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

b) Zur Verfolgung des Beschwerdeführers:

6. Das Datum der Antragstellung ergibt sich aus dem Akt.

7. Die Angaben des Beschwerdeführers, wonach sein XXXX starb, als der Beschwerdeführer ca XXXX alt war, sind glaubwürdig, die diesbezüglichen Angaben gleichbleibend und decken sich auch schlüssig mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer sodann bei seinem XXXX aufwuchs.

Nicht glaubwürdig waren die Ausführungen zur Ursache des Todes des XXXX : Der Beschwerdeführer brachte in seiner Erstbefragung vor, dass sein XXXX von den - XXXX -ermordet worden sei und in seiner Ortschaft Krieg herrschen würde (AS. 15). In seiner Einvernahme beim BFA führte er "lediglich" aus, dass sein XXXX bereits getötet wurde, als der Beschwerdeführer noch ein Kind war, um sich nun allgemein auf die Verfolgungsgefahr als XXXX und XXXX zu stützen (AS 90). Im Gegensatz dazu behauptet der Beschwerdeführer vor dem erkennenden Gericht nun, der - Stamm der XXXX - habe auf Raubzug seiend einen Angriff auf den Distrikt XXXX und die dortigen Grundstücke verfügt, um die Tiere zu stehlen, bei deren Verteidigung der XXXX umgekommen sei. Dies ist umso widersprüchlicher, als die Beschwerde ebenso noch die Tötung des XXXX durch die XXXX behauptet (AS 325 vorletzter Absatz). In Zusammenschau dessen, dass der Beschwerdeführer einmal von den XXXX und einmal von den XXXX ermordet worden sein soll (zumal beides abwechselnd im hg Beschwerdeverfahren behauptet wird), kann hinsichtlich eines gewaltsamen Todes des XXXX keine Glaubwürdigkeit vermitteln, zumal der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde zur Todesursache des XXXX gar nicht ausführte, obwohl er von der belangten Behörde auf das Neuerungsverbot aufmerksam gemacht wurde und ihm explizit nochmals nach Abschluss seines Vorbringens Gelegenheit eingeräumt wurde, nähere Ausführungen zu treffen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre zu erwarten gewesen, dass der Beschwerdeführer zumindest die Todesursache seines XXXX konkret nennt, wenn er daraus auch für sich einen Asylgrund ableiten wollte.

8. Der Beschwerdeführer vermochte eine individuelle und konkrete Betroffenheit durch Verfolgung aufgrund seiner Eigenschaft als XXXX und XXXX nicht aufzuzeigen:

Vor der belangten Behörde monierte der Beschwerdeführer, dass er wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der XXXX - allgemein - diskriminiert werde (AS 90). Weiters führt in der niederschriftlichen Einvernahme aus, dass er persönlich nie bedroht worden sei. Auch bringt der Beschwerdeführer niemals gegen ihn gerichtete konkrete Drohungen oder Verfolgungshandlungen wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder Religionszugehörigkeit vor. Im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung verwies auch der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang nur auf die allgemeine Gefährdungslage in Afghanistan.

9. Dass der Beschwerdeführer im Heimatland nie persönlich verfolgt oder angegriffen wurde, ergibt sich aus seinen diesbezüglich gleichbleibenden Angaben.

c) Zur Situation im Herkunftsstaat:

10. Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Länderberichte. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln.

Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

d) Zur Rückkehr des Beschwerdeführers:

11. Die Feststellungen zu den Folgen einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Herkunftsprovinz XXXX ergeben sich aus den Länderberichten. Was die Sicherheitslage der Stadt XXXX betrifft, wird seitens des erkennenden Gerichts im Hinblick auf die Länderfeststellungen zwar nicht verkannt, dass die Situation (auch) in der Stadt XXXX nach wie vor angespannt ist, jedoch zählt die Stadt XXXX zu den sicheren Städten in Afghanistan, zumal auch die afghanische Regierung die Kontrolle über XXXX , größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren hat. Darüber hinaus ist XXXX eine über den Luftweg aufgrund des vorhandenen Flughafens sicher erreichbare Stadt.

Auch wenn die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist, so ist die Versorgung der afghanischen Bevölkerung in der Stadt XXXX dennoch zumindest grundlegend gesichert.

Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan (mit seinem XXXX ) aufgewachsen, sodass die Beschwerdeführer entsprechend der afghanischen Kultur und den afghanischen Gepflogenheiten sozialisiert ist.

Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen volljährigen, arbeitsfähigen Mann, der seit seinem XXXX Berufserfahrung (in XXXX !) hat und für sich sorgen kann.

Das Gericht geht aufgrund dieser Umstände davon aus, dass sich die Beschwerdeführer nach anfänglichen Schwierigkeiten in XXXX niederlassen und sich dort eine Existenz ohne unbillige Härte aufbauen können.

Der Beschwerdeführer verwies in seiner Beschwerde auch auf die schwierige Situation von Rückkehrern und Binnenvertriebenen. Das Beweisverfahren hat aber keine Hinweise auf eine besondere Vulnerabilität ergeben, die dazu führen könnten, dass dem Beschwerdeführer unverhältnismäßige Schwierigkeiten bei der Rückkehr nach Afghanistan drohen würden. (Zur Beurteilung des Vorbringens der Volksgruppenzugehörigkeit und der Religionszugehörigkeit ist auf die eigenständigen Erwägungen diese Entscheidung zu verweisen.) Aus den in den Feststellungen zitierten Ausführungen des aktuellen LIB geht hervor, dass es sowohl staatliche als auch nicht-staatliche Unterstützung von Rückkehrern gibt, die der Beschwerdeführer in XXXX in Anspruch nehmen könnte. Es ist somit nicht erkennbar, warum gerade der Beschwerdeführer gegenüber hunderttausend anderen Rückkehrern in eine derart exponierte Lage geraten soll, dass er auf Grund seines Lebensstils oder auf Grund seines Aufenthaltes in einem westlichen Land psychischer oder physischer Bedrohung in Afghanistan ausgesetzt wäre.

3. Rechtliche Beurteilung:

1. Die Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben und ist zulässig.

3.1. Zu Spruchpunkt A) Beschluss:

2. Da nach Schluss der Verhandlung das Ermittlungsverfahren von Amts wegen fortgesetzt wurde, um den Parteien zum aktualisierten Länderinformationsblatt rechtliches Gehör einzuräumen, war das Ermittlungsverfahren erneut mit Beschluss zu schließen.

3.2. Zu Spruchpunkt B) Erkenntnis:

3.2.1. Asyl:

(Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides)

3. Da sich der Beschwerdeführer zur Ursache des Todes seines XXXX sogar innerhalb des Beschwerdeverfahrens, wie dargestellt, widerspricht ( XXXX ) und nicht glaubwürdig war, kann aus diesem Vorbringen keine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers abgeleitet werden. Zumal eine solche der Beschwerdeführer selbst explizit nicht behauptet.

4.1. Auch eine - konkrete individuelle - Verfolgung des Beschwerdeführers in Afghanistan aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der XXXX oder zur Volksgruppe der XXXX konnte nicht festgestellt werden (vergleiche dazu die getroffenen Feststellungen und die beweiswürdigenden Erwägungen).

Aus dem Vorbringen des Rechtsmittelwerbers hinsichtlich der allgemeinen Gefährdungslage der XXXX in Afghanistan lässt sich keine individuell konkret gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgung ableiten.

4.2. In Ermangelung von dem Beschwerdeführer individuell drohenden Verfolgungshandlungen bleibt im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und vor dem Hintergrund der in der Beschwerde getroffenen Ausführungen zu prüfen, ob der Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Afghanistan auf Grund generalisierender Merkmale - konkret wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der XXXX oder als Angehöriger der Religionsgemeinschaft der XXXX - unabhängig von individuellen Aspekten einer über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehenden "Gruppenverfolgung" ausgesetzt wäre.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist für das Vorliegen einer Gruppenverfolgung zwar nicht entscheidend, dass sich die Verfolgung gezielt gegen Angehörige nur einer bestimmten Gruppe und nicht auch gezielt gegen andere Gruppen richtet (VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048), jedoch ist für das Bundesverwaltungsgericht aus folgenden Gründen nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer als Angehöriger der Volksgruppe der XXXX im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, alleine wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe einer Verfolgung iSd GFK ausgesetzt zu sein:

Den oben zitierten Länderberichten ist ua zwar zu entnehmen, dass XXXX - speziell jene, die der Volksgruppe der XXXX angehören - Diskriminierungen durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt sind. In einer Gesamtschau der vorliegenden Länderberichte erreicht diese Gefährdung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedoch nicht jenes Ausmaß, welches notwendig wäre, um eine spezifische Gruppenverfolgung der Volksgruppe der XXXX oder von Angehörigen der Religionsgemeinschaft der XXXX in Afghanistan für gegeben zu erachten.

Auch der Verwaltungsgerichtshof nahm in den letzten Jahren keine Gruppenverfolgung für Angehörige der Volksgruppe der XXXX in Afghanistan an, zum Unterschied zur Region Quetta Pakistan (VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048).

Aus diesen Gründen ist das Vorliegen einer Gruppenverfolgung im Hinblick auf die Volksgruppe der XXXX oder von Angehörigen der Religionsgemeinschaft der XXXX in Afghanistan im Ergebnis zu verneinen.

5. Auch drohen dem Beschwerdeführer im Lichte der getroffenen Feststellungen und zugehörigen Beweiswürdigung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine Verfolgungsgefahr als Rückkehrer aus dem Westen.

6. Weitere GFK-Verfolgungsgründe macht der Beschwerdeführer nicht geltend noch sind solche hiergerichtlich erkennbar.

7. Im Ergebnis liegen die Voraussetzungen des § 3 Abs 1 AsylG nicht vor. Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr in seine Heimatprovinz XXXX kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit.

3.2.2. Subsidiärer Schutz:

(Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides)

8. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 - nicht - gegeben sind:

8.1. Beim Beschwerdeführer handelt es sich, wie dargestellt, um einen arbeitsfähigen jungen Mann, bei dem keine ernsthaften Erkrankungen aktenkundig sind, sodass bei diesem die Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben nicht nur vorausgesetzt werden kann, sondern er insbesondere bereits in XXXX ab seinem XXXX als XXXX , zuletzt auch selbstständig, gearbeitet hat. Dem Beschwerdeführer war es schon bis jetzt möglich, sich selbst in XXXX zu erhalten. Der Rechtsmittelwerber ist zwar nicht in XXXX geboren, hat dort aber ab seinem XXXX gelebt und ist dort im afghanischen Familienverband im Hause seines XXXX aufgewachsen, dementsprechend mit den sozialen und kulturellen Gepflogenheiten von Afghanistan vertraut, zumal er auch XXXX als Muttersprache beherrscht.

8.2. Zudem gehört der Rechtsmittelwerber keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Es ist daher davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer erneut in Afghanistan binnen kurzer Zeit selbst möglich sein wird, seinen Lebensunterhalt selbständig zu verdienen und davon leben zu können:

8.3. Auch wenn in Afghanistan die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung, häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist, kann im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, dass es dem Beschwerdeführer unter Berücksichtigung seiner oben dargelegten persönlichen Verhältnisse im Fall der Rückkehr nach Afghanistan durchaus möglich und zumutbar ist, in der Heimatprovinz XXXX nach einem - wenn auch anfangs nur vorläufigen - Wohnraum zu suchen und sich etwa mit den erlernten Tätigkeiten des Beschwerdeführers ein für seinen Lebensunterhalt ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Zumal der XXXX des Beschwerdeführers, bei dem dieser aufgewachsen ist, derzeit ca XXXX Jahre alt ist und weiterhin im eigenen Haus in XXXX lebt und eine Konditorei betreibt, die zumindest für dessen Auskommen genügt, und mit dem der Beschwerdeführer weiterhin in Kontakt steht. Der Beschwerdeführer kann somit bei einer Rückkehr nach XXXX (wie bereits seit seinem XXXX) zumindest vorrübergehend im Hause seines XXXX leben.

Letztlich steht dem Beschwerdeführer ergänzend auch die Möglichkeit offen, sich an ansässige staatliche, nicht-staatliche oder internationale Hilfseinrichtungen, im Speziellen solche für Rückkehrer aus dem Ausland, zu wenden, wenngleich nicht verkannt wird, dass von diesen Einrichtungen individuelle Unterstützungsleistungen meist nur in sehr eingeschränktem Ausmaß gewährt werden können.

8.4. Der Beschwerdeführer kann nach Ansicht des BVwG - unter Berücksichtigung der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan - nach den oben angeführten Länderberichten in Zusammenschau mit seinen persönlichen dargestellten Lebensumständen in zumutbarer Weise in seine Heimatprovinz XXXX zurückkehren.

Zumal XXXX (Bevölkerungszahl 2.095.117) - eine der größten Provinzen Afghanistans - mit der Provinzhauptstadt XXXX (Bevölkerungszahl 556.205) laut Länderberichten als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet wird, wenngleich Aufständische in abgelegenen Distrikten der Provinz aktiv sind. XXXX ist per Flugzeug über XXXX für den Beschwerdeführer zu erreichen.

8.5. Ausgehend davon ist mit Blick auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers nicht zu erkennen, dass er im Fall seiner Abschiebung nach Afghanistan in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr 6 oder Nr.13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.2.3. Aufenthaltstitel, Rückkehrentscheidung und Abschiebung:

(Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)

9. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird.

a) "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 Abs 1 AsylG:

9.1. Gemäß § 57 Abs 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen,

(...)

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

9.2. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs 1 Z 3 FPG wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 FPG behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.

b) Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG:

10. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

10.1. Gemäß § 58 Abs 2 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG ist, dass dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

§ 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG lauten:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist....

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre."

10.2. Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung (und seines Briefverkehrs). Gemäß Art 8 Abs 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0198; VwGH vom 25.01.2018 Ra 2017/21/0218).

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

10.3. Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). Art 8 EMRK schützt unter anderem sowohl die individuelle Selbstbestimmung und persönliche Identität, als auch die freie Gestaltung der Lebensführung. In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwN).

Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

10.4. Im gegenständlichen Fall ist der Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrollen und somit illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Der Beschwerdeführer hält sich seit seiner Antragstellung am XXXX , somit seit etwas mehr als XXXX Jahren, im Bundesgebiet auf. Der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ist ausschließlich auf seinem Antrag auf internationalen Schutz gestützt, wodurch er nie über ein Aufenthaltsrecht, abgesehen des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechts aufgrund seines Antrags auf internationalen Schutz, verfügt hat. Die Dauer des Verfahrens übersteigt mit gut XXXX Jahren auch nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist. Es liegt somit jedenfalls kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthaltes im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" scheinen zu lassen (vgl VfSlg 18.499/2008, 19.752/2013; EGMR 04.12.2012, Fall Butt, Appl 47.017/09).

Obwohl der Beschwerdeführer seit gut XXXX Jahren in Österreich lebt, hat er noch keine Deutschprüfung auf dem Niveau B1 (wenn auch in Aussicht) abgelegt. Vielmehr hat der Beschwerdeführer A2 bestanden.

Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach, sondern bezieht die staatliche Grundversorgung. Der Beschwerdeführer engagiert sich XXXX , hilft gelegentlich bei der XXXX mit. Der Beschwerdeführer moniert keine verbindliche Arbeitseinstellungszusage für den Fall des Erhalts der Arbeitsbewilligung. Der Beschwerdeführer ist am Arbeitsmarkt nicht integriert.

Der Beschwerdeführer hat zwar freundschaftliche Kontakte zu Österreichern, spielt Fußball und knüpfte Kontakte in einem XXXX , es ist jedoch nicht herausgekommen, dass diese über "sportlich-kameradschaftliche" und "Interessenteilende" Kontakte hinausgehen würden. Diese Kontakte weisen noch nicht auf eine derart verfestigte Integration hin, die die Bindung zu Afghanistan überwiegen würde.

In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach selbst der Ausübung einer Beschäftigung sowie eine etwaige Einstellungszusage oder Arbeitsplatzzusage eines Asylwerbers, der lediglich eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz und über keine Arbeitserlaubnis verfügt, keine wesentliche Bedeutung zukommen (VwGH 22.02.2011/18/0323 mit Hinweis auf VwGH 15.09.2010, 2007/18/016; 29.06.2010, 2010/18/0195, mwN). Dabei kommt es nicht entscheidungswesentlich darauf an, ob dem Betroffenen ein "Vorwurf" im Hinblick auf eine unterlassene Integration am Arbeitsmarkt zu machen ist, sondern darauf, ob sie ihm gelungen ist oder nicht (VwGH 19.04.2012, 2010/21/0242). Der Beschwerdeführer befindet sich jedenfalls in der Grundversorgung und ist eine wirtschaftliche Integration dem Beschwerdeführer vor diesem Hintergrund nicht gelungen.

Insgesamt ist nicht von einer besonderen, im Entscheidungszeitpunkt berücksichtigungswürdigen Integration des Beschwerdeführers auszugehen. Nach der Rechtsprechung stellen sogar die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale dar (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).

Im Vergleich zur Bindung des Beschwerdeführers an Österreich ist die Bindung an den Herkunftsstaat als stärker zu werten: Der Beschwerdeführer verbrachte sein gesamtes Leben in Afghanistan, mindestens XXXX in seiner Herkunftsprovinz, der Beschwerdeführer wurde dort kurze Zeit privat unterrichtet und hat in der Heimat den Beruf eines XXXX erlernt und war als solcher die letzten Jahre vor seiner Ausreise aus dem Heimatland selbstständig tätig. Der Beschwerdeführer ist nach den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates sozialisiert.

Der Beschwerdeführer spricht außerdem XXXX als Muttersprache. Die Kenntnis einer Sprache des Herkunftsstaats ist - im Hinblick auf die Zumutbarkeit der Integration in die dortigen Lebensverhältnisse - ein bedeutsamer Umstand (vgl EGMR 26.03.1993, Beldjoudi vs France, Nr 12083/86). Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Heimatland vermögen sein Interesse an einem Verbleib in Österreich nicht in entscheidender Weise zu verstärken, sondern sind vielmehr - letztlich auch als Folge eines seinerzeitigen, ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiärem Schutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich vorgenommenen Verlassens seines Heimatlandes - im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen (VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0188).

Schließlich ist der Zeitraum des Aufenthalts des Beschwerdeführers mit etwas mehr als XXXX Jahren im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwH) und der oben getroffenen Ausführungen als relativ kurz zu werten.

Dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).

Das Interesse des Beschwerdeführers an der Aufrechterhaltung seiner privaten Kontakte ist dadurch geschwächt, dass er sich bei allen Integrationsschritten seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit der Integrationsschritte bewusst sein mussten: Der Beschwerdeführer durfte sich hier bisher nur aufgrund seines Antrages auf internationalen Schutz aufhalten, der zu keinem Zeitpunkt berechtigt war (VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347; 26.02.2004, 2004/21/0027; 27.04.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 08.04.2008, Fall Nnyanzi, Appl 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen). Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art 8 Abs 2 EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).

10.5. Den schwach ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des VwGH kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251).

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig machen würden.

10.6. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG iVm Art 8 EMRK dar.

10.7. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs 1 AsylG ist ebenfalls nicht geboten.

10.8. Die Voraussetzungen des § 10 AsylG liegen vor. Da der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, ist die Rückkehrentscheidungen gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG zu erlassen. Es ist auch - wie bereits ausgeführt - kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG von Amts wegen zu erteilen.

§ 52 Abs 2 Z 2 FPG setzt weiters voraus, dass dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Der Beschwerdeführer hat weder behauptet, über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens zu verfügen noch ist ein solches im Ermittlungsverfahren hervorgekommen.

10.9. Die Erlassung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall geboten und ist auch nicht unverhältnismäßig.

c) Zulässigkeit der Abschiebung:

11. Gemäß § 52 Abs 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 leg cit in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Unter Zugrundelegung des bisher Ausgeführten können keine Gründe erkannt werden, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat Afghanistan ist daher gegeben, zumal die Beschwerde einer Abschiebung nicht substantiiert entgegentritt.

3.2.3. Frist für die freiwillige Ausreise:

(Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides)

12. Gemäß § 55 Abs 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs 2 FPG 2 Wochen ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Gemäß § 55 Abs 3 FPG kann die Frist bei Überwiegen besonderer Umstände für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen zwei Wochen festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben.

Derartige besondere Umstände sind im Beschwerdeverfahren nicht vorgebracht worden, weshalb die vom Bundesamt gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise den gesetzlichen Bestimmungen entspricht.

Die Beschwerden waren daher auch hinsichtlich Spruchpunkt VI. als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt C) Revision:

13. Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt:

So war die Rechtsfrage zu beantworten, inwieweit dem Beschwerdeführer ein Recht auf internationalen Schutz zukommt, und im Falle der Verneinung derselben, die damit einhergehenden dargestellten Folgerechtsfragen, insbesondere inwieweit eine Rückkehr der Beschwerdeführer nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde.

Hier weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl die oa angeführte Judikatur), noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich.

Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Glaubwürdigkeit, Gruppenverfolgung, individuelle Verfolgungsgefahr,
Interessenabwägung, Lebensunterhalt, mangelnde Asylrelevanz, non
refoulement, öffentliches Interesse, Religion, Rückkehrentscheidung,
Sicherheitslage, soziale Gruppe, Versorgungslage,
Volksgruppenzugehörigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W179.2177743.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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